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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


Wie ein religiöser Fanatiker das Presserecht mitruiniert

Man kann zum Thema Abtreibung unterschiedlicher Auffassung sein – auch als Katholik. Aber da gibt es einen unerschütterlichen Fanatiker Klaus Günter Annen, der standhaft zum Kreuzzug gegen die Abtreibung aufruft und Hexenjagden gegen beteiligte Ärzte veranstaltet.

Die sind davon natürlich nicht erbaut, sehen durch öffentliche namentliche Anprangerung ihre Persönlichkeitsrechte verletzt und wehren sich. Das bekannteste Resultat von Annens Entgleisungen ist die Babycaust-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Es ging dabei über die Auslegung der Bezeichnung „Mörder“ für Abtreibungsärzte, die im juristischen Sinne keine Mörder sind, umgangssprachlich aber so gesehen werden könnten. Das Bundesverfassungsgericht war seiner für die Auslegung mehrdeutiger Rechtsbegriffe berühmten Stolpe-Entscheidung gefolgt und stellte für den Unterlassungsanspruch eine Verpflichtung auf, die tatsächlich gemeinte Intention klarzustellen.

Dies führt dazu, dass

  • bei Unterlassungsansprüchen – die logischerweise in die Zukunft gerichtet sind – eine mehrdeutige Äußerung so ausgelegt wird, dass sie möglichst verboten werden kann, weil als Persönlichkeitsrechtsverletzung deutbar,
  • bei nachträglichen Sanktionen wie Strafen „im Zweifel“ die harmlosere Deutung zugrundezulegen ist.

Praktisches Resultat ist aber, dass spitzfindige Anwälte im Dunstkreis des Landgerichts Hamburg seither jede Äußerung den Leuten im Munde herumdrehen, bis sie sich irgendwie so deuteln lässt, dass man sie verbieten kann. Die in solchen Prozessen regelmäßig sehr hohen Kosten wirken faktisch wie Geldstrafen, weshalb die Entscheidung ein bisschen weltfremd anmutet.

Während man die Handhabung der Stolpe-Entscheidung als rechtsirrig bezeichnen konnte, so wenden Zensur-Freunde ein, diese sei durch die Babycaust-Entscheidung gestützt worden.

Klasse! Ganz großer Sport! Die Tragik der Geschichte liegt darin, dass die Grenzen unserer Äußerungsfreiheiten letztlich von Typen wie diesem Großmaul definiert werden.

Auch den Betroffenen ist mit dieser Entscheidung nicht wirklich gedient, denn der äußerungsfreudige Abtreibungsgegner kann seine als beleidigend empfundenen Äußerungen auch weiterhin verbreiten, wenn er sie entsprechend klarstellt – was er auch tut: Seine Website hatte es zwischenzeitlich sogar auf die Liste der von der Bundesprüfstelle indizierten Schriften geschafft!

Nun steht Herr Annen wieder vor Gericht – offenbar eine Gewohnheit. Ärzte finden es nur eingeschränkt witzig, dass Annen sie inklusive Foto und Mobilfunknummer an seinen privaten Pranger im Internet stellt. Doch auch gegen Annen wirkt der Streisand-Effekt: So kommentierte jemand süffisant, dass er dank Annens Internet-Liste von Abtreibungsärzten schnell einen finden würde, falls er mal einen bräuchte …

Selbst seinen Glaubensbrüdern und -Schwestern wird der aufdringliche Fanatiker lästig, die ihn häufig bitten, sie von seinen Spams zu verschonen. Wissen Katholiken nicht, wie man einen Spam-Filter bedient?

Vielleicht macht ihr doch mal einen Deal mit Herrn Annen: Der wünscht sich nämlich, dass die beteiligten Ärzte exkommuniziert werden sollen, worüber die bestimmt todtraurig sein würden. Lasst dem Mann doch seinen Spaß, wenn er sich im Gegenzug verpflichtet, im Diesseits Ruhe zu geben … ;-)

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