Der Kollege Höcker hat neulich den wohl prestigeträchtigsten Erfolg seiner Karriere eingefahren: Er verschaffte durch den Gang vor das Bundesverfassungsgericht einer türkischen Tageszeitung einen Zuschauerplatz im Münchener NSU-Prozess. Resultat dieses Coups war jedoch nicht nur, dass die Plätze neu vergeben werden mussten, vielmehr führte ebendieses zu einer Vertagung des Prozessbeginns. Damit greift die Presse in ein Geschehen in einer Weise ein, die ihr eigentlich als beobachtendes Medium gar nicht zugedacht ist. Es ist zwar nicht anzunehmen, dass durch die Verzögerung ernsthafte Unterschiede entstehen, ausgeschlossen ist das aber keineswegs. So können in der Zwischenzeit Zeugen versterben, die Perspektive der Richter durch neue Ereignisse beeinflusst werden, was auch immer. Die Autorität des Gerichts ist durch diesen Schlenker sicherlich nicht gefördert worden.
Inzwischen nun heulen Zeitungsverlage los, die jetzt bei der Losvergabe leer ausgegangen sind, und wollen gar selbst klagen. Die sich zur Qualitätspresse zählenden Edelblätter neiden nicht nur den Gewinnern ihre Position, sondern wollen sie auch noch verächtlich machen. So zeigt man mit dem Finger verächtlich auf „Brigitte“, RTL2 und BILD und ärgert sich über das mehrfache Glück der öffentlich-rechtlichen Rundfunkhäuser.
Ich halte das für eine alberne Gockelei, denn den Redaktionen entgeht nichts. So ist etwa im Saal die Deutsche Presse-Agentur vertreten, von der alle Blätter Beiträge beziehen. Einige freie Journalisten sind dabei, deren Arbeiten die Verlage kaufen können. Die zahlreichen öffentlich-rechtlichen Häuser gewährleisten grundsätzlich eine seriöse Berichterstattung. Abgerundet wird das Bild durch die vielen Journalisten anderer Häuser, sodass eine ausgewogene Darstellung zu erwarten ist. Ich rechne übrigens stark damit, dass auch RTL2 mit RTL kooperieren wird. Filmen ist während der Verhandlung ohnehin nicht erlaubt. Und auch bei BILD und Brigitte arbeiten durchweg Profis, wenn auch Sprache und Perspektive auf die Leserschaft zugeschnitten sein mögen. Da hier eine Frau angeklagt ist, halte ich es durchaus nicht für unangemessen, dass 6,25% des entsprechenden Kontingents an eine Frauenzeitschrift vergeben wurden, und zwar an eine niveauvolle, die immerhin 3,6 Millionen Leser erreicht. Brigitte muss einen Vergleich zur Berichterstattung über den Fall durch die selbst erkorene Qualitätspresse nicht scheuen, und das Geringschätzen einer Frauenzeitschrift sagt eher etwas über die eigene Mentalität aus.
Was aber gar nicht geht: Den Prozess noch weiter mit wehleidigen juristischen Winkelzügen zu verzögern. Heult doch, ihr Mädchen!
Wochenspiegel für die 18. KW, das waren die "Nachrückertombola", die Causa Hoeneß und das Kontaktverbot in Düren - JURION Strafrecht Blog
[…] NSU-Prozess, immer noch die Platzvergabe, siehe auch noch hier, oder hier, hier, – und das war noch nicht […]
#1 Pingback vom 05. Mai 2013 um 10:45