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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


25. September 2020

Rezension zu Paschke/Berlit/Meyer/Kröner: Hamburger Kommentar für das gesamte Medienrecht, 4. Auflage 2020

Mitte September erschien die 4. Auflage des „Hamburger Kommentars“ für das „gesamte Medienrecht“. Redaktionsschluss für die berücksichtigte Rechtsprechung war November 2019. Das Werk hat also eine Latenz von gut einem Jahr.

Der „Hamburger Kommentar“ spielt in der Praxis keine nennenswerte Rolle, und im Urheberrecht wird das auch so bleiben. Denn dem Urheberrecht widmen die Hanseaten gerade einmal 57 (in Worten: siebenundfünzig) Seiten (zum Vergleich: Schricker/Loewenheim (2020) kommt auf 3.343 Seiten). Beim praxisreleveanten Abmahnparagraph 97a UrhG paraphrasieren die Hamburger gerade einmal den Gesetzestext. Die Fußnoten verweisen zur Hälfte auf Kommentare der Mitbewerber. Pro-Tipp: Lieber gleich einen richtigen UrhG-Kommentar kaufen!

Deutlich brauchbarer liefern die Hanseaten bei der anderen praxisrelevanten Materie des Medienrechts ab, nämlich beim Persönlichkeitsrecht. Mich hat das Buch vor allem deshalb interssiert, weil dort ein OLG-Richter des Hamburger Pressesenats ein Kapitel beisteuerte. Doch exklusive Hamburger Betriebsgeheimnisse erfährt man leider doch nicht; wenn es schon ein Buch von einem Hamburger Presserichter sein muss, würde ich „Praxis des Presserechts“ von Korte (2. Aufl. 2019, 59,- €) definitiv vorziehen.

Beim Lektorat der Neuauflage waren die Hamburger wohl etwas lieblos. So berichtet ein Autor, dass der BGH bei unwahren Äußerungen in Interviews „bislang“ von einer Haftung des Verlags ausgegangen sei und dies nun anders sehe – und verweist auf das bekannte BGH-Urteil von 2009. Hier haben wir also einen Fachkommentar mit einer Latenz von über einem Jahrzehnt …

Für 198,- € wird man eigentlich überall woanders besser bedient. Neben Wenzel, Soehring/Hoehne und Korte nunmehr auch zu empfehlen:

Götting/Schertz/Seitz: Handbuch Persönlichkeitsrecht, 2. Auflage 2019

Während die Erstauflage von 2008 wohl eher akademisch geraten war, wird die Neuauflage dem Titel „Handbuch“ nunmehr gerecht und bietet auch für Praktiker einen handfesten Nutzen. Für 189,- € bekommt man hier 1.468 Seiten zum Thema, während dem Medienzivilrecht (Persönlichkeitsrecht) im Hamburger Kommentar nur 183 gewidmet werden.

Fazit: Das Hamburger Konzept, das gesamte Medienrecht mit etlichen Randgebieten in einem Buch unterzubringen, scheitert am unsinnigen Selbstanspruch. Ein Gemischtwarenladen auf dünnem Telefonbuchpapier, der an der Oberfläche bleibt, bietet dem Praktiker keinen Mehrwert.

21. September 2020

Amtsgericht Würzburg: Creative Commons-Abzocker Thomas Wolf – Photomedia handelt sittenwidrig

Thomas Wolf, www.foto-tw.de, Cityscape Berlin, CC BY-SA 3.0

Erneut hat das Amtsgericht Würzburg einem Bildnutzer Aufwendungsersatz für vorgerichtliche anwaltliche Kosten zugesprochen, die ihm zur Abwehr einer unberechtigten Forderung für Lizenzschadensersatz wegen fehlerhafter Nutzung aufgenötigt wurden.

Der Wikipedia-Fotograf Tomas Wolf – Photomedia – ist seit Jahren für seine forschen Forderungsschreiben bekannt, wenn jemand seine Bilder verwendet, obwohl Herr Wolf sie unter Creative Commons-Lizenzen der Allgemeinheit kostenlos zur Verfügung gestellt hat. Wolf behauptet stets, Verstöße gegen die Pflicht zur Nennung seiner Urheberschaft würden ihn zu hohen Schadensersatzforderungen berechtigen.

In Wirklichkeit hat er aber gar keinen wirtschaftlichen Schaden, denn anders, als er sich im Netz gibt, ist er nun einmal kein professioneller Fotograf. (Welcher professionelle Fotograf würde wohl seine Werke zur kommerziellen Nutzung unter einer kostenfreien Lizenz freigeben …?) Da er den Nachweis schuldig blieb, mit diesen Aufnahmen im regulären Geschäft entsprechend zu verdienen, sehen Gerichte seine Ansprüche meist bei „0,- €“, manche billigen ihm maximal 100,- € zu. Trotzdem macht Herr Wolf mit seinen unberechtigten Forderungen heiter weiter.

Wer Herrn Wolfs (jedenfalls überwiegend) unberechtigte Forderungsschreiben erhält, sollte jedoch nicht untätig bleiben. Denn Wolf kann jederzeit auch seinen Unterlassungsanspruch geltend machen, und zwar durch einen Anwalt, was ersatzfähige Kosten iHv 557,03 € auslöst, oder gar Prozesskosten. Um Herrn Wolf zuvorzukommen, gebe ich in meinen Abwehrschreiben regelmäßig unaufgefordert eine Unterlassungsverpflichtungserklärung ab. Die professionelle Anspruchsabwehr ist jedoch nicht kostenlos.

Normalerweise muss man die Kosten für die Beauftragung des eigenen Rechtsanwalts zur vorgerichtlichen Abwehr solcher Forderungen selbst tragen. Eine Ausnahme besteht bei urheberrechtlichen Abmahnungen, wenn solche unwirksam oder erkennbar unberechtigt sind, § 97a Abs. 4 UrhG. Allerdings sind die Forderungsschreiben von Herrn Wolf juristisch gesehen keine Abmahnungen, weil er (zunächst) keine Unterlassung fordert.

Ersatz für Anwaltskosten kann allerdings nach § 826 BGB dann gefordert werden, wenn eine sogenannte „vorsätzlich sittenwidrige Schädigung“ vorliegt. Am Amtsgericht Würzburg, in dessen Bezirk Herr Wolf seinen Geschäftssitz hat, sieht man dessen Lizenzschaden für die Nutzung des hier abgebildeten Lichtbilds wieder bei 0,- €. Und man findet, dass Herr Wolf nach einer Serie an Urteilen gegen ihn sich nicht einfach naiv stellen konnte, sondern wissen musste, dass seine Forderung unberechtigt war. Da er unbeirrt weitermacht, bewertet dies das Amtsgericht als eben solches vorsätzlich sittenwidriges Handeln und spricht daher dem Nutzer Aufwendungsersatz zu, bemessen auf den Gegenstandswert der abgewerten Lizenzforderung. In unserem Fall waren es 124,- € – zu denen dann knapp 1.000,- € Prozesskosten dazukommen, die Herr Wolf nun tragen muss.

Für den Kostenanspruch unschädlich ist insoweit, wenn gleichzeitig auch eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben wird, da dies nun einmal jeder sorgfältige Anwalt zur Vermeidung künftiger Rechtsstreite empfehlen und tun muss.

Warum man bei Wikimedia Herrn Wolfs Bilder, mit denen er an die Tausend Leute abgezockt hat, seine Urheberrechtsfallen weiter dort verbreiten lässt und ihm sogar den Werbelink auf seine eigene Homepage gestattet, weiß ich auch nicht. Vielleicht hat es damit zu tun, dass eine Menge Leute bei Wikimedia/Wikipedia unseriöse Geschäftsmodelle wie bezahlte PR usw. verfolgen und eine Krähe der anderen nun einmal kein Auge aushackt.

Amtsgericht Würzburg, Urteil vom 23.07.2020 – 34 C 2436/19.