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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


30. Oktober 2020

Creative Commons-Foto-Abmahner Ralf Roletschek, vertreten durch den Österreicher Rechtsanwalt Magister Kurt Kulac (HGU-Rechtsanwälte) kann nur 0,- € Lizenzschaden verlangen (Torpedo-Klage am Amtsgericht Koblenz).

Das wohl dreisteste Abmahngespann im Bereich Creative Commons-Abzocke bilden derzeit der Wikipedia-Fotograf Herr Ralf Roletschek und sein Anwalt, der langjährige Österreicher Wikimedia-Vorsitzende Herr Magister Kurt Kulac. Deutsche Fotonutzer erhalten wirre Abmahnungen nach vorgeblich verletztem Österreicher Recht wegen unterlassener Namensangabe. Für die fehlerhafte Nutzung fordern Roletschek/Kulac ein Honorar, obwohl die Bilder unter einer kostenlosen Lizenz stehen, also kein wirtschaftlicher Schaden plausibel ist.

Herr Kulac hatte sich einen fragwürdigen Namen mit entsprechenden Abmahnungen gemacht, in denen er für diverse Mandanten vorgab, es sei Österreicher Recht verletzt worden. Dabei fühlte er sich an das deutsche Gesetz, mit dem Missbrauch im Abmahnunwesen eingedämmt werden sollte, nicht gebunden. In den meisten hier bekannten Fällen waren die Abmahner, deren Anschriften Kulac grundsätzlich verschweigt, stets Deutsche, so dass gar kein Bezug zu Österreich vorlag.

Das Ganze grenzte an einen Nigerian Scam, zumal wir in einem Fall nachweisen können, dass sich Herr Magister Kulac eine Art Kaperbrief ausstellen ließ und auf eigene Rechnung abmahnte. Nach deutschem Recht wäre dies standeswidrig und vielleicht sogar auch strafrechtlich relevant, denn wenn Honoraransprüche eingeklagt werden, obwohl in Wirklicheit keine Honorare berechnet werden sollten, ist das mindestens anrüchig.

Herr Roletschek allerdings ist tatsächlich wohl in Wien ansässig. Dies ermöglichte es, weitere Rechtsunsicherheit zu produzieren. Durch den grenzüberschreitenden Sachverhalt sind Roletschek und Kulac in der Lage, in Österreich zu klagen, wo ein gänzlich anderes Prozessrecht praktiziert wird. Insbesondere bei geringen Streitwerten werden Rechtstreite durch hohe Prozesskosten schnell unwirtschaftlich, so dass sich die Parteien leicht zu Vergleichen drängen lassen.

Doch Klagen in Österreich lassen sich in Abmahn-Fällen durch eine Torpedo-Klage in Deutschland vermeiden. Wenn der Abgemahnte nämlich zuerst in Deutschland eine sogenannte negative Feststellungsklage erhebt, wird hierdurch der Gerichtsort gebunden, sodass eine künftige Klage des Abmahners in dieser Sache in Österreich dann automatisch unzulässig würde. Die deutschen Gericht müssen dann auch ggf. Österreicher Recht anwenden, was man nach deutschem Prozessrecht aber sehr viel kostengünstiger bekommt. Das Manöver ist also in jeder Hinsicht elegant.

Auch am Amtsgericht Koblenz kaufte man Roletschek die Behauptung, er sei ein professioneller Fotograf, dem durch fehlerhafte Nutzung der sonst kostenlosen Lichtbilder finanzieller Schaden entstehe, nicht ab. Die Beweisangebote für eine vorgebliche Berufstätigkeit als Fotograf waren unfreiwillig komisch. Daher gab es mal wieder nur 0,- €. Die Frage, wer für eine derart miserabele Leistung überhaupt Geld bezahlen würde, stellte sich daher gar nicht erst.

Amtsgericht Koblenz, Urteil vom 29.10.2020 – 152 C 2020/19 (nicht rechtskräftig)

12. Oktober 2020

Amtsgericht Hamburg: Foto-Abmahnung des Creative Commons-Lizenzforderers Christoph Scholz, vertreten durch Rechtsanwalt Lutz Schroeder, ist unwirksam

Unter den Lizenzforderern für kostenlose Creative Commons-Lizenzen, bei denen die Namensnennung nicht geleistet wurde, hebt sich der vorgeblich professionelle Fotograf Christoph Scholz in zweifelhafter Weise von seinen Kollegen Verch, Vorderstraße und Wolf ab: Während diese Herren ihre Forderungsschreiben normalerweise selber verschicken, lässt Herr Christoph Scholz seine Forderungen immer sofort per Anwalt versenden – meistens durch Rechtsanwalt Lutz Schroeder aus Kiel, manchmal auch durch Rechtsanwalt Dr. Matthias Schaefer aus München. Für die anwaltlichen Abmahnungen entstehen zusätzlich Anwaltskosten, für die er Aufwandsentschädigung verlangt.

In den stets gleichlautenden Abmahnungen des Kollegen Herrn Schroeder fordert das Gespann unter Berufung auf uralte Urteile Zahlung angeblichen Lizenzschadens (vorliegend 775,- €). Dabei beruft er sich auf die für professionelle Fotografen erstellte (und umstrittene) MFM-Tabelle. Außerdem sollen die Abgemahnten die angeblichen Anwaltskosten (vorliegend 413,64 €) tragen. Ich habe knapp 20 negative Feststellungsklagen erhoben, die inzwischen Früchte tragen.

Scholz hat definitiv keinen Anspruch auf Ersatz von Lizenzschäden, denn er vermochte das Gericht nicht davon zu überzeugen, dass er mit Fotografien jemals Geld verdient hätte. Dies wäre bei Werken, die bei korrekter Angabe von Namen usw. ohnehin kostenlos genutzt werden dürfen, auch eher theoretisch vorstellbar. Dann aber kann ihm kein Gewinn entgangen sein, zumal Das Gericht diskutierte im Urteil sogar, ob es sich um eine „Abmahnfalle“ handele.

In einem früheren Urteil hatte das Amtsgericht Hamburg die Abmahnkosten noch für berechtigt erachtet (allerdings in weitaus geringerer Höhe). Es dürfte jedoch insoweit ebenfalls an einem ersatzfähigen Schaden fehlen, denn Scholz vermochte nicht zu belegen, dass er seinen Anwälten jemals etwas bezahlen musste. Vorliegend allerdings war die Abmahnung schon deshalb unwirksam, weil der Anwalt die Rechtsverletzung nicht im Sinne von § 97a Abs. 2 UrhG genau genug bezeichnet hatte. So war in allen Abmahnungen stets von „Fotografie“ zu lesen, tatsächlich aber handelte es sich im vorliegenden Fall um eine Computer-Animation, für die nun einmal andere Regeln gelten als für Lichtbilder. Dies trifft auf den Großteil seiner abgemahnten Werke zu, Herr Scholz ist nämlich ein (durchaus begabter) CGI-Designer.

Weil die Abmahnung unwirksam war, wurde Herr Scholz auch dazu verurteilt, die Aufwendungen für das Abwehrschreiben nach § 97a Abs. 4 UrhG zu zahlen, vorliegend 413,64 €. Dazu kommen dann noch die Prozesskosten von rund 800,- €.

Amtsgericht Hamburg, Urteil vom 06.10.20 – 18b C 500/19 (nicht rechtskräftig).

Demnächst wird Herr Scholz mit weiteren Urteilen konfrontiert werden. U.a. hatte er von einer abgemahnten Mandantin nicht nur Lizenzschaden und Abmahnkosten kassiert, sondern auch eine Vertragsstrafe iHv 2.500,- €, weil sie nach Entfernen des Bildes von der Website übesehen hatte, auch die Bilddatei auf dem Server zu löschen. Das Geld verlangen wir nun zurück.

25. September 2020

Rezension zu Paschke/Berlit/Meyer/Kröner: Hamburger Kommentar für das gesamte Medienrecht, 4. Auflage 2020

Mitte September erschien die 4. Auflage des „Hamburger Kommentars“ für das „gesamte Medienrecht“. Redaktionsschluss für die berücksichtigte Rechtsprechung war November 2019. Das Werk hat also eine Latenz von gut einem Jahr.

Der „Hamburger Kommentar“ spielt in der Praxis keine nennenswerte Rolle, und im Urheberrecht wird das auch so bleiben. Denn dem Urheberrecht widmen die Hanseaten gerade einmal 57 (in Worten: siebenundfünzig) Seiten (zum Vergleich: Schricker/Loewenheim (2020) kommt auf 3.343 Seiten). Beim praxisreleveanten Abmahnparagraph 97a UrhG paraphrasieren die Hamburger gerade einmal den Gesetzestext. Die Fußnoten verweisen zur Hälfte auf Kommentare der Mitbewerber. Pro-Tipp: Lieber gleich einen richtigen UrhG-Kommentar kaufen!

Deutlich brauchbarer liefern die Hanseaten bei der anderen praxisrelevanten Materie des Medienrechts ab, nämlich beim Persönlichkeitsrecht. Mich hat das Buch vor allem deshalb interssiert, weil dort ein OLG-Richter des Hamburger Pressesenats ein Kapitel beisteuerte. Doch exklusive Hamburger Betriebsgeheimnisse erfährt man leider doch nicht; wenn es schon ein Buch von einem Hamburger Presserichter sein muss, würde ich „Praxis des Presserechts“ von Korte (2. Aufl. 2019, 59,- €) definitiv vorziehen.

Beim Lektorat der Neuauflage waren die Hamburger wohl etwas lieblos. So berichtet ein Autor, dass der BGH bei unwahren Äußerungen in Interviews „bislang“ von einer Haftung des Verlags ausgegangen sei und dies nun anders sehe – und verweist auf das bekannte BGH-Urteil von 2009. Hier haben wir also einen Fachkommentar mit einer Latenz von über einem Jahrzehnt …

Für 198,- € wird man eigentlich überall woanders besser bedient. Neben Wenzel, Soehring/Hoehne und Korte nunmehr auch zu empfehlen:

Götting/Schertz/Seitz: Handbuch Persönlichkeitsrecht, 2. Auflage 2019

Während die Erstauflage von 2008 wohl eher akademisch geraten war, wird die Neuauflage dem Titel „Handbuch“ nunmehr gerecht und bietet auch für Praktiker einen handfesten Nutzen. Für 189,- € bekommt man hier 1.468 Seiten zum Thema, während dem Medienzivilrecht (Persönlichkeitsrecht) im Hamburger Kommentar nur 183 gewidmet werden.

Fazit: Das Hamburger Konzept, das gesamte Medienrecht mit etlichen Randgebieten in einem Buch unterzubringen, scheitert am unsinnigen Selbstanspruch. Ein Gemischtwarenladen auf dünnem Telefonbuchpapier, der an der Oberfläche bleibt, bietet dem Praktiker keinen Mehrwert.

21. September 2020

Amtsgericht Würzburg: Creative Commons-Abzocker Thomas Wolf – Photomedia handelt sittenwidrig

Thomas Wolf, www.foto-tw.de, Cityscape Berlin, CC BY-SA 3.0

Erneut hat das Amtsgericht Würzburg einem Bildnutzer Aufwendungsersatz für vorgerichtliche anwaltliche Kosten zugesprochen, die ihm zur Abwehr einer unberechtigten Forderung für Lizenzschadensersatz wegen fehlerhafter Nutzung aufgenötigt wurden.

Der Wikipedia-Fotograf Tomas Wolf – Photomedia – ist seit Jahren für seine forschen Forderungsschreiben bekannt, wenn jemand seine Bilder verwendet, obwohl Herr Wolf sie unter Creative Commons-Lizenzen der Allgemeinheit kostenlos zur Verfügung gestellt hat. Wolf behauptet stets, Verstöße gegen die Pflicht zur Nennung seiner Urheberschaft würden ihn zu hohen Schadensersatzforderungen berechtigen.

In Wirklichkeit hat er aber gar keinen wirtschaftlichen Schaden, denn anders, als er sich im Netz gibt, ist er nun einmal kein professioneller Fotograf. (Welcher professionelle Fotograf würde wohl seine Werke zur kommerziellen Nutzung unter einer kostenfreien Lizenz freigeben …?) Da er den Nachweis schuldig blieb, mit diesen Aufnahmen im regulären Geschäft entsprechend zu verdienen, sehen Gerichte seine Ansprüche meist bei „0,- €“, manche billigen ihm maximal 100,- € zu. Trotzdem macht Herr Wolf mit seinen unberechtigten Forderungen heiter weiter.

Wer Herrn Wolfs (jedenfalls überwiegend) unberechtigte Forderungsschreiben erhält, sollte jedoch nicht untätig bleiben. Denn Wolf kann jederzeit auch seinen Unterlassungsanspruch geltend machen, und zwar durch einen Anwalt, was ersatzfähige Kosten iHv 557,03 € auslöst, oder gar Prozesskosten. Um Herrn Wolf zuvorzukommen, gebe ich in meinen Abwehrschreiben regelmäßig unaufgefordert eine Unterlassungsverpflichtungserklärung ab. Die professionelle Anspruchsabwehr ist jedoch nicht kostenlos.

Normalerweise muss man die Kosten für die Beauftragung des eigenen Rechtsanwalts zur vorgerichtlichen Abwehr solcher Forderungen selbst tragen. Eine Ausnahme besteht bei urheberrechtlichen Abmahnungen, wenn solche unwirksam oder erkennbar unberechtigt sind, § 97a Abs. 4 UrhG. Allerdings sind die Forderungsschreiben von Herrn Wolf juristisch gesehen keine Abmahnungen, weil er (zunächst) keine Unterlassung fordert.

Ersatz für Anwaltskosten kann allerdings nach § 826 BGB dann gefordert werden, wenn eine sogenannte „vorsätzlich sittenwidrige Schädigung“ vorliegt. Am Amtsgericht Würzburg, in dessen Bezirk Herr Wolf seinen Geschäftssitz hat, sieht man dessen Lizenzschaden für die Nutzung des hier abgebildeten Lichtbilds wieder bei 0,- €. Und man findet, dass Herr Wolf nach einer Serie an Urteilen gegen ihn sich nicht einfach naiv stellen konnte, sondern wissen musste, dass seine Forderung unberechtigt war. Da er unbeirrt weitermacht, bewertet dies das Amtsgericht als eben solches vorsätzlich sittenwidriges Handeln und spricht daher dem Nutzer Aufwendungsersatz zu, bemessen auf den Gegenstandswert der abgewerten Lizenzforderung. In unserem Fall waren es 124,- € – zu denen dann knapp 1.000,- € Prozesskosten dazukommen, die Herr Wolf nun tragen muss.

Für den Kostenanspruch unschädlich ist insoweit, wenn gleichzeitig auch eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben wird, da dies nun einmal jeder sorgfältige Anwalt zur Vermeidung künftiger Rechtsstreite empfehlen und tun muss.

Warum man bei Wikimedia Herrn Wolfs Bilder, mit denen er an die Tausend Leute abgezockt hat, seine Urheberrechtsfallen weiter dort verbreiten lässt und ihm sogar den Werbelink auf seine eigene Homepage gestattet, weiß ich auch nicht. Vielleicht hat es damit zu tun, dass eine Menge Leute bei Wikimedia/Wikipedia unseriöse Geschäftsmodelle wie bezahlte PR usw. verfolgen und eine Krähe der anderen nun einmal kein Auge aushackt.

Amtsgericht Würzburg, Urteil vom 23.07.2020 – 34 C 2436/19.

25. Juni 2020

Zulässiges Ausmaß eines urheberrechtlichen Zitats eines YouTube-Films

Wer sich mit urheberrechtlich geschützten Werken anderer auseinandersetzt, ist berechtigt, diese im Rahmen seiner Kritik wiederzugeben, sogenanntes urheberrechtliches Zitat. Die entsprechende Vorschrift § 51 Urheberrechtsgesetz lässt allerdings offen, in welchem Ausmaß dies zulässig ist. Auch die juristische Fachliteratur ist unergiebig, da es in diesem Bereich nur sehr wenig Urteile gibt. Sicher ist nur, dass ein Zitat kein Selbstzweck sein darf und der Zitierende sich auch tatsächlich mit dem angeführten Werk inhaltlich auseinandersetzen muss. Eine witzige Anmoderation wäre nicht ausreichend, ebenso wenig ist es erlaubt, fremdes Material nur zur Illustration zu nutzen.

Ein junger Influencer machte vorliegend urheberrechtliche Unterlassungsansprüche geltend, sein Anwalt beschwerte sich über einen angeblichen Zitierexzess, der nicht mehr vom Zitatrecht gedeckt sei. Vor allem störte er sich an Länge der wiedergebebenen Videos, die seiner Meinung nach nicht mehr vom Zitatzweck gedeckt sei.

Im Genre der YouTube-Videos muss meines Erachtens ein großzügiger Maßstab angewandt werden, weil es weder für die Erstmitteilung noch für das Zitat die für konventionelle Medien üblichen Zeitbeschränkungen gibt. Hierfür spricht auch das Bestreben, die Originaläußerung so authentisch wie möglich wiederzugeben.

Das sah das Landgericht Köln auch so und wies darauf hin, dass die geistige Auseinandersetzung sich nicht unmittelbar an einen Gedankengang anschließen müsse. Auch die Nutzung von fremdem Bildmaterial als Hintergrundbild sah das Landgericht Köln als gerechtfertigt an, wenn es insgesamt um eine Auseinandersetzung mit dem fremden Werk geht.

Vorliegend war neben dem angeblichen Zitatexzess noch gerügt worden, dass der Mandant formale Voraussetzungen wie die präzisen Angaben zur Urherberschaft nach § 63 Urheberrechtsgesetz nicht in vollem Ausmaß erfüllt hatte. Da der Querulant nicht zuvor abgemahnt hatte, haben wir diesbezüglich sofortiges Anerkenntnis erklärt, mit der Folge, dass er die gesamten Kosten tragen muss.

Landgericht Köln, Beschluss vom 15.05.2020 – 14 O 144/20 (nicht bestandskräftig).

22. Juni 2020

Die Creative Commons-Abmahnung der Katharina Surhoff, durchgeführt von Herrn Magister Kurt Kulac aus Österreich

Rohdiamant. Naturmuseum Senckenberg, Frankfurt am Main. Katharina Surhoff (K. Surhoff), Lizenzen: GNU-Lizenz für freie Dokumentation, Version 1.2; Creative Commons „Namensnennung-keine kommerzielle Nutzung-keine Bearbeitung 3.0 US“; Lizenz „Freie Kunst“

Eine Person mit dem angeblichen Namen Katharina Surhoff stellte ihren Rohdiamanten unter gleich drei Lizenzen, verwirrend genug. Wer nicht versteht, welche Angaben von ihm verlangt werden, bekommt Post von Herrn Magister Kurt Kulac aus Österreich. Der weiß es zwar auch nicht, will aber Geld für seine Abmahnung, und zwar nach ominösem Österreicher Urheberrecht.

Das ist deshalb lustig, weil weder die Abmahnerin noch mein Mandant noch der Fall einen Bezug zu Österreich aufweisen. Offenbar versuchte man, deutsches Urheberrecht über den Umweg Österreich zu umgehen und Nutzer zu verwirren.

Dass Frau Surhoff in Deutschland wohnt, konnte man allerdings nicht so ohne weiteres erkennen, denn Herr Kulac verriet nicht die Anschrift seiner Auftraggeberin. Die residiert übrigens nach wie vor konspirativ und nimmt es mit ihren Vornamen nicht so genau. Mit ein paar Kunstgriffen kriegten wir die Klage in Frankfurt anhängig. Das Amtsgericht Frankfurt am Main ließ sich nicht einseifen und wandte natürlich deutsches Recht an.

Wie alle mir von Magister Kulac bekannten Abmahnungen verstieß auch diese gegen § 97a UrhG, mit der Folge, dass die unprofessionelle Abmahnerin die Anwaltskosten des Abgemahnten ersetzen muss. Und natürlich gibt es für ein Lichtbild, das unter einer kostenlosen Lizenz steht, auch keinen Lizenzschadensersatz, jedenfalls dann nicht, wenn die Fotografin keinen Umsatzausfall darlegen kann. In CC-Fällen ist dies wohl noch keinem gelungen.

Magister Kurt Kulac ist hier im Blog ein alter Bekannter. Bei Kulac-Abmahnungen ist es immer ratsam, sofort eine negative Feststellungsklage in Deutschland zu erheben, da andernfalls eine Klage in Österreich droht, und die ist prozessrechtlich äußerst nachteilig. Ist man Herrn Kulac zuvorgekommen, ist Deutschland als Gerichtsort gesetzt (Torpedoklage). Die waren bislang immer erfolgreich, so auch hier (nicht rechtskräftig).

Peinlicherweise ist der verehrte Herr Magister Kurt Kulac langjähriger Obmann von Wikimedia Österreich, hat also einen gewissen Interessenkonflikt. In einem Fall kann ich nachweisen, dass er sich von einem deutschen Fotografen eine Art Kaperbrief ausstellen ließ und auf eigene Rechnung abmahnt. In Wikipedia-Artikel wird permanent gegen die CC-Lizenz verstoßen, weil man dirt die Urheber und Lizenzen nicht benennt. Dritte, die das gleiche tun, bittet man dreist zur Kasse. Das Kammergericht sprach von einer „Urheberrechtsfalle“.

16. Juni 2020

Die Creative Commons-Abmahnungen des Marco Verch – heute: Keine Abzocke in der Schweiz

Seit Jahren flutet ein gewisser Marco Verch das Internet mit gefälligen Fotos, die zur Illustrierung von Beiträgen einladen, schon weil sie unter einer kostenlosen Creative Commons-Lizenz stehen. Doch macht man bei der komplizierten Benennung des (angeblichen) Urhebers Fehler, bittet Herr Verch zur Kasse und schickt seinen Anwalt.

Für Mandanten in Deutschland habe ich im Wege negativer Feststellungsklagen diverse Urteile erstritten, denen zufolge Verch – je nach zuständigem Gericht – an „Schadensersatz“ maximal 100,- €, eher aber 0,- € verlangen darf. Letzteres ist die klare Tendenz.

Verch kann es aber nicht lassen und versendet seine Rechnungen munter weiter, das sogar weltweit. In der Schweiz jedoch erteilte man ihm jüngst aug ganzer Linie eine Abfuhr. In vorbildlicher Anwendung deutschen Rechts erklärte ihm das Handelsgericht Zürich, dass er weder Anspruch auf Lizenzkosten noch auf Aufwendungsersatz für seinen Anwalt hatte.

Über den Fall sowie über „teutonische Gebührenschinderei“ berichtet mein Schweizer Kollege Martin Steiger.

Auf das Geschäfsmodell des Herrn Marco Verch werden wir hier im Blog demnächst noch zurückkommen …

9. Juni 2020

BöckIn zur GärtnerIn gemacht – Anna Gallina wird Justizsenatorin

Diesen Mittwoch wird in Hamburg die grüne Landesvorsitzende Anna Gallina als neue Justizsenatorin vereidigt. Die 36jähre Nichtjuristin wird dann als Leiterin der Justizbehörde Hamburg die Gerichte, die Staatsanwaltschaft und den Strafvollzug unter sich haben – sowie die Behörden für Datenschutz und Korruptionsbekämpfung.

Die fachfremde Berufspolitikerin führt dann die Aufsicht über Tausende Juristen, die eine anspruchsvolle Ausbildung mit zwei Staatsexamina insbesondere in methodischer Hinsicht absolviert haben. Juristen lernen das qualifizierte Bemühen um Objektivität durch Techniken wie Unschuldsvermutung, Anhören beider Seiten, Beweislehre und professionellen Umgang mit Interessenkonflikten (z.B. Befangenheit). Ob ausgerechnet Frau Gallina zu derartigem in der Lage wäre, erscheint anhand der nachfolgenden Arbeitsproben zweifelhaft.

In der oben verlinkten Rede sprach sich die Politikerin außerdem gegen Hass im Netz, Hetze gegen Andersdenkende und Rassismus aus. Damit könnte sie bei ihrem eigenen Umfeld anfangen.

Der Reihe nach:

Im Januar 2019 hatte Frau Gallinas damaliger Lebensgefährte Herr Dr. Michael Osterburg beim Aufstellungsparteitag für den Hamburger Bezirk Mitte überraschend schwach abgeschnitten. (Das Verfehlen seines innerparteilichen Wahlziels beendete offenbar andere Verfehlungen, denn gegen den vormaligen Fraktionsgeschäftsführer Herrn Osterburg ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Untreue. Im Skat liegen 67.000,- €.)

Für seine Wahlniederlage machte Herr Osterburg neueingetretene Grüne verantwortlich. Das Hamburger Abendblatt schrieb:

Mobilmachung gegen Osterburg?

Dabei dürfte Osterburg auf parteiinterne Querelen anspielen. So scheiterte der Grüne im Wahlkreis Hamm in der vergangenen Woche bei der Kandidatur um Platz 2 für die Wahlen zur Bezirksversammlung mit 17:8 Stimmen. Dem Vernehmen nach soll es zahlreiche Neueintritte bei den Grünen in Mitte gegeben haben. Das hatten offensichtlich „Parteifreunde“ organisiert, die wenig Sympathie für Osterburg hegen.

Von diesen Neumitgliedern hatten viele einen Migrationshintergrund. Einen von ihnen hatte Osterburg sogar „befragt“, warum er „abgewählt“ woden sei, schrieb Die WELT.

Für die Dauer des Wahlkampfs waren diese Kandidaten den Grünen gut genug für das Werben um das Vertrauen von türkisch- und afghanischstämmigen Wählern – in Hamburg ein beträchtliches Potential. Doch nach der Wahl wurden sie von UnbekanntIn abserviert.

Inquisition

Ein/e UnbekanntIn schwärzte zwei Wahlkämpfer gegenüber den Hamburger Grünen mit haltlosen Gerüchten und konstruierten Vorwürfen an, um sie als vermeintliche Islamisten erscheinen zu lassen.

Einem Bezirksvertreter mit türkischen Wurzeln wurden islamistische Äußerungen in den Mund gelegt, obwohl er sogar deren Gegenteil gesagt hatte, und man warf ihm die Mitgliedschaft in einer (harmlosen) islamischen Studentenvereinigung vor – was bei einem Islamwissenschaftler allerdings nichts Ungewöhnliches ist. Einem Bezirksvertreter mit afghanischen Wurzeln warf man vor, dass dieser vor Jahren auf Facebook dreimal Spenden iHv 15,- € an eine islamische Hilfsorganisation kommuniziert hatte. Ihm war damals unbekannt, dass westliche Geheimdienste dieser die Unterstützung von Islamisten nachsagten (ohne eine solche jemals zu beweisen).

Die Parteispitze zitierte autoritär die beiden Grünen per unverschlüsselter (!) E-Mail wegen dieser nicht einmal halbgaren Vorwürfe binnen 10 Stunden (!) zum persönlichen Rapport (!). Der eine befand sich jedoch bei einer Beerdigung in der Türkei, wo man für islamkritische E-Mails ins Gefängnis kommen kann. Der andere bat vergeblich um zwei Stunden Aufschub, da er außerhalb Hamburgs arbeitstätig war. Eine Antwort bekam er nie.

Rufmord

Tags drauf waren beide ruiniert. Ein/e UnbekanntIn mit offenbar exzellenten Medienverbindungen und wenig Achtung vor Persönlichkeitsrechten und Datenschutz hatte diese Räuberpistolen an die Presse durchgestochen. Eine Boulevardzeitung wähnte daraufhin auf Seite 1 eine neue Hamburger Terrorzelle, die wohlfeile Hysterie fand bundesweiten Niederschlag.

Die beiden politisch unerfahrenen jungen Männer traf diese Hexenjagd unvorbereitet. Über Nacht verloren sie ihren Arbeitsplatz und ihre soziale Existenz, politisch wurden sie isoliert, einer erlitt ein Magengeschwür. Kein potentieller Arbeitgeber, der googlen kann, gibt ihnen eine Chance. Dass dieser Rufmord auch Familienmitglieder traf, versteht sich von selbst.

Zu keinem Zeitpunkt stellte sich die Parteichefin Frau Gallina schützend vor ihre (tatsächlich unbescholtenen) Parteifreunde oder forderte die Achtung vor der Unschuldsvermutung. Im Gegenteil beteiligte sich die Parteiführung an diesem Mobbing sogar aktiv, denn beide wurden ohne jede Klärung der offensichtlich haltlosen Vorwürfe von der Fraktionsgründung ausgeschlossen. Gegen den/die unbekannte/n VerleumderIn ermittelte Frau Gallina jedoch nicht, obwohl es sich hierbei eindeutig um parteischädigendes Verhalten handelte.

Ihren Interessenkonflikt, nämlich die Partnerschaft mit dem schlechten Wahlverlierer Herrn Osterburg, hatte Frau Gallina nicht offen gelegt oder einen Anlass gesehen, die Iquisition in unbefangene Hände zu legen.

„Im Zweifel gegen die Angeklagten“

Die angehende Justizsenatorin hielt von Unschuldsvermutung nicht allzu viel. Ohne die Angeschwärzten auch nur anzuhören, verkündete die Parteichefin öffentlich „begründete Zweifel“, ob sich die beiden in vollem Umfang zum Grundgesetz und unseren Grundwerten bekennen. Für eine Zusammenarbeit müssten die „Vorwürfe“ vollständig ausgeräumt werden. Wörtlich zitierte sie der NDR:

„Wir zeigen immer klare Kante gegen Rechts und geben auch sonst niemandem einen Rabatt aufs Grundgesetz.“

Kein Staatsanwalt und kein Richter dürfte sich derart vorverurteilend äußern, auch die Pressekammer des Landgerichts Hamburg versteht keinen Spaß bei einseitiger Verdachtsberichterstattung, wenn den Betroffenen keine zumutbare Gelegenheit zur Stellungsnahme geboten wurde.

Der unprofessionelle Umgang mit den schwerwiegenden Anschuldigungen fiel auch der seriösen Presse auf. Die ZEIT titelte sogar Im Zweifel gegen die Angeklagten.

Das fragwürdige Verfahren stieß vier weiteren Bezirksverordneten übel auf. Entsprechend dem Grünen Grundkonsens („Unsere Politik beruht auf Einmischung und Solidarität mit den Betroffenen und richtet sich gegen Gleichgültigkeit und Ignoranz.“) erklärten sie sich mit den beiden solidarisch. Eine weitere, eine Anwältin mit Migrationshintergrund, gab ihr Mandat gleich ganz zurück.

Die Hamburger Grünen bestraften jedoch solche Unbotmäßigkeit und schlossen auch die vier solidarischen Bezirksvertreter von der Fraktionsgründung aus. Als die insgesamt sechs ausgeschlossenen Bezirksvertreter daraufhin die Wählerinteressen notgedrungen in einer eigenen Fraktion vertreten wollten, wurde deren alternativlose Reaktion als parteischädigendes Verhalten gegeißelt. Die Parteispitze forderte nun alle unter Androhung von Parteiordnungsmitteln zum Parteiaustritt auf – darunter zur Hälfte Frauen, insoweit wahrte man/frau die Quote.

Während Frau Gallina viel Zeit darauf verwendete, ihr antrünniges Parteivolk zu disziplinieren und rauszumobben, ist hier nicht bekannt, dass sie gegen den/die unbekannte/n BüchsenspannerIn ermittelte, auch nicht, dass sie diese/n nicht kennen würde.

Wegen parteienrechtlicher Verfahren erteilten mir zunächst fünf der Bezirksverordneten damals ein Mandat. Der Grünen-Vorstand bat zu einem Gespräch, dem wir jedoch nur unter der Bedingung zustimmten, dass es konstruktiv zur Ausräumung von Missverständnissen und Differenzen dienen sollte, nicht aber zu einem Tribunal. Entgegen entsprechender Zusicherung wurde allerdings deutlich erkennbar, dass es einzig um die Vorbereitung von Parteiausschlussverfahren ging, die längst beschlossene Sache waren.

Was mich am meisten faszinierte, war die Bereitschaft des restlichen Grünen-Vorstands zum Mitläufertum, die ich bei den Grünen eher nicht erwartet hätte. Auch dieses Duckmäusertum wird gerade mit Pöstchenvergabe belohnt.

Grüne Unregelmäßigkeiten

Die bittere Ironie ist, dass es im Gegenteil ausgerechnet Parteichefin Frau Gallina war, die nicht nur eklatant gegen rechtsstaatliche Standards verstieß, sondern auch explizit gegen die Grünen Regeln Hamburg. Daher konterten meine inzwischen sechs Mandantinnen und Mandanten mit eigenen Anträgen auf Verhängung von Parteiordnungsmitteln gegen drei Grüne:

U.a. Frau Gallina verletzte den Grünen Grundkonsens, wie er am 16./17. Januar 1993 in Hannover beschlossen wurde und seit 14. Mai 1993 in Kraft ist:

  • Frau Gallina verletzte den Grundkonsens 1.1 (6), da die vorverurteilende Hexenjagd nicht mit dem dort proklamierten Demokratieprinzip und dem Rechtsstaatsprinzip in Einklang zu bringen ist.
  • Frau Gallina verletzte den Grundkonsens 1.1 (9) und (10), da die religiöse Diskriminierung nicht mit den dort proklamierten Menschenrechten auf Religion (Artikel 2 Abs. 1 und Artikel UN-Menschenrechtskonvention) vereinbar ist.
  • Frau Gallina nahm die Religiosität der Antragsteller zu 1) und 2) zum Anlass, um gegen diese mindestens indirekt zu hetzen.
  • Ferner ist auch die Unschuldsvermutung in Art. 11 ein Menschenrecht, dem Frau Gallina keine Bedeutung beimaß.
  • Frau Gallina verletzte den Grundkonsens 2 (54), (60) und (61), da sie ihre politische Macht missbrauchte und sich unsachlich verhielt. Die Religion von Bezirksvertretern rechtfertigt keine öffentlichen Zweifel an deren Verfassungstreue oder absurde Verschwörungstheorien. Der Zugang zu Medienvertretern durch Parteifunktionäre läßt einen verantwortungsvollen Umgang vermissen.
  • Frau Gallina verletzte den Grundkonsens 3 (64), da sie die innerorganisatorischen Abläufe intransparent gehalten und den Minderheitenschutz nicht beachtet hat.

Die angehende Justizsenatorin hatte es also in erstaunlichem Maße an Empathie und Sensibilität fehlen lassen.

Verbrannte Erde

Sämtliche Verfahren erledigten sich jedoch, nachdem meine Mandantinnen und Mandanten infolge ausbleibender Solidarität der Hamburger Grünen angewidert zur SPD übertraten, die nunmehr im Hamburger Bezirk Mitte stärkste Kraft ist. Frau Gallina hat mit ihrer kurzsichtigen Taktik erstaunlich viel Porzellan zerschlagen und bei der Wählerschaft mit Migrationshintergrund verbrannte Erde hinterlassen.

Aufgrund des Greta-Hypes konnten die Grünen ausbleibende Stimmen verprellter Wähler kompensieren. Die ökologischen Wahlversprechen allerdings haben sich die Grünen bei den Koalitionsverhandlungen weitgehend heraus verhandeln lassen, trotz des nahezu verdoppelten Wahlergebnisses. Statt ökologischer Sachpolitik hat man stattdessen einen zusätzlichen Senatorenposten erwirtschaftet, der im Ergebnis nun Frau Gallina zugute kommt. Alles richtig gemacht!

Mitläufer Cem Özdemir

Inzwischen hatte sich auch der grüne Berufspolitiker Cem Özdemir in die Hexenjagd gegen meine Mandanten verstricken lassen – die für und mit ihm persönlich Wahlkampf gemacht hatten. In einer in türkischer Sprache erscheinenden Online-Zeitung ordnete er sie Islamisten zu. Im ausführlichen O-Ton-Interview konnte man die unwahre Behauptung lesen, meine Mandanten hätten sich nach der Wahl anders als vorher geäußert.

Vor Gericht ließ Herr Özdemir behaupten, das Interview sei in deutscher Sprache geführt und nicht mitgeschnitten und autorisiert worden, es müsse sich um einen Übersetzungsfehler handeln. Warum der türkische Journalist mit dem türkisch sprechenden Herrn Özdemir für ein in türkischer Sprache erschienenes Interview deutsch gesprochen haben sollte und wie er in der Lage gewesen sein könnte, das sehr lange Interview ohne Aufzeichnung wörtlich wiederzugeben, bleibt hier rätselhaft.

Außerdem trug Herr Özdemirs Anwalt vor, ihm hätten zwei Hamburger Grüne aus erster Hand bestätigt, dass sich einer meiner Mandanten bei der Aufstellungsversammlung wie von Herrn Özdemir unterstellt geäußert hätten (was ja dann allerdings vor der Wahl gewesen wäre …). Mit wem der Anwalt gesprochen hatte, wollte er nicht verraten, aber es wäre wohl unprofessionell, wenn er ausgerechnet die Hamburger Parteispitze übergangen hätte.

Was Herr Özdemir tatsächlich gesagt haben will und warum er gegen das angeblich falsch übersetzte Interview nicht vorgeht, wird er demnächst vor dem Landgericht Hamburg erklären müssen.

Strafanzeige

Gegen Frau Gallina und zwei weitere Grüne hatte ich am 04.11.2019 im Auftrag meiner Mandanten Strafanzeige wegen des Verdachts auf Beleidigung, Üble Nachrede, Verleumdung sowie Üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens erstattet. Den naheliegenden Verdacht, dass die Karrierepolitikerin selbst hinter dieser Intrige stehen könnte, vermochte Frau Gallina auch nach einem halben Jahr nicht auszuräumen.

Die von uns befasste Staatsanwaltschaft ermittelt also gegen eine Person, die nunmehr deren übergeordnete Behörde leiten will, was selbst die taz als „pikant“ bewertete. Wie ernst man ein Justizprüfungsamt nehmen soll, dessen Chefin nicht einmal zur Prüfung zugelassen würde, ist unerfindlich.

An der Hamburger Juristenspitze steht ab Mittwoch keine Spitzenjuristin, sondern eine opportunistische Selbstoptimiererin, die sich nicht scheut, Ressentiments gegen Menschen mit Migrationshintergrund politisch einzusetzen. Weder in der Justiz und schon gar nicht bei den Grünen sollte derartiges salonfähig sein.

1. Mai 2020

Bundeswehr- Urheberrechts-Kompanie ist ehrenvoll im Feld gefallen

Der Bundesgerichtshof kassiert das Verbot der Afghanistan-Leaks

Nach einem über sieben Jahre währenden Stellungskrieg hat ein Zeitungsverlag den Angriff der Urheberrechtskompanie zurückgeschlagen. Die Bundeswehr hatte sich dagegen gewehrt, dass für die Unterrichtung des Parlaments verfasste Berichte über den Afghanistan-Einsatz, die an einen Zeitungsverlag geleakt worden waren, im internet geleakt wurden. Da Geheimhaltungsvorschriften nicht greifen konnten und das Material ohnehin inzwischen bei Wikileaks lag, versuchte es die Truppe mit dem eigentlich nicht für die Kriegskunst, sondern für die schönen Künste geschaffenen Urheberrecht.

Was bisher geschah:

Die Künstler-Kompanie – Bundeswehr kämpft ab sofort mit Wunderwaffe Urheberrecht, 27.07.2013

Landgericht Köln: Künstler-Kompanie gewinnt erstes Gefecht – Bundeswehrberichte sollen Kunstwerke sein, 01.11.2014

OLG Köln: Bundeswehr verteidigt Urteil – Künstler-Kompanie gewinnt Berufung im Urheberrechtsstreit, 24.07.2015

Generalanwalt widerspricht Generälen: Urheberrecht ist nicht zur Zensur gedacht

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr den Leak nach dem Ausflug an die europäische Front wieder zugunsten der Pressefreiheit erlaubt. Es könne offenbleiben, ob die für die für die Unterrichtung des Parlaments geschaffenen Berichte urheberrechtlich als Schriftwerke geschützt sind. Der Verlag hat durch die Veröffentlichung der diese jedenfalls ein daran bestehendes Urheberrecht nicht widerrechtlich verletzt. Zu seinen Gunsten greift vielmehr die Schutzschranke der Berichterstattung über Tagesereignisse (§ 50 UrhG) ein.

Eine Berichterstattung im Sinne dieser Bestimmung liegt vor. Das OLG Köln hatte bei seiner abweichenden Annahme, es habe keine journalistische Auseinandersetzung mit den einzelnen Inhalten der jeweiligen Bundeswehr-Berichten stattgefunden, nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Verlag diese nicht nur auf ihrer Website veröffentlicht, sondern sie auch mit einem Einleitungstext, weiterführenden Links und einer Einladung zur interaktiven Partizipation versehen und in systematisierter Form präsentiert hat.

Die Berichterstattung hat auch ein Tagesereignis zum Gegenstand. Sie betrifft die Frage, ob die jahrelange und andauernde öffentliche Darstellung des auch zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Texte auf der Internetseite der Beklagten noch stattfindenden und damit aktuellen, im Auftrag des deutschen Bundestages erfolgenden Einsatzes der deutschen Soldaten in Afghanistan als Friedensmission zutrifft oder ob in diesem Einsatz entgegen der öffentlichen Darstellung eine Beteiligung an einem Krieg zu sehen ist.

Die Berichterstattung hat zudem nicht den durch den Zweck gebotenen Umfang überschritten. Nach der Bestimmung des Art. 5 Abs. 3 Buchst. c Fall 2 der Richtlinie 2001/29/EG, deren Umsetzung § 50 UrhG dient und die bei der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung zu beachten ist, darf die fragliche Nutzung des Werks nur erfolgen, wenn die Berichterstattung über Tagesereignisse verhältnismäßig ist, das heißt mit Blick auf den Zweck der Schutzschranke, der Achtung der Grundfreiheiten des Rechts auf Meinungsfreiheit und auf Pressefreiheit, den Anforderungen der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne) entspricht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommt es für die Frage, ob bei der Auslegung und Anwendung unionsrechtlich bestimmten innerstaatlichen Rechts die Grundrechte des Grundgesetzes oder die Grundrechte der Charta der Grundrechte der Europäischen Union maßgeblich sind, grundsätzlich darauf an, ob dieses Recht unionsrechtlich vollständig vereinheitlicht ist (dann sind in aller Regel nicht die Grundrechte des Grundgesetzes, sondern allein die Unionsgrundrechte maßgeblich) oder ob dieses Recht unionsrechtlich nicht vollständig determiniert ist (dann gilt primär der Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes). Im letztgenannten Fall greift die Vermutung, dass das Schutzniveau der Charta der Grundrechte der Europäischen Union durch die Anwendung der Grundrechte des Grundgesetzes mitgewährleistet ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. November 2019 – 1 BvR 16/13, GRUR 2020, 74 Rn. 71 – Recht auf Vergessen I). Da nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union Art. 5 Abs. 3 Buchst. c Fall 2 der Richtlinie 2001/29/EG dahin auszulegen ist, dass er keine Maßnahme zur vollständigen Harmonisierung der Reichweite der in ihm aufgeführten Ausnahmen oder Beschränkungen darstellt, ist die Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der Anwendung des § 50 UrhG danach anhand des Maßstabs der Grundrechte des deutschen Grundgesetzes vorzunehmen.

Im Blick auf die Interessen der Bundeswehr ist zu berücksichtigen, dass die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten ausschließlichen Verwertungsrechte zur Vervielfältigung und zur öffentlichen Zugänglichmachung der Bubdeswehr-Berichte allenfalls unwesentlich betroffen sind, weil diese nicht wirtschaftlich verwertbar sind. Das vom Urheberpersönlichkeitsrecht geschützte Interesse an einer Geheimhaltung des Inhalts des Werks erlangt im Rahmen der im Streitfall vorzunehmenden Grundrechtsabwägung kein entscheidendes Gewicht. Das Urheberpersönlichkeitsrecht schützt nicht das Interesse an der Geheimhaltung von Umständen, deren Offenlegung Nachteile für die staatlichen Interessen der Bundeswehr haben könnte. Dieses Interesse ist durch andere Vorschriften etwa das Sicherheitsüberprüfungsgesetz, § 3 Nr. 1 Buchst. b IFG oder die strafrechtlichen Bestimmungen gegen Landesverrat und die Gefährdung der äußeren Sicherheit gemäß § 93 ff. StGB – geschützt. Das Urheberpersönlichkeitsrecht schützt allein das urheberrechtsspezifische Interesse des Urhebers, darüber zu bestimmen, ob er mit der erstmaligen Veröffentlichung seines Werkes den Schritt von der Privatsphäre in die Öffentlichkeit tut und sich und sein Werk damit der öffentlichen Kenntnisnahme und Kritik aussetzt. Dieses Geheimhaltungsinteresse kann nach den Umständen des Streitfalls das durch die Meinungs- und Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG geschützte Veröffentlichungsinteresse nicht überwiegen. Dem Interesse an einer Veröffentlichung der hier in Rede stehenden Informationen kommt im Blick auf die politische Auseinandersetzung über die Beteiligung deutscher Soldaten an einem Auslandseinsatz und das damit berührte besonders erhebliche allgemeine Interesse an der öffentlichen und parlamentarischen Kontrolle von staatlichen Entscheidungen in diesem Bereich größeres Gewicht zu.

BGH, Urteil vom 30. April 2020 – I ZR 139/15 – Afghanistan Papiere II

5. März 2020

OLG Hamburg zu Feliks aus der Wikipedia

Ein Wikipedia-Autor namens „Feliks“, dem die sonst so argwöhnischen Admins auffällig freie Hand bei der Diskreditierung von Politikern, Aktivisten und Publizisten lassen, wenn diese nicht seine politisch-religiöse Auffassung etwa zum Nahost-Konflikt teilen, war vorletzten Herbst enttarnt worden. Feliks bemühte in neureicher Manier eine renommierte Hamburger Anwaltskanzlei, die unter Heranziehung etlicher branchüblicher Tricks den Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung beantragte, um das YouTube-Video über Feliks zu attackieren.

Nunmehr hat das OLG Hamburg geurteilt, dass der Antrag jedenfalls erstinstanzlich gänzlich unbegründet war. Feliks muss also erstinstanzlich die gesamten Kosten tragen, was bei einem ursprünglichen Streitwert von 216.000,- € gegen ursprünglich drei Gegner schon ein teurer Spaß ist.

Von den in der Berufungsinstanz noch verhandelten Einzelanträgen mit Streitwert 108.000,- € nahm Feliks auf dringendes Anraten des Gerichts alles bis auf einen Antrag zurück. Bei diesem Antrag hatte er in der zweiten Instanz neue „Glaubhaftmachung“ angeboten, die dem Gericht insoweit ausreichte. Für die zweite Instanz muss Feliks 80% der Kosten tragen.

Wie bereits im Blog besprochen, ist die Deanonymisierung von Wikipedanten dem OLG Hamburg zufolge bereits dann zulässig, wenn diese zu meinungsbildenden Themen wie Politik oder Gechichte schreiben.

Ebenfalls ist es zulässig, konspiratives Verhalten von Feliks mit dem von Geheimdienstlern zu vergleichen, ohne hierdurch einen zwingenden Eindruck einer Mitgliedschaft in einem Geheimdienst zu erzeugen. Die Mandanten müssen also nicht mehr den Beweis für die aberwitzig untergeschobene Behauptung erbringen, Feliks sei ein Geheimagent.

Untersagt wurde nunmehr eine Äußerung über Berichte über ein Foto, das den Mandanten übereinstimmend von mehreren Personen beschrieben wurde. Aufgrund der Beweislastumkehr in § 186 StGB trägt bei Tatsachenbehauptungen die Beweislast der Äußernde. Zwar konnten die Mandanten eine schlüssige eidesstattliche Versicherung eines gut beleumundeten Zeugen vorlegen, die erstinstanzlich zum Erfolg führte. In der zweiten Instanz nun legte Feliks eine eigene eidesstattliche Versicherung in eigener Sache vor, in welcher er die Existenz des Fotos bestritt.

Nach Rechtsmeinung des OLG Hamburg sollen die Mandanten, die sich in einem YouTube-Video äußerten, für die Meldung haften, ihnen hätten Dritte die Existenz eines Foto bestätigt, das Feliks in einer für ihn angeblich ansehensmindernden Situation zeige. Eine eigene Behauptung hatten die Mandanten schon nicht aufgestellt. Beantragt war auch nicht etwa das Verbot eines unwahren Eindrucks, sondern der Bericht über Aussagen Dritter soll zur Haftung führen. Dieses Haftungskonzept erinnert auffällig an die vom BGH aufgehobene Markwort-Entscheidung der Hamburger Richter, die eine Zeitung für den Abdruck eines Interviews mit Roger Willemsen haften ließen, in welchem diesem ein Irrtum unterlief.

Wenn man diese drakonische Verbreiter-Haftung auf die Wikipedanten anwendet, haften die übrigens auch für jede falsche oder nicht beweisbare Aussage, welche sie aus fremden Quellen übernehmen. Ob sich ausgerechnet unser Feliks da wirklich einen Gefallen tut, solche Urteile zu produzieren?

Als Beleg für seine Rechtsmeinung zur Verbreiterhaftung zitierte der Senat eine Rechtsmeinung in einem juristischen Buch, dessen Autor insoweit allerdings der beteiligte Richter des OLG-Senats persönlich ist. Ich wage mal die Prognose, dass diese in Karlsruhe nicht geteilt wird. -> Hamburg hört in Karlsruhe auf

Allerdings wird es voraussichtlich nicht so weit kommen, denn während im Verfügungsverfahren so seltsame Beweismittel erlaubt sind wie eidesstattliche Versicherungen einer Prozesspartei in eigener Sache (Interessenkonflikt?), und diese dann in Hamburg auch nicht gewichtet werden, können im Hauptsacheverfahren Zeugen gehört werden, und da bieten wir mehrere.

Prozessrechtlich ist das Urteil auch interessant. So soll das Landgericht nicht verpflichtet gewesen sein, hinsichtlich der von Anfang an abgewiesenen Anträge die Mandanten einzubeziehen. Dies ist vor allem deshalb ungewöhnlich, weil die Mandaten vor Antragstellung eine umfangreich begründete Schutzschrift hinterlegt hatten und sich die Abmahnung praktisch im Antragstenor erschöpfte.

Spannend ist auch, dass ein Antragsteller, der eine Erstveröffentlichung erwartet, sich sechs Wochen mit seinem Antrag Zeit lassen darf und eine Abmahung mit kurzer Frist übers Wochenende akzeptiert wird. Nach wie vor also laden die Hamburger Gerichte jeden Querulanten zur Gängelung von Journalisten und Bloggern durch absurde einstweilige Verfügungen ein.

OLG Hamburg, Urteil vom 03.03.2020 – 7 U 63/19