31. Januar 2013
Über den dem Kollegen Prof. Dr. Ralf Höcker auffällig gefälligen SPIEGEL/SPON-Artikel, den ich am Samstag kommentiert hatte, hat sich nun auch ein weiterer von „Wallraffs Juristen“ echauffiert und einen Leserbrief an den SPIEGEL geschrieben, der dort nun in leicht gekürzter Form auf S. 1o (5/13) wie folgt abgedruckt wurde:
Nr. 3/2013, Trends Medien – Günter Wallraff
Material ohne Bedeutung
Wer in dieser Sache ein Eigentor geschossen hat, steht keineswegs fest. Mit früheren Recherchegewohnheiten von Günter Wallraff hat dieser Fall jedenfalls nichts zu tun. Wallraff hat im Fall der „Bild“-Zeitung recherchiert und notiert, illegal aufgezeichnet oder illegal Aufgezeichnetes benutzt hat er nicht. Demgegenüber wurde jetzt illegal aufgezeichnetes Material in einem presserechtlichen Verfahren bei Gericht eingereicht, für das es ohne Bedeutung war. Ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit, nämlich für die Vorlage bei Gericht, gab es nach meiner Überzeugung nicht. Wallraff hat seine Strafanzeige zurückgenommen, weil er davon ausging, dass ein medienerfahrener Rechtsanwalt daraus auch so seine Lehren zieht. Die Erwartung hat sich leider nicht bestätigt. Wallraff hat daher die Rechtsanwaltskammer Köln eingeschaltet, um diese Art der Nutzung illegal abgehörten Materials wenigstens standesrechtlich überprüfen zu lassen. Das könnte eine Lehre für viele sein.
Winfried Seibert, Köln, Rechtsanwalt
Ich distanziere mich natürlich von dem ungeheuerlichen Verdacht, der Kollege Höcker hätte irgendetwas illegales getan oder gegen Standesrecht verstoßen. Sicherlich hat er nur pflichtgemäß die legitimen Interessen zur Wahrung des Persönlichkeitsrechts seiner Mandantschaft wahrgenommen, oder so. Wir werden es wohl erfahren. Jedenfalls muss er jetzt ja nicht ins Gefängnis. Hurra!

admin •

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28. Januar 2013
Ich habe gerade eine Abmahnung des Kollegen Höcker wegen meines Blogposts vom Samstag erhalten. Er bestreitet, den Artikel, dessen Inhalt er sich offensichtlich zu eigen macht, beim SPIEGEL „offenbar selbst lanciert“ zu haben. Ich hatte Höcker mehrfach angeschrieben und ihn genau hierzu befragt, sogar hinterher telefoniert, ohne dass der Kollege reagierte. Auch nach einem Anwaltsverhältnis zu Wallraffs Ex-Mitarbeiter hatte ich mich erkundigt. Jetzt auf einmal wird der Professor aktiv, eine Rechnung liegt auch bei.
Interessant ist, dass ich mit dem Kollegen Höcker eigentlich den Deal hatte, dass wir telefonieren, wenn er mit etwas in meinem Blog nicht einverstanden sein sollte, was wir auch schon problemlos praktiziert haben. Noch lustiger ist, dass er selbst auf seiner Website einen Rechtsstreit mit einem anderen Mandanten von mir – sagen wir mal „missverständlich“ – darstellt. Höckers scheinbare siegreiche Mandantin ist nämlich am Landgericht Köln wegen eines anwaltlichen Kunstfehlers(!) auf die Schnauze gefallen – kostenpflichtig. Der Kollege hat es nicht einmal geschafft, die angegriffene Äußerung authentisch wiederzugeben. Auch die dort geschilderte Unterlassungserklärung ist so nicht abgegeben worden. Aus kollegialem Respekt hatte ich verzichtet, die Kölner Kollegen vorzuführen oder deren Website abzumahnen.
Bis Mittwoch habe ich Zeit, mich einer Unterlassungserklärung zu unterwerfen und dem Kollegen dann für seine Mühen Geld zu überweisen – oder auch nicht.

admin •

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25. Dezember 2012
Im Sommer diesen Jahres war ich in der Verlegenheit, einen Prozess finanzieren zu müssen, der seiner Natur nach nur in Karlsruhe Aussicht auf Erfolg hat. Gegner war der ehrenwerte Krebsbehandler Dr. Klehr. Eigentlich hatte ich nur mit überschaubarer Unterstützung gerechnet, welche die jeweils aktuelle Instanz mitfinanzieren würde. Nachdem innerhalb weniger Tage rund 40.000,- € auf meinem Konto landeten, stellten sich ungeahnte Herausforderungen. So gilt es, 1.500 Eingänge mit jeweils unterschiedlichen Beträgen zu verwalten, von denen ein Großteil verfügt hat, dass sie im Erfolgsfalle in einen Fonds überführt werden sollen, der ähnliche Prozesse finanziert, während andere, wie ja die Ansage war, ihren Einsatz gerne zurück hätten. Da ich ein chronisches Zeitdefizit habe und ungern fremdes Geld bei mir rumliegen habe, wollte ich das über einen gemeinnützigen Verein abwickeln lassen. Es stelle sich jedoch heraus, dass das ideelle Fördern fremder Prozesse nicht als steuerbegünstigter Zweck gesehen wird, ein Verein also ggf. Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer zahlen müsste, was nicht der Zweck der Prozessfinanzierung war. Umgekehrt hatte ich die Befürchtung, das bei mir liegende Geld könnte sich irgendwie auf meine Einkommenssteuer auswirken, was Maßnahmen erfordert hätte. Das scheint jedoch nicht der Fall zu sein. Ich teile also allen Klehr-Anlegern mit, dass das Geld, soweit es nicht für den Prozess bereits verwendet wurde, entgegen den Planungen noch auf meinem Konto liegt und von mir persönlich verwaltet wird.
Obwohl am hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg die Schriftsätze längst gewechselt sind, wurde uns noch immer kein Prozesstermin genannt. Auch scheint es dabei zu bleiben, dass den Vorsitz den Senat ein alter Bekannter führen wird, so dass in dieser Instanz kaum mit einem Bewusstseinswandel gerechnet werden kann. Inzwischen haben sich bekannte Juristen in Fachzeitschriften zu dem Fall geäußert, und mir ist bislang keine Fachmeinung bekannt, die den Hamburgern beigepflichtet hätte. Auch im Bundesjustizministerium wird der Fall aufmerksam verfolgt. 2013 wird haftungsrechtlich spannend!
Nochmals herzlichen Dank an alle Klehr-Anleger, die den Kampf möglich gemacht haben!

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14. Dezember 2012
Zwei Jahre nun schon dauert der in höchstem Maße querulatorische Prozess des entzückenden Herrn Dr. Klehr, über den man auf anonymen Websites wie z.B. PSIRAM wenig erfreuliches lesen kann. Zuvor standen solche Beiträge auf der kritisch zu Pseudomedizin eingestellten, anonymen Website ESOWATCH, als deren Betreiber Herr Dr. Nikolaus Klehr meinen Mandanten sah. Außerdem verklagte Herr Dr. Nikolaus Klehr die Suchmaschine Google, weil die auf die Website verwies usw.. Den Rest des Internets und etliche Medien hatte Klehr in den vergangenen zwei Jahrzehnten von Kritik sauber klagen lassen. ESOWATCH/PSIRAM steht jedoch noch wie der Fels in der Brandung. Und auch beim zum Google-Konzern gehörenden Youtube kann man zu „Nikolaus Klehr“ interessante Videos finden, von denen ich mich mit Gruß an Herrn Buske natürlich distanziere.
Dr. Nikolaus Klehrs tüchtiger Anwalt Dr. Krüger, der sich vor der Pressekammer Hamburg als „Ostfriese“ zu bezeichnen pflegt, hatte es erfolgreich gemeistert, den eigentlich letztes Jahr schon vom damaligen Vorsitzenden Richter Herrn Buske beerdigten Prozess mit einem telefonbuchdicken Schriftsatz in eine schließlich einjährige Verlängerung zu treiben. Nach einem weiteren Jahr Rumeiern verkündete heute die Hamburger Pressekammer, dass in der ersten Instanz Schluss ist.
Wer der die geheimnisvollen Betreiber von Esowatch waren, bleibt nach wie vor ein großes Rätsel … ;)
Gegenstandswert: 160.000,- €
Kommende Woche gibt es Neuigkeiten von der „Klehranlage“.

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13. Dezember 2012
In letzter Zeit häufigen sich bei mir die Fälle, bei denen die Gegner irgendwelche „Energien“ verkaufen, etwa durch „Akkupressur“ oder obskure Produkte im Esoterikbereich. Mein neuester Gegner versteht sich offenbar auf die Kundalini-Energie. Es handelt sich um den höchsten Lama unter dem Dalai Lama, einen gewissen Herrn Lama Ole Nydahl.
„Willst du wahrhaft glücklich sein, geh einfach am Unglück vorüber!“
sagte der Dalai Lama. Lama Ole jedoch schickt meiner Mandantin lieber Anwälte, obwohl die bekanntlich schlecht für das Karma sind.
Eure Heiligkeit Lama Ole, wir haben ein paar schöne Prozesse vor uns … Gerne werde ich eurer Heiligkeit bei der Erleuchtung behilflich sein und in die Geheimlehre der Barbara Streisand einführen. :)

admin •

12:10 •
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30. Oktober 2012
Weil die Mitschrift zum Beweistermin in Sachen Klehr ./. Youtube etwas lang war, hier noch einmal die Highlights:
Es ging bei der Zeugeneinvernahme um die Frage, ob Klehr-Patienten Eigenblutpräparate aus dessen Münchner Praxis nach Hause gegeben werden. Die nachfolgende Mitschrift ist kein Wortprotokoll, was nur einem Stenographen möglich wäre. Gehört wurden die Witwe eines Klehr-Patienten und eine ehemalige Klehr-Mitarbeiterin, die beide den Vorwurf bestätigten.
Zeugin Frau Bachmair
Frau Bachmairs Ehemann war an Krebs erkrankt und hoffte auf Lebensrettung durch die Klehr-Methode. Diese besteht darin, dass Eigenblut abgenommen und in irgendeiner Weise gegen Krebs „trainiert“ wird. Dann wird das „trainierte“ Blut dem Patienten zurückgespritzt. Seit über 20 Jahren ist kein von der Wissenschaft akzeptierter Fall bekannt, in dem die Klehr-Methode funktioniert hätte. Die Beweise für seine „Heilerfolge“, die mir aus einem anderen Fall, den Dr. Klehr gegen einen jemanden führt, den er für den Betreiber von „Esowatch“ (heute „Psiram“) hält, wären unfreiwillig komisch, wäre das Thema nicht so ernst. Dr. Klehr verdient an der letzten Hoffnung von Krebspatienten im letzten Stadium seit zwei Jahrzehnten ein Vermögen, an dem nicht zuletzt auch die ehrenwerten Anwälte partizipieren.
Zeugin Frau Bachmair: Ich brachte meinen Mann in die Münchner Praxis, an die Rezeption. Klehr war Mittwochs immer anwesend. Klehr hat die Ampullen überreicht. Mein Mann wurde abgeholt von der Sprechstundenhilfe zur Behandlung. Das war 2006, im September. Ich sollte die Ampullen in einer Kühltasche transportieren und dann in den Gefrierschrank legen. Die Ampullen befanden sich in einer quadratischen Schachtel. Auf den Ampullen stand der Name meines Mannes „A. Bachmair“.
Gericht: Wurde Ihnen gesagt, was in den Ampullen drin ist?
Zeugin Frau Bachmair: Mir wurde gesagt, Eigenblut meines Mannes. … Ich sollte es ihm dann verabreichen. Handwarm in der Spritze aufziehen und in die Haut, in die Bauchfalte.
(…)
Das erste Gespräch fand im Beisein meiner Tochter statt: Klehr behauptete dass die Kassen das übernehmen, das wurde auch vor Gericht wiederholt, steht in einem Protokoll – dem war nicht so.
[Anmerkung Kompa: Auch im Esowatch-Prozess ging Herr Dr. Nikolaus Klehr gegen die Behauptung vor, seine Methode würde nicht von den Kassen bezahlt. Soweit im Prozess bekannt wurde, lehnen jedoch alle Kassen seine Methode ab, jedenfalls im letzten Jahrzehnt.]
Habe erstmal auf Herausgabe der Krankenakten geklagt, dann auf Rückzahlung der Behandlungskosten. Dann bin ich halt sauer geworden.
Gericht: Wie ist das ausgegangen?
Zeugin Frau Bachmair: Für mich gut.
Nach dem Diktat der Aussage auf Band rührt sich erstmals der Klehr-Anwalt:
Klehr-Anwalt: Mir fehlt der Satz: „Dann bin ich halt sauer geworden“
Zeugin Frau Bachmair: Das sagt man so Bayern. Was soll ich denn sonst sagen?
(…)
Google-Anwalt: Können Sie uns erklären, wie sich Klehr gegen die Herausgabe der Akten gewehrt hat?
Zeugin Frau Bachmair: Er verteidigte sich mit dem „Arztgeheimnis“. Habe die Krankenakten heute noch nicht. Es sind zwei Urteile gegen ihn ergangen. Hätte die Akten herausgaben müssen. Tat er nicht. Aufgrund dessen ist er zur Rückzahlung der Behandlungskosten verurteilt worden.
(…)
Zeugin Frau Bachmair: Keine Vergleichsgespräche. Habe Vergleichsangebot abgelehnt. Bin nicht drauf eingegangen. Hatte die Kosten auch schon zurückerstattet bekommen. Habe Angebot erhalten, ich bekäme die Kosten, wenn ich den Mund halte. Gespräch zwischen den Anwälten. Anwalt hat mir gesagt, dass Klehr ein Gespräch mit mir sucht. Habe gesagt: „Nein!“
(…)
Zeugin Frau S.
Die Zeugin ist medizinische Fachangestellte
Gericht: Es geht um die Frage, ob man bei Dr. Klehr Ampullen mitbekommen hat
Zeugin Frau S.: Ist richtig so.
(…)
Zeugin Frau S.: In der Praxis wurde ohne Handschuhe gearbeitet. Grober Hygienemangel. An meinen anderen Stellen wurde immer mit Handschuhen gearbeitet.
Der Klehr-Anwalt versucht, der Zeugin einen Strick daraus zu drehen, dass der Name auf den Ampullen mit „Bachm.“ statt „Bachmair“ abgekürzt wurde. In der nachfolgenden ca. Viertelstunde versucht der Klehr-Anwalt, die Zeugin zu diskreditieren, gibt ihr die Schuld für die Beendigung des Arbeitsverhätnisses zu geben usw. Der Klehr-Anwalt stellt lauter (aus meiner Sicht) Suggestivfragen, die das Gericht gewähren lässt. Als er laut wird, geht das Gericht dazwischen. Die Zeugin verwahrte sich schließlich dagegen, dass der Klehr-Anwalt ihren bayrischen Dialekt nachäffte. Der Klehr-Anwalt versucht seinen Faux Pas mit dem Hinweis zu relativieren, er wäre Ostfriese, die seien ja manchmal witzig. Auch „Otto“ sei Ostfriese. Die Zeugin findet Otto deutlich komischer als den Klehr-Anwalt. Immer wieder versuchen der Klehr-Anwalt und Klehr persönlich, statt einer reinen Zeugenbefragung zu plädieren.
Der Klehr-Anwalt hat angekündigt, beweisen zu wollen, dass Dr. Nikolaus Klehr am fraglichen Tag in Salzburg gewesen sei. Vermutlich benennt er die gleichen Zeugen, die er auch dafür benennt, dass seine Methode wirksam sei.
Ob vorliegend die Zeuginnen wahrheitsgemäß aussagten, kann ich nicht beurteilen. Ich mache mir allerdings die Wertung der Zeugin Frau S. zu Eigen, der zufolge „Otto“ deutlich komischer als der ostfriesische Anwalt ist (jedenfalls freiwillig).

admin •

10:08 •
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15. Oktober 2012
Der Bundesgerichtshof hat ein Verbot der Berliner Gerichte aufgehoben, welches die Wiederholung der in der Öffentlichkeit bekannten wahren Tatsache untersagte, eine Entertainerin sei durch Krankheit aus ihrer Karriere herausgerissen worden. Verboten wurde ursprünglich:
„Unwillkürlich denkt man an einen Parallelfall – an G. K. (47). (…) Die prominente Kölner Schauspielerin wurde vor genau einem Jahr von heute auf morgen aus ihrer Tournee „Wer Sahne will, muss Kühe schütteln“ herausgerissen. Die Erklärung über ihre Erkrankung war ebenso dürftig (…). Schweigen. Schwer erkrankt, mehr war nicht zu erfahren. Zunächst hieß es, K.`s Tournee werde im Herbst 2008 fortgesetzt, doch dann wurden alle Termine abgesagt. Und fortan war von der Schauspielerin nichts mehr zu hören.
So etwas ist immer höchst beunruhigend. Bis heute weiß man nichts über ihren Gesundheitszustand. G. K. trat vor keine Kamera mehr – sie ist wie vom Erdboden verschluckt (…). Werden wir auf sie warten müssen wie auf G. K.?“
Auch eine wahre Darstellung kann das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, insbesondere wenn die Privatsphäre betroffen ist. Zur Privatsphäre – auch einer Person des öffentlichen Interesses – gehört grundsätzlich die eigene Erkrankung, wobei Ausnahmen allenfalls bei einem besonderen Personenkreis wie beispielsweise wichtigen Politikern, Wirtschaftsführern oder Staatsoberhäuptern bestehen können. Bei der Abwägung sind bei der Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht und dem legitimen Berichtsinteresse der Öffentlichkeit kommt es insbesondere darauf an, ob der Beitrag zu einer Debatte von allgemeinem Interesse, die Bekanntheit der betroffenen Person und der Gegenstand der Berichterstattung sind, sowie auf das frühere Verhalten der betroffenen Person, die Art der Erlangung von Informationen und ihr Wahrheitsgehalt sowie der Inhalt, die Form und die Auswirkungen der Veröffentlichung.
Konkret führt der BGH (VI ZR 291/10) aus:
Im Streitfall beschränkte sich die Berichterstattung der Beklagten im Verhältnis zur Klägerin auf die Wiedergabe der damals in der Öffentlichkeit längst bekannten wahren Tatsache, dass die Klägerin im Januar 2008 ihre Tournee krankheitsbedingt abbrechen musste („Schwer erkrankt, mehr war nicht zu erfahren“), sie entgegen einer Ankündigung im Herbst 2008 nicht wie – der aufgenommen hat und seither – ohne weitere Informationen an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen – „von der Bildfläche verschwunden ist“. Es wurden keinerlei konkrete Aussagen zu Art und Ursache der Erkrankung der Klägerin gemacht, vielmehr wurde sogar ausdrücklich mitgeteilt, dass man nichts über ihren Gesundheitszustand wisse. Aus den Umständen wurde lediglich die – naheliegende – Schlussfolgerung gezogen, dass die Erkrankung vermutlich schwer sein muss („So etwas ist immer höchst beunruhigend“).
(…) Die Grenze zu einer unzulässigen Presseberichterstattung wurde im Streitfall – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – auch nicht dadurch überschritten, dass die Berichterstattung über die Erkrankung der Klägerin im Zusammenhang mit einem Bericht über einen aktuellen Fall einer schweren Erkrankung einer bekannten Sportmoderatorin erfolgte und – wie das Berufungsgericht meint – sich daraus kein neues Berichterstattungsinteresse herleiten lasse. Für die Wortberichterstattung als solche gilt der durch Art. 5 GG gewährleistete Grundsatz der freien Berichterstattung, wobei dem Persönlichkeitsschutz im Rahmen der auch dort erforderlichen Abwägung nicht schon deshalb regelmäßig der Vorrang gebührt, weil eine weder unwahre noch ehrenrührige Berichterstattung bloße Belanglosigkeiten über eine prominente Person zum Gegenstand hat, ohne einen wesentlichen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten. Abgesehen davon hatte die von der Klägerin beanstandete Berichterstattung über ihre Person nicht bloße Belanglosigkeiten zum Gegenstand, sondern diente auch der Unterrichtung der interessierten Öffentlichkeit und ihrer „Fangemeinde“ darüber, dass es ein Jahr nach ihrer Erkrankung und Tourneeabsage immer noch keinerlei Informationen über ihren Gesundheitszustand und eine mögliche Rückkehr in ihren Beruf gab. Dadurch konnte die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung über die Informationspolitik beliebter Künstler leisten, die sich nach einer plötzlichen Erkrankung völlig aus der Öffentlichkeit zurückziehen und ihr besorgtes Publikum über ihr weiteres Schicksal im Ungewissen lassen.
Sicher wird man einem Menschen – auch einem Prominenten – sein Recht auf Privatsphäre zubilligen wollen. Niemand wird freiwillig krank. Aber wenn man sich über wahre Tatsachen einer Prominenten, die aus unbekannten Gründen ihre Präsenz unterbricht, sich nicht mehr wie in der inkriminierten Weise unterhalten darf, dann ist unklar, wie Pressefreiheit denn nach dem Konzept der Berliner Gerichte verwirklicht werden soll. Das dachte sich auch der VI. Senat des BGH. Das sind übrigens die Leute, die regelmäßig Urteile aus Hamburg aufheben.
Im konkreten Fall hatte die Klägerin letztes Jahr – also während des Prozesses – ihre Krankheit auch selbst öffentlich gemacht.

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8. September 2012
Über zweieinhalb Jahre hatten sich die Herrschaften der BILD-Zeitung auf die Zunge gebissen, bis sie mit einem Gerücht mit einer Fallhöhe, die kein Boulevardjournalist toppen könnte, endlich ihr Papier verkaufsfördernd bedrucken konnten. Bereits im Sommer 2010 hatte BILD einen Testballon gestartet und das Tattoo von Bettina Wulff skandalisiert – was absolut lächerlich war, denn damals habe ich bei meinen Berlin-Besuchen so gut wie keine Frau unter 40 gesehen, die kein Tattoo trug. Da mir das Getuschel damals bereits bekannt war, war für mich offensichtlich, dass es sich bei der albernen und daher journalistisch nicht veranlassten „Tattoo-Story“ um Säbelrasseln gehandelt haben dürfte. Presserechtlich spielen zwei Aspekte eine Rolle:
Das Thematisieren von Sachverhalten unterhalb der Gürtellinie – unabhängig ob wahr oder nicht – ist grundsätzlich kein zulässiger Berichtsgegenstand. Ausnahmen gibt es nur, wenn eine Angelegenheit politische Dimensionen erreicht. So hätte über Clintons Affäre mit einer Praktikantin originär in Deutschland eher nicht berichtet werden dürfen, der sich entwickelnde Skandal darüber war jedoch zulässiger Berichtsgegenstand und ließ auch Informationen über Details der präsidialen Organpflege zu, die im Starr-Report nachzulesen sind. Unabhängig von der juristischen Dimension praktizieren alle großen Verlage den Ehrenkodex, dass über sehr privaten Angelegenheiten von Politikern und deren Angehörigen nicht berichtet wird. In der Bonner Republik wussten die Redaktionen von etlichen Seitensprüngen, in der Presse erschien damals nie etwas darüber. Allenfalls über Willy Brandt konnte man zwischen den Zeilen lesen. Auch bei Seehofer usw. waren es nicht die Journalisten, sondern die Büchsenspanner in der eigenen Partei. BILD selbst hatte sich in Sachen Wulff streng an diesen Ehrenkodex gehalten, allerdings machten jedoch Erzählungen die Runde, BILD habe da etwas aus dem Vorleben der Präsidentengattin, was Wulff wohl als „Partyvergangenheit“ abtat.
Der zweite juristische Aspekt betrifft die Zulässigkeit von Verdachtsberichterstattung. Man darf nicht einfach Gerüchte ins Blaue hinein kolportieren, auch bloße Andeutungen müssen sich Betroffene nicht bieten lassen. Um einen Verdacht presserechtlich zulässig äußern zu können, muss man ein Mindestmaß an Anhaltstatsachen aufbieten. Gegenwärtig (also in Hamburg) sind die Anforderung an Verdachtsberichterstattung so hoch, dass man rechtssicher praktisch fast nur noch über rechtskräftig verurteilte Straftäter schreiben könnte (und das auch nur innerhalb eines halben Jahres nach Rechtskraft). Wenn also ein Medium nicht mindestens verlässliche Zeugen aufbieten kann, die einen entsprechenden Verdacht substantiieren, sind solche Storys tabu. Hinzu kommt, dass bei Sachverhalten unterhalb der Gürtellinie nicht nur Verbote ausgesprochen werden, sondern für Betroffene auch fette Entschädigung in Geld angesagt ist. Solche hat es zugunsten von Frau Wulff offenbar gegeben.
Nun sind die Dämme anscheinend gebrochen, denn etliche Zeitungen halten es offensichtlich für einen zulässigen Berichtsgegenstand, über den juristischen Kampf von Frau Wulff gegen Medienhäuser und Blogger zu berichten, welche die Gerüchte aufgegriffen haben. Wer in derartigen Angelegenheiten klagt, stellt faktisch eine gewisse Öffentlichkeit her. Dies ist aber nicht ganz zu vergleichen mit der freiwilligen Selbstöffnung privater Angelegenheiten wie Homestorys und öffentlichen Lebensbeichten. Die Gerichtsberichterstattung wurde insbesondere durch Hamburger Judikate in den letzten Jahren sehr erschwert.
Medienrechtlich darf man sich auf die Schlacht des Jahres zwischen Frau Wulff und Herrn Jauch freuen. Jauch ist nämlich selbst als einer der aggressivsten Kläger in Sachen Presserecht überhaupt bekannt. Wer juristischen Stress nicht zu schätzen weiß, ist gut beraten, „Frau Jauch“ oder deren Kinder als nicht existent zu betrachten und über Jauch nur das zu berichten, was dieser dem Bildschirm anbietet. Dass nun ausgerechnet gegen Jauch das allgemeine Persönlichkeitsrecht gerichtet wird, ist daher besonders delikat. Ähnlich unverschämt wie Jauch agierte eigentlich nur noch Dieter Bohlen, der mit seinem Buch etlichen Menschen an die Wäsche ging, selbst aber zutreffende Berichte über die Schwangerschaft seiner Freundin verbieten ließ. (In einem von mir betreuten Fall hatte ich Bohlen das letztes Jahr abgewöhnt.)
Ich erlaube mir noch zwei persönliche Bemerkungen:
Ich vertrete einige Mandantinnen, die ihre Attraktivität selbstbestimmt und ohne Notlage beruflich einsetzen und dafür anständig honoriert werden. Es gibt keinen Anlass, diese Frauen geringer zu schätzen als andere Menschen. Und sie haben auch einen legitimen Anspruch darauf, die typischerweise zeitlich begrenzte Episode ihres Lebens privat zu halten.
Zum andern möchte ich festhalten, dass mir Frau Wulff in dem Moment, als ihr Gatte zurückgetreten ist, mit ihrer Haltung unheimlich imponiert hat. Andere Politiker-Frauen hätten diesen Termin mit Sicherheit nicht wahrgenommen – insbesondere „Frau Jauch“ traue ich eine solche Charakterleistung nicht zu. Herr Wulff mag als eine tragische Gestalt in die Geschichte eingehen, um seine Gattin allerdings ist er zu beneiden.

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10:14 •
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15. August 2012
Dr. Klehr hatte wegen der Kosten für seine Abmahnung wegen des Youtube-Videos letztes Jahr am Amtsgericht Hamburg Klage auf Zahlung von knapp 600,- € erhoben. Da es in der Sache aber gewisse Zweifel an der Rechtmäßigkeit gibt und diese in einem laufenden Hauptsacheverfahren überprüft wird, hatten wir wegen Vorgreiflichkeit ein Ruhen des Verfahrens angeregt. Aus heiterem Himmel hat das Amtsgericht Hamburg nun ohne mündliche Verhandlung entschieden, dass die Abmahnung rechtmäßig gewesen sei. Toll.
Zwischenzeitlich war das ZDF am Landgericht Hamburg gegen die ursprünglich von Richter Buske auch gegen das ZDF erlassene einstweilige Verfügung vorgegangen. Obwohl das ZDF einen der besten Medienanwälte überhaupt aufbot, blieb die Käfer-Kammer hart, denn das Verteidigen von erst einmal erlassenen einstweiligen Verfügungen wird von der Pressekammer als pädagogischer Auftrag gesehen. Die machen da übrigens nicht einmal einen Hehl aus ihrer „Tradition“, wie es dort Anwälte häufig ganz offen aussprechen, ohne von der Richterbank den Hauch eines Protestes zu hören. Obwohl kein mir bekannter Fachmann ernsthafte Zweifel hat, dass der ZDF-Beitrag rechtmäßig war und spätestens in Karlsruhe erlaubt werden wird, mutet die Käfer-Kammer dem ZDF, Youtube und meiner Wenigkeit diese hanebüchene Farce zu.
Was Frau Käfers Vorgänger Herrn Buske betrifft, so kann ich über ihn persönlich nichts Negatives sagen. Trotz meiner gelegentlich temperamentvollen Kritik an seinen nicht nachvollziehbaren Urteilen hatte er sich auf professioneller Ebene keine Blöße gegeben und mir jedenfalls nie eine Flanke für Befangenheitsgesuche geboten. Frau Käfer hingegen tut gegenwärtig Dinge, über die man einfach nur noch staunen kann. Ein andermal dazu mehr.

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10. August 2012
Der Barde Xavier Naidoo kann sich zwar offenbar mit der von den Piraten geforderten Freigabe von Joints identifizieren, nicht allerdings mit der von Filesharing, denn schließlich muss man ja auch für Joints was bezahlen, und wenn man bekifft Auto fährt und sich dabei erwischen lässt. Und wo kämen wir hin, wenn Naidoo für sein Einkommen ständig Konzerte geben, also arbeiten müsste? Einmal Aufnahme gemacht, Gratis-PR im öffentlich-rechtlich finanzierten Rundfunk abgreifen, und nie wieder arbeiten! Arbeiten tun dann Anwälte, damit Xavier auch alle Stücke vom Kuchen abbekommt. Die Kirschen aus Nachbars Garten schmecken halt doch am besten!
Wie heute bekannt gegeben wurde, hat der BGH mit Beschluss vom 19.04.2012 (I ZB 80/11) entschieden, dass ein Internet-Provider dem Rechtsinhaber in aller Regel den Namen und die Anschrift derjenigen Nutzer einer IP-Adresse mitteilen muss, die ein urheberrechtlich geschütztes Musikstück offensichtlich unberechtigt in eine Online-Tauschbörse eingestellt haben. Dies gelte unabhängig davon, ob es sich bei der Rechtsverletzung um eine solche im gewerblichen Ausmaß handelt.
Danke, Xavier!