Ich habe anlässlich des Obama-Besuchs eine Rede in Berlin gehalten, gerichtet an Obama himself.
Dabei habe ich ihn darauf hingewiesen, dass hier in Berlin vor 80 Jahren die Geschichte des systematischen Abhörens der eigenen Bevölkerung begann, nämlich mit der als „Forschungsamt“ getarnten Abhörzentrale, die bis zu 6.000 Menschen mit dem Belauschen sämtlicher Telefone beschäftigte. Ich wies darauf hin, dass dieses Instrument wesentlich für den Machterhalt von Hitler gewesen sein dürfte, der sogar seine engsten Freunde abhören ließ.
Dieser historische Schlenker wird mir derzeit als Nazi-Vergleich ausgelegt, was schon deshalb ärgerlich ist, weil ich von Nazivergleichen bekanntlich nichts halte. Vom Lernen aus der Vergangenheit halte ich allerdings sehr viel.
So haben die Mächtigen in den USA die Friedens- und Bürgerrechtsbewegung in den 1960er Jahren abhören lassen. Nicht nur mit dem FBI, sondern systematisch mit dem Militärgeheimdienst NSA. Man ließ etwa 600 Menschen überwachen, die sich für ehrenwerte Ziele einsetzten, etwa für die Überwindung von Rassismus und Militarismus. An diesen Missbrauch der Abhörinstrumente durch die USA habe ich Obama erinnert, der seine Position nicht zuletzt Bürgerrechtlern wie überwachte Dr. Martin Luther King verdankt, der sogar sein Leben dafür geben musste. Es ging der US-Politik um den eigenen Machterhalt. Große US-Telekommunikationsunternehmen beteiligten sich damals an den offensichtlich rechtswidrigen Abhörmaßnahmen – wie heute auch.
Ich habe Obama spöttisch darauf hingewiesen, dass es normal ist, dass US-Präsidenten nicht wissen, was ihre Geheimdienste machen. Vor ein paar Jahren hatte ich mich mit dem Verhältnis des Weißen Hauses zu den eigenen Geheimdiensten auseinander gesetzt. Außer George Bush senior hatte tatsächlich keiner Ahnung, was die denn da überhaupt machten und was vor allem die NSA für eine Organisation ist.
Ich habe dann auch die Resultate der NSA-Spionage angesprochen, welche häufig der CIA die Grundlage für Exekutionen angeblicher Staatsfeinde gibt. Die US-Regierung hält es für opportun, etwa in Pakistan Menschen aufgrund bloßer Verdachtslagen von Drohnen aus wie Heckenschützen zu exekutieren. Die humanere Variante sind Lager wie Guantánamo, die mit Rechtsstaatlichkeit gar nichts mehr zu tun haben. Der US-Präsident muss jeden einzelnen Abschuss genehmigen. Es sind fast 4.000 Menschenleben ohne Gerichtsverfahren von der CIA, der die Kontrolle über die Drohnen obliegt, ausgelöscht worden, darunter ca. 180 Kinder. Auch US-Staatsangehörige sind vogelfrei. Neulich hat es einen 16jährigen US-Amerikaner getroffen.
Das anzuprangern, ist ganz sicher kein „Nazi-Vergleich“.
Es mag sein, dass Sarkasmus für einen Politiker kein gutes Stilmittel ist. Lasse ich dann künftig besser.