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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


Wolfgang Gründinger übertreibt ein bisschen

Wolfgang Gründingers (SPD) Buch über seine Zeit in der Piratenpartei hatte ich ja bereits (positiv) besprochen. Nicht so ganz leuchten mir allerdings seine Äußerungen gegenüber Tobias „Isarmatrose“ Schwarz ein. So schreibt Gründinger:

Die parteipolitischen Mechanismen laufen bei den Piraten genauso ab wie bei allen anderen Parteien, zum Teil sogar noch schlimmer. Bei der SPD gibt es zwar auch Beißreflexe gegenüber den Piraten, weil die SPD glaubt, dass die Piraten verlorene Kinder der Mutterpartei SPD sind. Ähnlich sehen das übrigens auch die Grünen und die Linken. Aber von den Piraten erwartete ich, dass sie endlich Politik ohne Ochsentour, Personengeschacher, Parteitaktik und Flügelkämpfe betreiben; dass sie eine Mitmachpartei sind, für jeden und für alle offen. In dieser Hoffnung wurde ich enttäuscht.

Sachte … Es wäre schon ein bisschen sehr naiv von Gründinger gewesen, ernsthaft von den Piraten zu erwarten, dass bei dieser Partei soziologische Gesetzmäßigkeiten anders ablaufen würden, als dies bei nahezu allen anderen Gruppierungen der Fall ist. Erst recht, wenn man es mit einer Partei zu tun hat, die nicht einem einenden Dogma oder Charismatiker folgt, sondern alles infrage stellt und basisdemokratischen Konsens sucht. Idealer Mensch zu sein ist keine Zugangsvoraussetzung bei den Piraten.

Ich jedenfalls kann nicht von mir behaupten, hier in NRW eine „Ochsentour“ durchlaufen zu sein, mich an „Personengeschacher“ beteiligt zu haben, einer „Parteitaktik“ gefolgt zu sein oder mich in „Flügelkämpfe“ habe hineinziehen lassen. Trotzdem – ich behaupte: sogar deswegen – bin ich Listenkandidat Nr. 6 in NRW. Und das, obwohl ich nur relativ wenige NRW-Piraten persönlich kenne, praktische keine Mailinglisten abonniert habe, mich nie im Mumble einbrachte oder Wahlvolk angekarrt habe. Ich habe mich bei meiner Bewerbung vorgestellt, mich den Fragen und dem Prozedere der Versammlung gestellt, und wurde gewählt. In anderen Parteien wäre das so kaum denkbar gewesen. Auch bei den anderen NRW-Kollegen konnte ich keine Kungelei erkennen; sie wurden gewählt, weil sie überzeugten. Die Karrieren von Bruno Kramm (Bayern), Katharina Nocun (Niedersachsen) und Udo Vetter (NRW) verliefen noch rasanter.

Ich habe auch starke Zweifel, dass es bei uns „schlimmer“ als in anderen Parteien zugeht. Ein Blick auf das Arbeitspensum der Schiedsgerichte der anderen Parteien dürfte einen solchen Eindruck schnell korrigieren. Über die an Streit nicht arme Linkspartei etwa unkt man, sie sei „ein Schiedsgericht mit angeschlossener Partei“.

Viel wesentlicher ist allerdings Gründingers Befund, dass die Methoden der Piraten auf die junge Generation der konventionellen Parteien ausstrahlen. Die Integration der Parteibasis in die Willensbildung wird auch hier langfristig eingefordert werden.

Und dass man der SPD und den GRÜNEN Angelegenheiten wie die Abwehr des Leistungsschutzrechts nicht anvertrauen kann, haben wir heute mal wieder gesehen. Bei den Piraten hätte man entsprechende Umfaller über die Planke geschickt.

Die Idee, die Piraten zu unterwandern, hatte auch die TAZ-Journalistin Astrid Geisler, die ebenfalls ein Buch über ihre Abenteuer schrieb. Ihre Autorenlesung löste bei mir jedoch keine Kaufentscheidung aus.

« Bundesnachrichtendienst in Verlegenheit – Die Parteien haben den Piraten gestern eine wichtige Nachricht geschickt »

Autor:
admin
Datum:
21. März 2013 um 19:02
Category:
Allgemein,Politik
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