Der Bundesgerichtshof hat die Urteile des OLG Hamburg aufgehoben, mit denen die oberpeinlichen ZEIT-Journalisten Josef Joffe und Jochen Bittner dem ZDF angeblich getätigte Äußerungen in der Satire-Sendung „Die Anstalt“ verbieten ließen. Hier die Pressemitteilung des BGH:
Bundesgerichtshof zur Ermittlung des Aussagegehalts von Äußerungen in einer SatiresendungUrteile vom 10. Januar 2017- VI ZR 561/15 und VI ZR 562/15
Der Kläger in dem Verfahren VI ZR 561/15 ist Mitherausgeber, der Kläger in dem Verfahren VI ZR 562/15 ist einer der Redakteure der Wochenzeitung „DIE ZEIT“. Die Kläger machen gegen die Beklagte, das ZDF, Ansprüche auf Unterlassung von Äußerungen geltend. Die Beklagte strahlte am 29. April 2014 das Satireformat „Die Anstalt“ aus. Gegenstand der Sendung war ein Dialog zwischen zwei Kabarettisten, in dem es um die Frage der Unabhängigkeit von Journalisten bei dem Thema Sicherheitspolitik ging. Die Kläger sind der Auffassung, im Rahmen dieses Dialogs sei die unzutreffende Tatsachenbehauptung aufgestellt worden, sie seien Mitglieder, Vorstände oder Beiräte in acht bzw. drei Organisationen, die sich mit sicherheitspolitischen Fragen befassen. Der Kläger in dem Verfahren VI ZR 562/15 ist darüber hinaus der Auffassung, es sei der Wahrheit zuwider behauptet worden, er habe an der Vorbereitung der Rede des Bundespräsidenten vor der Münchener Sicherheitskonferenz im Januar 2014, über die er später als Journalist wohlwollend berichtet hat, mitgewirkt.
Das Oberlandesgericht hat die Beklagte zur Unterlassung der angegriffenen Äußerungen verurteilt. Die vom Senat zugelassenen Revisionen haben zur Aufhebung der Berufungsurteile und zur Abweisung der Klagen geführt, weil das Berufungsgericht den angegriffenen Äußerungen einen unzutreffenden Sinngehalt entnommen hat. Bei korrekter Ermittlung des Aussagegehalts haben die Kabarettisten die oben genannten Aussagen nicht getätigt, so dass sie nicht verboten werden können. Zur Erfassung des Aussagegehalts muss eine Äußerung stets in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Äußerungen im Rahmen eines satirischen Beitrags sind zudem zur Ermittlung ihres eigentlichen Aussagegehalts von ihrer satirischen Einkleidung, der die Verfremdung wesenseigen ist, zu entkleiden. Bei einem satirischen Fernsehbeitrag ist in den Blick zu nehmen, welche Botschaft bei einem unvoreingenommenen und verständigen Zuschauer angesichts der Vielzahl der auf einen Moment konzentrierten Eindrücke ankommt. Dies zugrunde gelegt lässt sich dem Sendebeitrag im Wesentlichen nur die Aussage entnehmen, es bestünden Verbindungen zwischen den Klägern und in der Sendung genannten Organisationen. Diese Aussage ist zutreffend.
Vorinstanzen:
LG Hamburg – Entscheidungen vom 21. November 2014 – 324 O 443/14 und 324 O 448/14
Hanseatisches OLG – Entscheidungen vom 8. September 2015 – 7 U 121/14 und 7 U 120/14
Karlsruhe, den 10. Januar 2017
Mit dem Einzug in die Hall of Shame des BGH schließen Joffe und Bittner zu Prozesshansel Melmut Markwort auf. Dieser galt bislang als einziger prominenter Journalist, der sich nicht dafür zu schade war, Kollegen oder Kabarettisten zu verklagen. Zwischen den Zeilen hat der BGH übrigens auch signalisiert, wie er in Sachen Böhmermann entscheiden wird.
“Die Anstalt” gewinnt gegen Joffe und Bittner vor Bundesgerichtshof | Blauer Bote Magazin
[…] Kanzlei Kompa zu den entsprechenden Urteilen des BGH von heute, die für den prozeßfreudigen Zeit-Herausgeber Joffe und den prozeßfreudigen Zeit-Redakteur Bittner erfreulich unerfreulich ausfielen: “BGH zu Joffe und Bittner ./. ZDF („Die Anstalt“)“. […]
#1 Pingback vom 10. Januar 2017 um 18:07
BGH zum Thema „Die Anstalt“ des ZDF – stohl.de
[…] zur Sache Anstalt vs. ZEIT-Journalisten: BGH zu Joffe und Bittner ./. ZDF („Die Anstalt“). Gute […]
#2 Pingback vom 12. Januar 2017 um 09:36
Frontalangriff des neuen Faschismus | Blauer Bote Magazin
[…] Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes, via Kanzlei Kompa: BGH zu Joffe und Bittner ./. ZDF („Die Anstalt“). […]
#3 Pingback vom 29. Januar 2017 um 21:28