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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


1. März 2011

Ballacks kurze Klägerkarriere

Vor einem halben Jahr inspirierte mich ein seltsames Verfahren in der Hamburger Pressekammer zur Satire „Das Landgericht am Ende des Universums“. Eine Zeitschrift hatte Herrn Ballacks Karriereende ausgerufen. Da dieses eine Prognose über die Zukunft darstellte, insbesondere in der Gegenwart nicht dem Beweise als wahr oder unwahr zugänglich ist, würde niemand auf die Idee kommen, das als Tatsachenbehauptung zu bewerten. Ansichten über die Zukunft sind sogar der klassische Fall einer Meinungsäußerung.

Niemand? Nun ja … Erstaunlicherweise hatte das Landgericht Hamburg diese Meinungsäußerung dann doch noch zur Tatsachenbehauptung gemacht. Keine Ahnung, wie die das immer schaffen!

Doch nun scheint es, als ob das für diese Woche angesetzte Rückspiel beim OLG Hamburg vorzeitig abgepfiffen wurde. Es ist nicht anzunehmen, dass der beklagte Verlag gekniffen hat. Meine Prognose, das Urteil über die Prognose würde keinen Bestand haben, war offensichtlich beweisbar. ;)

UPDATE: Jetzt ist es offiziell. Ballack ist von seine Karriere als Kläger dieses Falles zurückgetreten! Das Match wurde abgesagt.

25. Februar 2011

Demo in Regensburg für Meinungsfreiheit

Die unfreiwilligen Hamburg-Touristen, denen die Diözese Regensburg eine Pilgerfahrt zum Sievekingplatz zumutete, haben heute mit ca. 100 Leuten gegen die Perversion der Meinungsfreiheit durch gewisse Rechtsausleger demonstriert.

Wir fordern hier und heute, ein Ende der kirchlichen Gewaltherrschaft durch Bedrohung und Unterdrückung – durch Geld und Gerichte. Wir fordern hier und heute eine Wiedergutmachung gegenüber all denjenigen, deren Meinung unterdrückt und deren Stimme überhört wurde. Wir fordern hier und heute eine Entschuldigung der Kirche und ein Bekenntnis zum demokratischen freiheitlichen Staat in dem wir alle leben.

Und nicht zuletzt fordern wir das Landgericht Hamburg auf, sich nicht länger mit der Abschaffung des Grundgesetzes zu beschäftigen, sondern die Meinungs- und Pressefreiheit zu stärken und die Klage gegen Stefan Aigner abzuweisen.“

Bei dem Beitrag, den man „Regensburg digital“ verboten hatte, ging es um einen Seelsorger, der sich auch um das körperliche Wohl seiner jungen Schäfchen sorgte. Wenn zu Guttenbergs Frau so etwas im Schundfernsehen bringt, darf sie sich aus der konservativen Ecke Applaus für ihren Kampf gegen die Perversen des Applauses sicher sein. Wer hingegen die Heiligkeit der Scheinheiligen anzweifelt, lernt das Beten in Hamburg.

Edelmannswort

Morgen möchten empörte Wutbürger gegen den Selbstverteidigungsminister protestieren, wobei sie aus der arabischen Welt das Symbol des Schuhs adaptiert haben, der ja bisweilen sogar zu fliegen pflegt. Das wirft natürlich bei Juristen die Frage auf, ob das Mitführen von zusätzlichen Schuhen bei einer Demonstration erlaubt ist. Bei der Demo wird zwischen Hausschuhen und High Heels mit waffenscheinpflichtigen Absätzen zu unterscheiden sein. Auch eine Prüfung auf Emission unwägbarer Stoffe könnte bei Schuhen gegen eine Zulässigkeit sprechen. Wie man in diversen Doktorarbeiten ja sicherlich nachlesen kann, wird seit Generationen diskutiert, ob der „beschuhte Fuß“ ein gefährliches Werkzeug iSd § 223a StGB sei.

Mit Strafrecht wird sich der gutte Mann auch anderweitig befassen müssen. Zwar muss man in Bayreuth – anders, als anderswo – keine eidesstattliche Versicherung ableisten, man hätte die Disssertation alleine geschrieben, aber nun wird gemunkelt, seine zu Tollheit hätten den Doktortitel schon vor dessen formeller Vergabe geführt – ein Sakrileg! Aber was hat man schon von Edelmannswörtern zu halten …?

Durchlaucht reihen sich allerdings in eine lange Tradition konservativer Munkelmänner ein. Wenn der Baron jetzt auch noch ankündigt, wegen übler Nachrede den Gerichten Arbeit zu machen, dann werden wohl Tausende kriminalisiert – Tatort Internet!

UPDATE: Süddeutsche zur Rechtslage

Den Vogel in Sachen übler Nachrede abgeschossen hat allerdings der eigene Pressesprecher, der am Ende dieses Videos … :-)

Fotomontage via Frank.

20. Februar 2011

Baron zu Googleberg

Jeder PR-Berater mit einem Minimum Resthirn hätte Baron zu Googleberg geraten:

„Oups, erwischt! Ja, sorry, war nicht böse gemeint! Wir haben ja alle mal einen Joint geraucht oder eine Steuererklärung, na wissen schon, oder?“

Dann wäre das Thema durch gewesen. Kein Mensch wäre auf die Idee gekommen, zu Guttenbergs Eignung als PR-Figur für das Kriegsministerium infrage zu stellen, denn verglichen mit der Lügerei beim Kundusausschuss ist das Geschummele ein Dumme Jungen-Streich. Die nächste Sau, die durchs Dorf getrieben werden will, hätte schon in den Startlöchern gewartet.

Aber für die „Krisen-PR“, seine evidente Jugendsünde „mit Nachdruck“ abzustreiten, hat er seine Eignung als Politiker eingebüßt. Chuzpé geht anders. Weggetreten!

19. Februar 2011

Dr. Gregor Gysi hat den Eindruck, man hätte den Eindruck, dass …

Der inzwischen nicht mehr als Anwalt tätige Kollege Gysi macht sich derzeit wieder um die Achtung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts verdient. So geht der Kollege gegen den NDR vor, weil dieser in seiner jüngsten Dokumentation den Eindruck erzeugt haben soll,

er habe in seiner Zeit als Anwalt in der DDR mit der Stasi zusammengearbeitet. Unmittelbar vor der Ausstrahlung hatte Gysi dem NDR per einstweiliger Verfügung untersagt, in einer Vorankündigung zu behaupten, ihm sei als Anwalt die Staatsräson oft wichtiger gewesen als das Schicksal seiner Mandanten.

schreibt das Hamburger Abendblatt.

Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht in der Bevölkerung kann man medienrechtlich nicht nur wegen Tatsachenbehaupten in Anspruch genommen werden, die man tatsächlich gesagt hat, sondern auch für solche, die durch Schlussfolgerungen des Publikums entstehen. Nach Karlsruhe benötigt es einen „zwingenden Eindruck“, der unabweisbar erweckt werde, in Hamburg hingegen reicht es aus, wenn man etwas in den Mund gelegt bekommt. Man muss dann absurderweise Behauptungen, die man ggf. nie gesagt oder auch nur gemeint hatte, aufgrund der Beweislastumkehr beweisen. Während man Fehlurteile in Karlsruhe über eine Abwägung mit der grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit korrigiert, ist in Hamburg die Meinungsfreiheit eher die des Richters. Meinungen über Sachverhalte sind in Hamburg Tatsachenbehauptungen.

Ich habe den Eindruck, die Geschichte des Herrn Gysi ließe sich nur sehr schwer erzählen, ohne, dass der Eindruck gewisser Interessenkonflikte des Kollegen Gysi entsteht. Daher lässt sich nicht ausschließen, dass der vom NDR erzeugte Eindruck den Tatsachen entspricht. Immerhin erlagen dieses Eindrucks etliche in der Doku erwähnten Ex-Mandanten. Nicht in der Doku erwähnt ist Gysis Ex-Mandantin Bärbel Bohley, der Gysi den StaSi-Verdacht in Hamburg untersagen ließ. Frau Bohley hatte schon zu DDR-Zeiten in der Bürgerrechtsbewegung eine Frau als Spitzel verdächtigt, was sie nicht beweisen konnte und sich durch den Vorwurf in Misskredit brachte. Die verdächtigte Frau war tatsächlich eine eingeschleuste – sogar hauptamtliche – Mitarbeiterin der StaSi, Frau Bohley hatte richtig gelegen.

Wenn Herr Gysi den Gegenbeweis nicht führen kann, dann hat man zwar nicht das Recht, zu behaupten, Gysi habe dies und das definitiv getan. Aber man hat das Recht, das zu meinen, und dies auch als Meinungsäußerung kund zu tun. Mit diesem – möglicherweise falschen – Eindruck muss er leben. Daran werden auch 1000 Sprüche des Landgerichts Hamburg nichts ändern. Versaut allerdings wird durch Gysis Prozess-Exzess die Kultur der Meinungsfreiheit, die Gysis Kumpel Manfred Stolpe so erfolgreich attackierte. Von beiden fühlte sich Bohley seinerzeit verraten und hatte geseufzt: „Wir wollten Gerechtigkeit, und haben den Rechtsstaat bekommen!“ Frau Bohley hat sich übrigens an das Hamburger Verbot nicht eine Sekunde gehalten.

Apropos Manfred Stolpe: Seiner früheren Behörde, dem Bundesverkehrsministerium, habe ich letzte Woche per einstweiliger Verfügung für einen Mandanten eine bestimmte Behauptung untersagen lassen. Der Rechtsstaat funktioniert gelegentlich auch nach oben … ;)

16. Februar 2011

Sascha Lobo plädiert für Beleidigungskultur

In seiner SPON-Kolumne spricht sich Sascha Lobo für eine vernünftige Beleidigungskultur aus. Ich weiß von einem weisen Münchner Richter, der absichtlich das Internet auslässt, weil ihn nicht heiß macht, was er nicht weiß. Auch sonst imponieren mir etliche Leute des öffentlichen Lebens, die mitr gesagt haben, dass sie den Blödsinn, der über sie geschrieben wird, einfach ignorieren. (Ich selbst bin noch von dieser Weisheitsstufe entfernt …)

Wie Sascha Lobo diesen kulturellen Fortschritt realisieren will, etwa durch Kodifizierung der Beleidigungskultuer, hat er nicht verraten. Das Recht der Beleidigungen ist vorwiegend Richterrecht. Was die Rechtsprechung zu Schmähkritik betrifft, die inflationär das Unternehmenspersönlichkeitsrecht reklamieren, so wären mit einer Abspaltung des Stadtstaats Hamburg vom Bundesgebiet 98% des Problems erledigt.

Aus meiner Sicht ist das größere Problem aber nicht die Schmähkritik, sondern die seit der „Stolpe-Rechtsprechung“ unmöglich gewordene Benutzung der deutschen Sprache, wenn man es mit betuchten Klägern zu tun hat. Es wäre ein historisches Verdienst – für Lobo oder für einen anderen Journalisten – mal einer breiten Öffentlichkeit darzustellen, welcher Wahnsinn sich unter dem Label „Stolpe-Rechtsprechung“ in deutschen Gerichtssälen abspielt.

13. Februar 2011

Nürburgringforum dicht gemacht

Eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln hat den Betreiber des Nürburgring-Forums so verunsichert, dass er selbiges vom Netz genommen hat.

Die Rhein-Zeitung schreibt:

Dabei geht es um einen Zeitungsartikel, der in der Eifel-Zeitung erschienen war und der in dem Forum im Originalwortlaut zitiert worden war. Inhaltlich ging es darin um das Firmengeflecht rund um den Nürburgring.

Update:

10. Februar 2011

Whistleblower-Kongress dieses Wochenende in Köln

Das Whistleblower-Netzwerk veranstaltet dieses Wochenende einen Kongress im Kunsthaus Rhenania in Köln namens „Der Kongress bloggt“. Es wird u.a. darüber diskutiert, inwiefern Blogger abseits der konventionellen Medien das Whistleblowing fördern können. Anwesend sind etliche Whistleblower und Blogger, unter anderem auch Nachdenkseiten.de. Eher unwahrscheinlich ist, das sich der ursprünglich angekündigte Whistleblower Rudolf Elmer dort sehen lässt, denn seit er kürzlich einem gewissen Australier eine CD überreichte, hat der Schweizer ein juristisches Problem. Statt einer spektakulären Show wäre die Übergabe durch ein anonymisierendes Submission-System wohl sinnvoller gewesen …

Zur Mentalität der Stadt Köln passend wird auf diesem Kongress nicht nur Pfeife und Trübsal geblasen, sondern auch gefeiert! Musiker,. Performance-Künstler und Kabarettisten runden das politische Programm ab. Da die rechtliche Position von Whistleblowern und deren Einzelschicksale alles andere als erfreulich sind, ist das ein durchaus nachvollziehbarer Ausgleich. Lacht kaputt, was euch kaputt macht!“

7. Februar 2011

„Staatsfeind WikiLeaks“ – Lesetipp

Das neulich erschienene Buch „Staatsfeind WikiLeaks“ der beiden SPIEGEL Autoren Marcel Rosenbach und Holger Stark hat mich positiv überrascht. Es ist ungeheuer spannend geschrieben, die Autoren sind sehr gut informiert und kommentieren überwiegend überzeugend. Viele Informationen waren auch für mich neu.

Obwohl die Autoren in der Medienwelt gut verdrahtet sind, sparen sie nicht mit Kritik an der zunächst schwachen Rezeption der Medien, welche sich beim Hubschrauber-Video und dem Afghanistan-Leak umgangen fühlten. Erstaunlich ist die Info über Mitarbeiter des Bundespresseamtes(!) die WikiLeaks zunächst für die Wikipedia hielten. m( Absolutes Armutszeugnis für die futterneidische Journaille war insbesondere, dass der Hellfire-Angriff auf ein Haus, der in der unredigierten Fassung des Hubschrauber-Videos zu sehen ist, offenbar von den meisten „Qualitätsmedien“ übersehen wurde.

Zu Staatsfeind WikiLeaks gibt es einen eigenen Twitter-Account. Autor Marcel Rosenbach twittert selbst gerade live vom Verfahren gegen Assange.

Ich kann das SPIEGEL-Buch absolut empfehlen, allerdings erscheint am Freitag ein weiteres Buch zum Thema, über das ich heute noch nichts verraten möchte.

6. Februar 2011

Das Hintern-letzte

SPAM sorgt sich um die Persönlichkeitsrechte eines Pos, weshalb man nur die Rückansicht zeige.

Tatsächlich können Persönlichkeitsrechte auch mal für den A**** sein, wie letztes Jahr via Landgericht München die Profi-Pokerin Sandra Naujoks demonstrierte.

Und auch der „König von Malorca“, ein Herr Drews, reklamiert für sich das Recht am eigenen Hintern, so denn dieser des Liftens beschuldigt wird.