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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


Buch

Buch ist ein Kulturgut.

Buch ist nach wie vor das zentrale Medium, um Gedanken zu transportieren, die den Rahmen etwa eines Blogposts sprengen. Niemand liest am Rechner lange Texte.

Ein Buch herauszubringen kostet Geld, wobei die eigentlichen Druckkosten übrigens nur einen Bruchteil ausmachen, auch eBooks verschlingen Produktionskosten. Wer ein Buch veröffentlichen will, benötigt außer im Falle von Reichtum einen Verleger (jemanden, der die Kosten „vorlegt“). Der ganz überwiegende Teil der angebotenen Manuskripte wird von den Verlagen abgelehnt. Insbesondere der Sachbuchmarkt ist alles andere als lukrativ und bietet nur geringe Honorarspannen. Professionelle Sachbuchautoren, die allein von ihren schriftstellerischen Künsten vernünftig leben möchten, müssen im Jahr ca. 6 Werke auf den Markt werfen. Sachbücher schreiben faktisch die meisten Leute aus Leidenschaft.

Eine Autorin, die seit Jahren im Internet mit großer Resonanz bloggt und twittert, und schlicht und ergreifend über ein beispielloses kommunikatives Talent verfügt, wurde von einer Literaturagentur vorgeschlagen, ihre Vorstellungen über eine andere Politik in einem Buch niederzuschreiben. Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass das Werk brillant werden wird, und dass ich sowie viele andere die gedruckte Ausgabe lesen und in den Schrank stellen möchten. Es ist es völlig legitim, dass die Autorin für ihre Arbeit – und es ist Arbeit – ein Honorar nimmt, wie alle Autoren, Journalisten und gefragten Künstler.

Da es sich bei der Autorin um eine bekannte Piratin handelt, stellt sich natürlich die Frage nach dem Umgang mit dem Urheberrecht. Für die Autorin war von Anfang an undenkbar, sich mit den Forderungen der Piratenpartei in Widerspruch zu setzen. Also wurde bei der Suche nach einem Verlag verlangt, dass dieser nicht gegen digitale Kopien vorgeht, auch nicht durch DRM. Die Piraten verlangen nicht etwa Abschaffung des Urheberrechts oder Entrechtung der Urheber, sondern einen souveränen Umgang mit der Digitalkopie. Die Sängerin Adele etwa bricht derzeit alle Verkaufsrekorde, obwohl ihr Album im Internet legal gestreamt und vermutlich massig gefileshared wird. Die Filmindustrie boomt und gibt inzwischen über 200 Millionen Euro Produktionskosten für einen Blockbuster aus, obwohl die Lobbyisten uns seit 10 Jahren erzählen, dass „Raubkopierer“ den Filmemachern das Wasser abgraben. Das Internet ist nicht Schuld an Marktversagen mancher Urheber. Im Gegenteil geht es heute laut Künstlersozialkasse Urhebern besser als vor einem Jahrzehnt. Auch das Internetrecht-Buch von Prof. Hoeren, das von Anfang an im Internet publiziert und regelmäßig aktualisiert wurde, verkaufte sich in einer Print-Ausgabe.

Der Verlag Klett-Cotta und die Autorin gewannen einander. Mit dem ursprünglichen Schulbuchverlag Klett-Cotta hatte ich einen schlechten Start, weil dieser den mir verhassten „Ludus Latinus“ verlegte. Allerdings war der Sohn des Verlegers eines Tages auf ein ungewöhnliches englisches Jugendbuch gestoßen und überzeugte seinen Vater, das verlegerische Risiko mit einem für den deutschen Markt neuen Genre einzugehen. Der Erfolg von „Der Hobbit“ und dann „Der Herr der Ringe“ belohnten Klett-Cotta für den unternehmerischen Mut. Und ich habe keinen Zweifel, dass sich die Investition in das aktuelle Werk der Autorin für den Verlag mehr als rechnen wird.

Und nun kommen irgendwelche Zeitgenossen daher, die der Autorin altklug vorwerfen, sie hätte irgendwelche Ideale verraten und befände sich in der Glaubwürdigkeitsfalle, weil sie gefälligst neue Finanzierungsmodelle (z.B. Crowdfunding) hätte ausprobieren sollen. Für eine Partei, die sich die Freiheit auf die Fahnen schreibt und ihre Politiker nicht bezahlt, ist dieser ideologische Anspruch schon irgendwie bemerkenswert. Vielleicht ist noch nicht aufgefallen, dass sich diese neuen Geschäftsmodelle noch im embryonalen Zustand befinden und einen hohen organisatorischen Aufwand verlangen. Die Autorin selbst ist Bafög-verschuldet und kann kaum Kredit erhalten. Wenn ein Verleger anbietet, das Risiko und die Arbeit drumherum zu schultern und schon organisatorisch die Autorin zu entlasten – warum sollte sie das Angebot nicht annehmen und damit ihre ehrenamtliche politische Arbeit finanzieren? Den Verzicht auf Verfolgung von Digitalkopien als „kleines Zugeständnis“ abzutun, ist unfair. Denn mehr als einen souveränen Umgang mit der Digitalkopie fordert die Piratenpartei insoweit doch gar nicht.

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Autor:
admin
Datum:
26. September 2012 um 11:07
Category:
Allgemein,Internet,Medienrecht,Politik
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