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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


8. Januar 2010

„Meine Worte“ waren wohl nicht seine Worte

Der Rezitator Karl-Heinz Rummenigge wird von einer Fußball-Literatin wegen einer Ode an den Kaiser urheberrechtlich angegangen. Wie es sich bei Klägerinnen aus Hessen und Beklagten aus Bayern gehört, läuft der Fall natürlich am Landgericht Hamburg.

Die Dichterin signalisiert jedoch Interesse auf außergerichtliche Beilegung:

„Wann meldest Du Dich denn bei mir?
Ich klär‘ es gern bei ein paar Bier.
Doch einfach so, so geht das nicht –
schließlich ist es mein Gedicht.“

Die letzte Zeile könnte man austauschen in:

„in Hamburg gibt’s ein Landgericht!“

UPDATE:

Wie BILD (16.01.) berichtet, haben sich die Parteien freundschaftlich geeinigt. Die Autorin bekam einen Tausender, über das erhoffte Bier mit dem rezitierenden Fußballidol wurde nichts bekannt.

7. Januar 2010

Krawallblogger erfährt Streisand-Effekt – verdient?

Bernd Höcker, Betreiber einer Querulantenseite GEZ-kritischen Website sowie Buchautor im Eigenverlag, konnte eine Unterlassungsverfügung des Landgerichts Hamburg erfolgreich in einen PR-Coup umwandeln: Nach der Piratenpartei solidarisiert sich sogar DIE ZEIT mit dem Krawallblogger und bezieht sich dabei auf eine Pressemeldung der Piratenpartei, die allerdings wesentliche Umstände unterschlägt.

Gab es überhaupt eine Straftat?

Wie bereits berichtet, hatte Höcker über eine angebliche Straftat des NDR-Justiziariats berichtet und den NDR-Mann sogar wegen Urkundenunterdrückung angezeigt. Höcker ist der Meinung, der NDR-Mann habe einen Gebührenbescheid aus Gerichts-Akten verschwinden lassen. Ich kenne den Fall nicht im Detail, aber: (more…)

6. Januar 2010

Kläger Jehovas – Buske verbietet „Jehova-Sagen“!

Ich habe dieses Jahr noch gar nicht über das Landgericht Hamburg gelacht. Bevor sich meine Blogleser Sorgen machen müssen, sei hier ein lustiger Fall nachgereicht:

Die Zeugen Jehovas sind für Sanftmut bekannt, weniger jedoch deren Anwälte. So hatten sie Herrn Buske gebeten, einem Sekten-Kritiker die Äußerung verbieten lassen, ein bestimmter Herrn aus München habe ein „geistliches Amt“ bekleidet, ein sogenannter „Ältester“. Ehrensache, dass der Beklagte ebenso wenig wie der Bayer in Hamburg wohnte.

Einige Zeit später bekam der Sekten-Kritiker eine Einladung an ein bayrisches Amtsgericht. Hier erachtete es der besagte Bayer für sinnvoll, an Eides statt zu behaupten:

„Ich war auch Ältester (leitendes Mitglied) der Zeugen Jehovas.“

Oups! Demnächst wird der Sekten-Kritiker vom Staatsanwalt vernommen – als Zeuge der wohl zu erwartenden Anklage. Den Zeugen Jehovas sei jedoch ins Gewissen geredet:

Du sollst kein falsches Zeugnis geben!

21. Dezember 2009

Trickreicher Call in-Show-Produzent lässt Server abschalten

„Anrufen und Verlieren“ lautete der Titel einer kritischen Doku über die Methoden von Call in-Shows.

„Faxen und Verbieten“ lautete offenbar das Motto eines Anwalts, der den Beitrag verbieten ließ.

In meiner Eigenschaft als Trickhistoriker interessiert mich natürlich besonders das hier:

Der Film zeigt u.a. Kuverts und Koffer, die zwischendurch wie von Geisterhand den Platz wechseln, und analysiert Anruferstimmen mit dem Ergebnis, dass offenbar immer wieder die selben Personen, allerdings mit unterschiedlichen Namen, anrufen. Die für die Sendungen verantwortliche Firma hatte bereits seit Anfang Dezember durch zahlreiche Abmahnungen und Einstweilige Verfügungen gegen diverse Portale und Einzelpersonen alles unternommen, um den Film aus dem Netz zu bekommen.

UND NUN DIE GROSSE- 100.000,- EURO PREISFRAGE!!!

WELCHES LANDGERICHT WIRD WOHL DIE UNTERLASSUNGSVERFÜGUNG AUSGESPROCHEN HABEN?

WAR ES

A: Das Langericht Hamburg?

B: Eine Pressekammer in Hamburg?

C: Ein Hamburger Gericht am Sievekingplatz 1?

D: Alle zusammen?

Der Gewinner erhält einen Reisegutschein für zwei Personen nach Hamburg!

20. Dezember 2009

Pressefreiheit, rund um die Welt

„Die als notorisch pressefeindlich gescholtenen Hamburger Spruchkammern hingegen gaben dem Resozialisierungsinteresse regelmäßig Vorrang.“

Verstehe gar nicht, wie DIE WELT darauf kommen, dass jemand die Hamburger Spruchkammern pressefeindlich nennt …

Zum Stand der Pressefreiheit in Dänemark.

In Afghanistan soll es besser für die Pressefreiheit zu laufen.

Am tollsten läuft es hier in NRW: Da dürfen ja inzwischen Zeitungsverlage auch private TV-Sender kontrollieren. Künftig sagt uns dann die WAZ sowohl per Dudelsender, als auch per Käseblatt, wie lokalpolitisch die Dinge so zu laufen haben. Dem Kai sein Blättchen jubelt ebenfalls.

17. Dezember 2009

„Aktion Tier“ quält Menschen

Die sebsternannten Tierschützer von „Aktion Tier“ (Achtung! Es scheint scheint mehrere „Aktion Tiers“ zu geben!), die offenbar genug Geld für Anwälte aufbringen können, hatten neulich dem Landgericht Hamburg im Wege einer einstweiligen Verfügung befohlen, einen kritischen Artikel des SPIEGEL verbieten zu lassen. So weit, so schlecht, denn diese Leute scheinen unter Tierschützern tatsächlich ein bisschen umstritten zu sein.

Nun haben die Tier-Aktionisten nichts besseres zu tun, als durchs Internet zu latschern und ihren Anwalt jeden anraunzen zu lassen, der den SPIEGEL-Artikel verbreitet, etwa in Internetforen. Anders als bei konventionellen Abmahnungen will man weder eine Unterlassungserklärung, noch stellt man Kostenforderungen, sondern begehrt lediglich konkrete Löschung des Artikels.

Dabei schreibt der Anwalt wörtlich, die Verbreitung und Zugänglichmachung des SPIEGEL-Beitrags sei durch die Verfügung verboten.

Langsam, liebe Tier-Aktionisten.

  1. Nur zwei Behauptungen sind dem SPIEGEL verboten worden, nicht aber der gesamte Artikel,
    1. Es geht um die Behauptung, in den Jahren 2006 bis 2008 nur etwa 20% der Einnahmen in Gnadenhöfe, Heime oder andere sogenannte Kooperationspartner geflossen seien,
    2. sowie um die Behauptung, Mitarbeiter der Aktion Tier zeigten sich mitunter eisern, wenn klamme Rentner usw. in den Geschäftsstellen anrufen und um Senkung der am Stand vereinbarten Monatsbeiträge bitten.
  2. Dieses Verbot ist wohl noch nicht rechtskräftig und wurde lediglich in Form einer einstweiligen Verfügung ausgesprochen, in der Sache also noch keinerlei Beweis erhoben. Der Gegner wurde nicht einmal angehört.
  3. Dieses Verbot gilt nur gegenüber dem Verlag des SPIEGEL. Es ist kein objektives Verbot. Ein gegen Dritte gerichtetes Verfahren kann nach ggf. aktualisiertem Informationsstand usw. ganz anders ausgehen.
  4. Die Entscheidung kommt von der Pressekammer des Landgerichts Hamburg, muss also nur bedingt ernst genommen werden.

Soweit ich hörte, haben alle Empfänger der „kostenlosen Rechtsberatung“ den SPIEGEL-Artikel komplett vom Netz genommen. Es hätte gereicht, die beiden Passagen zu schwärzen oder sich im Begleittext davon zu distanzieren. Eine solche Distanzierung bzw. Richtigstellung sollte jedoch unbedingt vor Eintreffen einer kostenpflichtigen Abmahnung erfolgen.

16. Dezember 2009

Rapid Share darf nicht mehr vorlesen

Das Landgericht Hamburg hat gegen die Filesharingplattform Rapid Share eine einstweilige Unterlassungsverfügung erlassen. Der Film „Der Vorleser“ darf dort nicht mehr Dritten zugänglich gemacht werden.

15. Dezember 2009

BGH: Mörder haben keine Macht über Archive

Die Serie an BGH-Entscheidungen, die den Hamburger Humbug des dortigen Landgerichts neutralisieren, reißt nicht ab:

Heute wurde die Meinung der berühmt-berüchtigten 24. Zivilkammer, Presse- und Rundfunkunternehmen müssten die Namen von Mördern nachträglich in ihren Archiven anonymisieren, als Quatsch enttarnt:

Im Streitfall hat das Schutzinteresse der Kläger hinter dem von der Beklagten verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung zurückzutreten.

Wer tötet, muss damit leben – zumindest in den Archiven. Der Fall hat eine Besonderheit:

Sie war nur auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten des Internetauftritts der Beklagten zugänglich, ausdrücklich als Altmeldung gekennzeichnet und nur durch gezielte Suche auffindbar.

Der BGH setzt definitiv ein Signal Richtung Hamburg:

Zu berücksichtigen war darüber hinaus, dass ein anerkennenswertes Interesse der Öffentlichkeit nicht nur an der Information über das aktuelle Zeitgeschehen, sondern auch an der Möglichkeit besteht, vergangene zeitgeschichtliche Ereignisse zu recherchieren. Das von den Klägern begehrte Verbot hätte einen abschreckenden Effekt auf den Gebrauch der Meinungs- und Medienfreiheit, der den freien Informations- und Kommunikationsprozess einschnüren würde.

Da der BGH Medienkompetenz hat, bietet er ab sofort einen RSS-Feeder. In Hamburg muss man erst warten, bis Herr Schälike die interessanten Sachen in seinem Blog hat.

Bild: StromBer

Störerhaftung des Internetteilnehmers

Einen gut verständlichen Artikel über die sehr praxisrelevante Haftung von Computerbesitzern für die Sünden Dritter habe ich auf datenschutz-praxis.de gefunden. Hier geht es natürlich wieder um Filesharing, begangen durch Familienmitglieder des Computerbesitzers. Kritisiert wird ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom Mai diesen Jahres, das eine entsprechende Haftung annimmt.

Freiheitsfeindliche Gerichte wie Landgericht Hamburg erlegten 2006 übrigens sogar den Betreibern ungesicherter WLANs die Haftung für parasitäre Downloads von Unbekannten auf, während das OLG Frankfurt jedoch bei einem Fall aus dem Jahre 2007 Milde walten ließ. Heute allerdings sollte es sich herumgesprochen haben, dass unverschlüsselte WLANs ein leicht vermeidbares Sicherheitsrisiko sind. Problematisch ist eine Haftung natürlich für Betreiber offener WLANs, etwa in Gaststätten oder sonstigen offenen Plätzen.

11. Dezember 2009

Wallstreet Online hat kein Rückgrat

Der in die Kritik geratene Anlegerschützer(?) Heinz Gerlach, bekannt durch den „Gerlach Report“, scheint nicht von Beiträgen im Forum „Wallstreet Online“ erbaut zu sein. Wie die leicht gallige Website Akte Heinz Gerlach schreibt, werden Threads und dort vorgehaltene Blogs dicht gemacht.

Vor drei Jahren hatte meine Mandantschaft bei Wallstreet Online ähnliche Erfahrungen bei Kritik an einem Finanzdienstleister gemacht. Kritische, rechtlich gesehen jedoch harmlose Beiträge wurden schon bei leichtem Gegenwind gelöscht und Sperren eingebaut, die bei bestimmten Wörtern den Beitrag bockierten. Die logische Reaktion meiner Mandantschaft auf diese Mimosenhaftigkeit war dann die Eröffnung eines eigenen Weblogs gewesen, mit dem die betreffende Firma dann erst recht Spaß hatte.

Ähnlich scheint es Gerlach ja auch zu gehen, der inzwischen ja sogar mehrere „Fan-Seiten“ hat. Dort wird auch erklärt, wie man Gerlachs Informationsangebot zurückzensieren lassen könne. Gerlach bzw. seinen Partner scheint selbst der Mut für eigene Kolportagen verlassen zu haben. Dies könnte mit dieser vom LG Hamburg erlassenen einstweiligen Verfügung zu tun haben.

Der Fall Gerlach bleibt spannend.

Von den Inhalten der verlinkten Websites möchte ich mich mit Blick nach Hamburg distanzieren. Ich kenne Herrn Gerlach nicht näher. Vielleicht wird ihm furchtbares Unrecht getan. Wie das halt so ist, im bösen Internet …