Zum Inhalt springen


Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


14. Februar 2015

Vorsicht vor falschen Clowns!

Der Sender Astro-TV, der die Bevölkerung mit Informationen über die Auswirkung der Konstellation von Planeten und Sternen auf unseren Alltag versorgt, hatte offenbar sein eigenes Horoskop nicht gelesen. So wurden die Macher gutgläubig  von einem gefälschten Clown infiltriert. Der „Clown“ gehörte in Wirklichkeit zu den subversiven Performance-Künstlern von Peng! und war auf der Mission, die Astro-TV-Zuschauer über möglichen Nepp aufzuklären. Daher schlug er dem Moderator ein Ei über den Kopf und nutzte die Live-Sendung zu einer Warnung vor Schwächen des Informationsangebots. Das Ergebnis ist auf  www.astrotv.rip dokumentiert.

Statt der Sterne befragte Astro-TV nun einen Rechtsanwalt, der eine esoterische Abmahnung schickte:

Sie haben einen Ihrer Aktivisten bzw. Sympathisanten in einer Sendung von Astro TV unter Vorspiegelung einer falschen Identität auftreten lassen. Der Auftritt des angeblichen “Zauberers” endete damit, dass über dem Moderator von “AstroTV” ein rohes Ei vergossen wurde. Dieser Vorgang erfüllt den Tatbestand des Hausfriedensbruchs und der Sachbeschädigung.

Die Bewertung des Sachverhalts als „Hausfriedensbruch“ oder „Sachbeschädigung“ sollte man vielleicht mal bei Gelegenheit mit einem Pendel überprüfen. Die aus meiner Sicht fehlerhafte Einordnung eines Clowns als Zauberer lässt auch insoweit auf Bildungslücken schließen.

Mehr Glück hatte der Kollege mit dem Auffinden von § 87 UrhG, der einem Sendeunternehmen das ausschließlichr Recht an seinem noch so belanglosen Material zubilligt. Die Clowns verweigern allerdings den Coteau vor dem Abmahner. Eine Nutzung des Beitrags könnte als urheberrechtliches Zitat, Enthüllungsjournalismus oder Kunst gerechtfertigt sein, falls Jupiter im dritten Haus steht und der richtige Aszendent gefunden wird. Ein irdisches Gericht wird den Fall allerdings nur klären, wenn den Astrologen der Nachweis gelingt, dass Peng! Betreiber der Website ist.

Nicht zielführend wird jedenfalls das Anliegen der anoymen Website sein, die Landesmedienanstalt zum Entzug der Sendeerlaubnis zu bewegen. Solange die Religionsfreiheit grundgesetzlich geschützt ist, wird auch das Geschäft mit irrationalen Angeboten legal bleiben. Ich finde es allerdings immer wieder irritierend, wenn diejenigen, die großzügig Meinungsfreiheit für sich selbst beanspruchen, andere ausgerechnet zensieren wollen. Zur Meinungsfreiheit gehört nun einmal auch das Recht, Unsinn zu verbreiten. Bei Zensur, liebe Clowns, hört für mich der Spaß so ein kleines bisschen auf.

11. Februar 2015

Deutschland 1983

2008 hatte ich auf Telepolis die Able Archer-Krise von 1983 thematisiert, die hierzulande in etablierten Medien sowie von Historikern bis dahin ignoriert wurde. Da meine Quellenlage lückenhaft war und etwa auch eine BBC-Doku fehlerhafte Informationen enthielt, habe ich nachgebessert und mit Beteiligten wie NATO-SPION Rainer Rupp und Rotarmist Stanislaw Petrow lange Interviews geführt. Ein Update gab es 2013 zum 30. Jahrestag: Der letzte Tag.

Was mir übel aufstieß, war die unfassbare Manipulation des konservativen Ex-ZDF-Historikers Guido Knopp, dessen Dokumentation Welt am Abgrund ausgerechnet Reagan und die CIA zu den Weltrettern verklärte, denn dreister kann man eigentlich gar lügen. Bis heute hat mir das ZDF meine Fragen leider nicht beantwortet, warum man Propaganda validierter Information vorzog und Reagan als vernünftigen Staatsmann präsentierte.

Nunmehr hat der Doku-Drama-Spezialist Nico Hoffmann das Thema aufgegriffen und eine aufwändige wie hochkarätig besetzte TV-Serie produziert, die im Herbst auf RTL ausgestrahlt wird. Damit nicht genug, wird Deutschland 1983 die erste deutsche TV-Serie sein, die im US-TV gezeigt werden wird. Ich bin schon sehr gespannt!

Stanislaw Petrow habe ich 2009 bei einem politischen Theaterstück über Illusionen im Krieg für das Schauspielhaus Düsseldorf und das HAU in Berlin kennen gelernt, bei dem wir uns selber gespielt hatten. Der gelernte Ingenieur hatte an meinen Zaubertricks („Focusnik“) so großen Spaß, dass er mir sogar dabei assistierte, Herdis Sigurgrimsdottir schweben zu lassen. :)

Germanische Neue Mediziner vor Gericht

 

Vor ein paar Jahren betreute ich einen Fall gegen einen Vertreter der mir bis dahin unbekannten „Germanischen Neuen Medizin“. Das sind rechts-esoterische Impfgegner, deren Auffassung zur Schulmedizin jedenfalls nicht evidenzbasiert sind. Diese Leute versuchten damals, ihre „fachlichen“ Diskussionen auf einer Mailingliste unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu führen, hatten sich allerdings V-Leute eingefangen.

-> Die Mailing-Liste der Schrumpfgermanen

Unsere Rechtsauffassung, dass die Veröffentlichung entsprechender Kommunikation rechtmäßig war, wurde uns schließlich vom BGH bestätigt. Wie ich später erfuhr, wurde unser Kontrahent vermögenslos, weil er auf irgendeine Glücksspielsache reingefallen sein soll. Solange sich jeder mit seiner Dummheit nur selbst schädigt und für andere kein ernst zu nehmendes Beispiel gibt, soll sich halt jeder blamieren, so gut er kann. Aber er muss Kritik daran nun einmal hinnehmen.

Nunmehr steht ein im rechten Millieu orientiertes Paar vor Gericht, weil sie ihr Diebetes-krankes Kind statt mit Insulin lieber mit Rohkost therapieren wollten. Bereits 2007 hatten Ärzte das Jugendamt über ihren Verdacht bestätigt, dass die Eltern ihrer Sorgepflicht nicht ausreichend nachkämen. 2009 starb es.

10. Februar 2015

Frankreich macht die Grenzen dicht

 

2009 wurden vom Bundestag die Netzsperren beschlossen. Auf einmal fehlten Wahlstimmen.

2010 haben die Länder das Kindernet beschlossen. Auf einmal fehlten Wahlstimmen.

Beide Gesetze sind heute in der Tonne.

Frankreich hat nun nach dem Reichstagsbrand Charlie Hebdo-Anschlag ein ähnlich abgeschottetes Internet wie Russland. Wir haben unser Netz noch, auch wenn wir es mit NSA & Co. teilen müssen. Weil wir Rückgrat gezeigt und ein kompromissloses Signal nach Berlin geschickt hatten.

Je suis Metronaut

 

Neue olympische Sportart: Extrem-Abmahnen.

Berliner Senat mahnt Metronaut ab.

 

28. Januar 2015

Ungeheime Dienste

 

Letzte Woche habe ich in Berlin der Verleihung des Sam Adams-Awards an den vormaligen technischen Direktor der NSA beigewohnt. William Binney wurde aus Verantwortung zum Whitsleblower und fand Mitstreiter bei den Veteran Intelligence Professionals for Sanity, einer Art Selbsthilfegruppe für Spione mit Rückgrat. Die Zivilcourage dieser Ex-Geheimdienstler wird von der Gesellschaft kaum gewürdigt. Von den deutschen Medien berichtete über die Peisverleihung gerade einmal Heise (Kollege Borchers und ich).

Wenn man in der deutschen Medien-Landschaft Aufmerksamkeit wünscht, muss man schon richtig wichtige Sachen machen. Etwa am östlichen Rand der Gesellschaft seine Blödheit demonstrieren oder in Wuppertal mit einer „Sharia-Polizei“-Jacke rumlaufen. Aber seine Freiheit zu riskieren, um einen totalitären Staat zu verhindern? Interessiert keine Sau.

Am Dienstag habe ich mir die Anhörung des NSU-Untersuchungsausschusses zum Verfassungsschutz angesehen. Als Experten waren u.a. ein ehemaliger Top-Verfassungsschützer und ein ehemaliger Innenminister geladen. Auch dazu habe ich in den Medien heute nichs gefunden. Na ja, außer meinem Geschreibsel halt. Terror ist wohl doch kein so pralles Medienthema, wenn es gerade keine Agenda gibt, die man bedienen soll. Ungleich wichtiger ist der Rücktritt der PEGIDA-Schreckschraube. Und ein gewisser „Walter“. Verpasse ich als Nicht-TV-Besitzer eigentlich etwas?

19. Januar 2015

Demonstrationsfreiheit in Gefahr?

 

Im letzten Jahrhundert haben wir in Deutschland eine Auswahl an totalitären Systemen durchgemacht, in denen Meinungs- und Demonstratinsfreiheit keinen allzu hohen Stellenwert genoss. Der Wert der Demonstrationsfreiheit ist kaum zu überschätzen, waren es doch friedliche Demonstrationen, die 1989 sogar den Kalten Krieg beendeten.

Ich halte es daher für sehr wichtig, dass der Staat das Demonstrationsrecht aus Artikel 8 Grundgesetz garantiert. Meinungsfreiheit ist allerdings nur dann gewährleistet, wenn ich Meinungskundgaben toleriere, die ich eigentlich nicht hören will. Daher sollte sich der Staat auch gegenüber unpopulären Meinungen so neutral wie möglich verhalten. Gerade unsympathischen Zeitgenossen sollte man ruhig ein Podium lassen, auf dem sie sich blamieren.

Während ich es gut finde, wenn Privatleute und Unternehmen in der Ablehnung von widerwärtigen Meinungen ein Zeichen setzen, indem sie etwa die Außenbeleuchtung abschalten, habe ich Bauchschmerzen, wenn öffentliche oder von der öffentlichen Hand kontrollierte Einrichtungen darüber befinden, welche Demonstration im Licht stattfinden dürfen und welche in den Schatten gestellt werden.

2009 etwa war es unpopulär und vom Staat unerwünscht, für die Internetfreiheit zu demonstrieren. Wer sich gegen das Zugangserschwerungsgesetz aussprach, wurde von der Regierungspropaganda als Befürworter von Kinderpornographie denunziert. Wer gegen den Überwachungsstaat eintritt, wird vermutlich bald zum „Terroristenversteher“ ausgerufen. Soll der Staat jetzt darüber bestimmen, wer erwünschter Demonstrant ist und wer stört?

Nunmehr wurde eine (verständlicherweise) unerwünschte Demonstration wegen einer Anschlagsdrohung verhindert. Anders als bei Licht- und Schattenspielereien geht es hier um eine Gefahrprävention für die Allgemeinheit, von der nicht nur die Provozierer, sondern auch Passanten, provozierte Gegendemonstranten und dienstverpflichtet Polizeibeamte betroffen sind. Ob die Gefahr wirklich konkret ist, wissen nur die Beteiligten. Ich würde auf ein bellende Hunde wetten, die bekanntlich nicht beißen.

Ab sofort also kann man Demonstrationen mit einer angeblichen Bedrohung abschalten. In Zeiten des Linksterrorismus wollte sich die „wehrafte Demokratie“ nicht von Terroristen erpressen und kalkulierbar machen lassen. Das Bundesverfassungsgericht hatte diese harte Linie der Politik in der Schleyer-Entscheidung ausdrücklich gebilligt. Die Terrorhysterie vor Islamisten hingegen scheint nicht ungelegen zu kommen.

Der Abbau von Bürgerrechten geschieht schleichend, aber effizient. In Spanien etwa müssen Demonstranten mit Bußgeldern von bis zu 600.000,- € und hierzu eingeschleusten Agents Provocateurs rechnen.

17. Januar 2015

LG Köln: BILD darf Flughafen-Video mit Grönemeyers Ausraster nicht mehr zeigen

Das Landgericht Köln hat dem Axel Springer Verlag per einstweiliger Verfügung untersagt, das Video mit der Attacke gegen einen Paparazzo weiterhin online zu stellen. Grönemeyer will sich gegen aufdringliches Fotografieren verbal und wohl auch mit einer temperamentvollen Gestik seiner Tasche gewehrt haben.

Filmaufnahmen im öffentlichen Raum muss man grundsätzlich hinnehmen, während das öffentlich-zur-Schau-stellen und Verbreiten der Aufnahmen gegen den Willen des Abgebildeten nur bei einem hinreichen anerkennenswertem Berichtsinteresse der Öffentlichkeit zulässig ist. Die private Anwensenheit auf einem Flughafen alleine ist kein insoweit erforderliches zeitgeschichtliches Ereignis.

Ein solches sehen Springers Juristen offenbar in der Tatsache, dass Grönemeyer ausgeflippt ist und sich nicht sozialadäquat benommen habe. Grönemeyers Anwalt hält dagegen und spricht von einer Notwehrsituation. Die Grenze zwischen Notwehr und Selbstjustiz verläuft allerdings fließend.

Richtig ist, dass man die Privatsphäre im Internetzeitalter effizient nur durch Datenvermeidung schützen kann, wozu Einschüchtern, Verprügeln oder Exekutieren des Fotografen einen nachvollziehbaren Beitrag darstellen können. Grundsätzlich sieht die Rechtsordnung bei §§ 22ff KunstUrhG jedoch ein geordnetes Zivilverfahren vor. Auch hätte Grönemeyer etwa das Flughafenpersonal bitten können, das Hausrecht wahrzunehmen, wenn er sich belästigt fühlt. Dem Flughafenbetreiber billigen Gerichte sogar die Rechte an Fotomaterial zu, das auf dessen Grundstück aufgenommen wurde.

Springer hat angekündigt, den Rechtsweg auszuschöpfen.

Die in London und Berlin ansässigen Parteien kabbeln sich am Landgericht Köln. Die Anwendung des „fliegenden Gerichtsstands“ nach § 32 ZPO ist vorliegend schon deshalb sachgerecht, weil sich der Vorfall am Flughafen Köln ereignete. Plakativer kann man den fliegenden Gerichtsstand kaum veranschaulichen … ;)

2. Januar 2015

Frag den Staat!

Auf dem diesjährigen Treffen des Chaos Computer Clubs, das jeweils zwischen den Jahren stattfindet, wurde in den verschiedenen Panels immer wieder nach Juristen gerufen, die sich um digitale Bürgerrechte verdient machen möchten.

Ein interessantes Betätigungsfeld bieten etwa die Aktivisten von fragdenstaat.de, die den Staat mit den viel zu wenig genutzten Informationsfreiheitsgesetzen transparent machen wollen. Das ist vor allem bei Interessenkollisionen aufschlussreich.

Der Vortrag lohnt sich schon deshalb, weil man dort sehen kann, dass auch einer im Medienrecht sehr renommierten Kanzlei bei urheberrechtlichen Abmahnungen grobe Fehler unterlaufen können.

22. Dezember 2014

Grönemeyer und der „Nahaufnehmer“

 

Ein Paparazzo lichtete den Barden Herbert Grönemeyer am Flughafen Köln/Bonn ab. Das passte dem Superstar nicht, und es kam aus irgendwelchen Gründen zum Vollkontakt der Beteiligten. Grönemeyers Anwalt lässt laut T-Online mitteilen:

Keinesfalls habe Grönemeyer den Fotografen mit seinen Händen geschlagen. Er habe vielmehr lediglich versucht, „die Fotografen körperlich wegzudrängen, um sie vom weiteren Fotografieren abzuhalten“.

Paparazzi halten für gewöhnlich Abstand zu ihren Objekten, schon um der Schärfe der Aufnahmen wegen. Nicht selten nutzen sie sogar Teleobjektiven. Und Herr Grönemeyer will uns erzählen, er habe Fotografen „wegdrängen“ wollen? Mysteriös …

Außerdem bemerkt der Anwalt:

„Nach geltendem Recht in Deutschland müssen es auch Prominente nicht dulden, dass Fotos aus ihrem Privatleben oder im privaten Alltag veröffentlicht und verbreitet werden.“

Soweit der Kollege darauf hinweist, dass auch Promis die Veröffentlichung von Fotos aus dem Privatleben nicht dulden müssen, trifft dies zu. Vorliegend allerdings hat sich Grönemyer nicht gegen die Veröffentlichung, sondern gegen das Fotografieren gewehrt. Das Anfertigen von Aufnahmen allerdings ist im öffentlichen Raum grundsätzlich zulässig.

Eine andere Frage ist, ob gegen einen zudringlichen Fotografen ein Notwehrrecht besteht, was vorliegend eher zweifelhaft sein dürfte. Auch ein Promi hat grundsätzlich kein Recht zur Selbstjustiz. Einer der Beteiligten hat eine Strafanzeige angekündigt.