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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


Lady Hekate und das Presserecht

Auf ZEIT ONLINE berichtet „Lady Hekate“ über ihren Einstieg in das horizontale Gewerbe, das mit den Unzulänglichkeiten von Hartz IV zusammenhing. Ihr unkonventioneller Nebenerwerb wurde ihr jedoch eines Tages von der Lokalpresse unter die Nase gerieben. So hatte ein Denunziant ihre Internetseite einem Schmierfink gewissenhaften Enthüllungsjournalisten geliefert und deanonymisiert. Als die aufgrund ihres Engagements in der Öffentlichkeit stehende Frau aus Scham die Identität abstritt, brachte das Blatt die voyeuristische Boulevardstory gesellschaftspolitisch wertvolle Information, denn es hat ja einen Riesennachrichtenwert, dass entsprechende Anbieter auch ein bürgerliches Leben führen, in dem sie für sich und ihre Familie den üblichen Respekt beanspruchen natürlich nicht belassen werden dürfen.

Was tut jemand, der aus dem Hinterhalt attackiert und mit etwas konfrontiert wird, das er zwar gern tut, aber nicht unbedingt an die große Glocke gehängt haben will?

Der Gang zum Anwalt wäre nicht die schlechteste Idee gewesen. Zwar hatte die Redaktion dann den bürgerlichen Namen nicht genannt, sondern nur ihren „Künstlernamen“, aber offensichtlich war sie erkennbar gewesen, so dass sie einen Großteil ihrer sozialen Existenz aufgeben musste. Sie hätte sich in dem Falle sogar präventiv wehren können.

Grundsätzlich hat man aber einen Anspruch auf Anonymität, sprich: nicht identifizierende Berichterstattung. Die nachvollziehbare Annahme einer Erkennbarkeit im Bekanntenkreis kann bereits ausreichen, um eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu begründen, wenn man unfreiwillig in die Öffentlichkeit gezerrt wird. Wenn eine Redaktion trotzdem eine solche Schmuddelstory bringen möchte, dann müsste sie ein überwiegendes Berichtsinteresse der Öffentlichkeit geltend machen können. Bei 400.000 Prostituierten in Deutschland hält sich der Nachrichtenwert, dass das jemand als Nebenjob horizontal anbietet, in überschaubaren Grenzen. Ich habe sogar von Rechtsreferendarinnen gehört, die entsprechend anboten.

Die Betroffene hatte übrigens als Beisitzerin im Journalistenverband fungiert, bis sie denen nicht mehr fein genug war. Die Frau war also mehr oder weniger sogar eine Kollegin des Schreibers, der sie in die Pfanne haute. Ich finde da die andere Branche der Frau weitaus anständiger.

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Autor:
admin
Datum:
13. November 2013 um 16:28
Category:
Allgemein,Internet,Persönlichkeitsrecht,PR,Pressefreiheit,Verdachtsberichterstattung
Tags:
 
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