Der neben § 32 ZPO, den man zur Allzuständigkeitsnorm des Landgerichts Hamburg für Internetdelikte pervertierte, wohl größte Schandfleck in der gegenwärtigen Zivilprozessordnung ist ohne Zweifel der vor einem Jahrzehnt eingeführte § 522 Abs. 2 ZPO. Hat man sich eine Willkürentscheidung in der ersten Instanz eingefangen und die Kosten und Mühen der Berufung auf sich genommen, haben es derzeit die Richter der Instanz in der Hand, ohne Angabe von Urteilsgründen die Berufung zu verwerfen. Diese Aushöhlung des Rechtswegs ist dann besonders fatal, wenn man aufgrund des fliegenden Gerichtsstands im Netz des Zensurkartells am Hamburger Sievekingplatz gefangen ist. Eine Zensur findet statt, nicht aber eine Berufung – sollte es nicht umgekehrt sein?
Obwohl die Probleme mit § 522 Abs. 2 ZPO eigentlich absehbar waren, hat es erst Schmerzen bedurft, bis dieser Missstand endlich mit der erforderlichen Lautstärke in die Diskussion geraten ist. Die Bundesanwaltschaft hat nun ein aktuelles Statement (PDF) nebst zwei Referaten von Prof. Greger und RA beim BGH Dr. Schultz vorgelegt, denen wenig hinzuzufügen ist. Den bereits woanders geäußerten Eindruck, dass sich in Wirklichkeit nicht drei Richter mit der Akte befassen, sondern lediglich der Berichterstatter, und daher nicht wirklich eine „einstimmige“ Entscheidung ergeht, schließe ich mich ausdrücklich an – was gefährlich ist, denn Hamburger Gerichte mögen „Eindrücke“ und Zu-Eigen-Machen derselben überhaupt nicht.
Viele Jurablogger hatten sich Buskeismus-Blogger Rolf Schälike in ihren Blogforen eingefangen, wo der Edel-Troll kenntnisreich die Diskutanten aufzumischen pflegte. Ich habe mich heute in Hamburg persönlich davon überzeugt, dass Schälike ordnungsgemäß seine Ordnungshaft im „Holstenglacis“ antritt. Für fünf Tage ist jetzt Ruhe!
Damit sich allerdings die Hamburger Richterschaft nicht unbeobachtet fühlt, habe ich die restlichen Verhandlungen bei Herrn Buske für Schälike mitgeschrieben. Und das hat sich sogar gelohnt, denn ich wurde auf diese Weise Zeuge einer Rechtsprechungsänderung bzgl. des Kommentierens von Bildnissen. Da hatte es neulich vom OLG ein interessantes Urteil zugunsten der Meinungsfreiheit gegeben, das die Hamburger nun anzuwenden hatte. Ich werde das kommende Woche mal genauer analysieren.
Außerdem habe ich gelernt, dass nicht nur der private Bereich, sondern auch der häusliche Bereich auf Reisen gehen kann, nämlich beim Umzug. Da darf man nun auch nicht mehr knipsen. Ob das auch für den Umzug in den Knast gilt …?
Vorab: Bevor man dem Journalisten René Pfister den Egon Erwin Kisch-Preis aberkannte, hätte man ihn schon aus Prinzip anhören müssen. So geht man einfach nicht miteinander um, insbesondere dann, wenn man einander schwache Recherche vorwirft.
Dass man ihm diesen Preis aberkannt hat, halte ich für richtig. Zwar hat ein Journalist gewisse Freiheiten der Rhetorik, und es spielt auch keine wirkliche Rolle, ob er dem Seehofer beim Modelleisenbahnspielen zugesehen hat. Aber wer des wohl prominentesten Journalisten-Preises würdig sein will, muss seinem Handwerk nun einmal in gehobenem Maße huldigen.
Unsere „Qualitätsjournalisten“ machen es sich beim Durchreichen politischer PR häufig zu einfach. Vor knapp 10 Jahren hatte man uns das Märchen von Bin Ladens „Alpenfestung“ in den Tora Bora-Höhen erzählt. In einem deutschen Magazin der Qualitätspresse(?) sah ich damals diese Grafik, die wohl eher in einen James Bond-Film oder zu konventionellen militärischen Einrichtungen passen würde. Die „Hightech-Festung“ hatte nach Stand der Forschung wohl nicht einmal elektrisches Licht, auch von einer Camping-Toilette habe ich nichts gehört. Das waren lediglich ein paar Höhlen, die Keyhole 2 nicht checken kann.
Derzeit erzählt man uns, der „Terror-Fürst“ (vormals ganz offiziell leitender Außendienstmitarbeiter der CIA) sei in einem Haus aus 1000 und einer Nacht liquidiert und wie Optimus Prime im Meer entsorgt worden, was man beim SPIEGEL ernsthaft als Nachricht durchgehen lässt. Beißender Spott wie dieser hier hat mit Journalismus mehr zu tun als unkritisches Verbreiten von Propaganda.
Mit Blick auf Stuttgart 21 halte ich Politiker mit Eisenbahnen im Keller für suspekt. Wenn ein auf sein Image bedachter Politiker wie Seehofer sein Hobby „Modelleisenbahn“ in die Öffentlichkeit trägt, dann will ich im Zweifel wissen, ob er wirklich eine hat, oder ob es eine PR-Inszenierung ist. Journalisten, die etwa Politkern glauben, beherrschen ihr Handwerk nicht – jedenfalls nicht meisterlich.
UPDATE: Man hat mich darauf hingewiesen, dass nicht „Optimus Prime“ versenkt worden sei, sondern dessen Gegner „Megatron“. Mag sein. Rubrums-Verwechslung kommt bei Anwälten schon mal vor, wir sind ja nicht scharf auf den Kisch-Preis.
Über den unverschämten Versuch des unglücklichen Herrn Mosley, via Straßburg die Presse zu einer Quasi-Selbstanzeige vor dem Abdruck fragwürdiger Inhalte zu nötigen, hatte ich bereits berichtet. Die Presse freut sich heute einen Ast, dass der Mann, der „deutsche Assistentinnen“ zu schätzen weiß, mit seinem Zensur-Ansinnen gescheitert ist und eine Gelegenheit bietet, die skurrile Story noch einmal aufzutragen. Nicht zu Unrecht weist jedoch Lawblogger Udo Vetter darauf hin, dass pressefeindliche Gerichte aus der Entscheidung durchaus Honig saugen können.
In anderer Sache wird ein Mandant von mir Mosley wohl nach Straßburg folgen – allerdings nicht als Verbieter, sondern als unbequemer Journalist. Derzeit zeichnet sich nämlich in Hamburg eine wirklich skandalträchtige Fehlentscheidung ab, die es Journalisten bald sehr schwer machen dürfte, über ernsthafte Missstände zu berichten. So soll die Berichterstattung über eine einstweilen untersagte Äußerung über ein streitiges Ereignis praktisch deshalb als beweisbedürftiger „Eindruck“ verboten werden, weil der Berichterstatter auf die Existenz von Zeugen hinwies, welche die Äußerung bestätigen. Damit entstehe ein „zwingender Eindruck“, der zu beweisen sei. Leider haben die Hamburger Gerichte keinen Beweis erhoben …
In Sachen Doping sind Sportler sehr empfindlich, empfinden häufig Eindrücke als bedrückend. Auch Frau Claudia Pechstein schätzt es nicht, wenn man eindrückt und frönt der Rechtspflege.
Besonders Wissenschaftler, die einen anderen Eindruck als betuchte Kläger gewinnen, verstehen häufig nicht so recht, warum ihre Leistungen in Deutschland der Zensur unterfallen sollen, denn in Artikel 5 Abs. 3 GG steht je eigentlich etwas von Wissenschaftfreiheit. So werden denn auch häufig Doping-Experten in den rechtsfreien Raum 335 B des Landgerichts Hamburg gebeten. Diesmal im Theater: Prof. Dr. Fritz Sörgel, selbst Richter, allerdings im nicht in der Justiz, sondern am Internationalen Sportgerichtshof. Der gestandene Mann ließ sich Pechsteins Schertz jedoch nicht bieten und zeigte Pechstein die Kufe. Selbst der uns so ans Herz gewachsene Vorsitzende zeigte sich beindruckt.
Das Deutschland-Radio (genauer: die von Frau Pechstein ebenfalls angegangene Journalistin Grit Hartmann) schreibt:
Zunächst untersagte die Pressekammer des Hamburger Landgerichts Sörgel diese Äußerung per Einstweiliger Verfügung. Mehr noch: Die Richter verboten sogar, „den Eindruck zu erwecken“, Pechstein habe Dopingmittel genommen oder verbotene Methoden zur Leistungssteigerung angewandt. Das hieß: Man durfte öffentlich nicht sagen, was Sportgerichte festgestellt und auch Schweizer Bundesrichter nicht korrigiert haben. Pechstein triumphierte auf ihrer Homepage: „Die vom Sport selbst geschaffene Gerichtsbarkeit“ möge ja „wegen angeblichen Dopings“ gegen sie entscheiden. Im deutschen Zivilrecht sei dies nicht möglich. Das war mindestens voreilig.
Frau Pechstein hat in Pressekammern gewisse Erfahrungen im Verlieren. Sie war sich neulich nicht einmal zu schade dafür, per Verwaltungsgericht das Bundeskriminalamt zu verklagen (läuft noch), was deshalb interessant ist, weil Eisläuferin Pechstein Polizeihauptmeisterin der Bundespolizei war oder ist. Selbst für Sportblogger fanden ihre Anwälte Zeit und Muße.
Wenn jeden Freitag am Landgericht Hamburg die Pressekammer tagt, findet sich seit ein paar Jahren ein freundlicher, manchem etwas wunderlich anmutender Herr in Saal 335 B ein, und äußert bisweilen bizarre Rechtsauffassungen. Wenn um 9.55 Uhr die Verkündungen der Entscheidungen beginnen, ist der Zuschauerraum praktisch leer. Damit sich dieser Herr nicht so einsam fühlen muss, leistet ihm Herr Schälike jedoch meistens Gesellschaft und hört ihm geduldig zu.
Die Überwachung der Hamburger Pressekammer wird jedoch Freitag kommender Woche unterbrochen werden, da Herr Schälike dann nämlich gegen Mittag eine Ordnungshaft antreten wird.
Der inzwischen strafrechtlich verurteilte Börsenguru Herr Markus Frick hatte ohne vorangegangener Abmahnung am Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung gegen Herrn Schälike erwirkt, die nicht hätte ergehen dürfen, wie das Landgericht das später schriftlich feststellte. Herr Schälike gab trotzdem eine Unterlassungsverpflichtungserklärung. Diesbezüglich konnte Fricks Anwalt wegen angeblichem Verstoß ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,- Euro durchsetzen.
Herr Schälike zahlt natürlich nicht, sondern macht stattdessen fünf Tage Erlebnis-Urlaub in der unweit vom Sievekingplatz befindlichen Haftanstalt Holstenglacis. Diese genießt unter Kennern keinen guten Ruf, doch als Herr Schälike vor über fünf Jahren schon einmal da war, fand er es im Vergleich zum Stasi-Knast dort gar nicht so übel. Er saß übrigens schon damals freiwillig statt Geldzahlung, weil er eine Unterlassungsverfügung des anfangs erwähnten freundlichen Mannes angeblich nicht ausreichend genug beachtet hatte.
Und während die Berliner Promi-Anwälte die Sektkorken für fünf Tage knallen lassen und stolz auf sich sein dürfen, hat Herr Schälike nunmehr Zeit, seine überwiegend gegen diese Anwälte gewonnenen ca. 100 Entscheidungen zu lesen. In die Haft darf er übrigens 240 Zigaretten oder 75 Zigarren oder 125 Zigarillos mitnehmen. Man darf gespannt sein, ob er gute Tauschgeschäfte machen wird.
Heute wird international der Tag der Pressefreiheit begangen. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger hat diesbezüglich sehenswerte Ergebnisse eines Plakatwettbewerbs vorgestellt. Den 1. Preis bekam für ihr obiges Motiv Eva Hasel.
Deutschland scheint man derzeit nicht als Patient für die Pressefreiheit zu betrachten. Mit Blick auf Hamburg habe ich da so meine eigene Auffassung.
Wie der Kollege Dr. Bahr berichtet, können es die Hamburger Pressegerichte einfach nicht lassen: Die Namen verurteilter Mörder sollen entgegen dem Votum des BGH nun doch in Online-Archiven gelöscht werden – und zwar dann, wenn die ursprüngliche Nennung unzulässig gewesen sein soll. Die Meldung von 2006 soll deshalb unzulässig gewesen sein, weil die Haftentlassung auf Bewährung damals kurz bevorgestanden habe und damals die Resozialisierung gefährdet gewesen sei.
Liebe Mörder, liebe Hamburger Richter!
JEDER weiß oder kann binnen kürzester Zeit recherchieren, wie die Herrschaften heißen. Das kommt davon, wenn man der Boulevardpresse im Knast Interviews gibt. In den älteren Online-Nachrichten darf der Name laut BGH ganz legal verbreitet werden. Man darf die älteren Artikel mit den Namen wohl auch verlinken. Es ist komplett witzlos, was ihr da macht.
Wenn ich wegen des Mordes an Walter Sedlmayr verurteilt und wieder draußen wäre, ich würde mir erst einmal einen neuen Namen zu legen, da der alte nun einmal Schaden genommen hat. Da habt ihr ein Recht drauf. Falls mir keiner der Namen einfallen würde, könnte ich mich ja an denen der Richter orientieren …
Während der SPIEGEL gemeinhin das Image von Qualitätsjournalismus genießt und sich einen Ruf insbesondere im investigativen Journalismus erarbeitete, waren die Anfänge schon allein vom Personal her erstaunlich: In der Redaktion arbeiteten Intellektuelle der SS in leitenden Positionen, die zwei Jahrzehnte erstaunlich enge Kontakte zur Organisation Gehlen bzw. dem hieraus hervorgegangenen Bundesnachrichtendienst hielten. Ein SPIEGEL-Mann, der es zum Chefredakteur und Verlagsleiter brachte, wurde sogar als neuer Vizepräsident des BND gehandelt.
Diese Interessenkollision wurde Anfang der 70er Jahre durch eine Enthüllungsserie über den BND relativiert, an welcher der damalige SPIEGEL-Redakteur Peter Ferdinand Koch mitwirkte. Der hat nun 40 Jahre später ein Buch vorgelegt, in dem er auf etliche Leute im Nachkriegsdeutschland eingeht, die entweder in den Diensten oder für die Medien arbeiteten, aber mehr als einen offiziellen Dienstherren hatten.
Dr. Nikolaus Klehr muss nun erfahren, was man unter dem Streisand-Effekt versteht. Dr. Nikolaus Klehrs freundlicher Hamburger Rechtsanwalt war mir in letzter Zeit ein wenig lästig geworden und hatte unverlangte Faxe gesandt. Mein Hinweis, dass ich jeden Einschüchterungsversuch nach dem Hydra-Prinzip mit einer Ausweitung meines Informationsangebots beantworten würde, scheint nicht verstanden worden zu sein – und das, obwohl ich einen weiteren freundlichen Hamburger Kollegen genannt hatte, der Erfahrungen mit mir schon hinter sich hat.
Seinerzeit gab es Ärger mit dem damaligen Personal eines Finanzvertriebs, der von mir die gleiche Ansage erhalten hatte. Googlet man nun nach diesem Unternehmen, trifft man sofort auf mein Website finanzparasiten.de, die zeitweise im Ranking den ersten Platz einnahm. Die Mitbewerber, die ich dort ebenfalls thematisierte, erlitten googlemäßig Kollateralschäden. Die Strategie, mir mit Hamburger Anwälten die Zeit zu stehlen, ging nach hinten los.
Wenn Herr Dr. Nikolaus Klehr dieser Tage mal seinen Namen googlet, wird ihm die Entdeckung, die er nun in der Top Ten machen muss, vermutlich weniger gefallen. Ich möchte jetzt nicht in der Haut seines ansonsten tüchtigen Hamburger Advokaten stecken, der ihm dieses Resultat jetzt wohl wird erklären müssen. Übrigens: Herr Dr. Klehr pflegt gelegentlich auch Google zu verklagen. Aber wie in der Krebsbehandlung ist halt nicht jede Therapie zwingend erfolgreich.