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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


Piraten werden Partei

Zwei Tage verbrachte ich unter Piraten, die am Wochenende in Offenbach einen neuen Politikstil einläuteten. Kurzfristig hatte mich Telepolis um Berichte und Kommentare gebeten, was ich wegen meiner Mitgliedschaft und dem hiermit verbundenen Interessenkonflikt zunächst ablehnte, obwohl ich praktisch nur passives Mitglied bin und wegen Arbeitsüberlastung nicht einmal die Zeit hatte, mir die Anträge anzusehen. Da die Redaktion jedoch gerade auch subjektive Eindrücke interessant fand, habe ich dem Transparenzgebot folgend unter Hinweis auf mein Partei-E-Book dann doch geschrieben, was mir gerade die Trolle im legendären Heise-Forum ganz furchtbar übel nehmen. Vielleicht hätte ich ja die FDP wirklich nicht als „obskure Kleinpartei“ bezeichnen sollen …

Ich glaube nicht, dass ich „Hofberichterstattung“ gemacht habe, im Gegenteil habe ich den Selbstfindungsprozess passiv beobachtet, mich bei den Inhalten eher zurückgehalten und mich als Pirat lediglich gegen die ignorante bis voreingenommene Presse positioniert – die ja nach dem ersten Tag deutlich brauchbarer wurde. Sogar der FOCUS, der statt mindestens 200 Frauen nur 10 („zehn“) gesehen haben wollte, vermochte seine Vorurteile größtenteils abzubauen. Keiner meiner Kommentare war mit irgendwem abgesprochen oer mir irgendwas eingeflüstert worden.

Über Sachverhalte oder Personen, die ich näher kannte, habe ich wegen fehlender Distanz nicht berichtet. So war ich etwa gemeinsam mit der inzwischen zum Star avancierten Marina Weisband im Wohnmobil angereist, und als ihr Prätorianer hätte ich nun wirklich nicht guten Gewissens über sie schreiben können. Das wäre auch definitiv nicht nötig gewesen, das taten alle anderen.

Einen besonders hörenswerten Kommentar zum erstaunlich reibungslos gelungenen Parteitag sprach der auf Netzthemen spezialisierte Journalist Philipp Banse. Und der war nicht embedded, sondern halt einfach mittendrin.

Ich habe übrigens nur im Einzelfall eine Meinung darüber, ob die Beschlüsse der Piraten gut waren, und ich halte es definitiv auch nicht für richtig, alles basisdemokratisch zu entscheiden, weil der Masse nun einmal Expertise fehlt, Konzepte widersprüchlich werden und Abstimmer durch Rhetorik verführt werden können. Dennoch finde ich den Politikstil der Piraten unglaublich sympathisch, der die etablierten Parteien mit deren von der Lobby untergeschobenen Parteiprogrammen vorführt und bei etlichen Themen in Zugzwang setzt. Es gibt nun eine Alternative im Spektrum der Parteien, die sich an der Parteispitze keine Opportunisten bieten lässt, und die keinen verdeckten Kuhhandel duldet. Anders als die bisherigen Splitterparteien und Verffassungsschutzausgründungen werden sich die Berufspolitiker damit abfinden müssen, dass wir gekommen sind, um zu bleiben.

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Autor:
admin
Datum:
5. Dezember 2011 um 00:48
Category:
Allgemein,Internet,Medienmanipulation,Medienrecht,Meinungsfreiheit,Pressefreiheit
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