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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


19. September 2014

ARD-Programmbeirat kritisiert Einseitigkeit der Ukraine-Berichterstattung

 

In einem so wohl historischen Vorgang hat der ARD-Programmbeirat den Duktus der Berichterstattung in der ARD u.a. als „fragmentarisch“, „tendenziös“, „mangelhaft“ und „einseitig“ kritisiert.

Die neun Mitglieder des Programmbeirats empfehlen der ARD „eine gründlichere Recherche durch die politischen Redaktionen“. Angesichts der Fortdauer der Krise sei es wünschenswert, auch noch „im Rückblick Recherche und Information“ zu verstärken. Das Ziel sollte es sein, mehr Dokumentationen und Hintergrundberichte zu produzieren, um die Entwicklungen in der Ukraine „nachvollziehbar zu machen“.

Und:

Insgesamt musste der Programmbeirat nach einer umfangreichen inhaltlichen Analyse in zehn Punkten eine unzureichende Arbeit der ARD feststellen. Differenzierende Berichte über die Verhandlungen der EU über das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine hätten gefehlt. Die „politischen und strategischen Absichten der NATO“ bei der Osterweiterung seien kaum thematisiert worden. Die Legitimation des „sogenannten Maidanrats“ und die „Rolle der radikal nationalistischen Kräfte, insbesondere Swoboda“ hätten ebenso wenig eine Rolle gespielt wie deren Aktivitäten beim Scheitern „der Vereinbarung zur Beilegung der Krise in der Ukraine vom 21. Februar“.

Die DDR ARD-Würdenträger sind über die Watsch’n offenbar sehr unglücklich. Wie es aussieht, bringen auch die eigenen Internet-Foren die ARD in Verlegenheit. Spannend wird es sein, ob das ehemalige Nachrichtenmagezin DER SPIEGEL die Kritik des ARD-Programmbeirats an den ARD-Journalisten(?) genauso tapfer ignorieren wird wie die am eigenen Haus. DER SPIEGEL muss derzeit ertragen, dass das von mir empfohlene Buch meiner TELEPOLIS-Kollegen Mathias Bröckers und Paul Schreyer inzwischen die Top 10 der SPIEGEL-Bestsellerliste für Paperbacks erreicht hat.

Mich würde auch einmal interessieren, wie lange sich die pseudokritische Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche e.V. ihren blinden Fleck leistet. Der jüngste Beitrag im dortigen Blog redet lieber dem neuen Kalten Krieg das Wort.

Das Internet hat offenbar seinen Job gemacht. Hätte sich die heutige Kriegsministerin mit ihren Plänen eines zensierten Internets durchgesetzt, würden wir heute vermutlich in einem anderen Land leben. Auch, wenn ich mich mit meinem Engagement für die Piratenpartei mit etwa einem hochnotpeinlichen Landesverband Berlin häufig ein Stück weit lächerlich gemacht habe, so war und ist mir unser Kampf für ein unzensiertes Netz jede Sekunde wert.

3. September 2014

Angela Merkels neuer Geheimdienst

 

Vor einem Jahr hatte ich die Ehre, in den Niederlanden auf eine Gruppe amerikanischer Ex-Geheimdienstler zu treffen. Es handelt sich hierbei nicht um irgendwelche romantisierenden Schlapphüte, die in fremden Ländern rumspionieren, sondern um hochrangige Analysten und hochqualifizierte Experten. Am bekanntesten etwa sind William Binney, seinerzeit technischer Direktor der NSA oder CIA-Analyst Ray McGovern, der in den 1980ern täglich Vizepräsident Bush und höchste Militärs briefte. Personen mit Rückgrad aus der CIA, dem State Department, dem FBI, der Army und des National Intelligence Council hatten bereits vor 12 Jahren fassungslos zugesehen, wie die USA mit gefälschten Beweisen in den Irakkrieg gelotst wurden. Sie ziehen noch heute den Hut vor damaligen deutschen Bundesregierung, die sich dem Waffengang verweigerte. Sie alle hatten nach und nach ihre Dienste verlassen und wurden zu Whistleblowern.

Nun aber haben die denkbar kompetenten Geheimdienstverteranen einen offenen Brief an Kanzlerin Merkel geschrieben, in dem sie ihr dringend nahe legen, die von Washington aufgetischten Verschwörungstheorien über Russland eher kritisch zu würdigen. TELEPOLIS hat heute eine deutsche Version veröffentlicht. Was sie schreiben, ist überzeugend.

Dieser private Geheimdienst dürfte der preiswerteste und qualifizierteste sein, der jemals einen deutschen Bundeskanzler beraten hat. Da die CDU jedoch den „Konservativen“ in Washington und da speziell den sehr konservativen verpflichtet ist, dürfte der gute Rat auf taube Ohren stoßen.

Warum diese Stimmen der Geheimdienstveteranen in der konventionellen Presse kein Gehör finden, kann ich Ihnen leider auch nicht sagen. Was Geheimdienstopa Ray McGovern (* 1939), der Washington seit den Kennedy-Tagen kennt, im obigen Video über die Medien zu sagen hat, kann ich leider nur unterschreiben. McGovern hat die Hoffnung, dass alternative Medien und etwa das Internet politischen Impact haben. Vor drei Jahren wurde McGovern verhaftet, weil er bei einer Rede von Hillary Clinton der Lügnerin den Rücken zudrehte. Letztes Jahr besuchten er mit seinen Mitstreitern Edward Snowden in Moskau.

25. August 2014

Sind Leitmedien alternativlos?

 

Wenn heute sogar die BILD-Zeitung (!) auf der Titelseite fragt, was man dem Fernsehen glauben darf, dann ist es schon weit gekommen.

Zur Glaubwürdigkeit der Medien in Kriegszeiten diskutieren in der aktuellen Folge des Podcasts „Alternativlos“ die beiden Nerds Frank Rieger und Felix von Leitner, wobei sie ihre Erfahrungen aus dem Kalten Krieg in Deutschland Ost und West rekapitulieren. Spannend ist der Einfluss von alternativen Medien wie Al Jazeera und Ria Novosti/RuTube, sowie von Social Media, was dem Standing der etablierten Medien zu schaffen macht.

Spätestens im Ukraine-Konflikt dürften etliche Anbieter von „unabhängiger“ atlantischer Propaganda ihr wichtigstes Kapital nicht nur bei Intelektuellen, sondern auch beim „Mensch auf der Straße“ verspielt haben. Das SPIEGEL-Cover „Stoppt Putin jetzt!“ dürfte kaum ein Beitrag sein, um die Auflage wieder über die 800.000 zu heben (falls die wirklich stimmt …).

Vor allem in Krisenzeiten gilt: Die verlässlichsten politischen Botschaften bekommt man von den Satirikern.

18. August 2014

Funktioniert der Medienpluralismus im Ukraine-Konflikt?

 

Ich mache mir gerade große Sorgen um unsere Medienlandschaft. Nach der Erfahrung mit der Propaganda des Dritten Reiches leisten wir uns einen teuren öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der staatsfern ein breites Spektrum an politischen Perspektiven garantieren soll. Die Freiheit der Presse wird nur durch Vielfalt von Meinungen und Medien verwirklicht.

Dennoch liefert uns die politische Presse nur einen bemerkenswert selektiven Ausschnitt aus der Realität, der meistens der atlantischen Sichtweise entspricht. Zwar hat vermutlich kein Journalist einen Propagandabefehl, aber wer vom von den Leitwölfen vorgegebenen Narrativ abweicht, läuft Gefahr, anzuecken oder als Verschwörungstheoretiker gebranntmarkt zu werden. Das ist nicht gut für Karriere oder soziale Position. Die wenigsten Journalisten verdienen ernsthaft Geld; wer eine Familie ernähren kann, der überlegt es sich zweimal, was er so schreibt – und was nicht.

Mit Peter Scholl-Latour haben wir einen unbequemen wie kompetenten Mahner verloren, dessen Stimme im Ukraine-Konflikt leider fehlen wird. Ein paar Leute bewahren sich einen kritischen Geist. So kritisiert etwa Promi-Philosoph Richard David Precht eine „Mobilmachung in den deutschen Medien“ – in einer österreichischen Publikation. Auch der Kollege Peter Vonnahme, vormals Richter am Bayrischen Verwaltungsgerichtshof, ist von dem Umgang der Medien mit dem Absturz von MH 17 befremdet.

Der Journalist Mathias Bröckers, der seinerzeit in der taz die selbstironische Seite „Die Wahrheit“ einrichtete, hat in den letzten Jahren viele Kollegen in Recherche ausgebildet, also der Kunst, Propaganda von Fakten zu trennen. Da seine Bücher häufig eine vom Narrativ abweichende Interpretation politischer Ereignisse bieten, gab es vor Jahren diverse Versuche, ihn mundtot zu machen, gegen die er sich in Extremfällen presserechtlich erfolgreich wehrte. Sein aktuelles Buch „Wir sind die Guten – Ansichten eines Putinverstehers oder wie uns die Medien manipulieren“, das mit Redaktionsschluss Ende Juli noch jüngste Entwiklungen berücksichtigen konnte, zeigt eine erstaulich einseitige Berichterstattung unserer Qualitätsmedien auf.

Besonders spannend an Bröckers Buch finde ich das Auseinanderdriften vom in den professionellen Medien gepflegten Narrativ und den Informationen, die sich über Socal Media verbreiten. Bereits das Einstiegskapitel, online bei TELEPOLIS, hat es in sich. Ich konnte das Buch vorab lesen und habe vieles über die Hintergründe des Konflikts erfahren, was man in unseren Qualitätsmedien nicht oder nur selten serviert bekommt. Wussten Sie, dass Frau Timoschenkos Karriere als professionelle Raubkopiererin begann?

14. August 2014

Bamford bei Snowden

James Bamford war im Vietnamkrieg selbst indirekter NSA-Mitarbeiter gewesen, zufällig wie Ed Snowden auch auf Hawaii. Das Ausspähen der eigenen Bevölkerung wollte er ebenfalls nicht mittragen, quittierte den Dienst und wurde zu dem, was man heute Whistleblower nennt. So sagte er in den 1970ern vor dem Church-Commitee aus, das dem Treiben der US-Geheimdienste erstmals herbe Einschnitte beibrachte. Die Lügen, mit denen seine Generation in den Vietnamkrieg getrieben wurden, ließen ihn nicht loss, und so wurde Bamford in den folgenden Jahren einer der profundesten Enthüllungsautoren im Geheimdienstbereich.

Sein „Puzzle Palace“ über die gigantische NSA wurde zum Klassiker, auch die Fortsetzung „Body of Secrets“, in der er u.a. das Northwoods Dokument einer breiten Öffentlichkeit vermittelte, sollte man unbedingt gelesen haben. Nun hat auch Bamford Snowden in Moskau getroffen und für Wired einen beklemmenden Artikel geschrieben. So sieht Snowden das schon von Kennedy befürchtete Risiko eines Kriegs aus Versehen, der im Cyberspace automatisiert ausbrechen kann. Die Entscheidung über das Für und Wider von Gegenmaßnahmen, wie sie zu Zeiten von Petrow noch mit kühlem Kopf möglich waren, wird von einem Computer getroffen.

Ich fürchte, dass wir uns Politiker, die das Internet für „Neuland“ behalten, einfach nicht mehr leisten können … In den USA, denen Frau Merkel so verbunden ist, muss derzeit Bamfords Kollege James Risen ins Gefängnis, weil er seine Quellen nicht preisgeben will. Im „Land of the Free“ sitzt übrigens konstant 2% der Bevölkerung.

4. August 2014

Ernst Maria Lang (1916-2014)

Der Karrikaturist Ernst Maria Lang ist tot.

Lang war wegen einer Karrikatur aus der Hitler-Jugend geflogen. Mehrere Jahrzehnte zeichnete er für die Süddeutsche. Anfang der 1960er verklagte Adenauer Lang, weil der Karrikaturist ihn bezgl. der Wiederbewaffnung der Lüge geziehen hatte. Zu einer Verhandlung kam es sehr zum Bedauern Langs nicht: Er hätte Adenauer gerne „vor Gericht“ gesehen …

3. August 2014

Why We Fight

 

Zu den bemerkenswertesten Dokumentationen über Kriegspropaganda gehört „Why We Fight“ (2005) von Eugene Jarecke. Die unter anderem mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Doku beginnt mit einem US-Amerikaner, der Rache für seinen bei 9/11 getöteten Sohn forderte und erreichte, dass man diesem eine Bombe auf den Irak widmete. Als ihm gewahr wurde, dass der Irak nichts mit 9/11 zu tun hatte, schämte er sich unendlich.

Während sich große US-Zeitungen bei ihren Lesern für ihre Kritiklosigkeit gegenüber Kriegstreibern entschuldigten, schwiegen deutsche Blätter in Schönheit zum eigenen Versagen.

Der Film scheint mir aktueller denn je zu sein.

1. August 2014

Asyl für Snowden läuft heute aus

 

Unsere Nachkommen werden uns danach beurteilen, ob wir Menschen mit Zivilcourage unsere Solidarität erweisen.

31. Juli 2014

Durfte DER SPIEGEL Fotos der Opfer von MH 17 verbreiten?

Mehrfach kam die Frage auf, ob das Agitprop-Magazin DER SPIEGEL für seinen aktuellen Titel die privaten Fotos der beim Flug MH 17 getöteten Menschen benutzen durfte.

Zivilrecht

Sofern nicht die Angehörigen eingewilligt haben: NEIN.

Wer in Deutschland Fotos verbreiten oder zur Schau stellen will, auf denen Gesichter zu erkennen sind, benötigt grundsätzlich nach § 22 KunstUrhG die Einwilligung entweder des Abgebildeten oder nach dessen Tod die von den Angehörigen (bis zum Ablauf von zehn Jahren).

Eine solche Einwilligung wäre entbehrlich in Fällen eines gewichtigen Berichtsinteresses der Öffentlichkeit, § 23 KunstUrhG. Ein solcher Fall liegt aber nicht vor, denn DER SPIEGEL hat kein Flugzeugunglück berichtend illustriert, sondern „Stoppt Putin“ bebildert. Wenn die Betroffenen oder deren Angehörige diesen politischen Apell nicht teilen, liegt eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts vor.

Etwas anderes könnte aber gelten, wenn Bildrechte nach § 22 KunstUrhG wirksam übertragen wurden. Dem Vernehmen nach soll sich DER SPIEGEL aus sozialen Netzwerken bedient haben. Wenn man selbst Fotos von sich ins Netz stellt, gibt man insoweit ein Stück Privatsphäre von sich faktisch auf. Dies beinhaltet jedoch nicht automatisch die Erlaubnis, dass auch Dritte solche Fotos nutzen dürfen (zumal auch das Urheberrecht des Fotografen geschützt ist, sogar gegenüber dem Abgebildeten). Die Einwilligung nach § 22 KunstUrhG reicht grundsätzlich nur soweit, wie es dem Betreffenden vernünftigerweise erkennbar war. Wird man z.B. bei einem nicht öffentlichen Anlass gefilmt und lässt die Aufnahmen zu, bedeutet dies nicht, dass man pötzlich im landesweiten TV zu sehen sein will. Die Reichweite einer Einwilligung nach § 22 KunstUrhG ist regelmäßig Streitfrage am Richtertisch und wird in den Instanzen unterschiedlich beurteilt.

Bei Facebook heißt es in den Allgemeinen Geschäftsbedinungen:

(…) Du erteilst uns deine Erlaubnis zur Nutzung deines Namens, Profilbilds, deiner Inhalte und Informationen im Zusammenhang mit kommerziellen, gesponserten oder verwandten Inhalten (z. B. eine Marke, die dir gefällt), die von uns zur Verfügung gestellt oder aufgewertet werden. Dies bedeutet beispielsweise, dass du einem Unternehmen bzw. einer sonstigen Organisation die Erlaubnis erteilst, uns dafür zu bezahlen, deinen Namen und/oder dein Profilbild zusammen mit deinen Inhalten oder Informationen ohne irgendeine Entlohnung für dich zu veröffentlichen. (…)

Außerdem ist Facebook der Ansicht, dass jedweder Anspruch, Klagegegenstand oder Streitfall (Anspruch), den man gegenüber Facebook Ireland Limited hat und der sich aus der Erklärung gegenüber Facebook oder in Verbindung mit dieser bzw. mit Facebook ergibt, ausschließlich vor dem für den nördlichen Bezirk von Kalifornien zuständigen US-Bezirksgericht oder vor einem Staatsgericht in San Mateo County zu verhandeln sei, wobei die Gesetze des Bundesstaates Kalifornien unter Ausschluss der Bestimmungen des internationalen Privatrechts anzuwenden seien.

Das Landgericht Berlin teilte allerdings 2010 freundlich mit, dass in Deutschland deutsches Recht anzuwenden sei und auch hierzulande geklagt werden könne. Das Urteil wurde dieses Jahr vom Kammergericht bestätigt.

Die Frage also, inwieweit ein Verlag für einen Printtitel von Facebook wirksam Rechte Dritter nach § 22 KunstUrhG erwerben kann, wäre daher auch hierzulande justiziabel. Wie gesagt, die Reichweite solcher Einwilligungen ist im Einzelfall eine diffizile Angelegenheit. Die Rechtsansicht, dass man auf Facebook wirksam darin einwilligt, in politische Kampagnen eingespannt zu werden, halte ich für abwegig.

UPDATE:

BILDblog hat sich die SPIEGELBILDerei vorgenommen. Dort ließen sich die SPIEGEL-Leute wie folgt ein:

„Wir halten die Optik für angemessen, denn es handelt sich um Opfer der ruchlosen Machtpolitik des russischen Präsidenten Putin. Dies rechtfertigt nicht nur eine so starke, emotionale Optik, es macht sie geradezu notwendig – und zwar im Interesse der Opfer und ihrer Angehörigen.“

UPDATE: Unabhängig vom Aspekt der Persönlichkeitsrechte sind natürlich auch die Urheberrechte der Fotografen betroffen.

Pressekodex

Der Verlag des SPIEGEL hat sich dem – nicht vor ordentlichen Gerichten justiziablen – Pressekodex unterworfen:

§ 1 (…) Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.

§ 8 (…)

Richtlinie 8.2 – Opferschutz
Die Identität von Opfern ist besonders zu schützen. Für das Verständnis eines Unfallgeschehens, Unglücks- bzw. Tathergangs ist das Wissen um die Identität des Opfers in der Regel unerheblich. Name und Foto eines Opfers können veröffentlicht werden, wenn das Opfer bzw. Angehörige oder sonstige befugte Personen  zugestimmt haben, oder wenn es sich bei dem Opfer um eine Person des öffentlichen Lebens handelt.

Richtlinie 8.3 – Kinder und Jugendliche
Insbesondere in der Berichterstattung über Straftaten und Unglücksfälle dürfen Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres in der Regel nicht identifizierbar sein.

§ 11 (…)

Richtlinie 11.3 – Unglücksfälle und Katastrophen
Die Berichterstattung über Unglücksfälle und Katastrophen findet ihre Grenze im Respekt vor dem Leid von Opfern und den Gefühlen von Angehörigen. Die vom Unglück Betroffenen dürfen grundsätzlich durch die Darstellung nicht ein zweites Mal zu Opfern werden.

§ 13 (…)

Richtlinie 13.1 – Vorverurteilung
Die Berichterstattung über Ermittlungs- und Gerichtsverfahren dient der sorgfältigen Unterrichtung der Öffentlichkeit über Straftaten und andere Rechtsverletzungen, deren Verfolgung und richterliche Bewertung. Sie darf dabei nicht vorverurteilen. Die Presse darf eine Person als Täter bezeichnen, wenn sie ein Geständnis abgelegt hat und zudem Beweise gegen sie vorliegen oder wenn sie die Tat unter den Augen der Öffentlichkeit begangen hat. In der Sprache der Berichterstattung ist die Presse nicht an juristische Begrifflichkeiten gebunden, die für den Leser unerheblich sind.

Ziel der Berichterstattung darf in einem Rechtsstaat nicht eine soziale Zusatzbestrafung Verurteilter mit Hilfe eines „Medien-Prangers“ sein. Zwischen Verdacht und erwiesener Schuld ist in der Sprache der Berichterstattung deutlich zu unterscheiden.

30. Juli 2014

Diether Dehm erstattet Anzeige gegen den SPIEGEL, der über Leichen geht

 

Diether Dehm ist jetzt nicht unbedingt ein einfacher Charakter. Mir fiel er durch seine Klagefreudigkeit in der Hamburger Pressekammer eher negativ auf. Außerdem singt er. Aber gut, nobody is perfect.

Dehm hat gegen das sogenannte Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL wegen des unterirdischen Titels „Stoppt Putin“ Strafanzeige erstattet. Die Hamburger Starjournalisten hatten mit Bildern der über der Ukraine getöteten Flugzeuginsassen geschmacklose Propaganda gegen Russland gemacht und quasi Blutrache gefordert. Da man eine Atommacht nicht militärisch angreift, „beschränkt“ man sich auf einen Wirtschaftskrieg, der übrigens bereits im Mai von Obama abgesegnet wurde. Soweit mir bekannt ist, sind alle Kriege aus wirtschaftlichen Erwägungen geführt worden.

Der alpha-Blogger Stefan Niggemeyer hat sich dieser seit 70 Jahren beispiellosen Entgleisung anhenommen und analysiert auch den Umgang mit Umfragen.

Dehm schreibt:

Dehm stellt Strafanzeige und reicht Beschwerde beim Presserat gegen SPIEGEL ein

Auf dem Titel des letzten SPIEGEL: Fotos von Opfern des über der Ukraine abgestürzten Flugzeugs und in dicken roten Lettern die Forderung „Stoppt Putin jetzt“. (Noch dazu plagiierend, denn die BILD-Zeitung titelte schon am 21. Juli: „Wann stoppt die Welt Putin?“) Mit den Bildern der Toten wird schäbig gehetzt, und Putin, als Repräsentant des russischen Volkes, eines Tonkin-ähnlichen Flugzeugabschusses beschuldigt.

Der SPIEGEL, so schreibt der langjährige Redakteur des Magazins, Peter Ferdinand Koch, sei das „Eldorado der Geheimdienste“. Die CIA muss dabei mittlerweile das Rennen gemacht haben. Die neue Titelseite hetzt, wie es auch dem deutschen Anti-Russismus vor 1941 alle Ehre gemacht hätte. Und auch wie jene, behauptet nun der SPIEGEL entschuldigend, er habe nur friedliche Mittel gegen Russland wenden wollen. Stil und Wortwahl entstammen dem Wörterbuch des Unmenschen, verstoßen gegen das Grundgesetz und den Ehrenkodex des deutschen Presserates, bei dem ich Beschwerde einlege und gleichzeitig Strafanzeige gegen den SPIEGEL wegen Aufruf zum Angriffskrieg und Volksverhetzung stelle.