31. August 2017
Im nunmehr 5. Sommer-Interview stand mir der Bundesvorsitzende der PARTEI, Herr Martin Sonneborn, MdE, Rede und Antwort. Medienrechtlich interessant ist die Notwendigkeit, manchen Webespot statt auf YouTube besser auf YouPorn zu hosten:
Wahlwerbespots auf YouPorn statt auf YouTube
Hier mal eine Chronik der politischen Interviews mit dem PARTEI-Chef:
Im Wahljahr markierte der glücklose Bundesjustizminister Heiko Maas den dicken Max und setzte entgegen aller Kritik der Fachwelt das Netzwerkdurchsetzungsgesetz durch. Bereits am seltsamen Namen kann man ersehen, dass da nur Pfusch drinstehen kann.
So ist es auch. Und das hat man ihm auch deutlich gesagt. Die Verfassungswidrigkeit steht dem Gesetz ins Gesicht geschrieben, kommt aber wohl erst nach dem Wahltag zum Tragen. Solange bleibt das Netzwerkdurchsetzungsgesetz eine Art legislative Fake News.
In der heute erscheinenden Neuen Juristischen Wochenschrift geht Professor Dr. Nikolas Guggenberger mit der nunmehr beschlossenen Gesetzesfassung hart ins Gericht und zieht folgendes Fazit:
(…) Das NetzDG steht nicht in Einklang mit höherrangigem Recht: Zunächst sprechen gute Gründe für eine Unvereinbarkeit des NetzDG mit den Kommunikationsgarantien auf europäischer und nationaler Ebene, Art. 11 GRCh und Art. 5 I, II GG. In der Gesamtschau bringt das Gesetz einen „Chilling Effect“ mit sich, der mit dem Schutz der persönlichen Ehre oder anderer Rechtsgüter nicht mehr zu rechtfertigen ist. Den in der Tat problematischen rechtswidrigen oder gar strafbaren Inhalten könnte grundrechtsschonender und mindestens gleich effektiv durch eine Stärkung von Strafverfolgung und Eilrechtsschutz begegnet werden.
Die Zukunft des NetzDG hängt aber vor allem am seidenen Faden der E-Commerce-RL und der dürfte aller Voraussicht nach reißen: Mit seinen Verfahrensvorgaben verstößt das NetzDG gegen die Begrenzung der Verantwortlichkeit von Hostprovidern in Art. 14 I E-Commerce-RL (s. o. unter II 3 b bb) und das Herkunftslandprinzip aus Art. 3 E-Commerce-RL.
(…)
Insgesamt ist das NetzDG ein verfehlter Ansatz zur Lösung eines real existenten Problems. Regelmäßig ergeben sich in der Anwendung zwei Auslegungsvarianten: Eine minimiert den regulatorischen Mehrwert, die andere ist unions- oder verfassungswidrig und teilweise sind es sogar beide. Praktisch ist das Gesetz nicht sinnvoll handhabbar. Insgesamt drei verschiedene, jeweils sehr fragwürdige neue Verfahrenstypen steigern vor allem die Komplexität des Rechts, weniger aber den Grundrechtsschutz. Grundrechtssensible Entscheidungen werden den sozialen Netzwerken überantwortet und die Gewährleistung der öffentlichen Ordnung wird de facto privatisiert. Dabei könnten rechtswidrige Inhalte ohne Weiteres wirkungsvoll und grundrechtsschonend bekämpft werden: durch Investitionen in die Strafverfolgung und die Stärkung des einstweiligen Rechtsschutzes für Betroffene. (…)
19. August 2017
Vor 15 Jahren hatte ich begonnen, mich ein Jahrzehnt lang mit dem Kalten Krieg und der seltsamen Welt der Geheimdienste zu beschäftigen. Einer der kompetentesten Dokumentarfilmer in diesem Bereich ist der Filmemacher Dirk Pohlmann.
Die Erfahrungen Pohlmanns mit der „Unabhängigkeit“ der öffentlich-rechtlichen Sender sind ernüchternd. Die versprochenen Freiräume, deretwegen wir uns das teuerste Fernsehen der Welt leisten, sind spätestens dann beschränkt, wenn militärische Interessen von Bündnispartnern betroffen sind.
Diese Woche sah ich erneut einen Themen-Abend zum Kalten Krieg, wo nunmehr in einer dritten Produktion zum Thema „Able Archer 83“ das längst durch Aktenfreigabe wiederlegte Märchen aufgewärmt wird, Doppelagent Gordijewski hätte Reagan vor der sowjetischen Paranoia vor einem atomaren Überraschungsschlag gewarnt, so dass dieser verbal abgerüstet habe. Ich hatte das dem ZDF auch mehrfach gesagt.
-> Um Haaresbreite – USA geben Geheimbericht von 1990 zu Able Archer 83 frei
Ein Vierteljahrhundert nach Ende des Kalten Kriegs wäre es doch langsam mal an der Zeit, mit dieser Desinformation aufzuhören. Stattdessen verprellt man lieber Leute, die Ihr Handwerk beherrschen.
9. August 2017
Die Hacker aus den Niederlanden veranstalten seit Jahrzehnten alle paar Jahre ein Camp, zu dem sie Tausende Gleichgesinnte aus aller Welt einladen.
Einen Bericht über den „größten Tesla-Parkplatz der Welt“ gibt es auf Heise.
In den Zelten hatte ich Gelegenheit, mal einige Leute von Anonymous persönlich kennen zu lernen, den „Rockstars“ der Szene. Die Geschichte von Anonymous hatte ich vor Jahren mal auf Telepolis skizziert (Anonymous: Meinungsfreiheit hat (k)einen Namen), außerdem gaben mir die Online-Abenteuer Inspiration für meinen Roman „Das Netzwerk“.
Anonymous-Sprecher Jake Davis alias „Topiary“ gab neulich einen sehr witzigen TedTalk.
5. August 2017
https://youtu.be/75C_dI2in8g
Dezeit läuft in den Niederlanden das internationale Hacker Camp SHA. Gestern sprachen dort zwei ehemalige hochrangige Mitarbeiter der NSA, die aus Sorge um die Bürgerrechte zu Whistleblowern wurden. Zum einen hielt der einstige technische Direktor der NSA, William Binney, einen Vortrag, wie die NSA uns nach wie vor ausspioniert. Sein Kollege Kirk Wiebe sprach über die Korruption im US-Sicherheitsapparat, die bereits Eisenhower bei seinem Abgang beklagte. Wiebe nimmt bzgl. des vormaligen NSA- und CIA-Chefs Michael Heyden, ein Bush-Mann, kein Blatt vor den Mund. Den Vortrag sollte man gesehen haben, wenn man die Verhältnisse der US-Geheimdienste vor und nach 9/11 beurteilen will.
Zu den Schlüsselfiguren der Korruption im US-Establishment gehörte definitiv der Industrie-Anwalt Allen Dulles, der gleichzeitig die Interessen der Wallstreet vertrat, als Schatzmeister der Republikaner und Königsmacher Eisenhower und Nixon fungierte – und die von ihm dominierte CIA aufbaute und selbst nach seiner Entlassung heimlich weiter kontrollierte. Ich werde nie verstehen, warum sich praktisch kein anderer deutschsprachiger Autor für Allen Dulles interessiert. Passend zum Thema wurden in den letzten Tagen einige der spätestens am 26.10.2017 freizugebenden Akten zum Kennedy-Mord veröffentlicht. Wie sich nun herausstellte, war der Bürgermeister von Dallas, der den Tatort kontrollierte, CIA-Agent.
2. August 2017
Was bisher geschah:
Recherche-Ass Marc Drewello (stern.de) hatte am 05.12.2016 die Propaganda-Story vom siebenjährigen Twiter-Mädchen aus Aleppo durchgereicht. Dem Landgericht Hamburg tischten er und stern.de auf, man halte diese nach wir vor für echt.
Das Oberlandesgericht Hamburg misst laut Beschlus vom 14.02.2017 den Formulierungen des Blauen Boten die Aussage bei, Drewello habe gewusst oder es wenigstens für möglich gehalten, dass die verbreiteten Nachrichten unwahr seien, was der Blogger zu beweisen habe.
Skepsis gegenüber Informationen aus Kriegsgebieten allerdings darf und muss man von einem professionellen Journalisten erwarten. Dies ist auch konkret anderen Medien gelungen, welche die banale Propaganda wiedergekäut haben. So hätte Drewello etwa am 01.12.2016 auf Tagesschau.de in deutscher Sprache nachlesen können, dass eine Geschichte nicht dadurch echt wird, dass die Harry Potter-Autorin sie retweetet:
Seit September schreibt Bana – oder wohl eher ihre Mutter Fatemah – Nachrichten aus Ost-Aleppo.
(…)
Propaganda oder der Krieg aus den Augen eines Kindes?
Der Umgang mit Geschichten wie dieser ist schwierig. Journalisten können nicht nach Aleppo. Ist es wirklich nur ein siebenjähriges Mädchen und ihre Mutter, die hier vom Krieg erzählen? Oder steckt dahinter gezielte Propaganda? Es gibt den Hinweis, dass das Material von Bana echt sein könnte: Mehrere Nachrichtenagenturen überprüften die Quellen, auch der Kurzmitteilungsdienst Twitter selbst prüfte und verfizierte Banas Profil. Das sind alles Hinweise, mehr nicht.
Will uns Mega-Journalist Herr Drewello erzählen, er wäre damit überfordert gewesen, in seine Recherche Tagesschau.de mit einzubeziehen? Wir freuen uns schon jetzt auf die Fortsetzung des Rechtsstreits.
Stern.de ist zwar offenkundig dumm, aber hat Geld.
Der Blogger aber jetzt auch.
Vor einiger Zeit habe ich den Verein Klehranlage e.V. gegründet, der die Beträge verwaltet, die mir 2012 zur Prozessführung gegen den „Krebsarzt“ Dr. Nikolaus Klehr überwiesen wurden. Die meisten Geldgeber hatten verfügt, dass nicht verbrauchte Gelder in einen Fonds kommen, um im Notfall Blogger zu unterstützen, denen die Meinungsfreiheit durch juristische Gängelung beschnitten werden soll.
Da der Prozess noch immer am OLG Hamburg schlummert (und Herr Dr. Klehr inzwischen das Zeitliche gesegnet hat), ist derzeit noch nicht feststellbar, in welcher Höhe Überschüsse anfallen, aber es ist mehr als genug da, um mehrere Fälle dieser Art bis zum Europäischen Gerichtshof in Luxemburg zu tragen.
Der Verein hat beschlossen, dem Blogger Blauer Bote alle Prozesskosten zu sponsern mit Ausnahme dem Honorar für meine Dienste, da insoweit ein Interessenkonflikt besteht. Das muss der Blogger selber stemmen. Verzichten dard ich auch nicht, da Rechtsanwälte dazu verpflichtet sind, die Vertretung in Gerichtsverfahren mindestens nach RVG abzurechnen.
Wer dem Blogger insoweit finanziell unter die Arme greifen will, kann sich an den Blauen Boten direkt wenden.
Lieber stern.de-Krieger, es ist uns relativ egal, was Ihr Euch vom Hamburger Rechtsweg versprecht. Wir gehen bis nach Karlsruhe oder nach Luxemburg. In Zeiten des Krieges sind das wichtigste Schlachtfeld die Medien an der Heimatfront. Notfalls machen wir halt Euren Job.
(Hinweis für das Landgericht Hamburg: Ich mache mir nicht sämtliche Meinungen zu eigen, die in den hier eingebetteten Videos geäußert werden.)
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31. Juli 2017
Was bisher geschah:
Einmal im Jahr will der Verlag Gruner+Jahr, der auch den stern in der Umlaufbahn hält, mit dem von ihm gestifteten Nannen-Preis „den Qualitätsjournalismus im deutschsprachigen Raum fördern und pflegen“. 2010 wurde der Preis in der Kategorie „Reportage“ dem Gewinner wieder aberkannt, da dieser im prämierten Beitrag mit einer Formulierung den Eindruck erweckte, Herrn Seehofer selbst in dessen Modelleisenbahnkeller aufgesucht zu haben. Tatsächlich hatte er sich auf Berichte Dritter verlassen.
Diese Entscheidung zu einem völlig belanglosen Sachverhalt wie Seehofers Hobbykeller wirkt nahezu bigott, wenn man sich den täglichen Borderline-Journalismus solcher „Qualitätsmedien“ vor Augen führt, die aus Tweets „Nachrichten“ stricken. So schreibt stern.de über Bana:
„Ich brauche Frieden“: Worte aus dem Mund einer Siebenjährigen.
Offenbar war niemand von stern.de Zeuge vor Ort dieser angeblich von der Bana stammenden Worte. Möglicherweise glaubt man bei stern.de auch, dass Bana Twitter nicht mit den Fingern, sondern mit dem „Mund“ bedient. Unbesehen kauften die stern-Texter die inzwischen als widerlegt geltende Legende ab, die im Bürgerkrieg aufgewachsene Siebenjährige könne englisch.
Bei den bereits in den anderen Postings genannten Indizien und der auffällig propagandistischen Distribution dieses Rührstücks hätten bei professionellen politischen Journalisten alle Alarmglocken schrillen müssen. Jedem Redakteur muss bekannt sein, warum Politker sich gerne mit kleinen Kindern abbilden lassen – wie es ja dann vorliegend mit Banas edlem Retter Herrn Erdogan geschah.
Spürnase Drewello hätte sich nur einmal dieses am 14.12.2016 gepostete YouTube-Video ansehen müssen, um stutzig zu werden:
Einem für Syrien zuständigen Redakteur sollte auch bekannt sein, dass die White Helmets so wenig das Rote Kreuz sind wie Bellingcat eine zuverlässige journalistische Quelle.
Nun will uns stern.de vor Gericht auftischen, dass man am Hamburger Baumwall die auffällig selektiv ausgewählte Legende vom Twitter-Mädchen (nach wie vor!) für authentisch hält. Aufschreiben durfte dieses Märchen ein Journalist, dessen Befähigung zur Medienkritik ihn nicht davor bewahrte, um für ein auf Twitter inszeniertes Mädchen öffentlich zu beten …
Witzigerweise muss Drewello im vorliegenden Prozess weiter vortragen, dass er an die Geschichte gaubt(e). Damit also outed sich der gute Mann als für seinen Job als hoffnungslos unqualifiziert. Peinlicher kann sich ein professioneller Journalist eigentlich nicht verteidigen. Erst recht nicht in Zeiten, in denen das hochverehrte Publikum „Lügenpresse“ brüllt.
Befremdliche Prozesse dieser Art leisten sich normalerweise nur eitle Diven wie Kai Diekmann (vormals Vorsitzender von Atlantik-Brücke e.V.), Josef Joffe (transatlantisch bestens verdrahtet) oder Hemut Markwort (der teilweise unter Pseudonym schrieb, um Interessenkonflikte zu verbergen). Im Gegensatz zu solchen Mediendinosauriern befindet sich Marc Drewello gerade auf dem Zenith seiner Bekanntheit – nämlich als Akteur dieser hochnotpeinlichen Klage.
Fortsetzung folgt.
(Hinweis für das Landgericht Hamburg: Ich mache mir nicht sämtliche Meinungen zu eigen, die in den hier eingebetteten Videos geäußert werden.)
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26. Juli 2017
Was bisher geschah:
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (1) – Sachverhalt
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (2) – einstweilige Verfügung
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (3) – unlauterer Wettbewerb zwischen Privatleuten?
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (4) – strukturell unqualifizierter Journalismus
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (5) – Pressefreiheit und Narrenfreiheit
Passend zum heutigen 70. Jahrestag der Gründung der CIA hat der US-Präsident den „gemäßigten Rebellen“ in Syrien die CIA-Unterstützung beim Regime Change entzogen. Dass die Medien diesen seltsamen Begriff „gemäßigte Rebellen“ unkritisch transportieren, sagt eigentlich alles. Hierzulande würde man solche Leute „Terroristen“ nennen.
Eine solche „gemäßigte Rebellin“ ist jene Dschihadistin Fatemah, die ihre Tochter Bana zum Twitter-Avatar instrumentalisierte, um leichtgläubigen Journalisten Propaganda in die Augen zu träufeln. Klappte ganz gut, allerdings hat das Interesse der deutschen Medien offenbar etwas nachgelassen, seit die Dschihadistin sich zu Erdoğan in die Türkei gesellte.
Als stern.de und dessen Autor Marc Drewello im Dezember 2016 am Landgericht Hamburg heimlich den Erlass einer einstweiligen Verfügungen beantragt hatten, hatte die Pressekammer sämtliche Unterlassungsanträge bzgl. der Äußerungen abgewiesen. Die Kammer hatte diese nämlich nicht als Tatsachenbehauptungen angesehen (deren Wahrheitsgehalt vom Blogger zu beweisen gewesen wäre), sondern zur Gänze als zulässige Meinungsäußerungen (subjetive Werturteile, Einschätzungen usw.).
Die Pressekammer hatte sich bei ihrer Interpretation der Äußerungen als Meinungen auf bekannte Entscheidungen der letzten Jahre in Karlsruhe bezogen. Anders als die Sternenkrieger hatte die Kammer durchaus Zweifel an der Existenz von Bana und hielt es jedenfalls für vorstellbar, dass statt Bana in Wirklichkeit die Mutter twitterte. Anders als stern-Journalisten absolvieren Richterinnen und Richter eine anspruchsvolle Ausbildung für die Beurteilung von Sachverhalten, bevor man sie auf die Menschheit loslässt.
„[Die umstrittenen Äußerungen] wären nur dann zu untersagen, wenn Rezipienten annehmen würden, die Antragsteller gingen selbst von der fehlenden Existenz des Mädchens aus, und würden, um Propaganda zu betreiben, dennoch über sie schreiben. Dies ist indes gerade nicht der Fall, da die Äußerungen nicht isoliert betrachtet werden dürfen, sondern der Gesmtkontext maßheblich ist. Dieser klärt indes den Leser auf, weshalb der Antragsgegner von „Lügengeschichten“ und „FakeNews“ ausgeht, (…)“
Doch genau das machten dann die freundlichen Herren vom Pressesenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts – eine Angewohnheit der Hamburger, die seit Jahrzehnten von Bundesgerichtshof und Bundesverfassungsgericht mit bemerkenswert deutlichen Worten kritisiert wird.
Die hanseatischen Oberlandesrichter rissen die Äußerungen aus ihrem Kontext und wollten die Äußerungen zwingend so verstehen, dass diese die Unterstellung vorsätzlicher Lügen kommunizieren (und nicht bloß journalistische Dösbatteligkeit). Da stern.de den Bana-Quatsch aber noch immer online verbreitet, obwohl inzwischen jeder sehen kann, dass der Kaiser keine Kleider trägt, dürfte ein Vorsatz nicht fernliegend sein.
Da nunmehr zwei der prominentesten Spruchkörper des deutschen Presserechts die Äußerungen unterschiedlich interpretieren, wird man mit Fug und Recht von „mehrdeutigen Äußerungen“ sprechen dürfen. Dieser Umstand und die hiermit verbundenen Besonderheiten aber scheinen dem Pressesenat gar nicht aufgefallen zu sein.
Nachdem das Hanseatische Oberlandesgericht also teilweise die Unterlassungsverfügungen erließ, schloss sich auch das Landgericht unkritisch nunmehr der umgekehrten Beurteilung an. Die Äußerungen enthalten für das Landgericht Hamburg die Tatsachenbehauptung,
„die Antragsteller hätten Nachrichten verbreitet, von denen sie gewusst hätten oder es jedenfalls für möglich gehalten häten, dass diese unwahr seien.“
Gegenfrage: Was sind das eigentlich für politische Journalisten, welche die Unwahrheit der ihnen aufgetischten Geschichten nicht für möglich halten?
Vielleicht solche:
Fortsetzung folgt.
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24. Juli 2017
Was bisher geschah:
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (1) – Sachverhalt
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (2) – einstweilige Verfügung
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (3) – unlauterer Wettbewerb zwischen Privatleuten?
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (4) – strukturell unqualifizierter Journalismus
Zurück zum Bana-Fake. Inzwischen habe sich viele Leute die Arbeit gemacht, diese infame Propaganda-Nummer auseinander zu nehmen, etwa diese hier:
Offenkundig nutzt also eine Dschihadistin ihre Tochter wie ein Bauchredner seine Puppe, um Propaganda zu lancieren. (Hierzulande würde man sie als eine „Gefährderin“ oder „Mitglied einer terroristischen Vereinigung“ einstufen.)
Die westlichen Medien haben die durchsichtige Medien-Operation dankbar wie unkritisch aufgesogen. Stern-Autor Marc Drewello ist offenkundig ein so schlichtes Gemüt, dass er sogar der inszenierten Bana Mut zusprach und für sie betete:
So weit, so peinlich. Kriegsberichterstattung vom Schreibtisch aus.
Es ist das gleiche Theater, das unsere ja sooooo zuverlässigen Medien jedes Mal mitspielen, wenn ein transatlantisch beschlossener Krieg verkauft werden soll. In Afghanistan hießen die Taliban noch „Freiheitskämpfer“, als es gegen Russland ging; Saddam Hussein war zum Kriegführen gegen den Iran ein toller Partner, in Kuwait aber dank der inszenierten Kinderkrankenschwester ein Barbar; in Jugoslawien transportierte der Spiegel dieses Horrormärchen:
Scharping: (…) Schwangeren Frauen wurden nach ihrer Ermordung die Bäuche aufgeschlitzt und die Föten gegrillt.
SPIEGEL: Ist das verbürgt?
Scharping: Ja, leider.
SPIEGEL: Die Zeugen sind verbürgt oder die Taten?
Scharping: Ich gebe solche Erzählungen nur weiter, wenn sie von mindestens zwei oder drei Zeugen unabhängig voneinander berichtet worden sind. Betrachten Sie einmal mit Auge und Herz, was kleine Kinder in den Lagern machen. Sie können über ihre Erlebnisse nicht sprechen und malen statt dessen. Mich zerreißt es fast, wenn ich solche Bilder sehe. Ich glaube inzwischen, wenn wir jemals die Ereignisse im Kosovo genauer nachvollziehen können, wird das Erschrecken noch größer sein als jetzt.
SPIEGEL: Es gab vor gut zehn Jahren einen Streit unter deutschen Historikern, ob der Holocaust historisch singulär ist oder nicht. Jetzt wiederholt sich im Kosovo einiges wieder – übertreiben Sie mit Ihrer Wortwahl?
Scharping: Nein, denn mit der Erinnerung an den Holocaust oder an Auschwitz wird keineswegs eine Gleichsetzung vollzogen, sondern eine Mahnung ausgesprochen. (…)
Unsere Medien schaffen derzeit das Kunststück, den IS als Kopfabschneider darzustellen, während unser wirtschaftlich wertvoller Partner Saudi-Arabien das gleiche relativ unbehelligt macht. Hier nun also tischt uns der stern eine Dschihadisten-Tochter als geistreichen Friedensengel auf. Gegen diese Dreistigkeit nehmen sich die vom stern „entdeckten“ Hitler-Tagebücher gerade zu als seriöse Geschichtsschreibung aus.
Der stern hat seine lachhafte Darstellung bislang nicht korrigiert, im Gegenteil halten die Sternenkrieger vor Gericht an ihrer naiven Interpretation vom Twitter-Mädchen fest und bringen damit den Blogger in Beweisnöte, da es bei Tatsachenbehauptungen eine Beweislastumkehr gibt. Damit macht sich der stern also gemein mit einer auch von der türkischen Regierung erfolgreich genutzten Fakenews-Story. (Dieselbe türkische Regierung hält gerade etliche Journalisten, die nicht am heimischen Schreibtisch fromm beten, im Gefängnis, darunter die Ulmer Journalistin Mesale Tolu mit ihrem zweijährigen Sohn.)
Der stern hatte im Dezember beantragt, die streitgegenständlichen Äußerungen verbieten zu lassen, fast ein halbes Jahr später bekam der Blaue Bote seine Widerspruchsverhandlung. Vor dieser hatte das Gericht offensichtlich die Schriftsätze gar nicht gelesen, wohl weil das Ergebnis bereits vorher feststand. Stattdessen empfahl das Gericht, man hätte ja gleich in die Hauptsache gehen können.
Da gibt es aber ein kleines Problem: Das Gericht wird in der Hauptsache diese Rechtsfrage unter Hinweis auf die Positionierung des OLG Hamburg auch nicht anders beurteilen. Für eine Berufung in der Hauptsache darf sich das OLG nahezu beliebig Zeit lassen. Etwa auf die Berufungsverhandlung zu Klehr ./. Kompa gegen das 2012 gefällte Urteil warte ich noch heute. Und wenn dann irgendwann mal das OLG einen Fall auf dem Tisch hatte, dauert es an die sieben Jahre, bis Karlsruher Richter die Hamburger Willkürverbote kassieren. Dann aber ist der streitgegenständliche Krieg in Syrien vermutlich schon lange vorbei.
Der Irrwitz der Hamburger Unterlassungsverfügung gegen den Blauen Boten lässt sich wie folgt auf den Punkt bringen:
Professionelle Journalisten dürfen unkritisch den größten Blödsinn und die infamste Kriegspropaganda verbreiten, denn eine Wahrheitspflicht ist dem deutschen Journalismus fremd. (Kommen Sie mir bitte nicht den Regeln des Presserats …)
Der Blogger hingegen ist wegen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht von Sternenkrieger Marc Drewello und dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht von stern.de verpflichtet, für seine Meinung (subjektive Einschätzung von Tatsachen) Beweis zu erbringen. Vorliegend also müsste der Blogger beweisen, dass stern.de und deren Sternenkrieger Marc Drewello vorsätzlich lügen, es könnte ja auch schlichte Dummheit gewesen.
Dabei interessiert es auch niemanden, dass stern.de die Propaganda nach wie vor unkommentiert fröhlich weiter verbreitet. Dummheit kann nämlich auch ein anhaltender Zustand sein.
Wie man sich von dummen politischen Publikationen trennen kann, erklärt aboalarm.de.
Fortsetzung folgt.
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20. Juli 2017
Was bisher geschah:
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (1) – Sachverhalt
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Bevor wir im nächsten Posting zum eigentlichen Kern dieses eigenartigen Presseprozesses kommen, sollen heute kurz die Angreifer beleuchtet werden. Die beteiligten Journalisten verdienen nämlich weniger Verachtung als vielmehr unser Mitleid.
Während viele dem Berufstand der Journalisten hohes Prestige beimessen, sieht die Realität anders aus: Geld verdient man mit Schreiben nicht. Das mag sehr wenigen Stars in der Branche gelingen, in toto aber gehört Journalismus zu den prekären Berufen. Bundesweit sind ca. 9.000 Journalisten arbeitslos gemeldet, an die 25.000 schlagen sich als „freie“ durch, allein in Berlin bezeichnet sich eine fünfstellige Anzahl von Hartz 4-Empfängern als „Journalist“.
Die berüchtigten Journalisten-Rabatte sind weniger Ausdruck von Gier, vielmehr kommen insbesondere freie Journalisten oder Berufsanfänger ohne Tricks kaum über die Runden. Am besten haben es noch die festangestellten Journos in den öffentlich-rechtlichen Funkhäusern. Dort allerdings wird durchweg Qualifikation erwartet, meist ein abgeschlossenes Hochschulstudium.
Anders bei Print und Online, wo wirklich jeder rangelassen wird, der sich auf die bescheidenen Arbeitsbedingungen einlässt. Die Tätigkeit etwa eines Online-Redakteurs besteht nicht etwa in monatelangen investigativen Recherchen oder in Reisen zu fernen Ländern zur Kriegsberichterstattung. Diese Redakteure verarbeiten hauptsächlich Pressemitteilungen von Parteien, Firmen, Verbänden usw.. Oder sie reichen Meldungen von Presseagenturen durch (die ihre dortigen Kollegen von Parteien, Firmen, Verbänden usw. bekommen haben). Oder sie schreiben von ihren Kollegen in anderen Redaktionen ab (die Pressemitteilungen von Parteien, Firmen, Verbänden usw. redigiert haben).
Um über die Runden zu kommen, müssen diese Menschen Beiträge zur Maximierung von „Klicks“ erzeugen. Oder sie bauen Klickstrecken und suchen nach aktuellen Vorwänden, um diese wieder aufzuwärmen. Seit es Social Media gibt, hält man es mancherorts auch für Journalismus, aus Tweets Nachrichten zu stricken. Dass sich insbesondere Online-Journalisten damit selbst herzlich überflüssig machen, da die Leute auch direkt auf Facebook klicken und sich gegenseitig auf Interessantes aufmerksam machen können, sollte man denen vielleicht besser gar nicht verraten.
Ich verfolge das Online-Angebot von stern.de nicht, den gedruckten stern kenne ich nur aus diversen Wartezimmern. Ebenso wenig kenne ich die stern-Deuter Stephanie Beisch und Marc Drewello. Google verrät allerdings, dass man es hier offenbar mit typischen „irgendwas mit Medien“-Leuten zu tun hat. Wenn dann so eine gefällige Rührstory vorbeirollt wie die „Anne Frank von Aleppo“ (Washington Post), dann greift man halt zu. Sonst macht es ein anderer. Und der macht morgen dann den Job. Oder ein Bot.
Insbesondere können es sich prekäre Lohnschreiber nicht leisten, irgendwo anzuecken. Wer es wie die stern-Deuter auf die Payroll von Bertelsmann geschafft hat (Gruner+Jahr, RTL, 25% Spiegel), der überlegt es sich halt zweimal, was er schreibt und was eher nicht. Profis orientieren sich daran, was dem Arbeitgeber oder künftigen Arbeitgebern gefällig ist.
Stern-Herausgeber Andreas Petzold dürfte transatlantische Propaganda sicherlich gefallen, denn Kamerad Petzold hatte seine Karriere immerhin in der Presseabteilung der Bundeswehr begonnen, wo der damalige Befehlsempfänger für „Heer“ schrieb. Kleine Mädchen gehen immer. Und wenn sogar Joanne K. Rowling die Story boostet, und ja auch die ganzen anderen Medien brav apportieren, wäre es für den stern ungewöhnlich, sich nicht am Rudeljournalismus zu beteiligen.
Man darf auch von Hilfskräften nicht erwarten, dass sie mit den Prinzipien der Kriegspropaganda von Ponsonby vertraut sind. Schon gar nicht werden sie „The First Casualty“ von Phillip Knightley gelesen haben, denn seit es Google gibt, lesen Journalisten keine Bücher mehr.
Macht nichts. Kompetente Informationen bieten unabhängige Amateure wie etwa der Blogger Blauer Bote, ein privater Familienvater ohne kommerzielle Interessen, der nach 22.00 Uhr bloggt. Der hatte z.B. als erster die Story mit dem angeblich deutschen U-Boot in schwedischen Hoheitsgewässern in Deutschland gebracht, während bei den deutschen Redaktionen insoweit Totalausfall war.
Für politische Propaganda inkompetente Schreibkräfte sollten solchen Korrektiven, die für sie kostenlos die Kärrnerarbeit erledigen, in höchstem Maße dankbar sein und in Demut von ihnen lernen. Stern-Deuter Marc Drewello zieht es allerdings vor, wie einst die peinlichen Diven Markwort und Joffe sich am Landgericht Hamburg zum Gespött zu machen. Für einen Social-Media-Redakteur eine eher originelle Strategie.
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