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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


Assange macht den Popstar

Die unqualifizierte Berichterstattung in Sachen WikiLeaks reißt nicht ab. Gestern hatte ein SPIEGEL-Schreiberling nach seiner Rückkehr von einer Audienz bei Papst Julian einen schon wegen fragwürdigen Auslassungen tendenziösen Artikel geschrieben, in dem seine Heiligkeit verhältnismäßig gut wegkommen. Dass es bereits im letzten Jahr bei Assange intern einen fragwürdigen Umgang mit den unredigierten Cables gab, und dass Assange laut James Ball von Anfang an vorgehabt hatte, die Cables langfristig unredigiert ins Netz zu stellen, scheint dem SPIEGEL noch nicht aufgefallen zu sein. Hatte Assange vor zwei Wochen noch vorwerfen lassen, wer über seinen Daten-GAU berichte, gefährde Menschenleben, verlautbart er heute, es wäre doch gar nicht so schlimm, die Informanten seien doch wohl längst umgezogen etc.

Zu den Leuten, die das Prinzip des aus WikiLeaks hervorgegangenen Projekts OpenLeaks noch immer nicht verstanden haben, gesellte sich auch Assange himself, der in den letzten Tagen mehrfach kundtat, OpenLeaks hätte noch nichts veröffentlicht. OpenLeaks ist jedoch überhaupt keine Veröffentlichungsplattform, sondern „nur“ ein sicherer elektronischer Briefkasten, der bei den jeweiligen Medienpartnern installiert wird, eingereichte Dokumente von Spuren filtert und nicht rückverfolgbar an die Medienpartner transportiert. Ob etwas über OpenLeaks an ein Medium gelangt, wird im Optimalfall nicht einmal bekannt. Daher „konkurrieren“ die beiden Plattformen auch nicht.

Unwidersprochen tat Assange heute wieder kund, der Programmierer „Architekt“ hätte das Submission-System „gestohlen“. Der Mensch hatte es jedoch selbst programmiert und bei seinem Weggang mehr oder weniger den von ihm vorgefundenen Zustand hergestellt. Dass der „Architekt“ und nicht jemand anderes der Urheber war, hat Assange indirekt durch einen Tweet eingeräumt, der auf den vermeintlichen Twitter-Account des Architekten verwies, wo dies erneut kundgetan wurde.

Selbst Jimi Wales, dessen Wiki-Software Assange für WikiLeaks nutzte, hat sich nunmehr zu Wort gemeldet und tadelt den unprofessionellen Umgang mit den unredigierten Cables. Während der SPIEGEL-Artikel vom Montag noch hündisch dem WikiLeaks-Boss huldigte, wird dem SPIEGEL-Boss von Blumencron die Nähe zu Assange dann doch etwas peinlich.

Kreativ fiel der STERN-Beitrag aus, der auf den Weggang des einstigen deutschen Sprechers eingeht:

„Der hatte die Depeschen-Datei mitgenommen, als er Wikileaks im Streit verließ.“

Die Depeschen-Datei hatte Assange damals doch längst an seine Medienpartner geliefert, lediglich seine eigenen Back Ups hatte er auf erstaunlich fahrlässige Weise verloren. Eine Kopie dieser Datei befand sich im ausgebauten WikiLeaks-Archiv, das an einen mit beiden Parteien persönlich bekannten IT-Sicherheitsexperten zu Händen Herrn Assange übergeben wurde. Warum jemand dann dieses Archiv inklusive Datei ins Torrent hochgeladen hat – angeblich ohne Rücksprache mit Assange – , wäre doch einmal ein Recherche-Thema.

Was mich aber am meisten nervt, ist dieser als Nachricht getarnte, völlig schwachsinnige Boulevardmist von wegen „Schlammschlacht“ und „Egos“. Mir ist genau einer der Kontrahenten aufgefallen, der mittels Twitter-Exzessen u.ä. ständig Schlamm verspritzt, während der andere außerhalb von Konferenzen, bei denen er als Referent geladen ist, nicht einmal Interviews gibt, für die Presse oft tagelang nicht zu erreichen ist. Pseudo-Journalismus ohne Ende …

« Verratenen Verräter, die verraten wurden – DER SPIEGEL begeht Leichenschändung »

Autor:
admin
Datum:
6. September 2011 um 18:46
Category:
Allgemein,Internet,Medienmanipulation,Meinungsfreiheit,Politik,PR,Pressefreiheit,Verdachtsberichterstattung,Zensur
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