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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


3. September 2009

Neuer Rekord: 400.000,- EURO

Das OLG Hamburg hat es wieder getan!

Eine schwedische Prinzessin bekommt statt der vom Buske-Gericht bewilligten 300.000,- Euro nun deren 400.000,-. Und zwar vom Klambt-Verlag, weil dieser seine Klatschzeitungen mit unzutreffendem Klatsch füllte.

Dies wirft mal wieder die Frage nach der Verhältnismäßigkeit auf: Eine vergewaltigte Frau darf sich glücklich schätzen, wenn sie als Schadensersatz auch nur ein Prozent dieser Summe bekommt. Wie sehr leidet wohl ein schwedisches Prinzeßchen, wenn im fernen Deutschland irgendwelche Hausfrauen irgendwelchen Klatsch lesen?

Die eigentliche Ratio dieser hohen Summen bei Pressedelikten ist die, dass große Verlage Geldentschädigungen aus der Portokasse zahlen können und daher von vorneherein einkalkulieren, wenn sich die Sache lohnt. Also will man den Verlagen den Zahn ziehen, in dem man das wirtschaftliche Motiv unterläuft und kalkulierte Rechtsverstöße unattraktiv macht. Wer allerdings mit den Werbepreisen vertraut ist, dem werden selbst 400.000,- Euro nur ein müdes Lächeln abgewinnen. Wie man aus Verlagskreisen hört, haben die ungleich mehr Angst davor, dass sie auf den Titelseiten Gegendarstellungen bringen müssen – denn die vergraulen Anzeigenkunden.

Das eigentlich tragische ist, dass diese überflüssigen Klatschmagazine dazu beitragen, die gegenwärtige Presserechtssprechung immer mehr zu verhärten. Mehr zum Urteil, wenn die Urteilsgründe vorliegen. Glückwunsch an den Kollegen Prof. Prinz und seine Rechte Hand Dr. Michael Veddern. (Die Sache mit dem Kleiderhaken ist mir noch immer peinlich, Michael …)

Kommt Zensursula mit ihrem PR-Gag durch?

Was auch immer von der Leyen-Uschi zu halten ist, ihre Spindoktors verstehen ihren Job. Definitiv. Beim Zauberwort „Kinderpornographie“ ist bei der Diskussion jeder Anflug von Sachlichkeit illusorisch, denn die muss man ja „mit allen Mitteln“ bekämpfen. Wie ich in persönlichen Gesprächen immer wieder die Erfahrung machen muss, fehlt da selbst intelligenten Menschen die erforderliche Flexibilität, um den in der Sache völlig sinnlosen Wahlkampfgag zu verstehen. Wie eigentlich immer bringt es Volker Pispers auf den Punkt.

Wer sachliche Informationen zum Thema sucht, findet beim Kollegen Udo Vetter, der als Strafverteidiger die tatsächliche Praxis aus vielen spezifischen Fällen kennt, belastbares Material.

2. September 2009

Versteckte Kamera: LG Düsseldorf bestätigt einstweilige Verfügung

Wie berichtet, fand es ein großer, großer Kölner Privatsender angebracht, beim Arzt versteckte Kamera zu spielen. Das Landgericht Düsseldorf hat nun das entsprechende Verbot bestätigt.

Strafrechtlich verurteilter Abmahnanwalt Person der Zeitgeschichte?

Ich habe ein großes Herz für kritische Blogger und sonstige Meinungsäußerer …

Aber Affzockt.de ist schon eine ziemlich bescheidene Website. Das Niveau erinnert an höchstens 13jährige. Aber diesem jeglichen Stils abholden Menschen, der seinen Frust da unter dem Pseudonym „AntiFreiherr“ ventiliert, scheint wohl sehr, sehr weh getan worden zu sein.

Als sich der „AntiFreiherr“ auch noch unter die Gürtellinie begab, ging einer der geschmähten Anwälte schließlich doch auf die infantile Provokation ein. Das Landgericht Frankfurt (2-03 O 179/09) bestätigte eine einstweilige Verfügung, wonach der „AntiFreiherr“ eine satirische Fotomontage nicht mehr zeigen darf.

Der als Koryphäe der Abmahnkünste bekannte Advokat war neben einem Kollegen als Steuermann auf einem Schiff dargestellt worden, zwar mit Augenbalken, aber erkennbar. An sich harmlos, da das Bildnis offenbar als bewusst als solche erkennbare Fotomontage in eine andere Szene eingefügt worden war, die wiederum die Satire vermittelt. Ob man darin alleine schon eine „Anprangerung“ sehen muss, oder ob es als (schwache) Satire durchgeht (etwa „vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand“), ist Ansichtssache. Qualität ist keine richterlich überprüfbare Voraussetzung von Satire.

Das seltsame an dem Richterspruch ist, dass das im Urteil beschriebene Bild als solches der Satirefreiheit unterfallen könnte, während es im Zusammenhang mit dem unterirdisch dummen Begleittext zweifellos sachfremd beleidigend ist. Man hätte also nur die Berichterstattung insgesamt bzw. den Text verbieten dürfen, der handfeste Beleidigungen auf Deppenniveau enthielt.

Seltsamerweise ließ sich das Landgericht auf die beantragte Unterlassung des Fotos ein, die recht einfach zu bekommen ist – aber eben auch Ausnahmen kennt. Bei der Abwägung zwischen dem Recht am eigenen Bild (=Persönlichkeitsrecht) und der Meinungsäußerungsfreiheit nach § 23 KunstUrhG lässt das Gericht gewisse Unsicherheiten erkennen. So verwendet es im Urteil den überholten Begriff „relative Person der Zeitgeschichte“ und beruft sich auf den ärgerlichen Schein-Kommentar von Schertz/Götting/Seitz.

Offensichtlich ist der Text des Urteils irgendwann umgeschrieben worden. Warum das Bild verboten wurde, der Text anscheinend nicht einmal vom Kläger beanstandet wurde, erschließt sich nicht so recht. Aufgegangen scheint die Strategie zu sein.

UPDATE: Hier ist das Urteil.

1. September 2009

Schredder in Telgte

Zu den mit Abstand sympathischsten Personen während meiner Referendarsausbildung gehörte der Verwaltungsjurist und damalige Bürgermeister der westfälischen Kleinstadt Telgte, hier um die Ecke im Münsterland. Der Mann war zwar auf dem Ticket der CDU gesegelt, aber parteilos. Bevor er in die aktive Politik gegangen war, hatte er wohl eher idealistische Vorstellungen. Im Stadtrat aber traf er vor allem auf Selbstoptimierer, etwa Notare, die wissen wollten, wo demnächst Bauland entstehe, usw.

Telgte verfügt über so schöne Dinge wie eine wundertätige Madonnenstatue, ein Weihnachtskrippenmuseum, ein wesentlich interessanteres Kornbrennereimuseum sowie die möglicherweise bundesweit höchste Dichte an Gitarren-Schülern (niemand weiß so genau, warum). Und seit Sonntag schreibt man da auch Wahlgeschichte: Wie der WDR bereits am Wahlabend (oder war es gestern früh?) berichtete, hat man in Telgte vor der Auszählung über 500 Wahlzettel von Briefwählern geschreddert! Warum?

Ein städtischer Mitarbeiter hatte am Samstag im Rathaus leere Wahlurnen für den Abtransport der Briefwahlunterlagen in die Wahllokale reinigen sollen. In einem der Behälter befanden sich die Umschläge. In dem Glauben, es handele sich um alte Unterlagen, hat er sie in den Reißwolf gesteckt.

Quelle: Westfälische Nachrichten

Dies ist besonders pikant, da nach derzeitigem Wahlergebnis der ohne Gegenkandidat angetretene Bewerber gerade einmal 50,5% geschafft hat, was die Briefwähler wohl hätten ändern können. Eine Neuwahl zeichnet sich ab.

Wir halten fest: In Telgte werden Briefgeheimnis, Wahlgeheimnis und Datenschutz hochgehalten – wenn auch nicht immer zum geeigneten Zeitpunkt …

Operation Ursula – Stadtguerilla 2.0

Es ist wieder soweit! Der bewaffnete Kampf gegen die da oben hat begonnen! Erster Terrorist war ein Wasserbomben-Attentäter, der eine heuchelnde CDU-Demagogin zu erlegen versuchte. Der gestrige Attentäter wählte eine Waffe im Stile von Paintball, während die Partei der Ministerin ja echte Bomben bevorzugt. Gut, dass der Mann nicht mit seinen Schuhen geworfen hat.

Mädchen, langsam wird es Zeit, dass Du in einen ernsthaften Dialog mit der Internet-Generation eintrittst, bevor die Dinge eskalieren. Vielleicht muss Tom Cruise in den einigen Jahren wieder einen Film über gescheiterte politische Bombenattentäter machen: „Operation Walküre II“.