28. November 2012
(HINWEIS FÜR TAZ-LESER: Das Folgende war ironisch gemeint.)
- Nachdem die Rechtsprechung zu Filesharing-Fällen die bestehenden Geschäftsmodelle von auf Urheberrecht spezialisierten Anwaltskanzleien zunehmend gefährdet, besteht zur Sicherung von Arbeitsplätzen entsprechend versierter Fachkräfte dringender Bedarf an neuen Aufgabenfeldern. Das Leistungsschutzrecht wird für jede Menge Rechtsunfrieden sorgen und ist daher aus anwaltlicher Perspektive nur zu begrüßen.
- Nach Wegfall von Internetsperrgesetz und ACTA besteht für die Piratenpartei unter dem Aspekt des Wahlkampfes in Niedersachsen Bedarf nach einem griffigen Beispiel, dass die Verrückten nicht etwa in der Piratenpartei, sondern in den Regierungsparteien sitzen. Der politische Wert eines nach allen Expertenmeinungen unsinnigen Gesetzes wie des LSRs und die willfährige Ignoranz der lobbyhörigen Politiker diesbezüglich ist wahlkampftechnisch unschätzbar.
- Die aktuelle Berichterstattung einiger Medien zum LSR, an dem ihre Verleger ein (irrationales) Interesse haben, ist ein pädagogisch wertvolles Beispiel für die „Unabhängigkeit“ und „Zuverlässigkeit“ des Journalismus. Einen plakativeren Beweis für die Funktionslosigkeit des gegenwärtigen politischen Systems kann man sich schwerlich vorstellen.
Nach weiteren Gründen für das LSR können Sie ja mal googeln …
27. November 2012

admin •

11:05 •
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25. November 2012
Was wurde in den letzten Wochen nicht alles über die Piraten geschrieben! Meinungsverschiedenheiten, wie sie im Vorstand jedes zweiten Kirchenchors vorkommen, wurden von der Presse in einem Ausmaß breitgetreten, als handele es sich um eine Koalitionskrise von Regierungsparteien. Tatsächlich haben sich die Chorknaben inzwischen zusammengerauft und tun das, wofür sie gewählt wurden, etwa der Basis Parteitage zu organisieren.
Nachdem sich der erste Tag eher schleppend dahin zog, verlief der Sonntag deutlich produktiver. Wenn Kommentatoren darauf hinweisen, dass nur ein Teil der Anträge bearbeitet werden konnte, scheinen sie zwei Dinge außer acht zu lassen: Der Bundestag hat zur Diskussion und Verabschiedung von Gesetzen das ganze Jahr über Zeit, die Fraktionen werden hierauf intensiv vorbereitet. Es wäre ein Wunder und würde auch die Qualität des politischen Diskurses infrage stellen, wenn die Piraten vergleichbare Dinge in nur zwei Tagen gewuppt bekämen. Anders als der Bundestag, der derzeit aus 620 Mitgliedern mit reglementierten Rederechten besteht, konnten in Bochum zeitweise über 2.000 Piraten mitreden. Von der Logistik und den Prozeduren, welche die Piraten in den letzten Jahren entwickelten und testeten, könnten sich einige Parlamente eine Scheibe abschneiden.
Natürlich ist das nicht perfekt. Man darf auch mit guten Gründen bezweifeln, dass Basisdemokratie so etwas wie ein Konzept hervorbringen kann. Aber wenn eine derartige Quadratur des Kreises jemals jemandem gelingen könnte, dann den insoweit nunmehr routinierten Piraten. Und selbst dann, wenn sich erweisen sollte, dass diese Form der digital gestützten Demokratie so nicht funktionieren sollte, dann wäre dies schon ein experimenteller Erkenntnisgewinn.
Wohl nicht mehr erhoben wird der Vorwurf, die Piraten hätten zu wenig Frauen. So dürften zwischen 20% und 30% der Teilnehmer weiblich gewesen sein, was den Verhältnissen in anderen Parteien nahe kommt (CDU: 25,4 %, SPD 31,2 %, FDP: 22,55 %, Bündnisgrüne: 37,4 %, Die Linke: 37,3 %). Und insbesondere unter den Aktiven haben wir da ein paar temperamentvolle Frauen am Start, die antreten, um den Bundestag aufzumischen.
Die Politik wird sich daran gewöhnen müssen, dass es nun eine Oppositionspartei ohne Glaubensbekenntnis zu roten Fahnen, neoliberalen Wahnvorstellungen oder ökologischem Pseudopazifismus gibt. Wenn die angestaubten Parteien sich von der selbstbewussten Mitbewerberin nicht die Prozente wegschnappen lassen wollen, dann müssen sie mindestens deren Kernthemen besetzten oder spürbar und glaubwürdig Lobbyismus abbauen. Es sieht nicht so aus, als ob die Dinosaurier das bis zur Bundestagswahl schaffen werden. Wenn ihr es unbedingt wollt, dann gehen wir halt selbst in die Politik! So, habt ihr jetzt davon!
23. November 2012
Die Piraten pflegen ein fundamentales Verhältnis zur Pressefreiheit. Aber die Idee, jeden Journalisten beim dieses Wochenende stattfindenden Bundesparteitag ein Dokument wie das unten stehende unterschreiben zu lassen, hätte schon etwas: :-)
Die/der unterzeichnende Medienvertreter/in bestätigt hiermit:
- Mir ist bekannt, dass es beim Bundesparteitag keine „Delegierten“, sondern ausschließlich basisdemokratisch agierende Mitglieder gibt.
- Ich habe Kenntnis von der Website kein-programm.de genommen.
- Mir ist bekannt, dass das eigenmächtige Abfilmen von fremden Bildschirmen als Indiskretion betrachtet wird. Ich habe schon einmal davon gehört, dass Menschen auf Monitoren ihre privaten E-Mails lesen, Websites mit intimen Content anzeigen lassen oder sich zu politischen Themen äußern, was sie nicht notwendig öffentlich tun möchten.
- Ich habe schon einmal vom Wahlgeheimnis gehört und weiß, dass es sich nicht geziemt, Menschen während des Ankreuzens von Wahl- oder Stimmzetteln zu filmen.
- Anträge und sonstige Äußerungen eines einzelnen Mitglieds einer Partei mit inzwischen über 35.000 Parteigängern sind Privatmeinungen und keine offiziellen Aussagen einer basisdemokratischen Partei.
- Ich habe verstanden, dass Vorstände einer basisdemokratischen Partei deren Dienstleister sind und politisch selbst nichts zu verkünden, zu predigen oder sonst wie zu kamellen haben.
- Mir ist bekannt, dass Personen, die auf Parteitagen mit Piratenhüten oder ähnlichem herumlaufen, entweder „Gregory“ sind (der darf das) oder Vollidioten (die dürfen das leider auch).
- Ich habe davon gehört, dass von Journalisten mitgebrachte nautische Utensilien, Piratenschiffe und Dinge, die nach Inszenierung aussehen, meine Berufsgruppe in Misskredit bringen.
Ach, was! Schreibt, was ihr wollt!
15. November 2012
Die Piraten hatten zum Reflektieren der internen Streitkultur eine „Flauschcon“ durchgeführt. Im Gegensatz zu anderen Piratenveranstaltungen, bei denen preisbewusst eher nüchterne, zweckige Räume benutzt werden, zeichnete sich die Veranstaltung durch eine bemerkenswerte Deko aus. Mir wurde gesagt, diese hätte ein Hamburger Eventmanager, der die Piraten unterstützen wolle, kostenfrei zur Verfügung gestellt. Fand ich nobel, aber mir kam seltsam vor, dass der Sponsor bescheiden im Hintergrund blieb, statt sein Logo feiern zu lassen.
Wer einmal Einblick in die Konzertveranstalter-Branche hatte, der weiß, dass dort angesichts der hohen Gewinnspannen und geschäftlichen Risiken bisweilen äußerst windige Gestalten unterwegs sind, die ein großes Talent haben, etwa an Showerfolgen finanziell zu partizipieren, bei Flops aber andere auf den Kosten sitzen lassen oder in anderer Weise zu parasitieren. Und offensichtlich sind die Veranstalter der Flauschcon an einen solchen Hochstapler geraten, der sich auf dem Ticket der Piraten wichtig machen wollte. So hatte der Mensch sich sogar eigenmächtig Visitenkarten drucken lassen, er sei der Eventmanager der Piraten usw.. Die Deko war gar nicht seine eigene, vielmehr hatte er sie bei Subunternehmern organisiert, die allerdings nichts davon wussten, dass der Service nichts kosten solle.
Wie leider erst durch die Popcornpiraten wirklich bekannt wurde, wendeten sich die Unternehmer an die Veranstalter. Diese hatten inzwischen auch von anderer Seite Dubioses über den „Eventmanager“ gehört. Da es für die Deko keine entsprechenden Verträge gab und auch niemand dafür ernsthaft Geld bewilligt hätte, wurden die Unternehmer an den Eventmanager verwiesen, mit dem sie wohl paktiert hatten. Ferner kam es zu einem Schaden am Hallenboden wegen eines falschen Teppichklebers, der jedoch wohl ein Fall für die Haftpflichtversicherung ist. Dies wurde gestern per Pressemitteilung kommuniziert, die auch die Popcirnpiraten brachten.
Damit war die Story gestern tot.
Und so sieht das heute im SPIEGEL aus:
Nein. Gerade nicht. Für diese weiteren Positionen gibt es offensichtlich keine Rechtsgrundlage. Die Bodenbeschädigung wird wohl die Versicherung tragen. Die Überschrift ist schlicht und ergreifend falsch.
Bemerkenswert ist, wie einige Medien das eigentlich banale Thema skandalisieren. Bei vielen Veranstaltungen kommt es zu Sachbeschädigungen, Materialverlusten oder Fehlkalkulationen. Jedes Wochenende werden in Deutschland Tausende Veranstaltungen durchgeführt, bei denen es ähnliche Probleme gibt, selbst wenn Profis im Spiel sind. Ich frage mich wirklich, wo da der Nachrichtenwert liegen soll. Während etablierte Parteien unfassbare Unsummen für Veranstaltungen wie Parteitage ausgeben, geht es hier um Beträge, die eher mit Abi-Ball zu tun haben, als mit großer Politik. Eine Flugstunde mit einem Kampfjet kostet 50.000,- €. Allein eine Folge einer TV-Show kostet planmäßig an die 100.000,- € Gebühren.
Viel witziger ist doch, was Schatzmeister bei den Grünen so machen …
Die Piratenpartei testet zur kollektiven Meinungsbildung der Partei ein Tool namens „Liquid Feedback„. Über Sinn und Unsinn wird heftig gestritten. Problematisch ist bei LQFB, dass Daten gespeichert werden. Zu dieser Frage hat das Bundesschiedsgericht der Piratenpartei ein lange erwartetes Urteil gefällt.
13. November 2012
Normalerweise weise ich nicht mehr in meinem Blog auf meine Beiträge auf TELEPOLIS hin, dazu gibt es Twitter oder diese Funktion. Aber diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die ich heute besprochen habe, sollte nicht überlesen werden.
12. November 2012
Neulich haben nicht zuletzt die Piraten dafür gesorgt, dass eine gut gemeinte, aber leider dilettantisch zusammengestoppelte und am Thema juristisch nahezu vorbeigehende Petition gegen die „GEMA-Vermutung“ 60.000 Unterzeichner fand. Der Petent hätte ja mal jemanden fragen können. Aber Professionalität steht bei Piraten nicht unbedingt hoch im Kurs – was natürlich niemanden davon abhält, zu schimpfen, wenn die Dinge nicht rund laufen. Für den Bundestag tritt bislang kein einziger Volljurist an (Korrektur: Christian Reidel, Listenplatz 10 in Bayern), was ein Problem bei der Besetzung des Rechts- oder des Innenausschusses nach sich ziehen dürfte. Während sich unter den Mitgliedern konventioneller Parteien viele Juristen tummeln, sind Rechtsgelehrte bei den Piraten erstaunlich selten vertreten.
Heute nun hat sich erstmals ein bekannter Anwalt mit ausgewiesener IT-Kompetenz und denkbar hoher Street-Credibility in der Blogosphäre für den Bundestag gemeldet. Und was passiert? Die Piratenmeute ergeht sich darin, dem Bewerber am Zeug zu flicken, weil er als Strafverteidiger nicht ausschließlich Unschuldige vertritt. Weil er für diese die rechtsstaatliche Unschuldsvermutung einfordert. Weil er sich vorstellen kann, dass nicht jeder, der einer Vergewaltigung bezichtigt wird, tatsächlich auch ein Vergewaltiger ist. Und weil er Meinungsfreiheit auch solchen Leuten zubilligt, deren Meinung er mitnichten teilt. Und weil er ein „mittelalter, weißer, männlicher Jurist“ ist. Irgendwer hat auch einen Rassismus-Vorwurf behauptet. Udo nimmt’s sportlich.
Ach, Piraten ….
Wir Piraten haben wichtige Aufgaben vor uns, nämlich effizient für Bürgerrechte, gegen den Überwachungsstaat und für ein zeitgemäßes Urheberrecht einzutreten. Um diese mir am Herzen liegenden Anliegen zu unterstützen, bin ich 2009 in die Partei eingetreten. Damals galten die Piraten als Alternative für intellektuelle Qualitätswähler, die sich den Mogelpackungen der etablierten Opportunisten entziehen wollten. Viele Piraten stammten aus der IT-Welt, die Partei galt als undogmatisch, visionär und modern. Nach der Berlin-Wahl 2011 waren wir die Stars des Politbetriebs.
Viel von dem Glanz ist nicht geblieben. Der Gate-Marathon aus Berlin während des NRW-Wahlkampfs war nervtötend. Insbesondere die Eskapaden an der Parteispitze in den letzten Monaten haben viele einst den Piraten wohlwollende Zeitgenossen vor den Kopf gestoßen, ständig werde ich auf meine Partei angesprochen. Wenn wir lauter wilde Männer und naive Ignoranten mit Großmaul aufbieten, werden wir vermutlich nur sehr wenige Wähler ansprechen. Und wenn jeder, der antritt, mit einem Shitstorm empfangen wird, werden die guten Leute nicht ermutigt, sich in eine solche Gesellschaft zu begeben.
10. November 2012
Der einstige Kernphysiker Rolf Schälike hat eine interessante politische Vergangenheit. Aufgewachsen im Moskauer „Hotel Lux“ inmitten der späteren DDR-Elite gelang es ihm trotz seiner Kontakte, aus der Partei sowie aus dem Zentralinstitut ausgeschlossen zu werden. Selbst seine Verbindungen, die bis zu MfS-General Markus Wolf reichten, konnten nicht verhindern, dass er für das Verleihen von verbotenen Büchern in den StaSi-Knast gehen musste. Politisch gesehen war das Eintreten für Meinungsfreiheit mutig und respektabel, Schälike wurde Opfer widerwärtigster Justizkriminalität. Allerdings war Schälikes Persönlichkeit schon damals schwierig. Der eigene Bruder belastete ihn 1984:
So äußerte er bei den vielen ideologischen Auseinandersetzungen, die sein Bruder, der Zeuge Dr. Wolfgang Schälike mit ihm führte, u.a. die Auffassung, daß die Physik die einzige und wahre Wissenschaft sei, er allein Vorschriften machen könne und alle anderen nicht urteilsfähig wären. Er nahm für sich in Anspruch, andere kritisieren zu können, nahm selbst keine Kritik an und änderte sein Verhalten nicht. Seine revisionistischen Auffassungen entbehrten jeder Konstruktivität und Grundlage und er versuchte, andere auf seinen Standpunkt zu ziehen und sie auf Positionen gegen die Politik von Partei und Regierung in der DDR und der UdSSR zu bringen
Weiter ist im Urteil zu lesen:
Die Mutter des Angeklagten, der Freundeskreis des Zeugen und der Zeuge selbst führten mit dem Angeklagten endlose Diskussionen zu dieser Zeit und machten ihn darauf aufmerksam, daß er eine verhängnisvolle Entwicklung nimmt
Auch der damals ausgeprägte missionarische Eifer fand Niederschlag:
Der Zeuge stellte dabei fest. daß der Angeklagte jede Gelegenheit wahrnahm, um über politische Dinge zu sprechen.
Tatsächlich war und ist Rolf Schälike denkbar aufdringlich und „schwierig“, zurückhaltend formuliert, darüber gehen die Meinungen nicht auseinander. Sein Drang zu Rechthaberei und Querulanz hat ihn viele Freunde und Mitstreiter gekostet, selbst Bärbel Bohley attestestierte Schälike „ein Ego wie Stalin“. (more…)
8. November 2012
Sucht man bei SPON nach Beiträgen zu „indect“, so werden für dieses Jahr gerade einmal drei Artikel ausgeworfen, von denen wiederum allenfalls einer informativ ist (einer von SPIEGEL PRINT und zwei von SPIEGEL ONLINE). Das Thema scheint also unwichtig zu sein.
Wenn ich mir hingegen das Interesse an den Personen der Piraten-Vorstände ansehe, die ja aktuell keine politische Macht ausüben, etwa den heutigen „irgendwas-mit-Piraten“-Artikel, dann frage ich mich langsam, nach welchen Kriterien denn Medien ihre Themen so gewichten.
Pressefreiheit verpflichtet. Boulevard kann jeder.