Sie hat natürlich recht, Wulff ist nur ein Symptom seiner Klasse, und meines Erachtens sogar ein eher harmloses, denn normalerweise nehmen Politiker keine Kredite, sondern Bargeld, dotierte Gremiums-Pöstchen, „Vortragshonorare“, Spesen, „Dankeschön“-Jobs usw. Ob es wohl in Berlin viele Spitzenpolitiker gibt, die mit weniger Kompromat gefügig gemacht werden?
Der Grandseigneur der Enthüllungsjournalisten, der Presserechtsgeschichte geschrieben hatte, Günther Wallraff himself muss mal wieder vor den Kadi, diesmal in Köln. Die Klägerseite, die große Brötchen backt, wird von Promi-Anwalt Ralf Höcker vertreten. Am Freitag ist in Köln Showdown.
Wird es dem Kollegen Höcker gelingen, die Serie erfolgreicher Zensurabwehr zu beenden?
In den Medien wird gerade die Frage aufgeworfen, ob sich mein Ex-Mandant Kai Diekmann strafbar gemacht haben könnte, in dem er die Message von Bundespräsident Christian Wulff ausplauderte.
Sicher ist: Das Fernmeldegeheimnis aus Art. 10 GG wurde nicht verletzt, denn das betrifft nur die Informationsübertragung zum Empfänger.
Auch § 201 StGB – Vertraulichkeit des gesprochenen Worts – dürfte nicht verletzt sein. Eine unbefugte Aufnahme liegt schon nicht vor, denn die hatte Herr Wulff ja selbst produziert. Derartige Entäußerungen werden wie schriftliche Äußerungen behandelt. Damit trägt der Absender das Risiko, dass die freiwillig manifestierte Äußerung in Umlauf gerät, vgl. Schünemann: Leipziger Kommentar, Strafgesetzbuch, 12. Auflage 2008, § 201; Satzger/Schmitt/Widmaier: StGB Strafgesetzbuch Kommentar, 1. Auflage 2009 § 201. Man muss sich vorher überlegen, wem man was anvertraut. Auch, wenn man von einem Journalisten Diskretion erwarten sollte, so besteht hierauf kein Rechtsanspruch.
Eine interessante Ansicht äußert das ZDF:
In Frage käme eine Verletzung von Wulffs Persönlichkeitsrecht aus dem Grundgesetz in Verbindung mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Denn grundsätzlich darf jeder darüber bestimmen, was andere über einen wissen.
Ein solcher „Grundsatz“ ist mir unbekannt. Weder ist der Versuch einer Kontaktaufnahme vertraulich (anders bei Anwälten und Geistlichen), noch muss man Drohungen verschweigen. Über den Bundespräsidenten dürfen wir uns auch ohne dessen Erlaubnis informieren.
§ 90 StGB, die strafrechtlich erfasste Majestätsbeleidigung deutscher Staatsoberhäupter, hat eigentlich keine praktische Bedeutung. Soweit mir bekannt, waren die letzten Bundespräsidenten zu souverän, als dass sie von diesem archaischen Recht Gebrauch gemacht hätten.
Aber der angeschlagene Herr Wulff ist sich offenbar für gar nichts zu schade und hat laut einer Pressemeldung nunmehr dieses obrigkeitsstaatliche Relikt exhumiert. Ein Blogger hatte nicht den Obersten Dienstherren, sondern dessen fesche Gemahlin in beleidigender Weise auf Facebook per Fotomontage dargestellt und getextet:
„Hübsch, wenn dieser Herr daneben nicht wäre.“
Eigentlich hätte es die bürgerliche Beleidigung aus § 185 StGB wohl auch getan. Aber Wulff fordert Autorität ein. Das zivile Landgericht Hamburg scheint ihm nicht standesgemäß genug zu sein, der Mann bemüht vielmehr die Staatsschutzkammer Dresden. Muss sein. Hubschraubereinsatz?
UPDATE: Es ging wohl um dieses Foto. Das hatte ausgerechnet ein NPDler zum Anlass genommen, um gegen Frau Wulff Strafanzeige zu erstatten. Angeblich soll es gefotoshoped sein.
In Hannover residierten nicht nur Maschi, Wulff, Schröder und Käßmann, sondern auch ein weiterer Zeitgenosse, der ganz gerne mal aus der Prinzenrolle fällt und Klatschspalten beliefert. So beliebten es Durchlaucht ins Wasser zu hüpfen und dort eine Kröte zu küssen. Überraschend verwandelte sich diese im gleichen Moment in eine Prinzessin bürgerliche Frau. Erst jetzt kam ein Paparazzo dazu und missinterpretierte die prinzliche Tierliebe. Aus irgendwelchen Gründen fand der Prinz, dass seine Küsse Privatsache seien und klagte wegen der Abschussfotos und einer Interpretation des Geschehens, die seiner monegassischen Gemahlin missfallen dürften. (Das ist die, die ihre Skier selber trägt …) Das Landgericht Berlin gab der Klage statt und auch das Kammergericht wird wohl seiner Linie treu bleiben. Damit wird der Kuss des Prinzen dann wohl den BGH, das Bundesverfassungsgericht und ggf. wieder den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beschäftigen.
Nicht, dass mich interessieren würde, wo die Monegassen ihren fragwürdig erworbenen Reichtum verprassen und sich vom Erben erholen, aber die Welt soll ruhig wissen, dass Durchlaucht Zeit in der Skiregion Arlberg verbrachten. Die Prinzessin auf der Erbse hatte sich nämlich an diesem Artikel des Fachblatts BUNTE über die Ski-Region gestört, der sich am Rand auch im Glanz der Hoheit sonnt. Prominente im öffentlichen Raum können ggf. Unsichtbarkeit beanspruchen, wie es uns die Caroline-Entscheidung gelehrt hat, und da dachte die Caroline, dass dies auch für ihren Urlaubsort und das Tragen von Skiern ohne Lakaien gilt. Es bedurfte des Bundesverfassungsgerichts, um die Pressefreiheit zur verwirklichen:
„Das allgemeine Persönlichkeitsrecht bietet im Bereich der Wortberichterstattung keinen so weitreichenden Schutz wie bei der Veröffentlichung von Bildern. Es schützt nicht schon davor, überhaupt in einem Bericht individualisierend benannt zu werden, sondern bietet nur in spezifischen Hinsichten Schutz (…) Außer unter dem Gesichtspunkt des Schutzes am gesprochenen Wort bietet das allgemeine Persönlichkeitsrecht aber keinen Schutz vor personenbezogenen Äußerungen unabhängig von ihrem Inhalt.“
Herr Oliver Georg Heller scheint etwas sensibel zu sein, denn seinen Namen hörte ich dieses Jahr in Kreisen meiner äußerungsfreudigen Mandantschaft mehrfach. Nun hat sich aber jemand über den sympathischen Anbieter von Branchenbüchern geäußert, den er nicht so leicht um Diskretion bzgl. seiner Geschäftspraktiken rufen kann: Der Bundesgerichtshof.
Der fehlgestartete Berliner Ex-Justizsenator hat sich per einstweiliger Verfügung gegen die Behauptung gewehrt, er habe bei der Schilderung seiner Beurkundungen von Kaufverträgen für Eigentumswohnungen gelogen. Und wie man das so macht als Berliner, man befasst damit natürlich das Landgericht Hamburg.
Seit einiger Zeit blogge ich Beiträge auch in einem für mich eingerichteten Blog bei Telepolis. Neben den eigentlichen Artikeln, die über den redaktionellen Schreibtisch laufen und kontingentiert sind, kann ich spontan Kurzbeiträge direkt einstellen, welche die Telepolis-Leserschaft interessieren könnten. Das sind zum Beispiel derzeit
Irgendein Zeitgenosse machte sich Gedanken über UFOs, sowie das Informationsfreiheitsgesetz fruchtbar und klagte auf Einblick in die im November 2009 vom Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages erstellte Ausarbeitung „Die Suche nach außerirdischem Leben und die Umsetzung der VN-Resolution A/33/426 zur Beobachtung unidentifizierter Flugobjekte und extraterrestrischen Lebensformen“. Wie das Verwaltungsgericht Berlin zur Überraschung nun wissen ließ, gilt das Informationsfreiheitsgesetz auch für den Wissenschaftlichen Dienst.
Übrigens: Der erste CIA-Chef Vizeadmiral Roscoe Hillencoeter war nach seinem Ausscheiden einer der führenden Köpfe der amerikanischen UFO-Bewegung. Fachleute gehen allerdings davon aus, dass er lediglich die Informationslage über die damals streng geheimen Flugprojekte wie die U2, die Spionageballons sowie den hohen Fallschirmabsprung kontrollieren wollte, für die sich die UFO-Story als perfektes Cover Up erwies.