Mitte September erschien die 4. Auflage des „Hamburger Kommentars“ für das „gesamte Medienrecht“. Redaktionsschluss für die berücksichtigte Rechtsprechung war November 2019. Das Werk hat also eine Latenz von gut einem Jahr.
Der „Hamburger Kommentar“ spielt in der Praxis keine nennenswerte Rolle, und im Urheberrecht wird das auch so bleiben. Denn dem Urheberrecht widmen die Hanseaten gerade einmal 57 (in Worten: siebenundfünzig) Seiten (zum Vergleich: Schricker/Loewenheim (2020) kommt auf 3.343 Seiten). Beim praxisreleveanten Abmahnparagraph 97a UrhG paraphrasieren die Hamburger gerade einmal den Gesetzestext. Die Fußnoten verweisen zur Hälfte auf Kommentare der Mitbewerber. Pro-Tipp: Lieber gleich einen richtigen UrhG-Kommentar kaufen!
Deutlich brauchbarer liefern die Hanseaten bei der anderen praxisrelevanten Materie des Medienrechts ab, nämlich beim Persönlichkeitsrecht. Mich hat das Buch vor allem deshalb interssiert, weil dort ein OLG-Richter des Hamburger Pressesenats ein Kapitel beisteuerte. Doch exklusive Hamburger Betriebsgeheimnisse erfährt man leider doch nicht; wenn es schon ein Buch von einem Hamburger Presserichter sein muss, würde ich „Praxis des Presserechts“ von Korte (2. Aufl. 2019, 59,- €) definitiv vorziehen.
Beim Lektorat der Neuauflage waren die Hamburger wohl etwas lieblos. So berichtet ein Autor, dass der BGH bei unwahren Äußerungen in Interviews „bislang“ von einer Haftung des Verlags ausgegangen sei und dies nun anders sehe – und verweist auf das bekannte BGH-Urteil von 2009. Hier haben wir also einen Fachkommentar mit einer Latenz von über einem Jahrzehnt …
Für 198,- € wird man eigentlich überall woanders besser bedient. Neben Wenzel, Soehring/Hoehne und Korte nunmehr auch zu empfehlen:
Götting/Schertz/Seitz: Handbuch Persönlichkeitsrecht, 2. Auflage 2019
Während die Erstauflage von 2008 wohl eher akademisch geraten war, wird die Neuauflage dem Titel „Handbuch“ nunmehr gerecht und bietet auch für Praktiker einen handfesten Nutzen. Für 189,- € bekommt man hier 1.468 Seiten zum Thema, während dem Medienzivilrecht (Persönlichkeitsrecht) im Hamburger Kommentar nur 183 gewidmet werden.
Fazit: Das Hamburger Konzept, das gesamte Medienrecht mit etlichen Randgebieten in einem Buch unterzubringen, scheitert am unsinnigen Selbstanspruch. Ein Gemischtwarenladen auf dünnem Telefonbuchpapier, der an der Oberfläche bleibt, bietet dem Praktiker keinen Mehrwert.