Erst jetzt wurde mir der Kommentar des TAZ-Justitiars Peter Scheibe bekannt, der ebenfalls das Grundrecht Pressefreiheit in der Krise sieht:
Hoffnung geben immerhin Überlegungen, den „fliegenden Gerichtsstand“ bei Unterlassungsansprüchen abzuschaffen: Möchte ein Betroffener eine falsche Berichterstattung unterbinden, so kann er sich heute an jedes beliebige Zivilgericht im Verbreitungsgebiet wenden. Da selbst Regionalzeitungen die Inhalte ihrer Druckausgaben gleichzeitig ins Internet stellen, ist nämlich kaum noch ein Fall denkbar, bei dem der Betroffene diesen Anspruch nicht bei jedem beliebigen Gericht in der Bundesrepublik geltend machen kann. Die damit ursprünglich vom Gesetzgeber beabsichtigte Wirkung, dass es sich bei dem Betroffenen meist um eine Privatperson handelt, der man lange Wege ersparen möchte, kann heute schon wegen der deutlich bequemeren und schnelleren Kommunikation nicht mehr gelten. Zudem haben Presserechtler im Laufe der vergangenen Jahre mit Hilfe einiger Landgerichte eine betroffenenfreundliche Rechtsprechung entwickelt und können sich daher das Gericht aussuchen, bei dem die Chancen für einen Prozesssieg recht hoch sind. Kurz: Im Presserecht bekommt selten die Presse Recht.
Wie jedoch der häufige TAZ-Anwalt zu der Frage steht, nämlich der Kollege Jony Eisenberg, ist mir unbekannt. Der ist bekanntlich ja auch nicht schüchtern, wenn seine Mandanten der Presse etwas verbieten lassen möchten. Manchmal klagt er in eigener Sache: Letztes Jahr etwa versuchte er erfolglos, einer Zeitung den Abdruck eines Fotos zu verbieten, welches ihn bei der Begleitung eines Mandanten abbildete. Die besondere Ironie dieses Rechtsstreits war die, dass sich auf der Gegenseite für die Pressefreiheit der Boulevardzeitung ein Rechtsanwalt einsetzte, der sich ansonsten in den Medien als Kämpfer gegen eine große deutsche Boulevardzeitung inszeniert – und den fliegenden Gerichtsstand nach allen Regeln der Kunst instrumentalisiert.