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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (7)

Was bisher geschah:
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (1) – Sachverhalt
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (2) – einstweilige Verfügung
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (3) – unlauterer Wettbewerb zwischen Privatleuten?
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (4) – strukturell unqualifizierter Journalismus
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (5) – Pressefreiheit und Narrenfreiheit
Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (6) – mehrdeutige Meinungen über mehrdeutige Meinungsäußerungen

Einmal im Jahr will der Verlag Gruner+Jahr, der auch den stern in der Umlaufbahn hält, mit dem von ihm gestifteten Nannen-Preis „den Qualitätsjournalismus im deutschsprachigen Raum fördern und pflegen“. 2010 wurde der Preis in der Kategorie „Reportage“ dem Gewinner wieder aberkannt, da dieser im prämierten Beitrag mit einer Formulierung den Eindruck erweckte, Herrn Seehofer selbst in dessen Modelleisenbahnkeller aufgesucht zu haben. Tatsächlich hatte er sich auf Berichte Dritter verlassen.

Diese Entscheidung zu einem völlig belanglosen Sachverhalt wie Seehofers Hobbykeller wirkt nahezu bigott, wenn man sich den täglichen Borderline-Journalismus solcher „Qualitätsmedien“ vor Augen führt, die aus Tweets „Nachrichten“ stricken. So schreibt stern.de über Bana:

„Ich brauche Frieden“: Worte aus dem Mund einer Siebenjährigen.

Offenbar war niemand von stern.de Zeuge vor Ort dieser angeblich von der Bana stammenden Worte. Möglicherweise glaubt man bei stern.de auch, dass Bana Twitter nicht mit den Fingern, sondern mit dem „Mund“ bedient. Unbesehen kauften die stern-Texter die inzwischen als widerlegt geltende Legende ab, die im Bürgerkrieg aufgewachsene Siebenjährige könne englisch.

Bei den bereits in den anderen Postings genannten Indizien und der auffällig propagandistischen Distribution dieses Rührstücks hätten bei professionellen politischen Journalisten alle Alarmglocken schrillen müssen. Jedem Redakteur muss bekannt sein, warum Politker sich gerne mit kleinen Kindern abbilden lassen – wie es ja dann vorliegend mit Banas edlem Retter Herrn Erdogan geschah.

Spürnase Drewello hätte sich nur einmal dieses am 14.12.2016 gepostete YouTube-Video ansehen müssen, um stutzig zu werden:

Einem für Syrien zuständigen Redakteur sollte auch bekannt sein, dass die White Helmets so wenig das Rote Kreuz sind wie Bellingcat eine zuverlässige journalistische Quelle.

Nun will uns stern.de vor Gericht auftischen, dass man am Hamburger Baumwall die auffällig selektiv ausgewählte Legende vom Twitter-Mädchen (nach wie vor!) für authentisch hält. Aufschreiben durfte dieses Märchen ein Journalist, dessen Befähigung zur Medienkritik ihn nicht davor bewahrte, um für ein auf Twitter inszeniertes Mädchen öffentlich zu beten …

Witzigerweise muss Drewello im vorliegenden Prozess weiter vortragen, dass er an die Geschichte gaubt(e). Damit also outed sich der gute Mann als für seinen Job als hoffnungslos unqualifiziert. Peinlicher kann sich ein professioneller Journalist eigentlich nicht verteidigen. Erst recht nicht in Zeiten, in denen das hochverehrte Publikum „Lügenpresse“ brüllt.

Befremdliche Prozesse dieser Art leisten sich normalerweise nur eitle Diven wie Kai Diekmann (vormals Vorsitzender von Atlantik-Brücke e.V.), Josef Joffe (transatlantisch bestens verdrahtet) oder Hemut Markwort (der teilweise unter Pseudonym schrieb, um Interessenkonflikte zu verbergen). Im Gegensatz zu solchen Mediendinosauriern befindet sich Marc Drewello gerade auf dem Zenith seiner Bekanntheit – nämlich als Akteur dieser hochnotpeinlichen Klage.

Fortsetzung folgt.

(Hinweis für das Landgericht Hamburg: Ich mache mir nicht sämtliche Meinungen zu eigen, die in den hier eingebetteten Videos geäußert werden.)

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6 Comments

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    #1 Pingback vom 02. August 2017 um 09:29

  2. Gerichtsverfahren gegen Stern und Marc Drewello – Blauer Bote Magazin

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  3. Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (9) – Deutscher Presseunrat » Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln

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  5. Gerichtsverfahren gegen Bertelsmann – die Infos – Blauer Bote Magazin – Wissenschaft statt Propaganda

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    #5 Pingback vom 27. März 2018 um 06:37

  6. Das Oberlandesgericht Hamburg im Syrienkrieg – Stern und Marc Drewello ./. Blauer Bote (11) » Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln

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