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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


22. Mai 2010

Das geheime Schiff der CIA

Es ist immer wieder faszinierend, wie sich die jeweils tagesaktuelle Nachrichtenlage von der historischen Sicht unterscheidet. Heute erscheint auf Telepolis.de mein Beitrag über den Stand der Forschung zur wohl aufwändigsten CIA-Operation überhaupt. Die Amis hatten 1974 heimlich ein gesunkenes U-Boot zu heben versucht, was unter dem Cover Up einer zivilen Forschungsmission lief. Als die bekannten Enthüllungsjournalisten Wind von der Sache bekamen, legten sie patriotischen US-Medien an die Kette. Als die Operation dann doch raus kam, saß die Regierung das einfach aus.

21. Mai 2010

Sternstunde des ZDF

Satiriker Martin Sonneborn hat wieder zugeschlagen! Als vermeintlich seriöser ZDF-Reporter führte er einen Pharma-Fuzzi vor. Muss man gesehen haben!

Der Typ meinte, er könne mit dem Journalisten „off the record“ sprechen. Nun ist der Pharma-Fuzzi sauer, weil die Kumpanei mit der Presse, die wir normalerweise nie mitkriegen, nicht gelaufen ist. Jetzt mault er:

„Das war eine echte Schweinerei“, sagt Schmidt. „Allerdings haben wir selbst eine Mitschuld, weil wir nicht misstrauisch genug waren.“

Exakt. „Talk off the record“ gibt es nämlich im richtigen Leben nicht.

20. Mai 2010

Ob Personalratsvorsitzender oder dessen Stellvertreter ist unerheblich

Die Kieler Nachrichten berichten über den Ex-Landrat von Bismarck, der eine Gabriele Kalinka in seiner Autobiografie „Von Pommern nach Plön“ nun wieder erwähnen darf:

Die mündliche Verhandlung vor zwei Wochen hatte – wie berichtet – bereits gezeigt, dass das Kieler Gericht keinen Persönlichkeitsschaden für die Klägerin sieht, wenn ihr Name in dem Buch auftaucht. Unter anderem war es um die Frage gegangen, ob eine Passage, in der behauptet wird, Gabriele Kalinka sei Personalratsvorsitzende gewesen, obwohl sie in Wirklichkeit nur stellvertretende Vorsitzende war, im Buch geschwärzt werden muss. Die Kieler Richterin sah die Verwechslung als „unerheblich“ an, so dass Restbestände des Buches jetzt ungeschwärzt verkauft werden dürfen.

Komiker mag nicht mit seinem Vater lachen

Das Landgericht Berlin hat eine einstweilige Unterlassungsverfügung aufgehoben, die ein bekannter Comedian gegen seinen Vater erstritten hatte.

Der verarmte Vater des Witzboldes hatte von seinem vermögenden Sohn  – ihm seiner Meinung nach zustehenden – Unterhalt verlangt, obwohl zwischen beiden Funkstille herrscht. Des Vaters Anwalt hatte dabei sinngemäß angedeutet, ein entsprechender Rechtsstreit käme dem Prominenten in der Öffentlichkeit kaum gelegen. Der Komiker ließ den Herrn Vater durch seinen Promi-Anwalt abmahnen, sich der Presse gegenüber privater Angelegenheiten zu enthalten. Die Angelegenheit wurde dadurch aufgeheizt, dass tatsächlich solche Berichte auftauchten, wobei die Presse bei den „Zitaten“, die sie dem Herrn Papa in den Mund legte, wohl etwas zu kreativ gewesen war.

Der Vater-Anwalt sah seine Hinweise zur Öffentlichkeitsarbeit jedoch nicht als Drohung und lehnte dankend ab. Zudem sei die Abmahnung zu unbestimmt. Daraufhin erwirkte der Promi-Anwalt eine einstweilige Verfügung, wobei er freilich das letzte Schreiben des Anwalts unterschlug vergaß.

Die Pressekammer des Landgerichts Berlin sagt nunmehr:

Der Antragsteller kann es dem Antragsgegner zunächst nicht grundsätzlich verwehren, sich in seinen eigenen Angelegenheiten an die Presse zu wenden, mag daran ein öffentliches Interesse auch nicht bestehen und der Antragsteller in seiner geschützten Privatsphäre davon auch reflexartig betroffen sein. Die Meinungsfreiheit ist nicht nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt und wird von dem Grundrechtsträger nicht nur gleichsam treuhänderisch für das demokratisch verfasste Gemeinwesen ausgeübt. Vielmehr gewährleistet das Grundrecht aus Art, 5 AbS: 1 GG primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen. Bereits hieraus bezieht das Grundrecht sein in eine Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einzustellendes Gewicht, das durch ein mögliches öffentliches Informationsinteresse lediglich weiter erhöht werden kann. Angesichts dessen würde es eine verfassungsrechtlich bedenkliche Verkürzung darstellen, wenn dem Betroffenen allein deshalb ein Unterlassungsanspruch zuerkannt werden würde, weil dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.02.2010, 1 BvR 2477/08). Solange der Antragsgegner nicht etwa unwahre Tatsachenbehauptungen in Bezug auf den Antragsteller aufstellt, die dann von einem Presseorgan verbreitet werden. kann er nicht ohne weiteres auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, da es zunächst allein Sache des betreffenden Presseorgans ist, abzuwägen und zu entscheiden, ob ein öffentliches Berichterstattungsinteresse besteht, das das Interesse des Antragstellers am Schutz seiner Privatsphäre überwiegt (vgl. BGH NJW-RR 1997, 235, 236; Breutz, in Hamburger Kommentar Gesamtes Medienrecht, Rdz. 39.158 ff.). Erst wenn die Presse gezielt dazu eingesetzt wird, derartige Angelegenheit aus der Privatsphäre zu veröffentlichen, um z. B. öffentlichen Druck auszuüben, käme eine Inanspruchnahme des Informanten als Störer in Betracht. (…)

Soweit der Antragsgegner in der „neuen woche“ dahingehend zitiert wird, „Mein Sohn müsste rechtlich für mich aufkommen, weil er so viel verdient“, läge darin keine unwahre Tatsachenbehauptung, selbst wenn der Antragsgegner sich so geäußert haben sollte. Denn es handelt sich ersichtlich um seine Rechtsauffassung. (…) Auf die Frage, ob der Antragsteller dem Antragsgegner  überhaupt Unterhalt schuldet, kommt es demnach gar nicht an.

Außerdem hatte das Gericht Zweifel an der Begehungsgefahr.

Dem Komiker verging das Schertzen.

Landgericht Berlin 27 O 66/10 Urt. v. 27.04.2010

19. Mai 2010

Kölner Unternehmer Esch ./. WDR („die story“): Reportage war zulässig

Wie man in Köln den großen Reibach macht, weiß der umtriebige Unternehmer Unternehmer Esch. Nachdem der WDR über die Karstadt-Pleite berichtet hatte, war Esch mit seiner Darstellung nicht glücklich. Doch der WDR hatte solide Arbeit geleistet, der Schuss ging nach hinten los:

Mit einer strafbewehrten Unterlassungserklärung haben sich Esch und Dix zudem verpflichtet, die Behauptung zu unterlassen, im WDR-Film sei als Beleg für eine Geheimvereinbarung zur Aktienmanipulation zum Nachteil der Karstadt Quelle AG eine nachträglich manipulierte Version anstelle des Originaldokuments präsentiert worden.

Wikileaks wieder uneingeschränkt auf Sendung

Das Enthüllungsportal Wikileaks hat heute nach einem halben Jahr eingeschränkten Betriebs die ihm anvertrauten Informationen wieder in vollem Umfang recherchierbar zugänglich gemacht.

18. Mai 2010

Fall Tauss als Lackmustest für Qualitätsjournalismus

Zur Frage, wie tendenziös unsere Qualitätsmedien sind, lohnt ein Vergleich der Berichterstattung über den Fall Tauss.

Unstreitig hat er kinderpornographisches Material besessen, streitig, zu welchem Zweck. Unerheblich ist jedoch, welcher Dreck konkret dort zu sehen ist. Solche unappetitlichen Details müssen zwar in einem Strafverfahren protokolliert werden (wenn auch nicht unbedingt in dieser Breite), sie haben aber mit der eigentlichen Problematik des Falles nichts zu tun. Im Gegenteil müssen sich Journalisten, die entsprechende Details kolportieren, fragen lassen, ob sie nicht selbst den Verbalpornographen zugerechnet werden möchten.

Trotzdem meinen der stern und die WELT, ihre Artikel gleich zu Beginn mit entsprechenden Einzelheiten anreichern zu müssen, um den Spin zu setzen. Die WELT-Überschrift scheint von der ebenfalls zur Springerpresse gehörende BILD-Zeitung geliehen zu sein –  die allerdings ironischerweise sogar recht fair berichtet! (Die BILD-Zeitung hat allerdings bei Tauss auch etwas gut zu machen …) Der SPIEGEL, der sich im Fall Tauss eher mit zweifelhaftem Ruhm bekleckerte, bleibt sich treu und berichtet von einer „fürchterlichen Anklage“ und einer „blonden Juristin“. Wie gesagt, nicht mal die BILD-Zeitung hatte sich auf dieses Boulevard-Niveau herab begeben. FOCUS verkürzt ein Zitat von Tauss in der Überschrift auf „Herr Tauss im Schweinestall“. Dass der FOCUS es eigentlich auch sachlich kann, hatte er noch gegen Mittag bewiesen.

17. Mai 2010

Interessenkonflikte, journalistische Distanz, Verschwörungstheorien

Anfang Januar hatte ich eine unverhoffte Einladung des von mir nachhaltig verspotteten BILD-Chefs Kai Diekmann angenommen, eine Redaktionskonferenz mitzumachen und die Rechtsabteilung der Springer-Presse mal von innen kennenzulernen. Ich wollte herausfinden, ob das wirklich ernst gemeint war und wie die BILD-Leute denn so drauf sind. Ich war der unschuldigen Meinung, dass man als (Gelegenheits-)Journalist auch stets die andere Seite anhören und sich ggf. in die Höhle des Löwen und an die Front begeben muss.

Ich verwertete das kuriose Erlebnis in einem launigen Telepolis-Beitrag. Obwohl ich dort nahezu jede böse Website der Welt über Kai Diekmann verlinkte, obwohl mein vorhergehender Artikel alles andere als schmeichelhaft war, obwohl ich nach wie vor glaube, in dem Beitrag die gebotene journalistische Distanz gewahrt zu haben, wurde mir von BILD-Chefkritiker Stefan Niggemeier und Umfeld die Feindberührung zum Vorwurf gemacht.

Manche aus dem Wallraff-Lager sind ja der Ansicht, man dürfe die Springerblätter nicht Zeitung nennen und den Machern keine Hand reichen. Einerseits irgendwie nachvollziehbar, andererseits irgendwie anstrengend – mir jedenfalls eine Spur zu ideologisch.

Nun ist hinsichtlich des Vorwurfs geringer journalistischer Hygiene ausgerechnet Stefan Niggemeier selbst in die Schusslinie geraten. Der SPIEGEL möchte ihm einen Strick daraus drehen, dass er über Fernsehthemen schreibt, aber auch in einer kommerziellen Zeitschrift veröffentlicht, die zu ProSieben/Sat.1 gehört – unberechtigt, wie ich finde. Nur gut, dass der SPIEGEL wohl noch nicht rausgefunden hat, dass der Mann sogar mal Gast in einer Sendung in ProSieben war …

Nun ja, der Mann kann austeilen, da wird er ja auch Nehmerqualitäten haben … ;-) Aber ob dem SPIEGEL schon einmal aufgefallen ist, dass er bezahlte Anzeigen druckt? Seine Journalisten auf Pressekonferenzen Häppchen futtern? Mit Politikern frühstücken gehen?

„Buch gegen Nazis“ darf vorerst weiter erscheinen

Das „Buch gegen Nazis“ im Kiepenheuer & Witsch Verlag darf vorerst wieder ungeschwärzt vertrieben werden. Man stritt sich über eine Passage betreffend der im rechten Umfeld beliebten Marke „Thor Steinar“.

In der Berufungsverhandlung vor dem OLG Köln wegen einer vom LG Köln zugesprochenen einstweiligen Unterlassungsverfügung hat das klagende Textilunternehmen seinen Antrag zurückgenommen. Jedoch will es in der Hauptsacheklage sein Anliegen weiter verfolgen.

16. Mai 2010

Journalismus und Internet

Wolfgang Blau resümiert in der Süddeutschen Zeitung die Position des Journalismus in der inzwischen umfassend konvergierten Medienlandschaft. Das Meiste ist nicht neu, aber gut auf den Punkt gebracht, etwa:

Journalisten preisen ihren Berufstand gerne als die vierte Gewalt und als Wächter der Demokratie. Sollte der Journalismus diese Aufgabe tatsächlich haben, ist es geradezu eine Pflichtverletzung, wenn Journalisten sich nicht darum bemühen, das Netz zu verstehen.