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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


SPIEGEL ONLINE chemisch gereinigt?

 

Seit Samstag kann man auf SPIEGEL ONLINE in der historischen Rubrik „Eines Tages“ den Beitrag „Überleben auf dem schmutzigen Schlachtfeld“ über Chemiewaffen-Übungen der US-Armee lesen, wo gleich zu Beginn geschrieben steht:

Im Kalten Krieg zerstörten die USA alle Chemiewaffen, doch die Sowjets rüsteten weiter auf.

Also die 102.000 Giftgasgranaten im Army-Munitionsdepot Clausen, in deren Nähe ich aufgewachsen bin, wurden erst 1990 abtransportiert und zerstört. Der ursprüngliche Plan zum Abtransport war nicht etwa Abrüstung: Das Zeug war am Verotten und sollte von modernen Mehr-Komponenten-Chemiewaffen ersetzt werden.

Im Koreakrieg, wo ja niemand zusehen konnte, hatten die USA diverse Massenvernichtungswaffen getestet. Veteranen erleichterten im hohen Alter ihr Gewissen und bestätigten, dass sogar Biowaffen am Feind getestet wurden. Im Vietnamkrieg setzte die Air Force das Entlaubungsmittel Agent Orange ein (geliefert vom damaligen Chemie-Manager Richard von Weizsäcker) und nahm die angeblich unbekannten Nebenwirkungen der offensichtlich nicht gesundheitsfördernden Chemikalie inkauf.

Wie seit 2002 dokumentiert ist, autorisierte die US-Regierung in den 1980ern auch auch die Lieferung von Chemiewaffen an Saddam Hussein; seit letztem Jahr ist auch bekannt, dass Bush/Reagan den Einsatz gegen Kurden und Iraner duldeten.

Die SPIEGEL-Leute hätten nur einmal in den eigenen SPIEGEL schauen müssen, um zu erfahren, dass die USA noch 10% ihres einstigen Chemie-Arsenals besitzen (Stand 2012), was über 15 Jahre nach Verbot dieser Waffe bemerkenswert ist. Die in Pueblo, Colorado, gelagerten Chemiewaffen wollen die USA bis 2021 behalten.

Aber natürlich weiß SPON etwas über die bösen Russen:

Wir Amerikaner wussten, dass die Sowjets Chemiewaffen horteten und sich mit ihrer Verwendung besser auskannten als die USA. Wir hatten Berichte über sowjetische Giftgasangriffe in Afghanistan gehört, doch für uns waren das nur abstrakte, trockene Geheimdienstinformationen.

Das hätte ich doch gerne einmal genauer gewusst. Über den Afghanistankrieg der bösen Russen gegen die tapferen Mujaheddin war viel „berichtet“ worden, etwa über die von den fiesen Russen ausgestreuten „Spielzeugbomben“, die Kinder anlocken sollten, um diesen perfide die Hände abzusprengen. Tatsächlich gab es Blindgänger, die aufgrund der Flügel des Leitwerks die Neugierde von Kindern weckten, was jedoch nie intendiert war.

Ein Vierteljahrhundert nach Ende des Kalten Kriegs finde ich es im Internetzeitalter mutig, die Öffentlichkeit mit derartig simpler Propaganda abzuspeisen. Trotz etlicher Leserkommentare von gestern verbreitet SPON die Story noch immer unverändert.

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Autor:
admin
Datum:
12. Januar 2014 um 18:49
Category:
Allgemein,Medienmanipulation,Politik,Zensur
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