In diesen Minuten geht der 30.Chaos Communication Congress zu Ende. Die Strukturen, die weitsichtige Menschen wie Wau Holland vor drei Jahrzehnten aufzubauen begannen, haben die deutsche IT-Szene und insbesondere die ethische Haltung der Entwickler offenbar maßgeblich geprägt: Während in den USA die NSA und das Militär beliebte Arbeitgeber sind, hat die Überwachungsindustrie hierzulande große Schwierigkeiten, fähige Leute zu finden, weil es vielen Techies nun einmal nicht egal ist, was mit ihrer Arbeit geschieht.
Die CCC-Szene hat Entwicklungen wie WikiLeaks zumindest begünstigt, ohne WikiLeaks vermutlich kein Snowden. Ich bin sehr froh, dass es den Club gibt und habe diese akademischen wie unterhaltsamen Vorträge sehr genossen und bin den Organisatoren und Helfern für diese denkbar wichtige Veranstaltung sehr dankbar. Außerdem bin ich nun auch der Electronic Frontier Foundation beigetreten, die sich vor allem in den USA für digitale Bürgerrechte einsetzt.
Denkbar aktuell berichtete heute WikiLeaks-Aktivist Jacob Appelbaum von wirklich fatalen Technologien der NSA, er hatte auch an den entsprechenden Veröffentlichungen im SPIEGEL mitgewirkt. Selbst hartgesottene Experten für IT-Sicherheit verdarben die Informationen die Laune.
Peter Schaar, der vor einer Woche noch ein temperamentvoller Bundesbeauftragter für Datenschutz war, beklagte die zu geringen Kompetenzen seiner vormaligen Behörde. Prof. Foschepoth, der bislang als einziger Historiker Zugang zu den geheimen Vereinbarungen aus Adenauer-Deutschland usw. hatte, fasste eingängig den wesentlichen Inhalt seines Buchs „Überwachtes Deutschland“ zusammen. Die nächsten Wochen werde ich wohl damit zubringen, die Mitschnitte verpasster Talks anzusehen.
Etwas versöhnlich stimmte ein Vortrag des Kryptographen Dr. Rüdiger Weiss. Spionage sei vielleicht das „zweitälteste Gewerbe der Welt“, die Mathematiker hätten jedoch schon früher begonnen. So scheinen starke Verschlüsselungsprobleme auch der „Alien-Technologie“ der NSA standzuhalten, so dass es durchaus möglich wäre, sichere E-Mails zu verschicken. Wie allerdings die Vorträge auf dem Kongress zeigten, verfügt die NSA über etliche Backdoors und sonstige Einfallmöglichkeiten. Insbesondere Smartphones scheinen gläsern zu sein. Es gibt technologisch und politisch viel zu tun.
Der Journalist Ulrich Claus vermisste auf dem Kongress schmerzlich Politiker. Yap!