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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


8. Mai 2010

FOCUS darf Steinmeier-Spezie nicht mehr Arbeit für östlichen Geheimdienst vorwerfen.

Das Landgericht Köln hat dem FOCUS (der ja eigentlich in München erscheint) eine Verdachtsberichterstattung verboten:

Das Magazin «Focus» darf nicht mehr behaupten, der Berater von SPD-Fraktionschef Steinmeier, Medienunternehmer Detlef Prinz, habe früher für einen östlichen Geheimdienst gearbeitet. Das Landgericht Köln erließ eine Einstweilige Verfügung. Bei Zuwiderhandlung droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250 000 Euro.

Der FOCUS hatte berichtet:

(…)

Agent der höchsten Kategorie

Laut den Unterlagen stand Prinz im Zentrum einer mindestens zehn Jahre laufenden Geheimoperation, die klar definierte Ziele hatte: das systematische Ausforschen der SPD-Führungsriege, Spionage gegen US-Einrichtungen in Deutschland, gegen das deutsch-amerikanische Forum „Atlantik-Brücke“ sowie gegen den damaligen US-Botschafter Richard Burt. Der Akte zufolge wurde Prinz im Oktober 1986 in Prag angeworben und als Agent der höchsten Kategorie „A“ eingestuft. Ein Kontakt der Tschechen zu Prinz hatte bereits seit 1981 bestanden. Nach 1986 traf sich „Erwin“ laut Akte mindestens 30-mal mit seinen Führungsoffizieren. Davon alleine zehnmal nach dem Mauerfall. Am 27. August 1990 wurde der mutmaßliche Spion von den Tschechen abgeschaltet. (…)

Der Stern war vorsichtiger:

(…) Belege für einen solchen Verdacht gibt es bisher freilich nicht. Nach einem Bericht des Magazins „Focus“ soll Prinz allerdings angeblich verdächtig sein, von 1986 bis 1990 unter dem Decknamen „Erwin“ Interna aus der SPD an den damaligen tschechischen Geheimdienst geliefert zu haben. Prinz räumte ein, einen der beiden tschechischen Vertreter zu kennen, die laut „Focus“ für den Prager Dienst arbeiteten. Der Verleger und Unternehmensberater bestritt aber jede Agententätigkeit. Er habe „weder je für einen Geheimdienst gearbeitet“, noch sich „in irgendeiner Form hierzu verpflichtet“, sagte er der „Bild am Sonntag“. (…)

5. Mai 2010

Niggemeier soll auf den Index


Heute morgen noch hatte ich folgende Weisheiten im Blog von Stefan Niggemeier hinterlassen:

Ich vertrete gerade jemanden, der wahrheitsgemäß über eine einstweilige Verfügung des LG Hamburg berichtete, die gegen eine Bloggerin erlassen wurde.

Die Bloggerin erweckte zuvor nach Meinung der Richter durch Äußerungen einen angeblich unwahren Eindruck. Mein Mandant hat die ihr verbotenen Äußerungen nicht einmal wiederholt, sondern nur den insoweit verkürzten Unterlassungstenor mit dem angeblichen Eindruck.
Zusätzlich berichtete mein Mandant jedoch, ihm lägen schriftliche Aussagen von Zeugen vor, welche den verbotenen Eindruck bestätigen.

Mein Mandant hat nichts Unwahres geschrieben, auch nicht, ob er den Zeugen mehr glaubt und was diese genau sagen. Er hatte auch nicht einmal gesagt, dass er das zutreffend berichtete Gerichtsverbot für falsch hielte (und wenn, wäre es sein gutes Recht auf Meinungsfreiheit).

Trotzdem hat das Landgericht Hamburg auch meinem Mandanten gegenüber eine einstweilige Unterlassungsverfügung erlassen, weil seine unbestritten wahre Berichterstattung den Eindruck erwecke, den man der Bloggerin verboten hatte. Der Mandant hat dann sogar einen höheren Streitwert aufgebrummt bekommen!

Der größte Witz: In der mündlichen Verhandlung konnte jedermann die Zeugen sehen und hören, welche den verbotenen Eindruck bestätigten. Eigentlich müsste sich jetzt das LG Hamburg selbst verurteilen, denn nun ist es das LG Hamburg, das den verbotenen Eindruck erweckt … ;-)

Und:

Lieber Herr Kollege M.,

Ihre Einlassung „Warum bitte, soll bei einer schädlichen Falschbehauptung immer das „Opfer” die Belastung tragen müssen und der „Täter” kein Risiko?” halte ich für Polemik, da Sie es als Anwalt der medienrechtlich bekannten Kanzlei Schalast&Partner besser wissen.
Selbstverständlich muss man sich gegen Verleumdung und üble Nachrede zur Wehr setzen können.
1.
Doch in Hamburg werden durch die „Stolpe-Rechtsprechung” und „Eindrucks-Rechtsprechung” regelmäßig Behauptungen untersagt, die man nie aufgestellt hat. Damit lassen sich viele (prinzipiell zulässige) Meinungsäußerungen in (leicht zu verbietende) Tatsachenbehauptungen umdeuten.
2.
Aufgrund der Beweislastumkehr im Äußerungsrechtsrecht müssen Blogger, die einen Verdacht äußern, diesen beweisen, als ob sie die Mittel der Staatsanwaltschaft hätten, während sich der Abmahner entspannt zurücklehnen darf. So können kritische Presse und Bloggerei nicht funktionieren. Demokratie und kultureller Fortschritt leben von Kritik.
3.
Das seitens Karlsruhe vehement von Hamburg eingeforderte Korrektiv „Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht zur Meinungsfreiheit” wird praktisch gar nicht praktiziert.
4.
Aufgrund der Eigenheiten des Eilverfahrens werden Blogger mit einstweiligen Verfügungen geradezu überfallen und unter erheblichen Kostendruck gesetzt.
5.
Es gibt kein überzeugendes Argument dafür, dass sich zwei Parteien aus Bayern nach Hamburg bemühen müssen, nur weil man zufällig auch da einen Internetanschluss hat. Das Landgericht Regensburg beschäftigt zweifellos gestandene Juristen, denen fähige Anwälte notfalls unter die Arme greifen können.
6.
Es ist eine logische Reaktion, dass gegängelte Blogger in Anonymität und/oder ins Ausland ausweichen. Damit haben Sie bzw. Ihre Kanzlei Schalast & Partner ja auch schon vergleichbare Erfahrungen gemacht: http://www.wipo.int/amc/en/dom…..-0987.html

Ungleich sinnvoller wäre es daher, mit Bloggern auf Augenhöhe zu reden und die Angelegenheiten auf dem kleinen Dienstweg zu regeln, wo dies möglich ist.

Nun hat sich der Blogger-Kollege Niggemeier nicht nur von der Volks-Bibel streuenden BILD-Zeitung Abmahnungen eingefangen, sondern auch vom Regensburger Oberdomspatz, der sich in der Berichterstattung über seine Abmahnungen nicht so recht gefallen mag. Realsatire pur!

3. Mai 2010

Gravenreuth-Award

Schon seit längerem trage ich mich mit dem Gedanken, einen Gravenreuth-Award für die kreativste Leistung auf dem Gebiet der Ausnutzung des Prozessrechts im Medienrecht auszuloben, der jährlich am 22.Februar verliehen werden soll. Ich glaube, das hätte von Gravenreuth gefallen.

Bis vor zwei Wochen war mein Favorit für diese Auszeichnung ein sich dieses Jahr mir gegenüber sehr taktisch benehmender „Kollege“, dessen Arroganz mir jedoch derart maßlos erschien, dass von Gravenreuth mir direkt sympathisch in Erinnerung kam. Der hatte sich jedenfalls mir gegenüber stets höflich betragen.

Nunmehr hat sich ein neuer Favorit ins Rennen geworfen: Bei einer mündlichen Verhandlung, die mehr als vier Monate nach Erlass einer einstweiligen Verfügung stattfand, übergab der Kollege zu Verhandlungsbeginn einen Stapel mit 398 Seiten Papier – seinen aktuellen Schriftsatz. Da bei einstweiligen Verfügungen im Prinzip nur noch in der mündlichen Verhandlung reagiert werden kann, die Richter allerdings den Schriftsatz bei ihrer Entscheidung berücksichtigen müssen, ist das natürlich eine Farce, denn kein Anwalt verfügt über derartige Schnelllesekünste.

Da meine Widerspruchsschriftsätze Monate zurücklagen, gibt es für diese unkollegiale Zumutung kaum eine plausible Erklärung außer der, mich zu schikanieren. Es überrascht nicht, dass der erhebliche Gehalt der Schriftsätze auch auf drei Seiten gepasst hätte und die Anlagen mehr Fragen aufwerfen, als sie beantworten könnten. Wer’s nötig hat …

Das Thema gefährdeter Meinungsfreiheit durch aggressive Anwälte und ein mir ans Herz gewachsenes norddeutsches Gericht greift heute auch der Bloggerkollege Stefan Niggemeier auf, den ich noch auf eine jüngere Entscheidung der Bundesverfassungsgerichts zum Thema hinweisen möchte.

30. April 2010

Strategischer Hinweis an Stefan Aigner (Regensburg-digital)

Diesen Kommentar eines intimen Kenners bzgl. der aktuellen einstweiligen Verfügung der Hamburger Presserechtsprechung hat Stefan Aigner von Regensburg-digital bisher nicht freigeschaltet. Lesen sollten er und sein Anwalt ihn aber besser.

Your comment is awaiting moderation.

Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung ist Geldvergeudung und unnötig. Die Widerspruchsverhandlungen sind Schnellverfahren. Als Beweis genügen eidesstattliche Versicherungen und bei non liquet (Gleichstand) obsiegt der Antragsteller. Die Richter legen sich umsonst fest und es wird schwieriger im Hauptsachverfahren zu obsiegen. Unnötige Nerven- und Zeitverschwendung.

Siehe das Schulbeispiel in der Sache 324 O 117/10 vom 26.04.2010.

Mit Spendengeldern sollte man vorsichtiger umgehen. Eile ist nicht geboten. Alles rechtlich vorab prüfen, Beweise sichern, Zeugen finden und dann Antrag auf Einleitung des Hauptsacheverfahrens stellen.

Auch der Weg zum Bundesverfassungsgericht über OLG, BGH wird leichter, schneller und billiger. Im Verfügungsverfahren gibt es keine Möglichkeit, das Bundesverfassungsgericht anzusprechen, es sei denn, die Veröffentlichung ist eilig und absolut nötig. In diesem streitgegenständlichen Fall ist diese Eile allerdings nicht geboten.

Gruß

Rolf

Mit seiner Einschätzung liegt Pragmatiker Schälike nicht ganz unrichtig. Einstweilige Verfügungen heben die Hamburger Zivilkammern 24 und 25 nur in rechtlich evidenten Fällen auf, bei Wertungsfehlern allenfalls unter beträchtlichem öffentlichen Druck (würde ich aber nicht überschätzen).

Die Strategie, bei einer einstweiligen Verfügung die Faust in der Tasche zu ballen und lieber gleich zur Klage in der Hauptsache aufzufordern, bietet beachtliche Vorteile und erspart die prozessualen Tücken des Eilverfahrens. Die Kanzlei, welche die hier vorliegende einstweilige Verfügung durchgesetzt hat, ist in diesem Geschäft erfahren.

Bis es zu einer Widerspruchsverhandlung kommt, können etliche Monate ins Land gehen. Die Handhabung des Widerspruchsverfahrens ist in Hamburg eine Farce. Wenn die einstweilige Verfügung bestätigt wird, lassen sich die Hamburger Richter bis zu fünfeinhalb Monaten Zeit, bis sie die Begründung schicken, gegen die man dann „im Eilverfahren“ vor das Hanseatische Oberlandesgericht ziehen kann. Da kann man genauso gut sofort zur Hauptsacheklage auffordern, der Zeitgewinn eines Widerspruchs fällt unter den Tisch und wiegt die Nachteile des Eilverfahrens nicht auf.

Im Gegenteil verdoppeln sich bei Widerspruch im Eilverfahren die finanziellen Forderungen der Gegenseite und Gerichtskosten, auch der eigene Anwalt möchte seine Gebühren – zzgl. der Reisekosten zum Sievekingplatz. Ökonomisch denkende Parteien (ohne Rechtsschutzversicherung oder ähnliches) sollten es sich daher gut überlegen, ob sie sich den Risiken des Verfügungsverfahrens aussetzen möchten und nicht lieber gleich Nägel mit Köpfen machen.

UPDATE: Der Kommentar wurde inzwischen freigeschaltet.

29. April 2010

regensburg-digital geht nach Hamburg

Der Blogger, dem der Regensburger Hirte den Hamburger Bann auferlegte, wird nicht nach Canossa gehen, sondern zum Sievekingplatz, wo er von der Zivilkammer 25 seine Meinungsfreiheit zurückfordert. Innerhalb weniger Tage ging eine Kollekte von ca. 9.000,- Euro an Spendengeldern ein, sowie ein verbohrter Kommentar der Geistlichen:

26. April 2010

RTFGG – Read The Fucking GrundGesetz!

Read The Fucking GrundGesetz

Der in seiner Wortwahl sehr deutliche Beschluss des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsbeschwerde 1BvR 1891/05 ist nunmehr online bei einem liebenswerten Presserechtsexperten nachzulesen.

„Grundlegendes Fehlverständnis des Gewährleistungsgehaltes der Meinungs- und Pressefreiheit“

Warum die sehr eindeutige Haltung der Karlsruher Richter zu Art. 5 GG in Hamburg nahezu völlig ignoriert wird und sich jeder seine Meinungsfreiheit selbst in Karlsruhe erstreiten muss, sollen andere erklären. Wie das Video hier zeigt, wohnen in Hamburg auch vernünftige Leute.

Bild oben: Hier geklaut.

25. April 2010

Heesters schließt Vergleich

Johannes Heesters hatte sich am Landgericht Berlin zur Freude der Presse sowie gewisser Gerichtstouristen mit einem Kabaretthistoriker Volker Kühn über seinen Auftritt im KZ Dachau gestritten. Dabei war es darum gegangen,ob er bei diesem Auftritt, den Heesters als Fehler bedauert, auch vor SS-Leuten gesungen habe, wie es Kühn von einem Zeugen erfahren haben will. Die Berliner Pressekammer wies ab. Bei der Berufung vor dem Kammergericht Berlin schlossen die Parteien nun einen Vergleich: Kühn darf seine Überzeugung behalten, wird Heesters aber nicht mehr als Lügner bezeichnen. Heesters trug die Kosten. (Via log.handakte.de)

Auch Heesters hatte mit Äußerungen so seine Schwierigkeiten. Dass er 2008 mit 105 Jahren noch über seinen Schatten springen konnte (1:50 im Video), ist eine durchaus respektable Leistung.


Wetten Dass – Johannes Heesters (13.12.2008) – MyVideo

24. April 2010

BVerfG hebt mal wieder pressefeindliches LG/OLG Hamburg auf

Das BVerfG wird in seinen Worten über die Rechtspraxis in Hamburg immer deutlicher:

„Grundlegendes Fehlverständnis des Gewährleistungsgehaltes der Meinungs- und Pressefreiheit“

Ich hätte es nicht schöner formulieren können! Weiter auf Telepolis.

23. April 2010

Landgericht Hamburg verurteilt Wikimedia zur Löschung

Der Hamburger Ex-Politiker, der neulich mit der Klage gegen Wikimedia Deutschland wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte an deren fehlender Passivlegitimation gescheitert war, konnte zumindest ein Versäumnisurteil gegen Wikimedia (International) erstreiten. Während der Kläger das psychologisch als Erfolg verkauft, ist unklar, was er mit seinem Titel gegen die in San Francisco ansässige Organisation tun möchte.

Wie ich vorhin gelesen habe, hat SPON offenbar etwas durcheinandergebracht:

Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels wurde Markus Kompa als zwischenzeitlicher Anwalt von Wikimedia Deutschland bezeichnet. Nach Auskunft von Wikimedia Deutschland war Kompa jedoch nie als Anwalt der Organisation tätig.

Ne, also Wikimedia werde ich definitiv nicht vertreten. Im Gegenteil

21. April 2010

Regensburger Kleriker setzt krichenkritisches Blog auf den heiligen Index

Pressemitteilung der Blogger.

Weiteres beim Kollegen Stadler.