In einem aktuellen ZAPP-Beitrag geht es um eine Journalistin, die aufgrund einer Telefonüberwachung eines Islamisten die Aufmerksamkeit von Ermittlungsbehörden erfuhr und als Zeugin gewonnen werden sollte. Der NDR spricht von „Eingriff in die Pressefreiheit“.
Betrachten wir einmal getrennt die Telefonüberwachung, die versuchte Gewinnung als Zeugin sowie die Frage der Verwertbarkeit als Beweismittel vor Gericht.
Telefonüberwachung
Der Telefonverkehr eines bekannten Islam-Konvertiten, der Straftaten und Anstiftung zu solchen im In- und Ausland verdächtigt wird, wurde überwacht. Im Gegensatz zur anlasslosen Massenüberwachung haben wir es hier mit einer Person zu tun, die aufgrund von Brandstiftung und religiös motivierter Gewaltbereitschaft eine Gefahr darstellt. Die Anstiftung zu Gewalttaten im Ausland dürfte erfahrungsgemäß durch Telekommunikation geschehen. Daher ist es nachvollziehbar, dass die Polizei da ein Auge und ein Ohr auf diese Person hat und die Möglichkeiten des § 101a StPO nutzt. Die Polizei ist zur Gefahrenabwehr gesetzlich verpflichtet.
Wenn die Journalistin nicht völlig weltfremd ist, wird sie daher mit einer Telefonüberwachung einer solchen Person wohl auch rechnen müssen. Und selbstverständlich werden Anrufe bei überwachten Personen auch in den Akten protokolliert. Laut NDR soll bereits das ein „offenkundiger Verstoß gegen die Pressefreiheit“ sein. Eine Verfassungsbeschwerde gegen die Neufassung des § 101a StPO, bei der sich auch Journalisten gegen Abhören wehrten und den Schutz entsprechender Kommunikation wie Rechtsanwälte forderten, blieb allerdings 2011 erfolglos. Ein Gesetz, das bereits das Anfertigen von Akten aussetzt, nur weil ein Anrufer ein journalistisches Interesse hat, gibt es erst recht nicht, denn man muss ja erst einmal bewerten, ob es überhaupt Kommunikation zur Wahrnehmung journalistischer Interessen ist. (Eine andere Frage ist, ob das dann vor Gericht als Beweismaterial verwertbar wäre, siehe unten.)
Wenn also professionelle Journalisten gewisse Personen am Telefon befragen, sollten sie sich im klaren sein, dass sie ggf. die Befragung für Behörden leisten. Auch der Islamist wird vermutlich nicht so naiv sein, am Telefon gewisse Dinge zu sagen. Dafür, dass man die Journalistin gezielt überwacht hätte, liegen keine Anhaltspunkte vor.
Ansprache der Journalistin als Zeugin
Die Ermittler nutzten ihre Kenntnis vom Kontakt mit der Zielperson, um die Journalistin als mögliche Zeugin anzusprechen und luden diese vor. Auch das ist eher trivial. Journalisten gehören allerdings zu den in § 53 StPO privilegierten Berufsgeheimnisträgern und dürfen daher bei Bezug zu redaktionellen Tätigkeit die Zeugenaussage verweigern. Anders als bei den anderen berufsbezogenen Zeugnisverweigerungsrechten gibt es für Journalisten allerdings gewisse Einschränkungen, vgl. § 53 Abs. 1 am Ende StPO sowie Abs. 2, Satz 2f.
Ob aber ein Journalist von seinem Zeugnisverweigerungsrecht auch Gebrauch machen möchte, können die Ermittler nicht im Voraus wissen. Also werden sie wohl fragen müssen, ob er aussagebereit ist, was regelmäßig in Form einer Zeugenvorladung geschieht.
Verwertbarkeit vor Gericht
Allerdings berichtet die Journalistin, dass sie vor der Zeugenvorladung von den Behörden auch „informell angesprochen“ worden sei. Was man ihr genau angetragen hat, etwa eine Bitte um Aushorchen, berichtet sie leider nicht. Die Ansprache von Journalisten durch Sicherheitsbehörden ist verfassungsrechtlich heikel, und da wäre es für die Beamten schon sinnvoll gewesen, von Anfang an die Form zu wahren. Gewisse Aussagen dürfen nämlich erst nach einer ordnungsgemäßen Zeugenbelehrung verwertet werden.
Sofern durch eine Telefonüberwachung das Zeugnisverweigerungsrecht eines Journalisten unterlaufen wird, wäre auch das grundsätzlich nicht verwertbar. Die triviale Bitte um ein Interview enthält allerdings ohnehin nichts, was irgendwie relevant wäre, so dass sich die Frage in einem Prozess nicht stellen wird.