21. Dezember 2014
Udo Jürgens — Der gläserne Mensch – MyVideo
In seinem letzten Album „Mitten im Leben“ textete Udo Jürgens bemerkenswert politisch. Insbesondere griff er den NSA-Überwachungsskandal auf. Den Wert der Privatsphäre besang er u.a. 1977 („Ein ehrenwertes Haus“), als sich impertinente Nachbarn an einer „wilden Ehe“ störten (wie sie heute unser moralinsaurer konservativer Bundespräsident vorlebt). Auch mit der BILD-Zeitung sammelte Jürgens seit den 1960er Jahren seine Erfahrungen:
„Ja. Ich bin kraft meines Berufes sehr bekannt, weit über 90 Prozent, und ständiger Gast in wahren und unwahren Geschichten des Springer Verlags. Das Verhältnis ist aber ausgezeichnet.“
2002 war Udo Jürgens Gast in Richter Buskes Hamburger Pressekammer, wo er persönlich als Zeuge über ein angebliches Techtelmechtel mit Dauerklägerin Caroline von Monaco aussagen und sehr private Fragen beantworten musste. Jürgens selbst war alles andere als ein Prozesshansel:
„Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern.“
19. Dezember 2014

In der Bevölkerung wurde vor allem im Bezug auf die Berichterstattung zur Ukraine-Krise ein breites Unbehagen gegenüber den konventionellen Medien immer stärker spürbar. Gerade hat die Legal Tribune Online gemeldet, dass mein Beitrag zum unsäglichen Propaganda-Cover des SPIEGEL („Stoppt Putin jetzt!“) der am meisten geklickte dieses Jahres war.
Bei TELEPOLIS, einem vergleichsweise unabhängigen Medium, haben verschiedene Autoren unabhängig voneinander die berechtigte Skepsis gegenüber den Schreibtisch-Kriegsberichterstattern thematisiert. Nunmehr ist eine Sammlung Medien im Krieg – Zwischen Leitmedien und ihren Rezipienten erschienen. Meine Polemik Deutsche Elite-Journalisten setzen den Stahlhelm auf hat es leider nicht hineingeschafft, wurde dafür aber mehr oder weniger ja sogar verfilmt.
ZAPP hat nun eine Studie zur Glaubwürdigkeitskrise veröffentlicht. Die Medien sind sich kaum einer Schuld bewusst, und selbst Stefan Niggemeier, der zwischenzeitlich zu Hochform auflief, irritiert durch eine bestenfalls naive Einschätzung zum Interessenkonflikt atlantischer Klüngelei bei Alpha-Journalisten.
Mit dem NSA-Skandal und dem CIA-Folter-Skandal wurden etliche zuvor als „antiamerikanistische Verschwörungstheoretiker“ gebrandmarkte Mahner bestätigt. Doch ein Obama kann es sich leisten, seine Freunde abzuhören, mit fliegenden Killerrobotern Tausende Menschen (darunter Hunderte Kinder) auf Verdacht abzuknallen und Europa von seinem riesigen Nachbarn zu isolieren. Wegen Menschenrechtsverletzung tritt doch niemand aus der Atlantik-Brücke aus! Auch auf die erste Doku zur Atlantik-Brücke oder dem German Marshall Fund wird man wohl noch etwas warten müssen. Eine solche würde eher von RT Deutsch als vom NDR zu erwarten sein, der bei weitem nicht so unabhängig ist, wie er von Verfassungs wegen sein sollte.
2003 jubelte DER SPIEGEL über das „Geständnis“ zu 9/11. Bereits damals wiesen etliche Mahner darauf hin, dass ein durch Folter erpresstes Geständnis nichts wert ist. Dies unterstrich kürzlich der vormalige CIA-Chef-Ermittler im Nahen Osten Robert Baer, der in seinen lesenswerten Büchern zwischen den Zeilen einräumt, dass er selbst bei der Wahl seiner Methoden „nicht schüchtern“ war. TELEPOLIS-Autor Paul Schreyer hat den SPIEGEL zum Umgang mit der damaligen journalistischen Fehlleistung befragt: Der Spiegel, die Folter und 9/11. Anlass zur Distanzierung von den einstigen Propaganda-Meldungen der Bush-Ära sieht man dort nicht wirklich.
Mit Selbstkritik tat man sich im Hause SPIEGEL schon immer schwer. Als ich 2011 (bei weitem nicht als erster) auf den Einfluss von SS-Leuten in den ersten Jahrzehnten des SPIEGEL hinwies, wollte man mir bei der Recherche nicht so recht Auskunft geben, sondern zog es bis zum 50. Jahrestag der SPIEGEL-Affäre vor, das Thema zu tabuisieren. Auch die Verstrickung des einstigen SPIEGEL-Mannes Becker mit dem BND waren dem SPIEGEL kürzlich im Nachruf auf Becker keine Zeile wert.
3. Dezember 2014

In den letzten Jahren versuchten etliche Fotografen, bei Lizenzverstößen bei unter Creative Commons grundsätzlich kostenlos freigegebenen Fotos Kasse zu machen. Wer gegen die Lizenz verstieß, etwa die gebotene Benennung des Urhebers unterschlug, sollte exorbitant hohe Lizenzkosten nachzahlen. Obwohl es sich überwiegend um Knipsbilder von Hobbyfotografen handelte, berief man sich auf die eigentlich nur für professionelle Fotografen entwickelten „Honorarempfehlungen der Mitelstandsvereinigung Fotomarketing (MFM)“.
Meinen Mandanten habe ich stets von der Zahlung abgeraten. Wenn jemand sein Bild grundsätzlich kostenfrei zur Verfügung stellt, definiert er damit einen Marktwert in Höhe von 0,- €. Ein hiervon abweichender Lizenzschaden, der nach § 97 UrhG am Marktwert zu orientieren ist, kann nicht dargestellt werden. Wegen meiner Kritik an diesem Abzockmodell werde ich aktuell von Herrn Dirk Vorderstraße, vertreten durch den Kollegen Herrn Arno Lampmann von der Kanzlei Lampmann, Haberkamm & Rosenbaum, verklagt. Herr Vorderstraße lässt vortragen, mein Beitrag habe ihm erheblichen Schaden zugefügt.
Bislang waren die abzockenden Fotografen gut beraten, die Rechtsunsicherheit nicht durch übertriebene Klagefreudigkeit zu gefährden. Ein vom Kollegen Herrn Arno Lampmann von der Kanzlei Lampmann, Haberkamm & Rosenbaum vertretener Kläger provozierte am OLG Köln jedoch unlängst eine Entscheidung, die das Abzock-Modell per Federstrich aus der Welt schafft:
(…) 2. Schadensersatz steht dem Kläger dagegen nur in Höhe der vorgerichtlichen Anwaltskosten zu.
a) Der Kläger berechnet den von ihm geltend gemachten Schaden nicht konkret, sondern objektiv auf der Grundlage der Lizenzanalogie (§ 97 Abs. 2 UrhG). Bei der Art der Berechnung der Höhe des zu leistenden Schadensersatzes nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ist zu fragen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen in Kenntnis der tatsächlichen Entwicklung während des Verletzungszeitraums vereinbart hätten. Zu ermitteln ist der objektive Wert der Benutzungsberechtigung (BGH, GRUR 1962, 509, 513 – Dia-Rähmchen II; GRUR 2006, 136, Tz. 23 – Pressefotos; GRUR 2009, 407, Tz. 22 – Whistling for a train). Die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr ist dabei gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach der freien Überzeugung des Gerichts zu bemessen. Dabei sind der Umfang der Nutzung sowie der Wert des verletzten Ausschließlichkeitsrechts zu berücksichtigen (BGH, GRUR 2009, 407, Tz. 23, 29 – Whistling for a train). Zu den Umständen, die den objektiven Wert der angemaßten Benutzungshandlungen beeinflussen, gehören ein etwa festzustellender verkehrsmäßig üblicher Wert der Benutzungsberechtigung in Anlehnung an tatsächlich vereinbarte Lizenzen (BGH, GRUR 2000, 685, 688 – Formunwirksamer Lizenzvertrag).
Im vorliegenden Fall ist aber zu berücksichtigen, dass der Kläger sein Lichtbild für nicht-kommerzielle Nutzungen – und die hier streitgegenständliche Nutzung durch die Beklagte ist nach der zugrundezulegenden Auslegung der Creative Commons-Lizenz als nicht-kommerziell einzustufen – unentgeltlich zur Verfügung stellt. Eine Berechnung in Anlehnung an die MFM-Empfehlungen scheidet daher aus. Der „objektive Wert“ der nicht-kommerziellen Nutzung eines unter der Creative Commons-Lizenz angebotenen geschützten Inhalts kann nur mit Null angesetzt werden (vgl. Rechtbank Amsterdam, Urt. v. 9.3.2006 – KG 06-176 SR – ECLI:NL:RBAMS:2006:AV4204 – uitspraken.rechtspraak.nl; dazu Mantz, GRUR Int. 2008, 20, 22). (…)
OLG Köln, Urteil v. 31.10.2014, Az. 6 U 60/14
Auch für ein unter CC BY 3.0 lizensiertes Werk, das kostenfreie kommerzielle Nutzung einschließt, kann nichts anderes gelten.
Wer also solchen Fotografen auf entsprechende Anschreiben bislang „Lizenzkosten“ gezahlt hatte, hat offenbar ohne Rechtsgrund geleistet und kann daher sein Geld nach §§ 812 ff BGB zurückverlangen. Pädagogisch motivierte Abmahnopfer können sich mit negativen Feststellungsklagen bedanken.

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Am südlichen Ende meiner Straße beginnt der Krieg. Dort nämlich hat das Deutsch-Niederländische Korps Münster seinen Sitz und wird ab sofort als Teil der neuen „Speerspitze der NATO“ den Russlandfeldzug Frieden in Europa sichern. Zu dem Gelände, an dem mitten in der Stadt den Warnschildern zufolge Schießbefehl besteht, gehört auch ein gegen Luftangriffe als scheinbar antike Burg getarnter Hochbunker. Beim Krieg ist nun einmal vieles nicht das, was es zu sein scheint.
Ich bin indessen mehr als beruhigt, dass Qualität und die Unabhängigkeit unserer deutschen Qualitätsmedien gesichert sind. Natürlich spielt es nicht die geringste Rolle, dass sich die Crème de la Crème deutscher Journalisten in der Atlantik Brücke gegenseitig auf die Füße tritt. Nachdem noch letzten Monat etwa die Hälfte der Deutschen die Sanktionen gegen Russland ablehnten, haben uns nun die Medien endlich davon überzeugt, dass der Verzicht auf russisches Gas und russische Märkte gut für Europa ist.
Große Angst müssen wir allerdings vor russischer Propaganda haben. Weil er so hochgefährlich ist, wurde der vom russischen Staat finanzierte Sender RT Deutsch von den angestammten Medien bereits attackiert, bevor er die erste Minute gesendet hatte – schneller, als etwa das Landgericht Hamburg schießt. Zwar verlangte das Bundesverfassungsgericht in seinen Rundfunkentscheidungen eine Vielfalt an Meinungen, um Einseitigkeit des nun einmal sehr suggestivkräftigen Fernsehens zu vermeiden, aber dass jetzt auch die Russen jetzt mitreden, das kann ja wohl mal gar nicht angehen, oder?
In den USA ist es noch schlimmer: Da hält seit letztem Jahr Journalismus-Legende Larry King für Russia Today seine Hosenträger in die Kamera und darf nun erstmals über die USA berichten, ohne US-Konzernen verpflichtet zu sein. Nicht auszudenken, wo das hinführen könnte!
30. November 2014
Diesen Monat ist medienrechtlich viel passiert, was ich normalerweise berichtet oder kommentiert hätte, allerdings musste ich gesundheitsbedingt eine gewisse Auszeit nehmen. Etwa zeitgleich fing sich auch meine Website etwas ein, nämlich DDoS-Angriffe eines Unbekannten, der sich an einem kritischen Beitrag über den CC-Lizenz-Eintreiber Dirk Vorderstraße stört. Die Website wurde inzwischen gegen DDoS gehärtet.
Das eigentlich ärgerliche an DDoS-Angriffen ist, dass diese unbeteiligte Dritte in Mitleidenschaft ziehen. So etwa meinen Provider, der bis zu einer Milliarde Abrufe täglich auffangen musste, was den Betrieb des Rechenzentrums gefährdete. Ich kam allerdings nicht mehr aus dem Lachen heraus, als ich herausfand, dass Herr Vorderstraße seine Website beim gleichen Provider hostete. Da ist Herr Vorderstraße also unter friendly fire geraten …
Die DDoS-Angriffe, die zeitgleich auch gegen eine speziell Herrn Vorderstraße gewidmete Website erfolgten, setzten kurz nach Ablehnung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die dortige Domain ein. Vorderstraße-Anwalt Herr Arno Lampmann war sich nicht dafür zu schade, die DDoS-Angriffe juristisch zu instrumentalisieren. So argumentiert der Kollege in seiner sofortigen Beschwerde, die Website hätte infolge zeitweisen Contentausfalls keinen Inhalt, mit dem die Domain gerechtfertigt wurde.
Der Kollege Lampmann war diese Woche auch für einen anderen CC-Lizenzeintreiber gescheitert. So wollte sich ein unverschämter Fotograf am Deutschlandradio gesundstoßen, weil dieses ein unter CC BY-NC 2.0 lizensiertes Lichtbild verwendete. Die Lizenz schließt ihrem Wortlauf nach kommerzielle Verwendung aus. Das OLG Köln, Urteil v. 31.10.2014, Az. 6 U 60/14, erklärte dem Kollegen Herrn Arno Lampmann jedoch, dass das Deutschlandradio eher nicht kommerziell ist und Unklarheiten in CC-Verträgen als Allgemeine Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders gehen. Zwar kann der Fotolizenz-Tretminenausleger wegen Eingriff in das Bearbeitungsrecht Unterlassung fordern, aber die Lizenforderungen darf er sich abschminken. Außer Spesen nichts gewesen …

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11. November 2014

Foto: „Kater Isi“, Urheber: Dirk Vorderstraße. Lizenz: CC BY 3.0
Letzte Woche wurden mein Beitrag Die Wikipedia-Abmahnungen des Dirk Vorderstraße sowie das Blog Foto Abzocker Dirk Vorderstraße gleichzeitig Ziel von distributed denial of service-Attacken. Bevor die Websites per DDoS angegriffen wurden, waren sie vergeblich von Herrn Dirk Vorderstraße und seinem Rechtsbeistand Herrn Arno Lampmann juristisch angegriffen worden.
Herr Vorderstraße ließ durch seinen Anwalt Herrn Arno Lampmann ausrichten, er habe mit den DDoS-Angriffen nichts zu tun. Wollen wir es ihm mal glauben! Offenbar versucht irgendein Unbekannter, Herrn Vorderstraße in Misskredit zu bringen, denn anhand der zeitlichen Koinzidenz zu den juristischen Rückschlägen liegt ein Anfangsverdacht gegen Herrn Vorderstraße nun einmal sehr nahe.
Jedenfalls aber scheint der Unbekannte, der sich auf strafrechtlich relevantem Terrain bewegt, nicht zu wissen, dass DDoS eine Waffe vergangener Tage ist. Die Websites werden inzwischen von soliden Firewalls geschützt, die nur noch echte Anfragen durchlassen. Der Schuss in die Vorderstraße ging nach hinten los.
10. November 2014
Gestern jährte sich der Geburtstag von Hedy Lamarr (1914-2009) zum 100. Mal.
Lamarr machte unter ihrem bürgerlichen Namen Hedwig Eva Maria Kiesler zunächst eine Karriere beim deutschsprachigen Film, wobei sie im Streifen „Ekstase“ 1933 einen Skandal wegen der darin enthaltenen Freizügigkeit verursachte. Eine keuschere Schnittfassung wurde in Berlin 1935 unter dem Titel „Synphonie der Liebe“ aufgeführt.
1937 verließ die Jüdin ihren ersten Ehemann, der als Waffenfabrikant mit den Nazis und Mussolini Geschäfte machte und emigrierte in die USA. Dort setzte sie nicht nur ihre Filmkarriere fort, sondern entwickelte wie ihr Ex-Mann die Waffentechnologie weiter, um sie gegen die Nazis einzusetzen. So erwarb sie 1942 ein US-Patent für ein Verfahren, bei dem ferngesteuerte Torpedos ihre Frequenz wechseln, um die gegnerische Funkpeilung zu erschweren. Das System basierte auf synchronisierten Lochstreifen, wie man sie beim automatischen Klavier verwendete. Die Idee überzeugte das Militär damals jedoch nicht. Eine elektronische Variante der Synchronisation wurde von der US-Marine während der Kubakrise eingesetzt.
Update: Allerdings war das Prinzip des Frequenzsprungs, anders als für ein Patent erforderlich, nicht wirklich neu, sondern seit den 1930ern bekannt. Kritiker argwöhnen, Lamarr hätte sich des Wissens ihres Ex-Mannes bedient.
Das technische Prinzip Frequency Hopping wird heute im Mobilfunk und bei Bluetooth eingesetzt. 1997 erhielt sie den Electronic Frontier Foundation’s Pioneer Award.
Medienrechtlich von Interesse ist Lamarrs 10 Millionen $-Klage gegen Mel Brooks, der in „Der wilde wilde Westen“ (1974) eine Figur „Hedley Lamarr“ verwendete, die irrtümlich stets als Hedy Lamarr angeredet wird. Die Parteien einigten sich außergerichtlich.
5. November 2014
Ich werde gleich Bahn fahren und mich vermutlich wie letzte Woche wieder aufregen. Natürlich bin ich auch nicht begeistert, dass meine Rückfahrt wieder durch den Lokführerstreik unsicher geworden ist. Aber was ich achte das Streikrecht von Personen, die möglicherweise nicht fair bezahlt werden.
In den Medien wird eine sehr durchsichtige Kampagne gegen die GdL gefahren. So bezeichnete SPON sie als „Deutschlands dümmste Gewerkschaft“ und ist damit wohl endgültig bei der BILD-Zeitung angekommen. Inzwischen hetzen Medien in der Weise, dass das Klingelschild des Gewerkschafters fotografiert wird. Der Deutsche Journalistenverband kommentiert zutreffend:
Der Deutsche Journalisten-Verband hat die Medien aus Anlass des angekündigten Bahnstreiks zu fairer Berichterstattung aufgefordert.
Selbstverständlich müsse über den Arbeitskampf, seine Ursachen und die Auswirkungen auf Reisende und die Wirtschaft ausführlich informiert werden, sagte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. Zugleich appellierte er an die Medien, nicht tendenziös zu berichten. Kein Streik sei beliebt, aber Stimmungsmache für oder gegen eine Partei des Tarifkonflikts oder ihre Funktionsträger sei nicht Aufgabe der Medien. „Man muss den Streik der GDL nicht mögen, aber an dem im Grundgesetz geschützten Recht zum Arbeitskampf darf nicht gerüttelt werden.“
Der DJV-Vorsitzende wandte sich in dem Zusammenhang gegen vereinzelt festzustellende Tendenzen, den Vorsitzenden der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer als Privatperson an den Pranger zu stellen. „Wie Klaus Weselsky wohnt ist ebenso irrelevant für die Meinungsbildung wie das Foto von seinem Klingelschild“, betonte Konken. „Wer den Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn AG auf das Niveau von ,Staatsfeind Nummer eins‘ herunter zieht, verletzt die journalistischen Spielregeln und spielt zudem den Gegnern der Tarifpluralität in die Hände.“
2. November 2014
Inzwischen ist in Sachen Kohl ./. Heyne-Verlag die Begründung zum Abweisungsbeschluss (28 O 433/14) des Landgerichts Köln veröffentlicht worden. Anders als beim Herausgabebeschluss zu den Kohl-Tonbändern, den die 14. Zivilkammer (Urheberrecht) verhandelt hatte, war die einstweilige Verfügung gegen die Veröffentlichung des gesamten Buches in der „Pressekammer“ verhandelt worden.
Kohl berief sich hinsichtlich der Tonbandaufzeichnungen auf Urheberrecht, doch ohne Bezug auf den konkreten Inhalt des Buchs war der Antrag nun einmnal unschlüssig. Insoweit verweise ich auf meinen Beitrag in der Legal Tribune Online (Heribert Schwans Ko(h)lportage).
Soweit Kohl den Antrag eines Totalverbots auf eine Persönlichkeitsrechtsverletzung stützte, urteilte das Gericht:
Zwar beeinträchtigt die Veröffentlichung eines vertraulich gesprochenen Wortes den Antragsteller in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Diese Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes ist jedoch nicht per se rechtswidrig. Bei der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich vielmehr um einen sogenannten offenen Tatbestand, d.h. die Rechtswidrigkeit ist nicht durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert, sondern im Rahmen einer Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles und Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit positiv festzustellen (Palandt, BGB, § 823 Rn. 95 m.w.N.). Insoweit stehen sich hier das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 1, 2 GG) des Antragstellers und das Recht der Antragsgegnerin auf Presse- und Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) gegenüber.
Diese Abwägung kann jedoch nicht allgemein getroffen werden. Ein absolutes Veröffentlichungsverbot – wie es mit dem Antrag begehrt wird – kann nicht beansprucht werden. Dies könnte allenfalls der Fall sein, soweit die absolut geschützte Intimsphäre betroffen ist. Dieser hat sich der Antragsteller jedoch bereits grundsätzlich begeben, indem er sich dem Antragsgegner im Parallelverfahren geöffnet hat.
Außerhalb dieses Bereiches gewährt das allgemeine Persönlichkeitsrecht allenfalls Schutz gegen einzelne konkrete Äußerungen, die vorliegend jedoch nicht streitgegenständlich sind. Diese wären dann daraufhin zu überprüfen, ob an ihnen unter Berücksichtigung des Kontextes, in den sie eingebettet sind, ein Berichterstattungsinteresse besteht, das das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen überwiegt. Bei dieser Abwägung wiederum ist im Ausgangspunkt zu berücksichtigen, dass wahre Tatsachenbehauptungen, die den Betroffenen nicht in der besonders geschützten Intimsphäre treffen, grundsätzlich hingenommen werden müssen, wenn ein legitimes Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht. Denn das Persönlichkeitsrecht verleiht seinem Träger keinen Anspruch darauf, in der Öffentlichkeit nur so dargestellt zu werden, wie es ihm genehm ist. Zu den hinzunehmenden Folgen der eigenen Entscheidungen und Verhaltensweisen gehören deshalb auch solche Beeinträchtigungen des Einzelnen, die sich aus nachteiligen Reaktionen Dritter auf die Offenlegung wahrer Tatsachen ergeben, solange sie sich im Rahmen der üblichen Grenzen seiner Entfaltungschancen halten. Die Grenze zur Persönlichkeitsrechtsverletzung wird bei der Mitteilung wahrer Tatsachen regelmäßig erst dann überschritten, wo sie einen Persönlichkeitsschaden befürchten lässt, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht (vgl. BVerfGE 97/391; BGH, NJW 2011, 47).
Ob eine solche Situation bei der bevorstehenden Veröffentlichung zu bejahen ist, kann nicht abstrakt beurteilt werden, sondern bedarf der Abwägung im Einzelfall unter Berücksichtigung des gesamten Kontextes. Das erstrebte allgemeine und absolute Verbot lässt sich danach aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht herleiten.
Diese Woche wurde in Köln der neue Antrag verhandelt, der auf das Verbot von 115 einzelnen Äußerungen gerichtet ist, und damit zumindest zulässig sein dürfte. Diesmal entscheidet wieder die Kölner Urheberrechtskammer, die immer mal wieder für eine Überraschung gut ist. So hatte die Zivilkammer 14 gerade der Bundeswehr ein Urheberrecht an Verschlusssache-Berichten zugebilligt, die kaum als Werke der Literatur intendiert sind. Auch in der inzwischen aufgehobenen Pixelio-Entscheidung hat die Kammer die Rechte des Urhebers sehr weitgehend interpretiert.
Noch sind die genauen Äußerungen, gegen die sich Kohl wehrt, unbekannt, so dass die Erfolgsaussichten nicht beurteilt werden können. Das Verfahren bleibt also spannend. Der Rummel um das Buch hat sich jedenfalls für den Verlag ausgezahlt: So sind bislang über 100.000 Exemplare des Werks abgesetzt worden.
1. November 2014
Letztes Jahr hatte die Bundeswehr die WAZ verklagt, weil diese eigenmächtig von als Verschlusssache gekennzeichneten Dokumenten veröffentlichte. Diese waren zur Unterrichtung des Parlaments (Bundestag) angefertigt worden. Der Barras sah darin eine Urheberrechtsverletzung. Meine Rechtsauffassung hierzu hatte ich bei TELEPOLIS dargelegt (Die Künstler-Kompanie).
Nunmehr hat das Landgericht Köln tatsächlich entschieden, dass die Variationen, welche die Berichterstatter in ihren genormten Dokumenten machen, ein Urheberrecht im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG begründen können, weil eine persönlich geistige Schöpfung vorliege (Künstler-Kompanie gewinnt erstes Gefecht). Ich vermute mal stark, dass der Feind in Berufung gehen wird.
Doch auch ein anderer Gegner stünde bereit: Aus Solidarität hatte die Piratenfraktion im NRW-Landtag den Leak gespiegelt, den auch im größen Länderparlament interessiert man sich dafür, wenn eine Behörde – wie in diesem Fall wohl geschehen – einem Parlament eine manipulierte Sachlage unterschieben will. Mit Anti-Piraten-Einsätzen hat die Bundesmarine ja inzwischen Erfahrung gesammelt …

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