Die letzten 48 Stunden haben mich emotional doch ein bisschen berührt.
Da klingelte etwa gestern Mittag ein unerwarteter Besucher und meinte, er gehöre zu „Fefes menschlichem Botnet“, dem aufgetragen worden sei, 20 Euro zu spenden, was er auch in bar tat!
Heute ging wieder eine Vielzahl an 20ern ein, darüber hinaus wie schon gestern ein vierstelliger Betrag. Ich weiß noch nicht, ob ich die hohen Beträge wirklich annehmen kann.
Jedenfalls ist das Verfahren nunmehr einschließlich Zeugenladungen bis zum Bundesgerichtshof vollständig finanziert! Danke!
Ich bin von euch überwältigt! Die weiteren Klehranleger werde ich noch auflisten. Nunmehr ist es möglich, die Berufung am OLG Hamburg kaltblütig möglicherweise zu verlieren, und es dann eben in Karlsruhe zu versuchen.
Inzwischen ist das Thema auch von den Medien aufgegriffen worden. SPIEGEL Online differenziert zwischen Verlinken und Einbetten, obwohl es darum gar nicht ging. Dem Landgericht Hamburg war die Art des Zugänglichmachens einerlei, und es geht hier auch nicht um Urheberrecht, sondern Persönlichkeitsrecht. Technisch wäre es auch anachronistisch, zwischen Verlinken und Einbettung zu unterscheiden, denn häufig werden Youtube-Links automatisch in Einbettungen umgewandelt, etwa auf Facebook, Twitter, durch manche Blogsoftware usw. Auch Google-Mail identifiziert entsprechende Links und bietet dem Empfänger ein Vorschaubild, sogar RSS-Feeds wandeln selbständig um. (Zur Nichthaftung von RSS-Feeds siehe auch dieses aktuelle BGH-Urteil.) Den Leuten ist auch klar, dass die Videos bei Youtube rumliegen und nicht beim Blogger. Die Meinung, ein Blogger müsste für jede noch so verdeckte oder an den Haaren herbeigezogene angebliche Schwachstelle eines seriösen Berichts haften, ist absurd.
Stiftung oder Verein
Ich führe inzwischen erste Gespräche, wie man einen Verein oder eine Stiftung aufziehen könnte, die es künftig Bloggern und Whistleblowern ohne Kriegskasse ermöglicht, wichtige Dinge zu sagen oder juristische Attacken auf die Struktur des Internets abzuwehren.
rechtlicher Hintergrund
Einstweilige Verfügungen Hamburger Style laufen normalerweise so ab, dass der angreifende Anwalt einseitige bis gelogene Antragsschriften verfasst, zu denen der Gegner nicht gehört wird. Falls die Anträge nicht rund sind, telefoniert der Richter mit dem Anwalt ein bisschen, und dann bekommt der Gegner eine einstweilige Verfügung zugestellt. Saftiger Kostenfestsetzungsbeschluss folgt, sofort vorllstreckbar.
Der Idee nach ist das nur eine vorläufige Entscheidung. In der Hamburger Praxis gibt es jedoch eine „Prägungswirkung“: Ist eine einstweilige Verfügung erst einmal ergangen, auf welcher Grundlage auch immer, so gebietet es die „Tradition der Kammer“ (O-Ton), dass diese wenn irgendwie möglich verteidigt wird. Man hat also nicht nur den Abmahner, sondern tendenziell auch das Gericht gegen sich, das seine Autorität nicht dadurch infrage stellen möchte, indem es eigene Fehlentscheidungen revidiert. Zwar kommt es durchaus vor, die Regel ist jedoch unverkennbar. Die schönste Begründung auf die Frage, was für eine Unterlassungsverfügung spräche, lautete wörtlich: „Dass wir sie erlassen haben!“
Auch in unserem Fall stand das Ergebnis bereits vor der mündlichen Verhandlung felsenfest. Die haben sich im Urteil gewunden, um auf unsere Schriftsätze nicht wirklich eingehen zu müssen. Wir meinen, dass das in Karlsruhe anders gesehen wird. Und da gehen wir jetzt hin. In Karlsruhe hat der Name Klehr schon lange keinen guten Klang
By the way: In Hamburg nehmen die Richter der Hamburger Pressekammer das Internet übrigens durch Internetausdrucke wahr, die ihnen die Anwälte unterjubeln. In Raum B 335 haben sie zwar einen Leuchtkasten, mit dem sie Bilder betrachten könnten, aber einen Rechner hat dort lediglich die Protokollführerin. Entsprechend weltfremd geraten dann manchmal die Ausführungen.
Ausgewählte Beiträge zur Hamburger Unrechtssprechung
Ein Hautarzt, dem viele Krebspatienten im Endstadium ihr Geld anvertrauen, hat es zwar zu einem beträchtlichen Vermögen gebracht, dennoch versagt ihm die Fachwelt die Anerkennung. Seit Jahrzehnten pflegt Herr Dr. Nikloaus Klehr von der Lokalzeitung bis zum Fernsehsender etliche Kritiker zu verklagen. Gerade hat es das ZDF getroffen, im Juni hat der Bayrische Rundfunk Termin in der Hamburger Pressekammer.
Vor eineinhalb Jahren verklagte Klehr einen Mandanten von mir, dem er eine Vielzahl angeblich unwahrer Äußerungen nachsagte. Doch selbst der ehrwürdige Vorsitzende Richter der Hamburger Pressekammer ließ im Termin wissen, dass diesen Äußerungen keine Unwahrheit auf die Stirn geschrieben sei. Dennoch ließ er Klehrs Anwalt wegen der für die Hamburger überraschenden Rechtsansicht einen Schriftsatz nach, den ich dort auf dem Foto abgebildet habe. Der Verfahren läuft immer noch.
Klehr hatte letztes Jahr eine einstweilige Verfügung auch gegen mich persönlich erwirkt, weil ich eine Dokumentation von WISO per Youtube eingelinkt hatte, bei der – für mich nicht erkennbar – mit versteckter Kamera der Flur einer Arztpraxis gezeigt wurde und andere Belanglosigkeiten. Weil die einstweilige Verfügung ohne schriftliche Begründung erlassen wurde und mir die Verantwortung für ZDF-Videos als aberwitzig erschien, habe ich mich gegen diese Beschneidung der Meinungsfreiheit entschieden gewehrt.
Weil dieser Fall juristisches Neuland bedeutet und für die Freiheit des Internet verheerende Folgen haben kann, habe ich aus Verantwortung den für solche Fälle wohl besten Kollegen angeheuert, nämlich den Kollegen Thomas Stadler, der die Problematik schon seit „Freedom for Links“ kennt. Der Vorsitzende Richter der Hamburger Pressekammer hat sich zum Jahreswechsel in einen Käfer verwandelt. Nicht wie bei Kafkas „Verwandlung“, vielmehr leitet nun die frühere Beisitzerin Frau Käfer die Zivilkammer 24. Vor Jahren war sie an einem Fehlurteil beteiligt, als die einem Betreiber eines Wikis dessen von fremden generierten Inhalt zurechnete, ohne dass dieser ihn kannte – eine inzwischen überwundene Hamburger Rechtsansicht.
Wie der Kollege Stadler gebloggt hat, sind wir erstinstanzlich gescheitert. Wir sind beide der Meinung, dass dieses internetfeindliche Urteil, das ab sofort von den entsprechenden Hamburger Anwälten zitiert werden wird, nicht bestehen bleiben kann. Faktisch bedeutet es nichts anderes als eine Renaissance der Haftung für Links. Was das Landgericht Hamburg da macht, lässt sich nicht mit der Rechtsprechung in Karlsruhe in Einklang bringen.
Für das Gericht übrigens irrelevant war die Tatsache, dass das Video eingebettet war, was das Gericht in der mündlichen Verhandlung klarstellte. Im Übrigen wird bei Posten von Youtube-Links auf Facebook, Twitter und bei diverser Blogsoftware der Link automatisch in eine Einbettung umgewandelt. Es kann also jeden treffen, der Youtube-Links mit jemandem teilt.
Da der Berufungssenat am Hanseatischen Oberlandesgericht, der letztes Jahr viele Buske-Urteile aufhob, nunmehr von Herrn Buske geleitet wird, kann man sich einen Reim darauf machen, wie die Berufung ausgehen wird, zumal Klehr sehr prozessfreudig ist. Das Verfahren wird daher erst am BGH enden. Die Sache kostet in dem Fall etwas über 20.000,- €. Ich werde bis Mitte kommender Woche in Ruhe die Erfolgsaussichten prüfen und mir Gedanken machen, wie dieser Prozess finanziert werden könnte. Einige Leute haben hier spontan angerufen und gesagt, dass es ihnen etwas wert sei. Alleine werde ich es nicht stemmen können.
Letzte Woche hatte ich die Ehre, Dr. Simon Singh zu treffen, der 2010 nach zwei Jahren standhaften Widerstands die Zensurattacke der britischen Chiropraktiker-Organisation in London abwehren konnte. Ohne den finanziellen und publizistischen Support durch den PEN-Club und Künstler wäre die Verteidigung nicht möglich gewesen, Singh wäre schon wegen der asymmetrischen Kriegskasse gescheitert. Über das Verfahren hatte ich mehrfach hier im Blog berichtet
Doch Singh und seine Unterstützer blieben nicht auf halben Wege stehen, sondern sensibilisierten eine breite Öffentlichkeit für das Thema und setzten schließlich eine Änderung des mittelalterlichen Gesetzes durch, welche dieser Tage auf den Weg gebracht wurde. Schade, dass wir hier keine solche Leute haben. Singhs Leidensweg habe ich heute bei TELEPOLIS kurz skizziert.
Mir liegt seit gestern ein Urteil des Landgerichts Hamburg vor, das mich doch sehr an den Fall von Dr. Wilmhurst (ebenfalls im obigen Video) erinnert, der mehrfach von esoterischen Heilern verklagt wurde. Der vorliegend erstinstanzlich siegreiche Kläger ist eine Person, die ein Vermögen mit der – nennen wir es mal – „Behandlung“ von Krebskranken im austherapierten Stadium machte und seit zwei Jahrzehnten etliche Medien verklagt, die seine Künste in Zweifel zogen. Das Problem in dem aktuellen Fall ist, dass der Beklagte dort „Markus Kompa“ heißt. Und der hat leider keine Pressure Group, die für die Meinungs- und Pressefreiheit wichtige Prozesse deckt. Streitwert: 30.000,- €.
Vor einem Jahr hat ein Mandant von mir mit dem Landgericht Hamburg ein lustiges Experiment veranstaltet: Wo kriegt man die billigste Zensurverfügung?
Weil die aktuellen Bemühungen des Gesetzgebers, den fliegenden Gerichtsstand einzuschränken, leider das Presserecht ausnehmen, hole ich das Experiment aus meinem Giftschrank. Weiter bei TELEPOLIS.
Der Stellungskrieg Schertz ./. Schälike, in dem im wesentlichen ein Berliner Promi-Anwalt durch eine Vielzahl an Verfahren gegen presserechtskritische Berichterstattung des Betreibers der Datenbank „Buskeismus.de“ vorzugehen versuchte, darf inzwischen als entschieden angesehen werden. 113 Kerben darf Rolf Schälike inzwischen in sein virtuelles Kriegsbeil schlagen.
Herr Schälike und ich hatten vor Monaten gewettet, ob es ihm gelingen würde, den geschätzten Hamburger Kollegen Dr. Sven Krüger dazu zu provozieren, der neue „Schertz“ zu werden. Der geschätzte Kollege macht sich um das Persönlichkeitsrecht von dubiosen Krebsärzten, schillernden Klinikunternehmern und ähnlichen Lichtgestalten verdient, die u.a. das Internet von unliebsamen Informationen befreien möchten – Schälike spricht von „Zensur“. Schälike vollzieht konsequent den Streisand-Effekt und konterkariert damit die Arbeit solch tüchtiger Anwälte wie Herrn Dr. Sven Krüger. Dem Kollegen scheint der Gerichtsblogger großen Kummer zu bereiten, denn Herr Dr. Krüger sah sich jüngst veranlasst, seinen Schmerz in der „Deutschen Richterzeitung“ in einem langen, langen Beitrag über Amateurgerichtsberichterstattung von der Anwaltsseele zu schreiben.
-> DRiZ, März 2012, S. 77ff.
In der Freitagssitzung der Hamburger Pressekammer, wo sich der hanseatische Anwalt und der lästige Blogger regelmäßig begegnen, lief es heute für einen bemerkenswert klagefreudigen Krüger-Mandanten, der auch gegen Schälike persönlich vorgeht, nicht sonderlich gut. Wie Schälike berichtete, verlor der Kollege Dr. Krüger offenbar nicht nur die Prozesse, sondern auch die Contenance und nannte Herrn Schälike „geisteskrank“. Auf die nächste Eskalationsstufe darf man gespannt sein.
Freitag in einer Woche wird das Landgericht Hamburg sein Urteil darüber verkünden, ob ein Blogger bei Einbettung von Youtube-Videos für jegliche dort enthaltene (angebliche) Persönlichkeitsrechtsverletzung haftet. Kläger ist der sympathische Hautarzt Herr Dr. Klehr, der viel Geld mit der Behandlung Krebskranker verdient, über deren Wirksamkeit man geteilter Auffassung sein kann. Letztes Jahr hatte ich einen kritischen Beitrag von WISO (ZDF) eingebettet, was mir die Hamburger Pressekammer einstweilen verbieten ließ. Der Vorsitzende Richter Herr Buske, der schon ein oder zweimal durch seine wunderlichen Ansichten aufgefallen ist, vertritt offenbar die Meinung, ein Blogger müsse für ihm nicht erkennbare (angebliche) Persönlichkeitsrechtsverletzungen einer professionell recherchierten Reportage handeln. Gegen das ZDF hatte die Pressekammer eine einstweilige Verfügung erlassen, wobei es sich wohl wieder um einen dieser Fälle handelt, die nur an einem einzigen Gericht im Universum Aussicht auf Erfolg haben: am Landgericht Hamburg. Dort ist man allen Ernstes der Auffassung, der Empfangstresen im Flur einer Arztpraxis sei ein grundsätzlich ein für verdeckte Filmaufnahmen verbotener Ort usw., obwohl die Aufnahmen belanglos und nur illustrierend waren.
Weil mir zum Fall die professionelle Distanz fehlt, habe ich mit der Wahrnehmung meiner Interessen einen Kollegen beauftragt, und zwar in Sachen Linkhaftung den wohl besten, den man kriegen kann. Und so musste sich der Kollege Thomas Stadler von Freising aus auf den Weg zum von Klehr (ebenfalls von Bayern aus) angeflogenen Gerichtsstand nach Hamburg machen, wo über einen nicht ganz unwichtigen Aspekt der Freiheit im Internet gerungen wurde. Die Vorsitzende Richterin bezeichnete mich als „intellektuellen Verbreiter“. Sehen wir das mal als ein Kompliment … ;)
Heute nun weist der Kollege Thomas Stadler auf eine – allerdings urheberrechtliche – Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln in Sachen Framing hin, die darauf abstellt, ob ein Dritter einen Fremdinhalt als solchen identifizieren kann. Dies wäre bei einem Youtibe-Video selbstredend der Fall.
Der Nichtraucher-Aktivist Sebastian Frankenberger, der den Bayern das Rauchen schwer macht, geht juristisch gegen den konservativen ZDF-Journalisten Wolfgang Herles vor, der ihn einen „wildgewordenen Jungfaschisten nannte. Rankenberger hatte Herles einen offenen Brief geschrieben. Herles hat in einem Brief an Frankenberger offenbar nachgelegt.
Frankenberger selbst ist Theologe, ehemaliges CSU-Mitglied und Bundesvorsitzender der bayrischen ÖDP. Er hält außerdem den Weltrekord im 44 Stunden Dauerdebattieren. Eine möglicherweise erforderliche mündliche Verhandlung könnte also anstrengend werden. Ich würde mich freuen, wenn das Landgericht Hamburg mit dem Fall befasst würde … ;)
Bereits mehrfach hatte ich auf den Rechtsstreit um die NDR-Doku „Die Akte Gysi“ über einen DDR-Rechtsanwalt hingewiesen, dem der Spagat zwischen Interessen seiner Mandanten und denen seines Staates gewisse Herausforderungen bereitet. Obwohl der Beitrag im Hinblick auf den bekanntermaßen prozessfreudigen Herrn Gysi sehr anspruchsvoll geprüft und im Vorfeld auch angegangen wurde, zog Gysi wieder vor den Kadi. Und der steht für Querulanten nun einmal in Hamburg.
Die Pressekammer möchte dem NDR Äußerungen von Gysi-Gegnern zurechnen, die interviewed werden. Angesichts vielfacher Indizien werde der Eindruck einer Stasi-Kooperation erweckt. Diese jedoch könne der NDR nicht beweisen. Der NDR hätte Gysi mit seinen konkreten Vorwürfen vorher konfrontieren müssen usw. Allerdings hatte sich Gysi Interviewanfragen abgelehnt.
Das kleine Problem dabei ist, dass man nach der Logik der Hamburger Landrichter den Verdacht, Gysi habe für die Stasi gearbeitet, vielleicht gerade noch erwähnen darf, aber wenn man recherchiert, wird man dafür bestraft.
Im Endeffekt bestimmen nach Hamburger Sicht die Betroffenen, ob und wie über sie gedacht werden darf. Bei aller Liebe für legitime Persönlichkeitsrechte, aber mit Pressefreiheit hat das nichts mehr zu tun. Ein Politiker muss sich seiner Vergangenheit und den von ihm selbst nicht unwesentlich verschuldeten Eindrücken stellen.
Übrigens ist auch die Berichterstattung über solche Verfahren riskant. Hatte ich letztes Jahr noch Youtube-Mitschnitte von „Der Akte Gysi“ verlinkt, werde ich das erst einmal lassen. Denn das Landgericht Hamburg hat mir das in einem anderen Fall einstweilen verboten und scheint, das ernst zu meinen. Dazu demnächst mehr.
Bild: Lurusa Gross: Hamburger Pressekammer 2008, rechts im Bild die heutige Vorsitzende Frau Käfer
Heute war Münster überdurchschnittlich in der Pressekammer vertreten. Es begann damit, dass die Herzspezialistin Sabine Däbritz den „Westfälischen Nachrichten“ etliches an Berichterstattung untersagen lassen wollte. Am besten mal Frau Däbritz googeln …
Die Westfälischen Nachrichten hatten neben ihrem Anwalt in Hamburg sogar ihren Chefredakteur persönlich und den Justiziar aufgeboten. Dort machten das Trio die Erfahrung, die ich 2006 dort hinter mich brachte. Die Anforderungen, die man in Hamburg an Berichterstattung aufstellt, haben mit dem journalistischen Alltag und der Verwirklichung der Pressefreiheit wenig bis gar nichts zu tun. So durfte die Zeitung Vorwürfe der Staatsanwaltschaft deshalb nicht mehr bringen, weil man nicht zuvor Frau Däbritz angehört hätte. Der Witz an der Geschichte ist, dass man das mehrfach versucht hatte, die gute Frau jedoch hatte wissen lassen, dass sie nicht mit der Presse rede. Nach den hanseatischen Vorstellungen muss jedoch ein Journalist vor praktisch jeder Behauptung erneut einen Korb abholen und dies auch belegen können. Die Äußerung der Staatsanwaltschaft unter dem Gesichtspunkt des Behördenprivilegs kann man auch vergessen. Der WN-Chefredakteuer kommentierte, dass Wulff wohl noch im Amt wäre, wenn das gelten würde. Wenn er wüsste, was in B 335 jede Woche abgeht …
Fast die gleiche Nummer ereignete sich bei einer weiteren Verhandlung heute bei einem anderen medizinischen Fall. Da hatte eine Ärztin unter Berufung auf ihre Schweigepflicht eine Auskunft abgelehnt, die nun einmal von der Anamnese bis zur Bahre gilt. Nichts, da, sie hätte stets gefragt werden sollen. In dem Prozess wurde absurde Wortklauberei betrieben und unter anderem darüber gestritten, ob man eine bis auf einen unwesentlichen Stoffrest bekleidete Frau als „nackt“ bezeichnen dürfe. Der Beklagten-Anwalt bezog sich auf den jüngsten Münster-Tatort, wo die an der Aaa gefundene Frauenleiche ebenfalls als „nackt“ bezeichnet wurde, obwohl die Kamera ein Höschen einfing. (Der Kollege hat aber genau geguckt …)
Den hanseatischsten Angriff auf die Pressefreiheit jedoch haben wir den Schlagerfuzzis zu verdanken. Ein Herr Karl Moik hatte sich im ZDF über ein bekanntes Ehepaar aus dem Stadl-Millieu wohl dahingehend geäußert, er meine, die inzwischen anscheinend beendete Ehe sei eine Inszenierung des Managements oder so gewesen. Etliche Medien hatten Herrn Moik zitiert. Die Ehepartner verstanden sich aber wohl immerhin noch so gut, dass sie jeweils die gleiche Kanzlei beauftragten. Nach Meinung der Hamburger Pressekammer hätte Moik nicht ohne weitere Recherche zitiert werden dürfen. Ergo: Die Presse darf künftig keine fremden Meinungsäußerungen oder Verdächtigungen wiederholen, ohne eigene Recherchen anzustellen. (An dieser Stelle distanziere ich mich von Karl Moik und insbesondere von seiner Musik.)
Damit sind wir wieder ziemlich genau beim vom BGH in der Luft zerissenen Markwort-Urteil, das mich zu diesem „Interview“ mit dem vormaligen Häuptling der Hamburger Pressekammer inspiriert hatte. Dessen Nachfolgerin, Frau Käfer, macht genau da weiter. 2008 hatte ich Frau Käfer als damalige Beisitzerin in der ZK 24 erlebt, wie die Kammer meinem Mandanten die Haftung für ein Wiki aufs Auge drückte. Irgendein Unbekannter hatte dem Mandanten nachts etwas in sein Wiki geschissen, das er ab Kenntnisnahme sofort gelöscht hatte. Obwohl es bereits damals allgemeine Meinung war, dass Betreiber für fremde Äußerungen in Foren, Blogs oder Wikis nur ab Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis haften und dies sogar die Vorinstanz so entschieden hatte, hat die Kammer tatsächlich eine wirre Haftung konstruiert, die nach heutiger Rechtsprechung allerdings ohne jede Grundlage ist. Zu dem, was mir die Pressekammer letzte Woche angetan hat, ein andermal.
Nachdem gerade gestern nebenan am Hanseatischen OLG das Schandurteil gegen RapidShare verkündet wurde, das im Widerspruch zur Sicht des OLG Düsseldorf steht, hat es diese Woche mal wirklich wieder in sich gehabt. Diese unfassbare Seuche namens „fliegender Gerichtsstand“ muss abgeschafft werden. Es reicht jetzt.
PS: Meinen für Samstag geplanten Vortrag zum „Hanseatischen Persönlichkeitsrecht“ beim IT-LawCamp in Frankfurt muss ich leider absagen. In Münster findet kommendes Wochenende der Aufstellungsparteitag der Piraten NRW statt, dessen Vorbereitung im Moment dringender ist. Vielleicht mache ich den Vortrag, den ich letzte Jahr auch schon gehalten hatte, ja mal als Podcast und lasse es anonym verbreiten …
Dr. Nikolaus Klehr pflegt nicht nur seine Kritiker zu verklagen, er wird auch ganz gerne einmal selbst verklagt – oder gar angeklagt. Derzeit krebst er am Salzburger Landesgericht rum, wo man ihm den Prozess macht und gewisse Dinge klehren möchte. Doch in Österreich erklehrt der Mann gar erstaunliches:
Seine Methode zur Krebsbekämpfung sei eben nicht Schulmedizin, sondern „alternativ“.
liest man bei Chiemgau-Online. Das ist hochspannend, denn Dr. Klehr ließ in Hamburg ausrichten, er sei in der Fachwelt anerkannt, womit doch wohl nicht die esoterische gemeint war, oder?
Es gebe eben nicht immer für alles wissenschaftliche Beweise, meinte der Angeklagte. Er habe auch viele Erfolgsfälle vorzuweisen. Die werde er präsentieren, er sei jedenfalls kein Betrüger.
Ja, wie denn nun? Hatte der verehrte Kollege Dr. Krüger für Herrn Dr. Klehr denn nicht vorgetragen, die Methode sei „hochwirksam“?
Auch lastet der Staatsanwalt dem „Krebsarzt“ an, er habe die Patienten mangelhaft „über die nicht wissenschaftlich belegte Wirksamkeit“ seiner Behandlungsmethode aufgeklärt.
Es fehlt eigentlich nur noch, dass Herr Dr. Klehr auf Esowatch verweist, wo ja jedermann Kritik an der Klehrschen Methode nachlesen könne …
Bevor die ZK 24 durchdreht, distanziere ich mich mal von Chiemgau-Online, dem Salzburger Staatsanwalt und Dr. Klehr – man weiß ja nie …