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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


Tue ich Agnes Krumwiede Unrecht?

Sehr geehrter Herr Kompa,

Agnes Krumwiede schreibt einige Dinge, die fuer Sie naiv klingen.
Umgekehrt klingen manche Ihrer Aussagen so, als waeren die tatsaechlichen Lebensumstaende der meisten Kunstschaffenden Ihnen fern. Der Erfolg von Adele ist nicht fuer das Musikerleben repraesentativ, und aus der Existenz
von Blockbustern ist noch nicht einmal auf die finanzielle Sorglosigkeit der unmittelbar beteiligten Kreativen zu schliessen.

Ihre Wiedergabe der Artikel von Frau Krumwiede ist hoechst selektiv. Dass sie dabei in einem Nebensatz eine moeglicherweise falsche, sicher aber unbelegte Behauptung ueber Filesharing aufstellt, und zudem das Wort
„Menschenrechte“ naiv gebraucht, rechtfertigt nicht diesen sueffisanten Demontageversuch.

Es ist selten, dass sich jemand aus der Musikerprofession in die Politik wagt. Umso begruessenswerter, dass es Agnes Krumwiede getan hat. Ich bin ueberzeugt davon, dass sie nicht zu den Bundestagsabgeordneten gehoert, um
deren Kompetenz man sich sorgen muss.

Insbesondere an Ihrem Satz „Ein „Menschenrecht“ darauf, dass einem der Geldbeutel gefüllt wird, weil man irgendwann einmal eine kreative Idee hatte und dann die Hände in den Schoß legen möchte, gibt es nicht.“ nehme ich Anstoss. Dies ist implizit eine boesartige Unterstellung, die meinem Empfinden nach die Grenze hinnehmbarer Polemik ueberschreitet.

Weder zu Frau Krumwiede, noch zu den Gruenen habe ich persoenliche Verbindungen. Ich schaetze Ihren Blog und Ihre Artikel auf Telepolis sehr, aber konnte diesen Beitrag schwer unkommentiert lassen.

Mit freundlichen Gruessen
XXX

Sehr geehrte Frau XXX

vielen Dank für Ihre Mail.

Ich bin selbst Kunstschaffender in Sachen Theater, Literatur und Kleinkunst, mache aber ggf. für kommerzielle Misserfolge nicht das Internet verantwortlich. Ich komme auch nicht auf die Idee, wegen Schäden, die es unterm Strich vermutlich nicht oder nicht nennenswert gibt, millionenfach Mitmenschen mit grotesk unverhältnismäßig teuren Abmahnungen zu überziehen, eine Zensurinfrastruktur zu fordern oder einer sehr fragwürdig organisierten Eintreiberorganisation das Wort zu reden.

Wenn von „Urheberrecht“ gesprochen wird, geht es übrigens in den seltensten Fällen wirklich um die Interessen der Urheber, sondern um solche der Verwerter. Das sind in aller Regel unkreative Technokraten, die sich praktisch nur für den Geldbeutel interessieren.

Die unterirdischen Unterstellungen von Frau Krumwiede über die Motive der Piraten und ihr demagogischer Aufruf an die von der Content-Industrie genasführten Künstler sind entweder komplett naiv, oder aber taktisch. Ihre Einschätzung, man müsse sich über Frau Krumwiedes Kompetenz keine Sorgen machen, teile ich nicht ansatzweise, da ich sie für sympathisch und daher nicht für taktierend halte. Wer aber schnöde kommerzielle Interessen als „Menschenrecht“ ausgibt, vergreift sich an einer sehr wichtigen humanitären Errungenschaft. Aus den Menschenrechten kann man im Gegenteil übrigens das Recht auf kulturelle Teilhabe herleiten.

Meine Kritik bezieht sich auch nicht auf „Nebensätze“, sondern die Überschrift und die Kernaussagen von Frau Krumwiede.

Weiterer grüner Shitstorm über Frau Krumwiede findet sich beim grünen Parteimitglied Markus Beckedahl:

PS: In dem Video da oben spielt Frau Krumwiede ein Stück, das sie gar nicht selbst komponiert hat. Sie raubmordkopiert Frédéric Chopin, dessen Erben sich wegen abgelaufener Urheberrechte nicht mehr wehren können. Gemein!

PPS: Auch Musikproduzent und Branchenkenner Bruno Kramm, ein Ex-Grüner und derzeitiger Beauftragter für Urheberrecht der Piratenpartei, hat zu Agnes Krumwiedes Crescendo eine sehr ähnliche Meinung:

 

« Agnes Krumwiede im grünen Shitstorm – Käfer-Problem »

Autor:
admin
Datum:
12. August 2012 um 09:36
Category:
Allgemein,Internet,Medienrecht,Politik,Urheberrecht
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