Zum Inhalt springen


Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


30. April 2014

Neue Doku von Mo Asumang

2007 überraschte mich die Moderatorin Mo Asumang mit einer Doku über Rassismus in Deutschland („Roots Germania“). Was mit einer persönlichen, scheinbar naiven Reise zu Germanenschwärmern beginnt, entwickelt sich zu einer der beindruckendsten und emotionalsten Reportagen, die ich je gesehen habe. Ihr entwaffnendes Interview mit NPD-Anwalt und Funktionär Jürgen Rieger, den sie sich um Kopf und Kragen reden lässt, lässt tief blicken.

Zu Recht wurde Asumang damals für den Grimme-Preis nominiert. Leider wurde die vollständige Doku inzwischen bei Youtube entfernt, was ich beim besten Willen nicht verstehe und mehr als schade finde.

Für ihre aktuelle Doku „Die Arier“ trat Asumang die Reise zu den Abgründen rassistischer Glaubenskonszepte erneut an und flog diesmal auch in den Iran und in die USA, wo sie „Ariern“ und anderen zuhörte. Besonders tragisch ist die Erkenntnis, dass ausgerechnet die Deutschen mit „Ariern“ nicht allzu viel zu tun haben … Asumang bewies sogar die Courage, sich in den Südstaaten mit einem Ku Klux Klan-Funktionär zu treffen. Man weiß bei vielen ihrer Gesprächspartner nicht, ob man lachen oder weinen soll.

Die sehenswerte Doku hatte gestern auf ARTE Premiere und ist derzeit online.

29. April 2014

Team Wallraff!

 

Letztes Jahr wollte Günter Wallraff nach einem wie immer unterhaltsamen Gerichtstermin noch irgendwo einkehren. Als wir bei einem Fast Food-Anbieter vorbeikamen, meinte ich sarkastisch, da solle er doch mal eine Undercover-Recherche machen. Darauf antwortete Wallraff lässig: „Hab ich schon.“ Er schenkte mir sein Buch „Aus der schöne neuen Welt“ und machte mich auf ein Kapitel über den Arbeitsrechtsanwalt Naujoks aufmerksam. Aus Gründen von Standesrecht werde ich mir Kommentare zu diesem Kollegen verkneifen.

Am Montag nun lief bei RTL die von Wallraff betreute Recherche bei einem anderen Fast Food-Anbieter, die es mal wieder in sich hat. Und auch dort ist der Kollege Naujoks zu sehen. Damit Wallraff den ihm persönlich bekannten Anwalt undercover begegnen konnte, griff er diesmal besonders tief in die Trickkiste der Maskerade. Ich kenne nur wenige Journalisten, die auch nur annähernd so krass drauf sind wie Günter Wallraff.

Ich bin gespannt, ob RTL erfolgreich wegen der versteckten Kamera angegangen wird. Die Rechtsabteilung der RTLis ist nicht dafür bekannt, kampflos klein bei zugeben.

Wenn jetzt wieder die Spiegelleute versuchen, Wallraff am Zeug zu flicken, wirkt das schon irgendwie sehr bemüht. Eine Recherche beim Burgerbrater hätte auch das führende Magazin für investigativen Journalismus längst machen können. Haben sie aber nicht. Da fehlen vermutlich die Cochones.

28. April 2014

Von der Mitmachpartei zur Eigenmachtpartei

 

In der Piratenpartei wird regional eine unterschiedliche Parteienkultur gepflegt. Etwa in den Landesverbänden Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, NRW, Niedersachen, Saarland, Thüringen, Hamburg und Schleswig-Holstein, die mit Abstand die meisten Piraten stellen, hat sich eine solide, demokratische Parteienkultur entwickelt. Dort hegt man hohe Ansprüche an Transparenz, legt gesteigerten Wert auf das Einhalten demokratischer Verfahren und pflegt eine offensive Fehlerkultur.

Beim Landesverband Berlin hingegen liefen die Dinge schon immer anders. Der legendär raue und unmenschliche Umgangston wird nirgends auch nur halb so primitiv und konsequent praktiziert wie bei den Berliner Piraten. Wer vom bemerkenswert ideologischen Berliner Kurs abweicht, wird quasi in Selbstjustiz per Shitstorm angegriffen, mundtot gemacht und ohne erkennbare Hemmung in die Nähe von Nationalsozialismus gerückt. Politik funktioniert dort auf allen Ebenen nach einem gnadenlosen Freund-Feind-Schema. Selbst Anschwärzungen bei Arbeitgebern und ähnliche Intrigen scheinen in Berlin akzeptierte Methode zu sein. Transparenz äußert sich allenfalls in der Weise, dass man Vetternwirtschaft nicht einmal mehr bemäntelt.

Versprach man einst Partizipation, Transparenz und Basisdemokratie, ist das Klima nunmehr auch auf Bundesebene von Klüngelei, Eigenmacht und Selbstjustiz geprägt. Da die Berliner beim Bremer Bundesparteitag einen demokratischen Wahlsieg von Stefan Körner befürchteten, unterstützten sie Julia Schramms Frankfurter Vertrauten Thorsten Wirth, der sich in seinem Landesverband Hessen allerdings nicht bewährt hatte. Im „Fahnengate“ und „Bombergate“ versagte Wirth dann auch auf ganzer Linie und redete stattdessen den Berlinern nach deren dumpfer Schnauze. Etliche Aktive traten daraufhin aus oder in #Orgastreik, die oben genannten Landesverbände bekundeten ihren Unmut in deutlichen Stellungnahmen. Nachdem drei Bundesvorstände schließlich am 16.03. zurücktraten, wurde der BuVo satzungsgemäß handlungsunfähig.

Aktuellstes Problem der Partei ist, dass diese auf Bundesebene derzeit noch immer nicht wieder satzungsgemäß vertreten wird. Statt eine kommissarische Vertretung zu ernennen, die unverzüglich einen außerordentlichen Parteitag hätte einberufen müssen, hat Wirth unter Missachtung des Verbots des Selbstkontrahierens mal eben sich selbst und die restlichen Bundesvorstände zum „kommissarischen BuVo“ ernannt. Von ihren Getreuen lassen sich die eigentlich entmachteten Ex-Vorstände „unser BuVo“ nennen. Bis zum heutigen Tag verschleppt „unser BuVo“ das unverzüglich gebotene Einberufen eines außerordentlichen Parteitags, ein solcher ist bislang lediglich für Ende Juni (!) angekündigt.

Es dürfte wohl auch der Fall des § 9a Abs. 11 der Satzung vorliegen. Wie sich inzwischen herausstellt, war „unser BuVo“ schon wegen der Urlaubsplanung der Beteiligten absehbar nicht in der Lage, seiner Aufgabe nachzukommen. Angebotene Hilfe wie etwa unterschriftsreife Verträge über BPT-geeignete Hallen usw. schlug Wirth großzügig aus. Nachdem „unser BuVo“ in einer hochnotpeinlichen „unser BuVo“-Sitzung Antworten angekündigt hatte, verbarrikadiert er sich zwei Wochen später arrogant im Hinterzimmer – die Antworten blieb er bislang schuldig. Kritiker des „unser BuVo“-Mimimi werden von Berliner Piraten scharf angegriffen – „Korpsgeist“ würde man diesen Treueschwur anderswo nennen.

Auch die von Berlin protegierte EU-Spitzenkandidatin Julia Reda glänzt mit Eigenmacht. Reda und ihre Berliner Ideologen waren beim BPT in Bochum mit ihrem Programmantrag eigentlich gescheitert. Doch demokratische Entscheidungen hinderten die vormalige JuPi-Vorsitzende natürlich nicht daran, in einem uninspirierten Wahlspot statt TTIP-Kritik genau diese Forderungen zu bringen, inklusive dem albernen Weltraumfahrstuhl nebst Weltraumfahrstuhlmusik. Wenn man Kritik an den aufgestellten Kandidaten übt, verweisen diese auf ihre demokratische Legitimation. Die galt den Berlinern allerdings einen Dreck für die demokratisch abgestimmte NRW-Liste zur jüngsten Bundestagswahl, weil die NRW-Kandidaten nicht durchgehend den ideologisch verbohrten Vorstellungen entsprachen. Ehrensache, dass die Berliner ihre Kollegen aus NRW und anderen Bundesländern bei ihren Berliner Presse-Spezis anschwärzten.

Eigenmächtig und damit definitiv nicht demokratisch handelten auch jene Berliner Piraten, die beim BPT in Bochum der Veranstaltung durch penetrantes Aufhängen von Antifa- und Anarchofahnen ihren Stempel aufnötigten („Fahnengate“).

Besonders faszinierend finde ich, wenn die Berliner Piraten altklug von Minderheitenrechten und am liebsten vom Feminismus predigen. Bei den letzten Berliner Vorstandswahlen wurde ein rein männlicher Landesvorstand gewählt, während etwa bei uns unbelehrbaren „Machos“ in NRW Frauen im Landesvorstand ganz selbstverständlich zahlreich vertreten sind. Minderheiten haben bei den Berlinern nur dann etwas zu melden, wenn sie ideologisch passen. Die linientreue Mentalität im Landesverband Berlin spiegelte sich auch in dessen sogenannten Landesschiedsgericht wieder, wo rechtsstaatliche Grundsätze keine allzu große Wertschätzung erfahren, während man dort hingegen Urteile gendert …

Als ich 2012 vor genau zwei Jahren in das Bundesschiedsgericht der Piratenpartei eintrat, sah ich mich damals alsbald zur Ansage veranlasst, dass ich meine Aufgabe als neutraler Richter ernst nähme, das auch von meinen Kollegen erwartete und für Klüngelei nicht zur Verfügung stünde. Statt sachlicher Auseinandersetzung reagierten Berliner BSG-Richter mit albernen persönlichen Angriffen. Nachdem wir uns dann berappelt hatten, war am BSG während meiner im letzten November ausgelaufenen Amtszeit kein nennenswerter Klüngelversuch mehr zu erkennen.

Beim BPT13.2 in Bremen wurde das BSG überwiegend mit Personen aus dem Landesverband Berlin und den bekanntlich Berlin-orientierten JuPis besetzt. Entsprechend linientreu fielen denn auch die jüngsten BSG-Entscheidungen aus, für die man sich einfach nur noch schämen möchte.

Hoffentlich läuft es in meiner anderen Partei Die PARTEI besser …

 

 

UPDATE:

Es kommentiert die laut BSG über jeden Verdacht von Klüngelei, Parteilichkeit und Unsachlichkeit erhabene vormalige Vorsitzende des LSG Berlin und aktuelle BSG-Richterin Daniela Berger, die bestimmt auch nie pöbeln würde:

Vielleicht sollte der @KompaLaw sich ’ne neue Basis wählen? #lastTweets

17. April 2014

Regierungen in NRW und Hamburg geben Entwarnung: CSC doch nicht schlimm!

 

Zum diesjährigen BigBrother-Preisträger Computer Science Corporation (CSC) hatten wie bereits die Grüne im Bundestag auch Linksfraktion in Hamburg und Piraten im Landtag NRW kleine Anfragen gestellt, ob das denn alles so überzeugend sei. Von wegen Datenschutz und Verwicklung in CIA-Entführungen. Doch wie schon die Bundesregierung bezeihen auch die Landesregierungen ihre Infos über CSC allenfalls aus der Zeitung. Grund zur Aufregung: Alles töfte!

Wofür noch mal brauchen wir eigentlich unsere Gehemdienste? Da war immerhin ein Deutscher entführt, um die halbe Welt verschleppt und gefoltert worden.

10. April 2014

Karlheinz Deschner †

Deutschland wird kulturell, wirtschaftlich und politisch von zwei konservativen Organisationen dominiert, die unsere Wahrnehmung der Realität beeinflussen: Zum einen die Kirchen, immerhin Deutschlands größte Arbeitgeber, Großgrundbesitzer und Doppelmoralisten, zum andern die Vereinigten Staaten, die sich bis 1990 als Gastgeber verstanden und bis heute der Bundesregierung die Ansagen machen.

Beide Strukturen waren dem Universalgelehrten Karlheinz Deschner suspekt, daher beackerte Deschner historische Felder, auf die sich andere nicht trauten.

Deschners Kriminalgeschichte des Christentums endete gesundheitsbedingt vorzeitig mit dem 10. Band, und man benötigt schon starke Magennerven, um nachzulesen, was sich eine als Religionsgemeinschaft wahrgenommene Mordbande erlauben kann und dennoch ausgerechnet als moralische Instanz gesehen wird. Der gefälschte Glaube dürfte viele Gläubige irritiert haben.

Vom wissenschaftlichen Standpunkt her weniger gelungen, dennoch aber unbedingt lesenswert und unterhaltsam, ist auch Deschners polemische Geschichte der USA Der Moloch. „Sprecht sanft und tragt immer einen Knüppel bei euch!“.

Nunmehr hat uns einer der hellsten Köpfe der Kirchenkritik verlassen. Geheiligt sei sein Name! ;)

9. April 2014

Demonstration gegen Massenüberwachung am 12. April in Köln

 

Kommenden Samstag treffen sich verantwortungsvolle Menschen in Köln, um zu demonstrieren, dass es sich auch unter Freunden nicht gehört, sich uneingeladen in fremden Rechnern und Telefonen herumzutreiben. Wem die Unschuldsvermutung und Privatsphäre etwas bedeuten, der findet sich um 14 Uhr am Heumarkt zur Demo #StopWatchingUs ein. Abends gibt es eine Party, am Sonntag ein Barcamp.

8. April 2014

Dokumentiert: Politiker zur Vorratsdatenspeicherung

Digital Courage hat diesen Clip von Politikerreden zusammengeschnitten. Nunmehr eher interessant für Historiker …

2. April 2014

Fefes Blog ./. re Fefes Blog

 

Der Psychologe Linus Neumann, Doyen der deutschen Trollforschung, stellte für eine Studie vor Jahren eine Trollfalle auf. Als Honeypot für die Krakeler richtete er einen Feed der Inhalte von Fefes Blog ein. Fefe betreibt als Ästhet sein Blog als kommentarfreie Verkündungsplattform, sodass Linus den hierdurch aufgestauten Mitteilungsdruck auf sein Studienblog re Fefes Blog ausleiten konnte, wo das Material eifrig beforscht wurde. Nachdem die Trollkommentar-Datenbank bemerkenswerte Ausmaße annahm und damit repräsentative Auswertung erlaubte, war es an der Zeit, das re Fefe-Blog würdig zu beenden.

Ein bloßes Abschalten hätten jedoch die Trolle nicht verstanden und als Zensur bewertet. Zudem konnte niemand voraussagen, wie die Trolle auf einen kalten Entzug reagieren würden. Um sich aus der Schusslinie zu nehmen, bat mich Linus um einen anwaltlichen False Flag-Angriff in Form einer 1.April-Abmahnung, die gegenüber den Trollen das Abschalten „erklärte“. Fefe war natürlich eingeweiht und einverstanden.

Die Empörungswelle begann in den frühen Morgenstunden und beinhaltete definitiv abmahnfähige Äußerungen … ;) Einige durchschauten den Aprilscherz, andere solidarisierten sich mit Linus. Der lässigste Kommentar lautete

Chuck Norris kommentiert bei Fefe.

Hier ein paar Reaktionen ;) :

29. März 2014

Brender zum Fall Brender

 

Als Wulf vor einiger Zeit mal Herrn Dieckmann auf die Mailbox sprach und der das leakte, war das für die Medien eine Riesensensation. Tatsächlich schätzen gut informierte Journalisten, dass es in Berlin täglich 20 Versuche gibt, auf die Berichterstattung Einfluss zu nehmen. Auch Nikolaus Brender berichtet über die mäßig subtilen Wünsche nach Hofberichterstattungen im ZDF.

27. März 2014

Medienrechtler happy über EuGH-Urteil

 

Heute ist ein großer Tag für die Zunft der Medienrechtler: Was Uschi von der Leyen nicht schaffte, dürfen künftig Richter Buske & Co.: Netzsperren verfügen.