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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


12. Oktober 2016

Urheberrecht fürs Museum

Das Landgericht Stuttgart schafft Urheberrechte, wo keine sind. So soll das Eigentum nebst Hausrecht Unterlasungsansprüche gegen Nutzung von Fotografien von gemeinfreien Kunstwerken begründen, wenn diese eigenmächtig im Museum abgelichtet wurden.

Außerdem billigt es der fotografischen Reproduktion eines zweidimensionalen gemeinfreien Werks Leistungsschutz nach § 72 UrhG zu.

Im Ergebnis wird daher ein Museum zum Monoplisten von Abbildungen des – eigentlich gemeinfreien – Werks, das aus Zeiten stammte, als es noch kein Urheberrecht gab. Möglicherweise ist es ja das Ziel der Reiss-Engelhorn-Museen, dass Fotografie nicht gelebt wird, sondern ins Museum gehört … ;)

Ich habe das mal auf Telepolis kommentiert: Recht am eigenen Boden.

LG Stuttgart, Urt. v. 27.09.2016, Az.: 17 O 690/15. Nicht rechtskräftig.

24. September 2016

Unangenehmer Filesharing-Beschluss des Landgerichts Berlin

Das Landgericht Berlin hat in einem aktuellen Hinweisbeschluss strenge Anforderungen an die Erfüllung der sekundären Beweislast von Abmahnopfern zur Entlastung von der Störerhaftung gestellt. So veröffentlichte nun eine bekannte Abmahnkanzlei einen Beschluss, der das Abmahnopfer zu erheblicher Überwachung seiner Mitmenschen verpflichtet, denen er Zugang zu seinem Internetanschluss einräumt.

So genügt es nach Meinung des Landgerichts Berlin nicht, lediglich Personen zu benennen, denen man Zugang zum Internet eingeräumt hat, vielmehr soll ein Abmahnopfer sämtliche Rechner daraufhin checken, ob diese im betreffenden Zeitraum online gewesen seien und ob sich dort irgendwo Filesharing-Software befände. Mögliche Dritte sind vom Abmahnopfer zur Tat kritisch zu verhören (was lustig wird, wenn es um einen grottigen Erotikfilm geht).

Dem Landgericht Berlin zufolge soll der Abmahner damit in eine Position versetzt werden, in welcher er genug Munition hat, um gegen einen mutmaßlichen Filesharer bequem vorzuegehen. Eine Grenze sieht man in Berlin lediglich bei persönlichen Nähebeziehungen wie Ehepartner usw.. Unklar ist, welche Anforderungen das Gericht an Abmahnopfer stellt, die Dritten für deren eigene Endgeräte WLAN-Zugang gewährt haben.

Wer lieber den „guten Ratschlägen“ des CCC-Abmahnbeantworters folgen und sich vorgerichtlich um Kopf und Kragen reden will, nur zu! „Superclever“ ist auch die Erklärung, man sei Freifunker, denn damit verrät man dem Abmahner, dass man ungesichertes WLAN betreibt. Die Behauptung, eine Kontaktaufnahme nach einer Filesharing-Abmahnungen könne eine einstweilige Verfügung abwenden, ist schon deshalb unqualifiziert, weil einstweilige Verfügungen nicht der Praxis in Filesharing-Fällen entsprechen.

Wenn sich ein geschwätziges Abmahnopfer erst einmal um eine Klage „beworben“ hat, kostet das Zeit, Geld und Nerven. Man kann auch als Unschuldiger Klagen verlieren. Daher sollte man Filesharing-Abmahnungen entweder in den Papierkorb werfen und es auf eine Klage ankommen zu lassen, oder einen eigenen Anwalt einschalten. Von Do-it-yourself-Rechtsberatung ist jedoch definitiv abzuraten.

16. September 2016

Was WLANer nach der EuGH-Entscheidung tun sollten

Wer über den Telekom-Hotspot surft, etwa im Hotel oder im ICE, kann anonym ohne Password und Anmeldung ins Netz gehen. Denn § 8 TMG nimmt die Telekommunikationsunternehmen aus der Haftung aus. Das ist auch ziemlich sinnvoll, denn andernfalls kommt wieder so ein eigenwilliger Richter auf die Idee, den Inhaber von Compuserve wegen Rechtsverletzungen von dessen Kunden zu verurteilen.

Wenn Sie Ihr WLAN offen lassen, dann sollen Sie für Rechtsverletzungen Dritter haften, jedenfalls auf Unterlassung, was Anwalts- bzw. Prozesskosten verursacht. Nach der aktuellen EuGH-Entscheidung zur deutschen Störerhaftung müssen Sie den Zugang zu Ihrem WLAN mit einem Password verschlüsseln und den Namen Ihrer Gäste notieren. (Ob das mit dem deutschen Datenschutz harmoniert, wäre eine andere Frage.)

Warum Sie als Privatmensch für Gäste haften und quasi eine eigene Bestandsdatenspeicherung betreiben sollen, ist im Ergebnis seltsam. Das Haftungsprivileg der Telkos gilt nämlich sogar dann, wenn eine Telko private WLAN-Router für Angebote wie phone für ihr kommerzielles Angebot mitnutzt, etwa die Telekom mit WLAN-to-go. Technisch absolut identisch, doch was über das private WLAN rausgeht, kann teuer werden.

Das kommt aber nun einmal dabei raus, wenn man eher Lobbyisten als Experten in die Politik schickt. Die deutsche Störerhaftung ist übrigens weltweit einmalig und wird wie in vielen anderen Bereichen dafür sorgen, dass wir IT-mäßig von Ländern abgehängt werden, die man technisch eher in der Provinz verortet hätte. Innovation geht anders.

Das aktuelle Urteil legt nahe, dass rechtsbewusste Nutzer ihren WLAN-Zugang verschlüsseln sollen. Wer aber weiterhin sein WLAN offen lassen will – so die Idee des Freifunks – der sollte unbedingt (aber auch aus Gründen der Privatsphäre) ein Virtual Private Network zwischenschalten, das die Zuordnung des Internetanschlusses erschwert oder verunmöglicht.

VPN the whole day, keeps the Abmahnanwalt away!

Bekannte Anbieter sind perfect privacy, ipredator und vpntunnel. Die Freifunker machen das schon seit Jahren so und haben seither wohl Ruhe …

Falls Sie dennoch eine Abmahnung bekommen, ist Schweigen Gold: Der Kollege Herr Lorenz hatte mal vor Jahren im Rahmen einen statistischen Auswertung analysiert, welche ca. 3% Abmahnopfer tatsächlich verklagt werden. Das sind ganz überwiegend solche, die nach der Abmahnung selbst mit dem Abmahnanwalt in Kontakt getreten sind und sich dabei um Kopf und Kragen geredet haben. Aus meiner Praxis kann ich diesen Befund nur bestätigen. Aber, hey, was wissen wir Anwälte schon?

Also: Abmahnung entweder selbst in den Papierkorb werfen oder damit direkt zum eigenen Anwalt. Internetangebote, die Drohungen mit einer negativen Feststellungsklage wegen § 8 TMG empfehlen, sind vielleicht doch keine so eine tolle Idee …

Weitere juristische Kommentare zur allenfalls halbgaren EuGH-Entscheidung von den Kollegen Rechtsanwalt Thomas Stadler und Richter Dr. Reto Mantz.

EuGH, Urteil vom 15.09.2016 (Vorlageentscheidung), Az.: C?484/14

14. September 2016

Warum Berliner „trotzdem“ Piraten wählen sollten

1. Die Piraten waren dann am erfolgreichsten, als sie nicht in Parlamenten saßen.

Als die Piraten bei der Europawahl 2009 aus dem Stand weg über 2% einfuhren, schrillten bei den Parteistrategen die Alarmglocken. Denn 2%, die einer etablierten Partei fehlen, können in Zeiten knapper Wahlergebnisse und Zersplitterung des Parteiensystems wahlentscheidend sein. Also gaben sich sämtliche Parteien Mühe, dem lästigen Newcomer den Wind aus den Segeln zu nehmen:

  • Die bereits beschlossenen Zensursula-Netzsperren wurden auf den Müllhaufen geworfen
  • ACTA wurde aufgegeben
  • wenigstens pro forma interessierte man sich plötzlich für Digitales und Demokratie

Daher wirken Piratenstimmen auch dann, wenn es nicht für 5% reichen sollte. Wer Wert auf Kernthemen der Piraten legt, muss diesen Druck unbedingt aufrechterhalten. TTIP, CETA und der andere antidemokratische Lobby-Schrott müssen verhindert werden.

2. Spitzenkandidat Bruno Kramm überzeugt. Isso.

https://youtu.be/bym3Ed4OtRg

Zugegeben: Die Berliner Piratenfraktion im AGH war alles andere als ein Ruhmesblatt. Aber ein Kind, das Laufen lernen will, muss erst ein paar mal auf den Popo fallen. Apropos Popo: Die nicht integrierbaren schrillen Ideologen haben die Piraten inzwischen verlassen. Die Berliner Piraten haben von den Abgeordneten nur noch die aufgestellt, die sich bewährt haben.

Stattdessen bieten die aktuellen Berliner Piraten mit dem Musikproduzenten und Künstler Bruno Kramm einen denkbar überzeugenden Spitzenkandidaten, dem man Sachkompetenz etwa im Bereich Urheberrecht und politisches Geschick selbst auf verminten Terrain schwerlich absprechen kann. So verklagt der lagerübergreifend respektierte Bruno Kramm gerade aussichtsreich die GEMA, und es war nicht zuletzt Bruno Kramms Motivationsvideo zu den ACTA-Protesten gewesen, das zur Abwendung einer wirtschaftlich und kulturell fatalen Fehlentwickungen erheblich beitrug.

3. Wahlomat will es so. Punkt.

Wer sich nicht von Image-PR, Medienrealitäten und anderem Gedöns Sand in die Augen streuen will, kann mit dem Wahlomat testen, welche Partei am ehesten seine Interessen oder Überzeugungen vertritt. Viele sind erstaunt, dass ihnen der Wahlomat die Piraten empfiehlt.

Demgegenüber ist etwa die Mitbewerberin Linkspartei aufgrund ihrer in Berlin derzeit besonders heftigen Flügelkämpfe sowie einiger charakterlosen Figuren dort jedenfalls für die anstehende Wahl unwählbar. Wer die Vorratsdatenspeicherung ablehnt und das Taktieren in Baden-Württemberg verfolgt, kann auch nicht ernsthaft bei den Grünen sein Kreuz machen. Der Wiedereinzug der FDP ist herzlich überflüssig, und wer CDUSPD wählen will, hat anscheinend die letzten Jahre offenbar verschlafen.

Und last but not least: Ohne die Piraten würde das AGH mit Sicherheit deutlich langweiliger … ;)

2. September 2016

Wie man auf Filesharingabmahnungen richtig reagiert – und wie besser nicht

Ist fachliche Kritik Werbung?

Zunächst möchte ich eines klarstellen: Ich habe nie Werbung für anwaltliche Filesharingabwehr gemacht und dieses Feld bewusst den Kollegen überlassen, schon wegen meiner Nähe zur Piratenpartei. Selbstverständlich schicke ich niemanden weg, der ein rechtliches Problem hat, schon gar nicht im Fall einer Klage. Fast alle Filesharingmandate, die ich betreue, resultieren aus Mund-zu-Mund-Propaganda.

Wenn mich jemand angefragt hat, habe ich den Leuten früher auch stets erklärt, dass ein Ignorieren eine ausreichende Strategie sein kann und daher anwaltliche Tätigkeit vorgerichtlich nicht nötig ist. Dennoch ist es mir in keinem einzigen Fall gelungen, Mandanten davon abzuhalten, mich vorgerichtlich mit Filescharingfällen zu mandatieren.

Wenn ich mich zu einem Rechtsthema fachmännisch äußere, und mir CCC-Leute „Eigenwerbung“ unterstellen, fordere ich, dass sich IT-Experten bitte auch nicht mehr öffentlich zu Sicherheitsthemen äußern sollten. Das können Laien doch sicherlich viel besser …

Wie reagiert man auf eine Abmahnung?

Das Abmahngeschäft funktioniert, indem man dem Abgemahnten Angst macht und hierdurch zur Zahlung stimuliert. Damit verdient man Geld, Gerichtsverfahren sind hingegen riskant, weil der Abmahner nicht weiß, ob und wie sich ein Gegner verteidigen kann und ob er überhaupt greifbar ist oder Geld hat.

Von den Abmahnungen, bei denen sich das Abmahnopfer nicht einschüchtern lässt, wird nur ein sehr geringer Anteil vor Gericht gebracht. Nach Erfahrungen von Anwälten sind dies knapp 3%.

Ob die Klagequote bei Abmahnopfern, die keinen Anwalt einschalten, höher ist, weiß ich nicht. Ich nehme aber an, dass Abmahner lieber Leute vor Gericht ziehen, die keine professionelle Gegenwehr signalisiert haben. Bei mir ist es so, dass bis auf eine Kanzlei 100% aller Abmahner Ruhe gegeben haben.

Ob irgendwelche Privatschreiben an Abmahner diese vom Klagen abhalten, ist genauso wenig auszuschließen wie die Wirkung von Homöopathie. Bei einer Verfallquote von ca. 97% auch ohne Schreiben kann man über die Wirkung nur spekulieren.

Sollte man dem Abmahner vorgerichtlich erklären, warum die Abmahnung unberechtigt ist?

Wenn man eine 300% robuste Rechtsposition hat, kann man das tun. Aber bei einem Klagerisiko von weniger als 3% rate ich dazu, gelassen abzuwarten. Denn der Abmahnanwalt muss sich für seine 3% diejenigen Abmahnopfer heraussuchen, von denen er sich Erfolg verspricht. Wer vorgerichtlich sein Pulver verschießt, macht sich für Abmahnanwälte im Gegenteil interessant.

Wenn man darlegen und beweisen kann, dass Dritte als Täter infrage kommen, macht eine entsprechende Einlassung nur Sinn, wenn man diese Personen auch dem Gegner namhaft macht. Zudem fordern etliche Gerichte unter Hinweis auf die BGH-Entscheidung „Tauschbörse I“, dass man diese Personen befragt hat und auch über deren Internetgewohnheiten Auskunft gibt.

Besonders delikat wird es, wenn es um Pornofilesharing geht, denn dann müsste man seinen Bekanntenkreis nach entsprechenden Vorlieben befragen und dem Abmahner denunzieren. Ich persönlich würde über meine Freunde Dritten frühestens dann Auskunft geben, wenn ich vor Gericht stehe. Dass ich irgendwelchen windigen Abmahnern ohne Not solche Daten preisgäbe, käme für mich nicht in die Tüte.

Sollte man denn nicht eine modifizierte Unterlassungserklärung abgeben?

Bis vor ein paar Jahren haben das standardmäßig die meisten Anwälte so gemacht, um Kosten für den teuren Unterlassungsanspruch zu vermeiden. Erfahrungsgemäß wird der Unterlassungsanspruch allerdings nie eingeklagt. Insbesondere habe ich in Fällen dieser Art nie eine einstweilige Verfügung gesehen.

Im Gegenteil hat es ein Abmahnopfer, dass keine solche Erklärung abgibt, in der Hand, bei einer Zahlungsklage im Wege der Widerklage eine negative Feststellungsklage einzureichen, dass kein Unterlassungsanspruch besteht. Dadurch erhöht sich bei einem Abmahner das Kostenrisiko.

Sollte man dem Abmahner einen kleineren Betrag überweisen, um ihn milde zu stimmen?

Auf gar keinen Fall. Denn der Abmahner wertet das als Schwäche und weiß dann außerdem, dass das Abmahnopfer Geld hat. Das steigert das Klagerisiko auf 100%.

Gilt das alles auch für Freifunk?

Freifunker können sich zusätzlich auf § 8 TMG berufen, bewegen sich aber bis zur für den 15.09.2016 erwarteten Urteilsverkündung des Europäischen Gerichtshofs in Straßbourg in einer Grauzone. Meines Erachtens müsste § 8 TMG auch für Privatleute gelten, aber ob Gerichte dem folgen, wird man sehen.

Aber auch Freifunker können es bei einem Risiko von nur ca. 3% gelassen auf eine Klage ankommen lassen.

Kostet vorgerichtliche Abmahnabwehr immer mindestens 150,- €?

Nein. Außerdem ist die vorgerichtliche Einschaltung eines Rechtsanwalts aus den genannten Gründen nicht unbedingt notwendig, denn die Rechtsfragen kann man auch dann prüfen, wenn der Gegner wirklich ernst macht. Selbst in einem laufenden Prozess könnte man den Gegner noch deutlich herunterhandeln.

Sollte man mit einer negativen Feststellungsklage drohen?

Wenn man wirklich eine exzellente Rechtsposition hat, sollte man damit nicht nur drohen, sondern das sofort durchziehen. Als Mittel der Widerklage setze ich negative Feststellungsklagen offensiv ein. Einer Warnung hierzu bedarf es nicht.

Drohungen diesbezüglich kann man sich sparen. Jeder erfahrene Anwalt weiß, dass solche Drohungen meistens Bluffs sind, denn die wenigsten investieren Geld in so etwas, denn davon profitieren in erster Linie Anwälte.

Anders kann es liegen, wenn man auf § 8 TMG geht. Aber auch dann könnte man genauso gut auch eine Klage abwarten. Ein Pokerspieler deckt seine Karten nicht früher auf, als er muss

Wie gut sind die Chancen, einen Prozess zu gewinnen?

Es gibt sehr viele Ansätze, um es den Abmahnern schwer zu machen. In den Prozessen, die ich für Mandanten geführt habe, konnten wir über alle Instanzen die Ansprüche abwehren, was aber manchmal alles andere als ein Kinderspiel ist. Das liegt daran, dass die Gerichte in den Instanzen und an den verschiedenen Gerichtsorten die Rechtslage unterschiedlich interpretieren. Etliche Gericht verlangen ernsthaft, dass man Erwachsene (!), denen man Zugang zum WLAN eingeräumt hat, vorher über die Gefahren belehrt hat.

Allerdings möchte ich nicht verheimlichen, dass viele Mandanten solche langwierigen Prozesse als Belastung empfinden. Besser ist es, wenn man dafür sorgt, zu den 97% zu gehören. Und da rate ich nicht zu Geschwätzigkeit und Datenschleuderei, sondern eindeutig zum Poker.

Warum hast du dich so spöttisch über den „Abmahnbeantworter“ geäußert?

Eine eigentlich normalerweise sehr sympathische Berliner Rechtsanwältin, die offenbar Content für den Abmahnbeantworter geliefert hatte, hatte meine ursprünglich rein sachliche Kritik zum Anlass für wiederholte öffentliche Beleidigungen genommen. Das ist auch völlig in Ordnung, da in Berlin Pampigkeit und schlechtes Benehmen als „Berliner Schnauze“ sozial akzeptiert ist. Ich ziehe allerdings Humor und sei es auch nur Sarkasmus als Stilmittel vor.

Ich fand es auch befremdlich, dass die Medien den Abmahnbeantworter für eine große Sache hielten, denn ich fürchte, dass der gut gemeinte Abmahnbeantworter im Gegenteil den Abmahnern in die Hände spielt. Ich würde mich in diesem Fall sehr gerne irren.

Wie vermeide ich Abmahnungen am besten ganz?

Wer ein WLAN verwendet, sollte auch aus ganz anderen Gründen ein VPN dazwischenschalten. Dann nämlich wird es für die Abmahner schwierig, einen Upload nachzuweisen. Das ist insbesondere Leuten zu empfehlen, die ihr WLAN ganz offen halten.

23. August 2016

Abmahnbeantworter des CCC – leider nicht zu empfehlen

https://youtu.be/6MX2w7PeWcs

Der Chaos Computer Club (dem ich angehöre) hat einen Abmahnbeantworter ins Netz gestellt.

Gut gemeint ist aber leider nicht gut gemacht. Im Gegensatz zu den ansonsten stets empfehlenswerten Kollegen von netzpolitik.org rate ich dringend davon ab, das Ding zu benutzen.

So sollen die Abmahnopfer in dem Formular preisgeben, warum sie meinen, den unterstellten Rechtsverstoß nicht begangen zu haben, etwa weil sie im Urlaub gewesen wären usw.. Solche Geschwätzigkeit ist taktisch äußerst unklug. Denn wer sich ohne Not verteidigt, klagt sich an – und liefert den Abmahnern wertvolle Informationen, die zur Beurteilung der Erfolgsaussichten eher hilfreich als abschreckend sind.

Über meine Filesharing-Mandanten erfahren Abmahner vorgerichtlich grundsätzlich gar nichts. Die Abmahner wissen daher nicht, ob und wie sich meine Mandanten verteidigen können und ob bei denen überhaupt etwas zu holen ist. Sie wissen aber, dass sich die Mandanten professionell wehren werden. Stattdessen gehen die Abmahner den Weg des geringsten Widerstands und suchen sich lieber angenehmere Gegner. Bis auf eine Ausnahme (derzeit anhängig) haben die Abmahner daher keinen einzigen der vorgerichtlich von mir vertretenen Mandanten verklagt.

Bei mir ist es zudem Policy, dass ich bei bloßem Einklagen von Zahlungsansprüchen sofort bzgl. des Unterlassungsanspruchs eine negative Feststellungsklage erhebe, was für die Abmahner das Kostenrisiko erhöht. Auch auf billige Vergleiche brauchen Abmahner bei mir nicht zu hoffen. Alle bereits rechtshängigen Klagen, die mir erst in diesem Stadium angetragen wurden, konnten bislang glücklicherweise zu 100% abgewehrt werden.

In seiner Pressemitteilung gibt der CCC einen weiteren fragwürdigen Rechtsrat:

Der Abmahnbeantworter ist aus juristischer Sicht ein erster Schritt zu einer erfolgreichen sogenannten negativen Feststellungsklage: Er bringt den Abmahner unter Zugzwang, seine Abmahnung zurückzunehmen. Und er schafft die rechtlichen Voraussetzungen, um später erfolgreich eine negative Feststellungsklage zu erheben, falls die Abmahnung nicht fristgerecht zurückgenommen wird.

Das ist Unsinn.

Eine negative Feststellungsklage setzt keinerlei vorgerichtliche Tätigkeit voraus. Wenn etwa mein Stammleser Herr Dirk Vorderstraße etwas von mir unterlassen haben will, geht noch am selben Tag die Klageschrift raus. Ich habe auch noch keinen gestandenen Abmahner gesehen, der vorgerichtlich eine urheberrechtliche Abmahnung zurückgenommen hätte.

Nicht ganz up to date ist die Auswahl der angebotenen Abmahnkanzleien. So hat sich die dort aufgeführte Kanzlei Schulenburg & Schenk aus dem Pornoabmahngeschäft zurückgezogen und mahnt sogar auf Unterlassung ab, wenn sie jemand als „Abmahnkanzlei“ bezeichnet. Stattdessen wäre der aus dieser Kanzlei ausgeschiedene Rechtsanwalt Yussof Sarwari zu nennen, der dieses Geschäftsmodell aufgegriffen hat und zu den handverlesenen Abmahnern gehört, welche die Sache auch konsequent vor Gericht durchzieht.

19. Juli 2016

Amtsgericht Frankfurt: Kein Lizenzschaden bei kostenfreien Creative Commons-Bildern

Dem Amtsgericht Frankfurt am Main fiel nunmehr die Ehre zu, das wohl erste totalabweisende Urteil zur infamen Lizenzforderung wegen unterlassener Namensnennung bei eigentlich kostenfreien Creative Commons-Lizenzen mit erlaubter kommerzieller Nutzung zu erlassen. Bereits 2014 hatte das OLG Köln entsprechende Forderungen abgelehnt, allerdings in einem Fall, einer nicht-kommerzielle Lizenz betraf. Kürzlich hatte das OLG in einem Beschluss zu einem noch laufenden Prozess klargestellt, dass es auch bei einer CC BY-SA 3.0 keinen Lizenzschaden sieht.

Kein Lizenzschaden bei kostenfreien Creative Commons-Bildern

Das Amtsgericht Frankfurt am Main stellte nun im aktuellen Urteil klar, dass jedenfalls ein Amateurfotograf, der seine Lichtbilder unter eine kostenlose Creative Commons-Lizenz stellt, bei Verstößen gegen einzelne Bedingungen keinen Schadensersatz wegen Lizenzkosten nach § 97 Abs. 2 UrhG verlangen kann. Denn dem Fotograf ist kein konkreter Schaden nach § 249 BGB entstanden.

„Der kommerzielle Wert des streitgegenständlichen Werks ist daher mit 0,- € anzusetzen.“

Auch ein Ausgleich immateriellen Schadens nach § 97 Abs. 2 Satz 4 UrhG aus Billigkeit kommt nicht in Betracht, da keine entsprechend gravierende Verletzung Urheberpersönlichkeitsrechts vorliegt.

Ein städtischer Angestellter aus Büdingen, der in der Wikipedia etliche Bilder unter Creative Commons-Lizenz verbreitete und dann seinen Anwalt seit Jahren fleißig Abmahnungen und Lizenzkostenforderungen verschicken ließ, hat künftig wieder mehr Zeit, um sich seinen Beamtenpflichten und der Pflege der Wikipedia zu widmen.

Abmahnkosten vermeiden!

Nicht abwehren konnten wir allerdings die Abmahnkosten hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs. Zwar wies die Abmahnung deutliche Schwächen auf, stammte jedoch aus 2012 und damit aus der Zeit vor der Neufassung des § 97a UrhG. Insoweit konnten wird jedoch weitere Kosten durch vorgerichtliche Abgabe einer Unterlassungserklärung vermeiden.

Andernfalls hätte der Kläger auch Unterlassung einklagen und damit den Streitwert um den Faktor 7 erhöhen können, und hätte dann ganz überwiegend obsiegt. Wegen Kostenaufhebung gegeneinander muss der Kläger insbesondere die Fahrtkosten für seinen extra aus dem drei Stunden entfernten Hechingen-Beuren angereisten Anwalt selbst berappen.

Wer eine „Rechnung“ eines solchen Fotografen wegen unterlassener Namens- und Lizenznennung erhält, sollte einer anwaltlichen Abmahnung zuvorkommen und präventiv eine hinreichend qualifizierte Unterlassungserklärung abgeben. Wer dabei kein Eigentor schießen will, beauftragt mit solcherlei einen spezialisierten Rechtsanwalt.

Geld zurück!

Wer in der Vergangenheit an solche Lizenzeintreiber „Schadensersatz“ bezahlt hat, kann die Beträge ggf. nach §§ 812 ff. BGB zurückverlangen. Wer geschäftstüchtigen Tritbrettfahrern der Wikipedia-Community ein pädagogisches Erlebnis verschaffen möchte, kann gegen solche Forderungen auch eine negative Feststellungsklage erheben.

Mehr zu diesem anrüchigen Geschäftmodell der CC-Lizenzforderer findet man hier um Blog unter Dirk Vorderstraße und Thomas Wolf – TW Photomedia.

18. Juli 2016

Thomas Wolf TW Photomedia verschickt wieder „Rechnungen“ wegen Creative Commons-Bildlizenzen

Thomas Wolf ignoriert tapfer die Gerichte, die seinen unter CC-Lizenzen kostenfrei vertriebenen Werken entweder keinen (OLG Köln) oder nur einen Bruchteil des von ihm aufgerufenen Werts beimessen (Amtsgericht München). Bisherige Rekordhalterin ist eine arbeitslose Mutter, der Wolf für zwei Bildchen eine Rechnung von über 7.500,- € wegen nicht ausreichender Nennung seines Namens präsentierte.

Bevor sich herumspricht, dass sein Geschäftsmodell auf Sand gebaut ist, versucht Herr Wolf offenbar verstärkt, seine Rechnungen in Geld zu verwandeln. So verschickt er dieser Tage Einschreiben mit Zahlungsfristen, unverschämterweise sogar direkt an von mir vertretene Mandanten. Seine laufende Rechnungsnummer hat inzwischen die 900 überschritten.

Vor Gericht lässt sich Herr Wolf als „professioneller Fotograf“ darstellen. Erstaunlicherweise findet man auf seinen Briefen weder Telefon- noch Faxnummern. Ein Beweis, dass TW Photomedia jemals eine Bildlizenz konventionell verkauft hätte, ist mir nicht bekannt. Inzwischen werden die Schreiben angeblich nicht mehr von Herrn Wolf persönlich versandt, sondern von einer „Sekretärin Frau Nguyen“.

Die Sekretärin mit dem Vornamen „Frau“ verfügt sogar über einen eigenen Sekretärinnen-Stempel, was professioneller als professionell sein dürfte. Nguyen heißt übrigens „schöner Wohlstand“. Der Stempel enthält sogar ein ®-Zeichen, das wohl eher in den USA üblich ist.

Wer Rechnungen von Herrn Wolf erhält, sollte eine präventive Unterlassungserklärung abgeben, um Kosten durch eine drohende anwaltliche Abmahnung oder Unterlassungsklage zu vermeiden. Aus Gründen sollte das am besten durch einen spezialisierten Anwalt erledigt werden.

Meine Mandanten zahlen an Herrn Wolf keinen einzigen Cent. Derzeit betreue ich Leistungsklagen, negative Feststellungsklagen und eine Bereicherungsklage, bei der ein Mandant einen wohl rechtsgrundlos geleisteten Teilbetrag wieder zurückfordert.

Dieses Foto wurde von Thomas Wolf angefertigt und auf Wikimedia unter der Creative Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported“ (CC BY-SA 3.0) bereitgestellt. Das Bild kann weiterverwendet werden, solange der Urheber beim Bild in folgender Form genannt wird: Thomas Wolf, www.foto-tw.de. Die entsprechenden Urheberangaben können direkt am Bild oder in einem gesonderten Bildquellenverzeichnis gemacht werden, müssen in jedem Fall aber eindeutig zuordbar und leicht aufzufinden sein. Angaben als Mouseover reichen nicht aus. Pauschale Bildquellenangaben wie „WikiCommons“ werden der Lizenz ebenfalls nicht gerecht. Jegliche Verwendungen des Bildes ohne den obigen – oder einen gleichwertigen – Vermerk in Bildnähe sind im Rahmen der Lizenz unzulässig und verletzen damit das Urheberrecht. Das gilt natürlich nicht, falls der Urheber auf anderem Wege explizit eine Nutzungserlaubnis erteilt hat, wie er es z.B. über seine Agentur kostenpflichtig anbietet (Lizenzen ohne Namensnennung). Sollte dieses Werk im Printbereich genutzt werden, bittet der Urheber um die Zusendung eines Belegexemplars; die Postanschrift kann über die Kontaktfunktion (unterhalb) angefragt werden.
Anfragen: Nuvola apps korn.png E-Mail an den Urheber oder Kontakt über seine Webseite
11. Juli 2016

Abmahnungen für Fotos von Dennis Skley durch Rechtsanwalt Lutz Schröder aus Kiel

Zur Elite jener Starfotografen, die ihre Meisterwerke etwa bei Flickr unter kostenlosen Creative Commons-Lizenzen verschenken, dann aber bei fehlender Benennung finanzielle Ansprüche stellen lassen, gehört seit einiger Zeit auch ein gewisser Dennis Skley. Herr Skley, gelernter Bürokaufmann mit Fachwissen im Bestattungswesen, ist angeblich „professioneller Fotograf“. Anders als Mitbewerber wie Dirk Vorderstraße oder Thomas Wolf nimmt Herr Skley seine angeblichen Rechte nicht selbst wahr, vielmehr tut das für ihn ein „Verband zum Schutz geistigen Eigentums im Internet (VSGE)“, Berlin, dessen Mitglied Herr Skley sei.

Durch den beauftragten Rechtsanwalt Herrn Lutz Schröder, Kiel, fordert der VSGE Unterlassungserklärungen, Lizenzschäden und Abmahnkosten diesbezüglich ein.

Lizenzkosten für CC-Bilder? Nein, Danke!

Die Gerichte billigten in Fällen dieser Art schon etwas länger nur einen Bruchteil der Lizenzforderungen zu, kürzlich hat sich das OLG Köln meiner Meinung angeschlossen, dass auch in Fällen dieser Art der Lizenzschaden bei 0,- € anzusetzen ist.

Unterlassungserklärung und Abmahnkosten? Ja und Nein.

Eine kompliziertere Frage ist allerdings der Unterlassungsanspruch bzw. Benennungsanspruch, der grundsätzlich besteht und daher eingefordert werden könnte. Allerdings weisen alle mir bekannten Abmahnungen des Kollegen Herrn Schröder diverse Schwächen auf, so dass ein Aufwendungsersatzanspruch wegen § 97a Abs. 4 UrhG zweifelhaft ist. Von meinen Mandanten hat der „Verband“ bislang keinen Cent gesehen.

Verband zum Schutz geistigen Eigentums im Internet (VSGE)

Die von Herrn Skley gewählte Konstruktion mit dem zwischengeschalteten Verein ist ungewöhnlich. Vermutlich möchte Herr Skley auf diese Weise negative Feststellungsklagen verhindern. Wer möchte schon gegen einen nicht eingetragenen Verein klagen, der womöglich kein Geld hat?

Die pompöse Bezeichnung „Verband“ für einen nicht einmal eingetragenen Verein, der bislang nur durch Bildabmahnungen für wenige Fotografen aufgefallen ist, dürfte wegen Irreführung gegen § 5 UWG verstoßen. Ernstzunehmende Berufsverbände der Fotografen oder die IHK könnten ggf. dagegen vorgehen.

Diese dubiosen Abmahnungen sind auch anderen Kollegen sowie netzpolitik.org aufgefallen, die spannende personale Hintergründe aufzeigen.

Handlungsbedarf

Eine (brauchbare) Unterlassungserklärung soll schon abgegeben werden, Geld hingegen soll sich der „Verband“ mal holen kommen. Gerne berate und vertrete ich Sie in diesen und ähnlichen Angelegenheiten zu einem fairen Honorar. Anfragen für kostenfreie Rechtsberatung bitte direkt an meine Mitbewerber. ;)

5. Juli 2016

Fotorecht: Ein Angebot, das man ablehnen darf

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„Buhne an der Ostsee, Warnemünde, Mecklenburg-Vorpommern“, Urheber: Dirk Vorderstraße, CC BY 3.0

Fotofreund Dirk Vorderstraße, der unter kostenlosen Creative Commons-Lizenzen Lichtbilder lizenziert und dann hinterher bei Lizenzverstößen üppige Honorarforderungen erhebt, hat seine Anschreiben inzwischen geändert. So „bietet“ er eine „Lizenzvereinbarung“ an, mit welcher die Nutzung nachträglich und für die Zukunft abgegolten werde.

Einem Mandanten, der die gewünschten Hinweise auf Namen und Lizenz nicht geleistet hatte, schlug Herr Vorderstraße für die erfolgte und künftige Nutzung des obigen Meisterwerks ein Honorar iHv 663,40 € vor. Zwar enthielt das Schreiben anders als früher keine Drohungen mehr mir einem teuren „Fachanwalt“, den er zu beauftragen gedenke, jedoch einen Hinweis auf seine Homepage. Dort allerdings prahlte er stolz mit einem Versäumnisurteil, das er gegen eine Bildnutzerin erstritten hatte.

Mein Mandant erhob negative Feststellungsklage am Amtsgericht Charlottenburg dahingehend, dass Herr Vorderstraße jedenfalls keine über 100,- € hinausgehende Zahlung verlangen dürfe. Herr Vorderstraße erkannte sofortig an, wollte jedoch die Kosten nicht tragen, da er zur Klage keinen Anlass gegeben habe, § 93 ZPO. Er hätte weder eine Klage angedroht noch Schadensersatz nach § 97 UrhG verlangt. Außerdem stritt er den Erhalt einer vorab per Fax versandten Anfrage ab, ob sein „Angebot“ als Forderung zu verstehen sei.

Das Amtsgericht Charlottenburg verurteilte antragsgemäß und erlegte Herrn Vorderstraße die Kosten auf.

Amtsgericht Charlottenburg, Urteil vom 23-06.2016, 210 C 111/16