Mit Verspätung lieferte der Beck-Verlag die dritte Auflage von Loewenheim (Hrsg.) „Handbuch des Urheberrechts“ aus. Wie üblich, werden solche Werke als Pflichtlektüre von hoher Praxisrelevanz angepriesen, Verkaufsargumente sind die klangvollen Namen bekannter Urheberrechtler und die Neuerungen des Urheberrechts, an dem der Gesetzgeber gerade wieder rumgefriemelt hat. Kein verantwortungsvoller Kollege darf hier eine Lücke im Bücherschrank lassen! Denn aus demselben kommt der wohl bedeutendste UrhG-Kommentar Schricker/Loewenheim. Für 279,- € ist man wieder unter den Eingeweihten …
Aber, was ist denn eigentlich so ein Handbuch? Als Laie könnte man vermuten, dass ein juristisches Handbuch so etwas wie „Urheberrecht für Dummies“ wäre, also mit Tipps und Tricks, Schemata, Checklisten, Mustertexten usw.. Tatsächlich jedoch ist „Handbuch“ bei juristischer Literatur selten wörtlich gemeint, sondern bezeichnet eher die Darstellungsform in Abgrenzung zum nach Gesetzen aufgebauten Kommentar. Während in einem Kommentar zu jedem Paragraph das Notwendigste steht, folgt der Aufbau eines Handbuchs Themengebieten, Prüfungsreihenfolgen usw.. Ein Handbuch beschränkt sich nicht auf ein konkretes Gesetz wie z. B. das UrhG, sondern deckt ein breiteres Spektrum ab, enthält etwa auch prozessrechtliche und taktische Hinweise usw..
Wie immer bei neuen Büchern, mache ich den (subjektiven) Praxistest und gleiche sie stichprobenweise mit Fällen ab, die ich als forensischer Anwalt betreue. Leider fällt die Ausbeute beim „Handbuch“ zumindest für mich enttäuschend aus.
So wird ausgerechnet im „Handbuch für Urheberrecht“ nicht erklärt, wie eine wirksame Abmahnung aussehen muss. Zu § 97a UrhG habe ich nur zwei Bemerkungen gefunden, die allerdings keinen Mehrwert zum Gesetzeswortlaut liefern. Für mich ein Grund zur Freude, denn dann wird der Großteil urheberrechtlicher Abmahnungen, die ich auf den Tisch bekomme, weiterhin unwirksam sein, mit der Folge, dass der Abmahner nicht nur auf seinen Kosten sitzen bleibt, sondern auch noch meine Inanspruchnahme bezahlen darf … ;)
Aktuell habe ich spannende Fälle, bei denen es um den Umfang des Zitatrechts geht (§§ 50, 51 UrhG). Auch hier bot mir das Werk keinen Erkenntnisgewinn. Soweit die Frage angesprochen wird, inwieweit nach der EuGH-Entscheidung zu „Metall auf Metall“ noch Raum für die freie Benutzung (§ 24 UrhG) ist, rät der Autor zur Zurückhaltung. Die sich lange abzeichnende und inzwischen beschlossene Streichung des § 24 UrhG hat es nicht mehr ins Buch geschafft … Für die praxisrelevante Frage, wie man Lizenzforderungen pseudoprofessioneller Fotografen abwehrt, hilft das Handbuch auch nicht weiter. Auch besondere Praxisrelevanz und nennenswerte Insidertricks sind mir nicht ins Auge gesprungen.
Fazit: Zu lückenhaft. Für den Stoff tut es auch der Kommentar von Dreier/Schulze, preiswerter und brauchbarer.