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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


„Dass man aus Erfragtem, Erzähltem und Gelesenem eine Schilderung macht, ist absolut übliches journalistisches Handwerk“

Vorab: Bevor man dem Journalisten René Pfister den Egon Erwin Kisch-Preis aberkannte, hätte man ihn schon aus Prinzip anhören müssen. So geht man einfach nicht miteinander um, insbesondere dann, wenn man einander schwache Recherche vorwirft.

Dass man ihm diesen Preis aberkannt hat, halte ich für richtig. Zwar hat ein Journalist gewisse Freiheiten der Rhetorik, und es spielt auch keine wirkliche Rolle, ob er dem Seehofer beim Modelleisenbahnspielen zugesehen hat. Aber wer des wohl prominentesten Journalisten-Preises würdig sein will, muss seinem Handwerk nun einmal in gehobenem Maße huldigen.

Unsere „Qualitätsjournalisten“ machen es sich beim Durchreichen politischer PR häufig zu einfach. Vor knapp 10 Jahren hatte man uns das Märchen von Bin Ladens „Alpenfestung“ in den Tora Bora-Höhen erzählt. In einem deutschen Magazin der Qualitätspresse(?) sah ich damals diese Grafik, die wohl eher in einen James Bond-Film oder zu konventionellen militärischen Einrichtungen passen würde. Die „Hightech-Festung“ hatte nach Stand der Forschung wohl nicht einmal elektrisches Licht, auch von einer Camping-Toilette habe ich nichts gehört. Das waren lediglich ein paar Höhlen, die Keyhole 2 nicht checken kann.

Derzeit erzählt man uns, der „Terror-Fürst“ (vormals ganz offiziell leitender Außendienstmitarbeiter der CIA) sei in einem Haus aus 1000 und einer Nacht liquidiert und wie Optimus Prime im Meer entsorgt worden, was man beim SPIEGEL ernsthaft als Nachricht durchgehen lässt. Beißender Spott wie dieser hier hat mit Journalismus mehr zu tun als unkritisches Verbreiten von Propaganda.

Mit Blick auf Stuttgart 21 halte ich Politiker mit Eisenbahnen im Keller für suspekt. Wenn ein auf sein Image bedachter Politiker wie Seehofer sein Hobby „Modelleisenbahn“ in die Öffentlichkeit trägt, dann will ich im Zweifel wissen, ob er wirklich eine hat, oder ob es eine PR-Inszenierung ist. Journalisten, die etwa Politkern glauben, beherrschen ihr Handwerk nicht – jedenfalls nicht meisterlich.

UPDATE: Man hat mich darauf hingewiesen, dass nicht „Optimus Prime“ versenkt worden sei, sondern dessen Gegner „Megatron“. Mag sein. Rubrums-Verwechslung kommt bei Anwälten schon mal vor, wir sind ja nicht scharf auf den Kisch-Preis.

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