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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


18. Dezember 2020

Easter-Eggs im Politthriller „Innere Unsicherheit“

Achtung, Werbung!

Wer noch Lesefutter für den Lockdown oder ein Weihnachtsgeschenk sucht, dem möchte ich meinen im Sommer erschienenen Thriller Innere Unsicherheit empfehlen, der in den Chefetagen der deutschen Geheimdienste spielt und aktuelle Themen aufgreift. In der Geschichte habe ich etliche Easter-Eggs versteckt. So schmiedet etwa die Security-Community Pläne, wie man die Verschärfung von sogenannten „Sicherheitsgesetzen“ politisch und populistisch durchsetzen könnte. In Wirklichkeit allerdings sind diese Sicherheitsgesetze, die einem unbedarften Leser gruselig erscheinen mögen, längst beschlossen und umgesetzt. Und gerade gestern hat man dem BND Überwachungsbefugnisse legalisiert, über die man geteilter Meinung sein kann.

Beim Bundeswehrgeheimdienst „Militärischer Abschirmdienst“ scheint man inzwischen meinen Roman nachzuspielen. So wurde dem scheidenden MAD-Präsident der Vorwurf zum Verhängnis, rechte Terrornetzwerke nicht erkannt zu haben. Seine Nachfolgerin Martina Rosenberg gleicht optisch und von Profession meiner Hauptfigur, der Karrierejuristin Dr. Ellen Strachwitz, die von der Spitze des Verfassungsschutzes zu der des BND wechseln will. Die neue (echte) MAD-Präsidentin ist bereits mit dem ersten hausgemachten Skandal konfrontiert. So wurde ein vormaliger BND- und nun MAD-Mitarbeiter (wie in meinem Roman …) dabei erwischt, wie er Soldaten vor einer Razzia warnte. Der Mann war in einer fragwürdigen Pressemitteilung leicht erkennbar und erschoss sich kurz darauf. Auch dazu gibt es in meinem Buch Parallelen.

Hier einige Kritiken:

Inzwischen habe ich auch spannende Rückmeldungen aus der Insiderszene erhalten, wo der Stoff auf positive Resonanz stieß. Der Verlag hat bereits die Fortsetzung beauftragt, und ich habe eine originelle wie spannende Idee. Allerdings war bereits das aktuelle Buch nur schwer mit meiner Belastung im Hauptberuf zu vereinbaren und benötigte alles in allem vier Jahre. Mal sehen, …

9783864892837

17. Dezember 2020

Amtsgericht Hamburg: Abmahnungen von Christoph Scholz durch Rechtsanwalt Lutz Schroeder waren rechtsmissbräuchlich

Das Amtsgericht Hamburg hat vier nahezu gleichlautende Urteile gegen den bekannten Creative Commons-Foto-Abmahner Christoph Scholz erlassen. Herr Scholz ist ein durchaus talentierter CGI-Designer und macht rein persönlich einen sympathischen Eindruck. Im Kontrast hierzu hat er sich seit Jahren einen Namen als Urheberrechts-Troll gemacht, der Fotos etwa auf Flickr unter kostenlosen Creative Commons-Lizenzen streut und bei den geringsten Verstößen beinhart zur Kasse bittet, und sei es auch nur eine fehlende Verlinkung der durchaus genannten Lizenzbedingungen.

Das Amtsgericht Hamburg hat, wie schon zuvor, festgestellt, dass Herrn Scholz keine höheren Schadensersatzansprüche wegen Lizenzverletzung als 0,- € zustehen. So vermochte Herr Scholz keinen potentiellen Einnahmeverlust plausibel zu machen, da er nun einmal keine nennenswerte Umsätze als Fotograf nachweisen konnte.

Erstmals nun hat ihm das Amtsgericht Hamburg die Abmahnkosten mit dem Argument verwehrt, dass die Abmahnungen rechtsmissbräuchlich seien. Anders als die meisten Mitbewerber schaltet Herr Scholz nämlich immer sofort einen Rechtsanwalt ein, dessen Abmahnung nicht nur mehr Autorität ausstrahlt, sondern auch Anwaltskosten verursacht, die der Abgemahnte ausgleichen soll.

Mit der Annahme von Rechtsmissbrauch sind Gerichte im Urheberrecht sehr zurückhaltend, da es anders als etwa bei wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen keine ausdrückliche Vorschrift hierfür gibt. Das Amtsgericht Hamburg folgte unserer Rechtsauffassung:

„In der hierbei erforderlichen umfassenden Gesamtabwägung ist die Rechtsmissbräuchlichkeit zu bejahen, da die Umstände des Falls klar und deutlich dafür sprechen, dass die überwiegende Motivation für die Abmahnungen nicht darin lag, weitere Urheberrechtsverletzungen zu verhindern, sondern darin, Gebühreneinnahmen und unberechtigte fiktive Lizenzgebühren zu erzielen.
Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist dabei, dass die Abmahntätigkeit des Beklagten in keinem nachvollziehbaren Verhältnis zu seiner gewerblichen Tätigkeit steht.
(…)

Der beachtlichen Behauptung der Klägerin ist der Beklagte trotz Hinweis des Gerichts nicht hinreichend entgegengetreten. Dabei kann dahinstehen, ob dem Beklagten – wie im Hinweis angenommen – eine sekundäre Darlegungslast zu seinem Abmahnverhalten oblag. Jedenfalls hätte dieser Vortrag im Rahmen seiner Substantiierungslast (allgemein dazu: Musielak/Voit/Stadler, 17. Aufl. 2020 Rn. 10, ZPO § 138 Rn. 10) erfolgen müssen.
Gleiches gilt für den Vortrag der Klägerseite zu einer unverhältnismäßig geringen gewerblichen Tätigkeit des Beklagten. (…)

Darüber hinaus hat die Art und Weise der Organisation des Abmahnwesens das Gepräge einer Einkommensgenerierung durch provozierte Rechtsverletzungen und spricht gegen eine redliche Rechtsverteidigung. Auch wenn all die folgenden Umstände jeweils für sich genommen erklärlich sein mögen, tragen sie doch in der Gesamtschau und in Verbindung mit dem unverhältnismäßigen Umfang der Abmahntätigkeit den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs. Der vorgerichtliche Vertreter des Beklagten versendet nach dem Ergebnis der persönlichen Anhörung regelhaft Gebührenrechnungen an den Gegner, obwohl eine Abrechnung im Innenverhältnis (noch) nicht erfolgt.“

Herr Scholz hat damit weder Anspruch auf Ersatz eines Lizenzschadens noch auf Ersatz von Anwaltskosten. Umgekehrt muss Herr Scholz den Abgemahnten die Kosten vorgerichtlicher Abmahnabwehr ersetzen sowie alle Prozesskosten.

Diese aktuellen Urteile sind weitere Sargnägel für das Abmahn-Business der Urheberrechtsfallensteller.

Amtsgericht Hamburg, Urteile vom 11.12.2020, Az: 9 C 509/19, 9 C 510/19, 9 C 512/19, 9 C 521/19, alle nicht rechtskräftig.

6. Dezember 2020

Urheberrechts-Troll-Anwalt Richard Liebowitz darf vorerst nicht mehr praktizieren

Dem US-amerikanischen „Kollegen“ Richard Liebowitz, der in den USA u.a. Herrn Marco Verch wegen angeblicher Lizenzforderungen anwaltlich vertrat, wurde vom Beschwerdekommitee des Southern District of New York am 30.11.2020 vorläufig die Anwaltszulassung entzogen.

Liebowitz begann 2016 eine Karriere als Abzock-Anwalt im Bereich Fotorecht, den selbst Richter als „Copyright Troll“ bezeichneten. Der Anwalt rechnete auf Erfolgsbasis ab, trat aggressiv auf und wurde mehrfach beim Lügen vor Gericht erwischt. Liebowitz überzog in Tausenden Fällen Gegner wie Yahoo.com, Verizon.com, MSN.com, MTV.com und Gawker.com mit Klagen wegen angeblicher Verstöße gegen Urheberrechte. In einem Fall musste ein Mandanten an zu Unrecht verklagte Medienhäuser 120.000 $ Schadensersatz leisten. Er selbst wurde dieses Jahr wegen wiederholten Verstößen gegen Court Orders zur Zahlung von 103.517.49 $ sowie zur Bekanntgabe seiner Verurteilung an seine Mandanten verurteilt.

Letzteres kriegte er allerdings in 113 Fällen nicht gebacken. Da nicht mit Besserung zu rechnen war, soll die Gesellschaft nunmehr vor Liebowitz Anwaltskünsten einstweilen verschont werden. 113 Fälle von Nachlässigkeiten ließen die Richter auf eine für einen Anwalt zu schwache Organisation schließen.

In den USA führte Liebowitz auch für Herrn Verch Urheberrechtsklagen mit beachtlichen Streitwerten. Wie neulich bekannt wurde, ist Herr Verch jedenfalls vom Großteil „seiner“ Fotos nicht einmal der Urheber. In von mir betreuten Prozessen war Herr Verch nicht in der Lage gewesen, Richter von einer ernsthaften Tätigkeit als Berufsfotograf zu überzeugen. Mithin fehlte es an einer Basis für seine überzogenen Lizenzforderungen.

(Die alberne Kopfbedeckung im verlinkten Video ist ein Running Gag des dortigen Anwalts, der seine Hüte in einer Serie an Videos über Liebowitz jeweils wechselt.)

Marco Verchs deutscher Urheberrechts-Anwalt arbeitet deutlich seriöser als der US-Kollege, hat allerdings auch einen dunklen Fleck im Lebenslauf. So arbeite Herr Verchs heutiger Anwalt seinerzeit in der berüchtigten Anwaltskanzlei Urmann + Collegen (U+C Rechtsanwälte), die 2013 durch die Affäre mit den RedTube-Abmahnungen bekannt wurde. Urmann wurde zivilrechtlich wegen sittenwidriger Schädigung durch Massenabmahnungen verurteilt. Ein Strafverfahren wegen des Verdachts des Betrugs in 43.000 Fällen wurde mangels nachweisbarem Vorsatz eingestellt, allerdings wurde er wegen Insolvenzverschleppung verurteilt. Der mit einer halben Million Euro verschuldete Urmann musste dementsprechend seine Anwaltszulassung zurückgeben.