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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


16. Dezember 2009

Morgendliche Propaganda beim Bäcker

Neulich bloggte der Diekmann Kai stolz, wie er als erster die Story vom tatsächlichen Wissen der Regierung zum Kunduz-Massaker gehabt hätte. Auch, wenn die Freude über die Erstvermarktung angesichts eines solchen Ereignisses reichlich obszön ist, konnte man für einen kurzen Moment kindlicher Naivität annehmen, Diekmann sei einer von uns – einer der die Herrschenden kritisiert und öffentlich der Lüge zeiht.

Doch der unvermeidliche Blick beim Bäcker auf den Titel der heutigen BILD-Zeitung belehrt eines Besseren. Da klagt ein Soldat, der todesmutige Einsatz in Afghanistan werde nicht genug anerkannt. Eine blonde Soldatin huldigt sogar hündisch ihrem Verteidigungsminister. Man möchte noch mehr Rechte zur Menschenjagd. Sicherheitshalber überprüfte ich sofort den Jahrgang der BILD, ob da nicht vielleicht „1939“ oder so stand. War von heute. Was hat Diekmanns Berliner Partykumpel zu Guttenberg denen wohl für eine Gegenleistung für diesen journalistisch absolut unveranlassten Beitrag versprochen? In Diekmanns (Video-)Blog kann der Pöbel sich die Kungelei wenigstens direkt ansehen, ohne dass man das als „linke Parolen“ abtun könnte.

Gleich daneben befindet sich ein pseudokritischer Artikel über die schlechte Beratungsleistung von Banken. Unwahrscheinlich, dass man einen solchen Beitrag auch über die großen Finanzvertriebe lesen würde, denn DVAG-Chef Pohl ist ein guter Freund des Hauses. Neulich beim Nachtreffen zum 20. Jahrestag des Mauerfalls saß Pohl mit seinem „Angestellten“ Kohl, dessen Kumpel Diekmann sowie Bush sen. an einem Tisch. Dass die DVAG in der Finanzberatung einen so schlechten Ruf genießt, dass sogar die anderen Finanzvertriebe verächtlich mit dem Finger auf diese Drückerbude weisen, wird wohl nie ein BILD-Thema sein.

Der Blogger-Clown, der sich gerne auf Berliner Partys rumtreibt, will jetzt „Medienmann des Jahres“ werden. Man muss kein Verschwörungstheoretiker sein, um zu argwöhnen, dass diese „Ehrung“ längst eine abgesprochene Sache ist, die alberne „Kampagne“ eine Schimäre. Solange er das Ding „Kampa“ nennt, und nicht etwa „Kompa“, werde ich es wohl ertragen müssen …

Soviel zur oberen Hälfte der heutigen BILD, der Rest war glücklicherweise umgefaltet, so dass ich mich ohne weiteren Appetitverlust dem Brötchenkauf widmen konnte. Hier noch eine aktuelle Gegendarstellungs-Sache in Sachen BILD vom echten BILD-Blog.

7. Dezember 2009

„Katzenhexe“ bekommt 30.000,- Euro Geldentschädigung

Wie die Süddeutsche bereits letzten Monat meldete, hat das Landgericht München I einer Münchner Boulevardzahlung wegen Stilisierung einer Frau zur „Katzenhexe“, die angeblich im Dorf Katzen stehle, eine Geldentschädigung von stolzen 30.000,- Euro zugesprochen. Die Zeitung hatte neben der nicht hinreichend recherchierten Trash-Meldung zudem nur den Nachnamen abgekürzt, jedoch den seltenen Vornamen veröffentlicht, weshalb die Klägerin leicht identifiziert werden konnte.

Für eine Identifizierung lässt es die Rechtsprechung übrigens generell ausreichen, wenn der nähere Bekanntenkreis einen Betroffenen erkennen kann. Ein anderer beliebter Fehler ist das Anonymisieren von Gesichtern lediglich mit Augenbalken, statt zu Verpixeln.

27. November 2009

Anfängerfehler bei Gegendarstellung …

Der skurrile Gerichtsblogger Rolf Schälike, der die Pressekammern Hamburg und Berlin überwacht, hat offenbar sein Formtief überwunden und liefert wieder eifrig Berichte. Das Ding, was ich gerade lesen musste, zieht einem wirklich die Schuhe aus.

Protagonisten sind alte Bekannte, nämlich der empfindliche Herr Schrempp sowie dessen Anwalt Dr. S., der sich mit Schälike seit Jahren gerichtliche Gefechte liefert, weil er sich durch die Gerichtsberichterstattung belästigt fühlt. Gegenseite ist BILD online.

Für mich absolut unglaublich ist die Tatsache, dass Rechtsanwalt S. ein Begehren auf Gegendarstellung selbst unterzeichnet hat – das muss aber laut Pressegesetzen jeweils der Betroffene. So kann man etwa in Schertz/Götting/Seitz (2008) unter § 48 Randnummer 51, 52 (Seitz) nachlesen:

„In Pressesachen nicht erfahrene Anwälte achten zum Teil nicht hinreichend auf die Einhaltung der Formalien. Das kann zur Abweisung eines gerichtlichen Antrags führen. Die Gegendarstellung muss vor dem Gang zum Gericht beim Betroffenen konkret geltend gemacht werden. (..)

Die Gegendarstellung muss vom Betroffenen selbst oder seinem gesetzlichen Vertreter unterzeichnet sein.“

Eine rechtsgeschäftliche (ungleich gesetzliche wie Erziehungsberechtigte usw.) Vertretung kommt Seitz zufolge nur bei Vorlage einer  Originalvollmacht infrage. Für die erforderliche Vorlage von Gegendarstellungsbegehren und ggf. Originalvollmacht dürfte nicht einmal ein Fax den Anforderungen genügen.

Wie häufig, wenn Kollege S. aufläuft, ging es mal wieder temperamentvoll zu. Genutzt hat es ihm nichts.