29. Oktober 2014

Foto: Wikingerfest 2010, Urheber: Dirk Vorderstraße, Lizenz: CC BY 3.0
Der Fotofreund Dirk Vorderstraße, der das Internet mit unter Creative Commons Lizenzen stehenden Bildern überschwemmt, und dann von Nutzern bei Nichtnennung von Namen und Lizenz vierstellige Beträge einfordert, versucht schon seit längerem, sich mit mir juristisch zu messen. So hat er mich durch seinen Rechtsbeistand, den Kollegen Herrn Arno Lampmann von der Kanzlei Lampmann/Haberkamp/Rosenbaum vor einem halben Jahr am Landgericht Köln wegen dieses kritischen Beitrags von 2011 verklagt. Von dem rechtlich wie tatsächlich unterhaltsamen Prozess werde ich voraussichtlich im Januar berichten.
Ein besorgter Bürger, der von dem Verfahren hörte, war so aufmerksam, ein privates Blog mit der instruktiven Domain Foto Abzocker Dirk Vorderstraße anzulegen, um dort Beiträge über den fotografierenden Urheberrechtsfreund zu archivieren. Doch Herr Vorderstraße wollte weder „Abzocker“ genannt werden noch wollte er sich nachsagen lassen, er mahne ab – und mahnte das durch seinen Anwalt ab, jedoch erfolglos. Daraufhin beantragte Herr Vorderstraße eine einstweilige Verfügung, zunächst am Landgericht Köln, das aber nicht das geringste mit dem Fall zu tun hat.
Kollege Lampmann, lautstarker Verfechter und stolzer Durchsetzer des fliegenden Gerichtsstands, musste zunächst hinnehmen, dass sich insoweit der Wind auch am Landgericht Köln gedreht hat. Der Antrag flog zum Wohnsitz des Bloggers nach Berlin und wurde nach einem Hinweisbeschluss schließlich abgewiesen.
Hinsichtlich der Wahl der Domain schrieb das Landgericht Berlin, das Verhalten des Antragstellers dürfe getrost als ‚abzocken‘ bezeichnet werden. Die Annahme einer Namensverwirrung sei fernliegend. Soweit der Antragsteller meint, seine Lizenzeintreibeschreiben seien als ‚Abmahnungen‘ bezeichnet worden und diese keine seien, stellte das Gericht klar, dass es insoweit auf die Wirkung solcher Schreiben beim Empfänger ankomme. So drohte der Antragsteller den Urheberrechtsverletzern ein gerichtliches Verfahren an, wenn sie sich nicht seinen üppigen Lizenzforderungen beugten. Daher wiege das Recht des Bloggers auf Meinungsfreiheit schwerer als das des Antragstellers auf Achtung seiner Ehre. Eine weitere abgemahnte Behauptung durch einen angeblich erweckten Eindruck wurde schon nicht aufgestellt.
UPDATE: Das Berliner Kammergericht hat die Abweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung bestätigt. Herr Vorderstraße hat nun die Möglichkeit, eine Hauptsacheklage zu erheben, wenn er sich davon etwas verspricht.
Die Rechtslage, ob man bei CC-Bildern bei fehlender Benennung wirklich einen Anspruch auf Lizenzzahlungen hat, ist umstritten. Die meisten Juristen, mit denen ich die Frage diskutierte, teilen meine Rechtsauffassung, dass lediglich auf Unterlassung der Nutzung oder auf Vornahme der Benennung geklagt werden kann. Wenn ein Foto bei Einhaltung der Bedingungen kostenlos genutzt werden darf, lässt sich ein finanzieller Schaden nach § 97 UrhG nicht darstellen. Insgesamt spricht viel dafür, dieses auf Asunutzen von Rechtsirrtümern basierende Geschäftsmodell als rechtsmissbräuchlich zu bewerten, was ebenfalls zur Anspruchsversagung führen kann. Berliner dürfen es nunmehr ‚abzocken‘ nennen.
Für die Behauptung, man könne aus CC-Lizenzverstößen Geld schlagen, wird mir von den Lizenzeintreibern immer wieder ein Blogposting des Kollegen Lampmann unter die Nase gehalten, in welchem sich der Kollege Lampmann rühmt, eine ‚Rekordsumme‘ iHv 14.000,- € für einen Mandanten wegen Nichtnennung der CC-Lizenz erzielt zu haben. Gegner sei ein großes Unternehmen gewesen, das eigenmächtig hochwertige Fotografien genutzt habe. In einem Update räumte der Kollege dann allerdings ein:
Update vom 27.6.2013 aufgrund zahlreicher Nachfragen:
Die Einigung erfolgte außergerichtlich. Wir können leider nicht alle Details des Falls preisgeben, da sonst Mandant oder Gegner erkennbar werden könnten. Das wäre nicht nur rechtswidrig sondern entspräche auch nicht unserem Selbstverständnis. Wir bitten daher um Nachsicht für die “Geheimniskrämerei”. Wir sind der Meinung, dass der Fall auch so interessant genug ist, insbesondere um die Bedeutung von Creative Commons Licenses für Fotografen und Seitenbetreiber zu beleuchten.
Was also konkret verhandelt wurde und welches Ausmaß die rechtswidrige Nutzung wirklich aufwies, wird also ein Geheimnis bleiben. Ich bezweifle allerdings, dass das Unternehmen primär aus juristischen Erwägungen gehandelt hat. Erfahrungsgemäß haben namhafte Unternehmen in Fällen von ihnen zurechenbaren Urheberrechtsverstößen in erster Linie den guten Ruf im Auge. Daher legen sie vor allem Wert auf das Zustandekommen einer Verschwiegenheitsvereinbarung, was üblicherweise nicht direkt gekauft wird, sondern formal über eine großzügige Lizenzzahlung.
Auch der Kollege Lampmann scheint sich seiner Sache mit den finanziellen Ansprüchen bei CC-Verstößen nicht ganz so sicher zu sein. So hat er gegen einen Mandanten von mir für Herrn Vorderstraße vor einem halben Jahr eine stolze Zahlung gefordert, aber noch immer keine Klage erhoben.

admin •

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27. Oktober 2014
Am 6. November läuft in Deutschland „Citizenfour“ an, die Dokumentation über Edwards Snowdens couragiertes Eintreten für eine freie Gesellschaft. Das Finale der Doku spielt in Ramstein Airbase, von wo aus die Drohnen-Morde koordiniert werden. Wie kürzlich bekannt wurde, ist sich die angeblich so allwissende NSA gerade einmal bei 5% aller getöteten Zielpersonen sicher, dass diese wirklich etwas mit Terrororganisationen zu tun haben. Warum diese unfassbare Verachtung vor menschlichem Leben auf deutschem Boden noch immer kein Thema für die Politik ist, begreife ich einfach nicht.
21. Oktober 2014
Heute vor 20 Jahren saß ich im Computerraum der Juristischen Fakultät der Universität des Saarlands, wo ich es irgendwie spannender fand als bei den Schönfelder-Herumträgern. Es dauerte ewig, bis ein Browser namens MOSAIC die Bilder aufgebaut hatte. Dann rief ein Admin:
„Der SPIEGEL ist im Internet!“
Und tatsächlich baute sich da pixelig das Logo des SPIEGELs auf dem Monitor auf.
Bereits damals also hatte ich auf SPIEGEL ONLINE eine juristische Perspektive. Bevor die Juristen vom SPIEGEL heute zum Sektempfang dürfen, haben sie aber noch etwas Arbeit: Zum Jubiläum habe ich heute SPON standesgemäß eine (ernsthafte) Abmahnung mit kurzer Frist gefaxt … ;)
UPDATE: Der Spiegel-Justiziar hat mir gefaxt, dass heute kein Sektempfang ist. Tatsächlich jährt sich der SPON-Auftritt auch erst am 25. Oktober. Eingeladen hat er mich aber nicht.
19. Oktober 2014
Heute um 19.30 Uhr bringt das ZDF eine Doku über Houdini, zu dem ich eine besondere Beziehung habe. 2006 hatte mich der Magische Zirkel von Deutschland anlässlich des 80. Todestags (30.10.1926) mit einer Kurz-Biographie über den legendären Entfesslungskünstler und Zauberer beauftragt, den seinerzeit George Bernhard Show neben Jesus und Sherlock Holmes zu den drei bekanntesten Menschen der Welt zählte.
Houdinis Leben verlief denkbar bewegt. Der Magier war nicht nur äußerst geltungssüchtig, sondern auch sehr streitfreudig, gerne auch im Gericht. Er leiferte sich etliche Prozesse gegen Kritiker, die behaupteten, seine Tricks durchschaut zu haben und ging gegen Nachahmer vor. Wer immer Stress mit Houdini suchte, bekam einen unerbittlichen Feind.
Houdinis Prozesse sorgten stets für Presseaufmerksamkeit. Mit seinem Konkurrenten Hardeen lieferte sich Houdini eine 25 Jahre andauernde Pressefehde. Nach Houdinis Tod kam heraus, das Hardeen in Wirklichkeit Houdinis Halbbruder war, der „Streit“ war in Wirklichkeit eine inszenierte PR-Kampagne … ;)
Der 1900 praktisch unbekannte Houdini hatte seinen Durchbruch in Deutschland, nachdem er sich in Dresden gefesselt in die Elbe werfen ließ und überlebte. Am Ufer war ein Bussgeld fällig, weil das Betreten des Rasens verboten war. Mit Houdinis Entfellslungsnummern konnten sich vor allem Menschen in Polizeistaaten wie dem deutschen Kaiserreich und dem russischen Zarenreich identifizieren, wo Houdini fast zwei Jahrzehnte seinen wichtigsten Markt hatte. Dort führte er auch viele Prozesse. Sein damals wichtigster Anwalt war ein Medienrechtler, der seine Honrare auch im Berliner Filmgeschäft investierte.
Houdini war definitiv ein Hacker. So lernte er in Deutschland alles über Schlösser und machte Lockpicking zur Kunst. Sein wichtigster Mitarbeiter war jedoch der deutsche Schlosser Franz Kukol, der die Spezialrequisiten konstruierte. Außerdem erlernte er in Hamburg das kurz vorher erfundene Fliegen. Erst mit dem Ersten Weltkrieg zog sich Houdini aus Europa zurück. In den USA konnte er mit großem Werbeaufwand einen ähnlichen Status wie in Europa erzielen.
Selbst die Legendenbildung um Houdinis mysteriösen Tod hatte mit Anwälten zu tun. So verhandelten die Juristen mehrere Tage lang, bis schließlich eine Lösung für alle Parteien akzeptable Version gefunden wurde, die eine Auszahlung einer Versicherungssumme an die Witwe ermöglichte.
Das Schreiben der Biographie war schon deshalb interessant, da es in deutscher Sprache bislang keine ansatzweise brauchbare Houdini-Bio gibt, dafür in den USA jedoch etliche. Trotz strengster Auswahl auf das Wesentliche wurden es 19 eng beschriebene Seiten. Eine besonders erfolgreiche Houdini-Bio, die mir stilistisch sehr gut gefiel, stammte von einer britischen Autorin, die am Denkmal Houdini sägte. Das brachte ihr den Hass der US-Zauberer ein, denn Houdini gilt als der erste amerikanische Superheld und Popstar.
Der US-Zauberer Bill Kalush, der als einer der besten Close Up-Künstler unserer Zeit gilt und das Conjuring Arts Research Center gegründet hat, machte es sich daraufhin zu Lebensaufgabe, die ultimative Houdini-Bio herauszubringen, ebenfalls zu 2006. Kalush und sein Co-Autor fuhren bei der Recherche einen unglaublichen Aufwand, allein für die Fußnoten wurde ein zweites Buch gedruckt – das keinen einzigen Hinweis auf die verachtete britische Autorin enthält …). Das Buch ist wirklich beeindruckend geworden.
Während die meisten US-Houdini-Biographen wegen der Sprachbarriere Houdinis Deutschland-Bezüge nahezu ausließen, so etwa die oben eingebettete Doku „Unlocking the Mystery“ von 2005, recherchierte Kalush gründlich auch hierzulande. Dabei half ihm unser gemeinsamer Freund Volker Huber.
Kallush bekam vom Verlag eine Million Dollar, die vermutlich nur die Kosten gedeckt haben. Für Kalush dürfte das Honorar eher eine Geste gewesen sein, denn der Mann ist in seinem Hauptberuf Milliardär. Natürlich wurden auch die Filmrechte verkauft. Im Mai diesen Jahres wurden Verhandlungen mit Johnny Depp für die Hauptrolle bekannt. Der Film soll als eine Art Indiana Jones-Version aufgezogen werden.
Unabhängig von diesem Projekt wird gerade eine TV-Serie über Houdini produziert, on der den Magier der Oscar-Gewinner Adrian Brody verkörpern wird, der selbst einmal professioneller Zauberkünstler war.
Houdini betätigte sich in seinen letzten Jahren als Anti-Spiritist und stritt sich mit einer frivolen Geisterbeschwörerin. Die skurrile Geschichte, über die auch die Freundschaft zwischen Houdini und Arthur Conan Doyle zerbrach, habe ich vor ein paar Jahren mal auf TELEPOLIS nachgezeichnet.
13. Oktober 2014
Der aktuelle SPIEGEL (print) bringt einen längeren Artikel über die drei bedeutendsten Pressekammern Köln, Hamburg und Berlin. Darin wird beklagt, dass in diesen Kammern seit Jahren einstweilige Verfügungen im Regelfall ohne Anhörung der Gegner erlassen werden. Dies kritisiert der bis 2002 der Kölner Pressekammer Vorsitzende Ex-Richter Huthmacher, der möglichst immer die Gegenseite vor einer Beschneidung der Pressefreiheit zu kontaktieren pflegte und meistens eine mündliche Verhandlung ansetzte. Ex-BGH-Richter Bornkamm spricht sogar von Missbrauch.
Außerdem geht der Beitrag auf den von mir vehement kritisierten fliegenden Gerichtsstand ein, der Klägern effizientes forum shoping ermöglicht. Mit Recht sieht der SPIEGEL inzwischen die Kölner Zivilkammer 28 als die bei Verbietern beliebteste Kammer an. Am Anfang dieses Trends, 2008, hatte ich die Ehre, auf der Gegenseite der Köln-Premiere eines Berliner Medienanwalts beizuwohnen. Der Berliner(!) Kollege hatte ohne jeden Sachbezug nach Köln gebeten, um einen Hamburger(!) Gerichtsblogger zum Schweigen bringen zu bringen. Offenbar wollte der Kollege die Kölner Kammer austesten und die Domstadt zum neuen „Hamburg“ machen, wie es dann auch geschah. Entfielen laut SPIEGEL 2006 ganze 8% der auf die drei Gerichtsstände Köln/Hamburg/Berlin verteilten Pressesachen auf die Domstadt, sind es inzwischen 24%.
Ein schönes Zitat vom legendären Berliner Vorsitzenden Mauck:
„Wir machen eine Menge nicht mehr mit, ‚Köln‘ dagegen nimmt das alles.“
Der fliegende Gerichtsstand macht heute übrigens nur noch professionellen Medienschaffenden Ärger. Erforderlich ist, dass entweder Äußerungen in den Sprengeln der Gerichte tatsächlich erscheinen, also bundesweiter Printvertrieb oder Rundfunk, oder aber dass eine Äußerung einen inhaltlichen Mindestbezug zum Gerichtskreis hat. Zum Glück reicht es inzwischen nicht mehr aus, dass eine Äußerung im Internet und damit überall erscheint. So war es noch vor wenigen Jahren Gerichtspraxis, dass der Regensburger Bischof das Blog Regensburg Digital erfolgreich nach Hamburg zwang. Diese Zeiten sind inzwischen sogar in der Hamburger Zivilkammer 24 weitgehend vorbei.
Meinen nächsten planmäßigen Termin in Köln habe ich übrigens am 11.11. ab 11.00 Uhr. Zum Glück habe ich noch vom Hochwasser in Münster vor zwei Monaten eine Krawatte über, um die es nicht mehr schade ist. ;) Allerdings hat die dortige Kammer dem Gegner inzwischen in einem Hinweisbeschluss kommuniziert, dass sie meine Bedenken gegen die örtliche Zuständigkeit von Köln teilt. Eine Reise nach Köln ist mir den Weg jedoch allemal wert!

admin •

19:43 •
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Die gestrige ARD-Dauerwerbesendung für zwei Kohl-Bücher und den SPIEGEL brachte medienrechtlich durchaus interessante Erkenntnisse. So sollen einige der Tonkassetten, die Schwan auf das Urteil von Landgericht bzw. Oberlandesgericht Köln an Kohl herausgeben musste, teilweise unbrauchbar sein. Geargwöhnt wurde, ein Magnet sei den Bändern wohl etwas nahe gekommen.
Schwan will davon nichts wissen, und es ist anzunehmen, dass es jedenfalls seinen eigenmächtig gezogenen Kopien gut geht. In einem Restaurant hatte der indiskrete Schwan mit seinem Kohlkontakt geprahlt und Teile der Aufnahmen vorgespielt.
Durfte Schwan die Bänder kopieren, anderen vorspielen und inhaltlich auswerten?
Nun hatte ja bekanntlich das OLG Köln den Altkanzler zum Hersteller der Bänder erklärt und ihm statt Schwan das Eigentum hieran zugesprochen. Dann aber wäre es konsequent, Kohl bzw. seinem Verlag auch als Tonträgerhersteller nach § 85 UrhG anzusehen. Das würde bedeuten, dass Kohl wie ein Plattenproduzent
das ausschließliche Recht hat, den Tonträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen.
In dem Fall durfte Schwan weder eigenmächtig eine Kopie ziehen noch dürfte er eine solche an Dritte weitergeben. Soweit gestern der Kohl-Anwalt das Kopieren als „strafbar“ bezeichnete, mag dies nach § 108 UrhG formal zutreffend sein, spielt aber in der Praxis eher eine untergeordnete Rolle.
Auch ein öffentliches Vorspielen wäre rechtswidrig, wobei man sich darüber streiten kann, ob eine Restaurantrunde von Journalisten als „öffentlich“ im Sinne der Vorschrift einzustufen ist. Da § 85 UrhG ein wirtschaftliches Interesse schützt, wird das eher nicht der Fall sein.
Nicht allerdings schützt das spezielle Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers vor inhaltlicher Auswertung der Bänder. Da käme man vielleicht mit Vertragsrecht ran, wobei es gewisse Beweisschwierigkeiten für die tatsächlichen Absprachen gibt. Es spricht allerdings viel dafür, dass die von Kohl beanstandeten 115 Äußerungen mit Persönlichkeitsrecht angreifbar sind. Da ich das Schwan-Buch weder vorliegen habe noch kaufen werde, kann ich das aktuell nicht beurteilen.
Mehr zur Rechtslage der Ko(h)lportage bei Legal Tribune Online.

admin •

10:59 •
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12. Oktober 2014
In der Legal Tribune Online hatte ich letzte Woche die Rechtslage zum Unterlassungsbegehren des Herrn Dr. Kohl skizziert.
Wie erwartet, hatten die Kohl-Anwälte in ihrem ursprünglichen Antrag am Dienstag zunächst keine konkreten Äußerungen angegriffen, denn die kannten sie vermutlich noch gar nicht, da das Buch erst am Dienstag erschien. Da half es auch nichts, dass in der Kanzlei der Kohl-Anwälte der vormalige Geheimdienstkoordinator mitberät, die Geheimhaltung hat offenbar funktioniert.
Ein sogenanntes Totalverbot ist vor allem im Urheberrecht möglich, wenn ein Werk zu viele fremde Anteile enthält und es mit „Schwärzen“ von einzelnen Stellen nicht getan ist, im Persönlichkeitsrecht sind solche pauschalen Anträge aber häufig unzulässig. Selbst die Hamburger Pressekammer mag solche Anträge nicht, und auch in Köln wollte man es etwas genauer.
Nun meldet der FOCUS, dass Kohls Anwälte in den letzten Tagen fleißig waren und 115 konkrete Kohlzitate beanstanden. Da es sich wieder um einen Antrag im einstweiligen Rechtsschutz handelt, bietet die Zivilprozessordnung bei einem zulässigen Antrag gewisse Möglichkeiten, ein Verbot selbst dann durchzusetzen, wenn sich in einem späteren Verfahren die Äußerungen in ca. acht Jahren als rechtmäßig herausstellen sollten. Sofern einer von Kohls 155 Pfeilen trifft, wird mindestens die zweite Auflage mit schwarzen Balken erscheinen.
Die Erstauflage soll 100.000 Exemplare betragen, was einem Umsatz von rund 2 Millionen Euro entspricht.

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14:46 •
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11. Oktober 2014
Das Landgericht Stuttgart hat eine Klage des Daimer-Konzerns gegen den Südwestrundfunk wegen einer investigativen Reportage mit versteckter Kamera abgewiesen. SWR-Journalist Jürgen Rose Rose hatte gewallrafft und undercover als Leiharbeiter vier versteckte Kameras in ein Daimler-Werk eingeschmuggelt. Roses Bericht über Lohndumping hatte letztes Jahr selbst im Stuttgarter Landtag ein Echo gefunden und veranlasste das Unternehmen zu Änderung ihrer bisherigen Praxis.
In der Pressemitteilung des Landgerichts Stuttgart heißt es:
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Herstellung der Videoaufnahmen zwar rechtswidrig gewesen sei, weil der Journalist das Hausrecht der Daimler AG verletzt habe. Die Daimler AG müsse jedoch die Ausstrahlung des Bildmaterials hinnehmen, weil die Reportage einem eindeutig überwiegenden öffentlichen Informationsinteresse diene. Die Reportage habe darüber informiert, dass der Einsatz von Arbeitskräften im Rahmen sog. Werkverträge dazu führen könne, dass diese trotz gleichwertiger Arbeitsleistung und Eingliederung in den Produktionsprozess wesentlich niedrigere Löhne als die Stamm- und Leiharbeitnehmer des Unternehmens erhielten, die jedenfalls teilweise durch Leistungen der öffentlichen Hand („Hartz-IV“) aufgestockt werden müssten. Dies werde von weiten Kreisen der Bevölkerung als ein einschneidender Missstand wahrgenommen. Hinsichtlich dieses Missstandes bestehe ein überragendes öffentliches Informationsinteresse, demgegenüber die Nachteile, die aus der rechtswidrigen Informationsbeschaffung resultierten, zurücktreten müssten. Die Ausstrahlung des Videomaterials im Rahmen der Reportage sei daher nicht rechtswidrig gewesen, sondern durch die Meinungs- und Rundfunkfreiheit des SWR (Art. 5 GG) gerechtfertigt. Die Daimler AG könne daher keine Unterlassung der zukünftigen Ausstrahlung verlangen.
LG Stuttgart, Urteil vom 09.10.2014, 11 O 15/14
Sowohl Daimler als auch der SWR wollen weiterklagen. Bei Daimler scheint die Prozessfreudigkeit eher eine Klage aus Prinzip zu sein, um allgemein zu signalisieren, dass Gefechte mit dem Dreizack Zeit und Geld kosten. Zwar liegt mir die detaillierte Urteilsbegründung noch nicht vor, allerdings dürften in rechtlicher Hinsicht weder vom BGH noch von darüber gesetzten Gerichten Überraschungen zu erwarten sein.
Reportagen wie die von Rose verändern die Welt. Leute, die rausgehen und recherchieren, statt Agenturmeldungen und PR zu verbreiten. Respekt und Gratulation an die SWR-Anwälte!

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10. Oktober 2014
Der am Dienstag vorhergesagte Pfeil aus Oggersheim ist nach Köln geflogen, verfehlte aber sein Ziel. Da die Kohl-Anwälte bei ihrem am Dienstag gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung das Schwan-Buch – wenn überhaupt – erst frisch auf dem Tisch hatten, wird der Antrag mit heißer Nadel gestrickt gewesen sein. Auf dem Weg von der Luxemburger Straße zum Reichensperger Platz hatten die Kohl-Anwälte Gelegenheit zum Nachbessern. Ob das Oberlandesgericht Köln dem Schwarzen Riesen recht geben und den Schwan schwarz machen wird?
Zu den Rechtsfragen bei indiskretem Journalismus habe ich heute in der Legal Tribune Online publiziert:
Heribert Schwans Ko(h)lportage
Der Ghostwriter, den er rief
Update: Kohl hat nach richterlichem Hinweis des OLG Kön zurückgezogen.

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6. Oktober 2014
Die meisten der einstweilig verbotenen Äußerungen hat heute das Landgericht Hamburg fürs erste wieder erlaubt. Distanzieren muss ich mich (einstweilen) von dem im oben genannten Video erweckten Eindruck,
Dr. Jochen Bittner sei Mitglied, Beirat oder Vorstand von drei Organisationen, die auf einer Schautafel in der Sendung „Die Anstalt“ im ZDF genannt wurden.
-> Josef Joffe und Jochen Bittner scheitern gegen Die Anstalt (ZDF)

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19:24 •
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