Im Medienrecht frage ich mich beinahe täglich, wie gewisse Fälle überhaupt ins Stadium eines Gerichtsprozesses gelangen können.
Da hatte jemand ein Enthüllungsbuch über die Untiefen in der Frühgeschichte der Schlagerbranche geschrieben und veröffentlicht, ohne, dass sich das vorher ein Jurist mit minimalem Sachverstand angesehen hatte. Das Werk enthält massenhaft Kolportagen aus dem Intim- und Privatbereich, der nun einmal der Öffentlichkeit nur in besonders begründeten Fällen zugänglich ist. Noch dümmer und überflüssiger als das, was „Diddär“ uns zugemutet hatte.
Der Autor zitierte auch aus unflätigen Bemerkungen, verkannte aber, dass man im Privatbereich ein Recht darauf hat, ins Unreine zu sprechen.
Der Kollege, der den klagenden Showmaster vertrat, hatte leichtes Spiel. Nach dem Motto „Darf es noch ein bisschen mehr sein“ beantragte er allerdings auch eine Menge Unterlassungen, die auch nach Berliner und Hamburger Sichtweisen von der Meinungsfreiheit gedeckt sind. Solche Scherze machte die Pressekammer des Landgerichts Berlin nicht mit.
Der Anwalt des Autors wiederum hätte gut daran getan, den Missgriff seines Mandanten einzusehen und die Unterlassung der Formulierungen, soweit sie eindeutig presserechtlich nicht haltbar sind, zuzugestehen. Warum das dann in der Öffentlichkeit verhandelt werden musste, die dann erst recht Geld kostet, ist rätselhaft. Jetzt darf der Autor sein Buch verbrennen oder ca. 50 Sätze durchstreichen.
Ungeschickt ist die öffentliche Auseinandersetzung allerdings auch vom Kläger, denn im Urteil sind alle untersagten Formulierung – meistens Bettgeschichten, Korruptionsvorwürfe und diverser Unflat – wunderschön nachzulesen. Zwar ist das Urteil anonymisiert, aber wenn es da im Urteil heißt
„Der Kläger ist ein bekannter Entertainer und Moderator, u.a. der ZDF Hitparade von 1969 bis 1984.“
Öhm, naja …
Wenigstens wissen die Leser, woher die Schlagerfuzzis ihren Stoff für Liebe, Lust und Leidenschaft fanden – und auch für die Dramen.
Ist aber nicht das erste mal, dass der betreffende Anwalt seinem Schützling zu unerwünschter Öffentlichkeit verhilft. Seltsam, das Ganze.