18. August 2011
„Zu viel Arbeit, zu viel Verantwortung, zu viel Expertise, die man braucht – und zu viel Macht“
urteilt Daniel Domscheit-Berg über WikiLeaks (in Minute 28) und zieht die Konsequenz, das ursprüngliche Projekt dezentral mit Medienpartnern aufzubauen.
In den letzten Tagen wurde so viel Schrott über OpenLeaks und Daniel Domscheit-Berg geschrieben, dass ich jeden Medienvertreter oder Assange-Jünger nur herzlich einladen kann, das obige Video von Denkwiese zu checken.
OpenLeaks ist eine elektronische Babyklappe für Dokumente, die „netzneutral“ ohne eigene Entscheidungsprozesse an vom Einsender bestimmte Medien geliefert werden und dem Einsender größtmöglichen Schutz vor Datenspuren bieten soll. Die häufig zu lesende Unterstellung, OpenLeaks sei eine Plattform, die selbst verbreitet und die von WikiLeaks „gestohlene“ Dokumente verwerten will, ist schon selten dämlich. Insofern gibt es auch keine „Konkurrenz“. OpenLeaks hatte aufgrund fehlender eigentlicher Veröffentlichungsplattform schon strukturell nie ein eigenes Interesse an den Dokumenten.
Sehr wohl jedoch hat man bei OpenLeaks ein Interesse daran, dass die Whistleblower nicht durch Verantwortungslosigkeit verraten werden oder sich selbst verraten. Da die von WikiLeaks veröffentlichten „Cables“ kein jüngeres Datum aufweisen als die Verhaftung Bradley Mannings, hat schon alleine diese vermeidbare Ungeschicklichkeit wohl jeden Zweifel der Behörden an Manning als Quelle ausgeräumt. Derartige Dilettanz soll durch fähige Medienpartner vermieden werden, die sich kompromisslos dem Quellenschutz verpflichten.
Warum man OpenLeaks weniger trauen sollte als dem von einem Egomanen mit diktatorischen Allüren geführten Projekt WikiLeaks, leuchtet mir nicht ein. Wer beiden nicht traut, ist herzlich eingeladen, konstruktiv zu bleiben und Alternativen bereitzustellen. Anderen am Zeug flicken kann jeder.
admin •
23:36 •
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Derzeit ist eine sympathische Versicherung namens Atlantiklux schlecht auf den Kollegen Melchior zu sprechen, der in seinem höchst erfolgreichen Blog Unerfreuliches über diese Assekuranz zu berichten weiß. Die Versicherer versicherten sich bei Kollegen unter der Firmierung“Anwaltsboutique“, dass man dem Blawger Einhalt gebieten könne und bitten den Kollegen Melchior nun vor den Kadi. Der hat offenbar an der „Anwaltsboutique“ genau so einen großen Spaß wie ich am Anwalt eines gewissen Sven T.
admin •
20:17 •
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16. August 2011
Die TAZ hat morgen Termin in Braunschweig. Es geht um die (anonymisierte) Veröffentlichung einer E-Mail aus einer Mailingliste, die nach Wunsch des Absenders nur intern hätte kursieren sollen. Durch die Veröffentlichung in der TAZ soll das Persönlichkeitsrecht des Absenders verletzt worden sein. Es handelt sich hier um einen Burschenschaftler, der gegen diesen Beitrag vorgeht. Angeblich seien die Mails gefaked oder gehackt.
Ich wette 100:1, dass der Anwalt des Klägers das Schandurteil der ZK 28 des Landgerichts Köln zitiert hat, das allerdings aus gutem Grund nie rechtskräftig wurde. Der TAZ-Anwalt wird mit einiger Sicherheit mit dem von mir erstrittenen Urteil des OLG Stuttgart 4 U 96/10 vom 27.10.2010 zu einem vergleichbaren Fall kontern. Letzteres befindet sich derweil im Stresstest am BGH.
Das Interesse der Öffentlichkeit, welches bei entsprechendem Gewicht das allgemeine Persönlichkeitsrecht überwiegt, dürfte bei einem Sachverhalt wie diesem spielend zu begründen sein.
UPDATE:
Die TAZ hat diese Runde gewonnen.
admin •
15:41 •
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15. August 2011
Wie hier bereits berichtet, scheiterte der Zensurversuch eines „hochkriminellen Netzwerks“ bzw. einer „international tätige Verbrecherclique“, dem Buch „Tatort Hypo Alpe Adria“ per einstweiliger Verfügung Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Auch das Oberlandesgericht Wien ließ nun den Autor gewähren. Glückwünsche nach Österreich! ;-P
admin •
13:11 •
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14. August 2011
Fünf ereignisreiche Tage in Finowfurt liegen zurück, wo der Chaos Computer Club das alle vier Jahre stattfindende Camp auf einem zum Museum umfunktionierten Militärflugplatz veranstaltete. Zwischen ausrangierten Flugzeugen campierten die Hacker aus etlichen Ländern, bisweilen mit ihrem Nachwuchs.
Die ganz harten waren bereits in der Vorwoche angereist, um das von ca. 4.000 Besuchern frequentierte Camp vorzubereiten. Die ehemaligen Bunker waren zu Vortragshallen umfunktioniert worden, die Flugzeuge illuminierte man mit wirklich gekonnten Lichtinstallationen. Die Sommerabende in Finowfurt, die den verregneten Auftakt vergessen machten, wirkten auf mich wie ein psychedelischer Traum: Seltsame Musiken, Irrlichter, eine Discokugel in Bäumen, High Tech meets Low Tech, etliche Hacker aus aller Herren Länder, verrückte Typen, aber alle irgendwie lässig. Hier versammelten sich überdurchschnittlich intelligente und inspirierte Leute, die das Label „Nerd“ nicht als Beleidigung, sondern im Gegenteil als Qualität und Status deuteten. Jeder hatte seine Macke und wurde trotzdem, eigentlich sogar deswegen akzeptiert. Alleine diese außergewöhnliche Community zu erleben war die Anreise wert. Anregende Talks, bemerkenswerte Lasershows, etliche Workshops und zig Angebote der Besucher, gemeinsam zu hacken, all das war wirklich beeindruckend. Es dürfte auf der Welt keinen zweiten Campingplatz geben, der jemals eine solche Datenwolke produziert hätte. Das Allercoolste aber war die „Reichsflugscheibe“, die man unkommentiert in einem der Bunker mit Originalflugzeugen aus dem Zweiten Weltkrieg ausgestellt hatte. Tatsächlich handelte es sich um ein Requisit aus dem Film Iron Sky, der dieses Jahr u.a. in Finowfurt gedreht wurde.
Ich habe viele fantastische Menschen kennen gelernt und faszinierende Eindrücke aus der Nerdwelt gewonnen, den Veranstaltern muss ich zu diesem außergewöhnlichen Event nicht nur danken, sondern in jeder Hinsicht meinen Respekt aussprechen. So etwas gibt es wohl nirgendwo noch einmal. Schade nur, dass der letzte Abend durch befremdliche Vorgänge seitens des CCC-Vorstands getrübt wurde.
12. August 2011
Gerade hat sich DER FREITAG als Medienpartner von OpenLeaks präsentiert, schon wird bekannt, dass er in fragwürdiger Weise gegen einen Leak in eigener Sache vorgeht. So hatte die NRHZ eine E-Mail an einen Autor veröffentlicht, in dem die Ablehnung eines kritischen Artikels über einen Artikel im FREITAG begründet wurde. Die NRHZ hatte mehr Rückgrat, bekam jedoch nun eine Abmahnung. Für einen Leakpartner genau die falsche Kommunikation.
Das Veröffentlichen von E-Mails gegen den Willen des Absenders ist derzeit Gegenstand einer von mir betreuten Revision am BGH.
admin •
12:19 •
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Am Mittwoch hat die lang erwartete Whistleblower-Website OpenLeaks den Testbetrieb aufgenommen.
Anders als bei WikiLeaks wird OL nicht selbst eingesandte Dokumente veröffentlichen, sondern lediglich eine Infrastruktur für den sicheren Upload für Einsendungen anbieten, damit Whistleblower nicht zurückverfolgt werden können. Die Dokumente gehen – je nach Wunsch des Whistleblowers – an Partnermedien, derzeit die TAZ, der FREITAG, FOODWATCH sowie eine dänische und eine portugiesische Zeitung. Bei WL hatte sich gezeigt, dass beim Sichten des häufig umfangreichen Materials der Sachverstand oder die Manpower zu entsprechender Prüfung und journalistischer Einordnung fehlte.
Tatsächlich wurden die hochgeladenen Dokumente meistens ohnehin nur von Journalisten gelesen, während sich die breite Masse aus der Zeitung informierte. Die Veröffentlichung der Dokumente hielt allerdings Journalisten von häufig von der Auswertung ab, weil sie die Geschichten nicht exklusiv hatten und die Nachricht verpufft war, bevor sie recherchiert werden konnte. Viele Themen erfuhren daher nicht die Aufmerksamkeit, welche sie verdient hätten. Ein krasses Beispiel ist waren die beiden Hubschraubervideos: Praktische alle hatten nur das kommentierte Video Collateral Murder gesehen, während das unredigierte „Rohmaterial“ noch eine weitere Begebenheit zeigte, über die genau niemand schrieb. Auch WikiLeaks war wegen dieser publizistischen Fails Medienpartnerschaften eingegangen, die sich allerdings wegen Interessenkonflikten häufig als problematisch erwiesen.
Ein weiteres Argument gegen die radikale Idee der ungefilterten Veröffentlichung von Dokumenten waren die Gefährdung von Dritten sowie dem möglichen Selbstverrat der Whistleblower. Die Inhaftierung Bradley Mannings mahnte zur Verantwortung. Auch insoweit waren die Versuche des letzten Jahres, mit einer Handvoll Freiwilliger die Dokumente zu anonymisieren, auf der Arbeitsebene nicht durchgehend überzeugend.
Nunmehr versucht also OL, die Vorteile von WL mit denen des recherchierenden Journalismus zu kombinieren. Eine unangreifbare Plattform, auf der entsprechende Daten geleakt werden können und damit einen tatsächlichen Konkurrenten zu WikiLeaks, wird es nicht geben. Die Projekte bekabbeln sich allerdings insoweit, als dass die Leute, die sich von WL abgespaltet haben, die Programmierung zum sicheren Upload mitgenommen hatten. Bei WL fehlt also diese elektronische „Babyklappe“, so dass dort seither „nur“ noch die dort bereits eingereichten Cables nach und nach verbreitet werden, worüber in erster Linie der Twitter-Account von WL berichtet. Mag dieser auch mittlerweile nun über eine Million Follower haben, erreicht wird auf diese Weise nur ein Bruchteil des Publikums.
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11:45 •
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5. August 2011
Dies ist das Video des Kollegen Solmecke, das die freundlichen Abmahnkanzlei Nümann Lang via Landgericht Köln zensieren ließ. Das OLG Köln hat den Spuk jetzt beendet. Den Kollegen Stadler hatte die Abmahnkanzlei auch zu gängeln versucht. Beim Kollegen Nümännchen bedanken wir uns für die nunmehr generierte Rechtssicherheit, über seine Praktiken berichten zu dürfen …
Via RA Seidlitz und Archivalia.
admin •
22:53 •
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29. Juli 2011
Wie der Kollege Möbius berichtet, hat das Landgericht Hamburg gegen einen türkischen Provider die internationale Zustellung eines Unterlassungsbeschlusses zum Zwecke der Vollziehung im Parteiwege unter Einschaltung des Gerichts wurde bewilligt. Es traf dem Kollegen zufolge einen Provider, der explizit warb:
„Hallo Deutschland! Grüezi Schweiz! Servus Österreich! Willkommen! Spüren Sie die Freiheit im Internet? Lernen Sie es kennen, ziehen Sie auf die linke Datenspur und geben Sie vollgas und das völlig anonym!“
Tja, dann müssen sich die Kunden halt einen russischen Provider suchen …
admin •
20:33 •
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27. Juli 2011
Neulich hatte ich mich über eine unsägliche Borderlinerei von RTL aufgeregt, bei der einer Mandantin wirklich grottenübel mitgespielt wurde. Ein andermal vielleicht mehr.
Dazu passt, dass gegen RTL wegen einem anderen Missgriff gerade Ärger von der Niedersächsischen Landesmedienanstalt droht. Eine RTL-Gestalt namens Vera Int-Veen hatte sich auf eine so unsägliche Weise in eine Wohnung geschlichen, dass ich das nicht einmal zusammenfassen will.
UPDATE: SPIEGEL
By the Way: Die Zuständigkeit der Niedersächsischen Landesmedienanstalt für den Kölner Sender hat historische Gründe, die mit dem Konflikt der bundesweiten Sendereichweite mit der Länderkulturhoheit zu tun haben. Als die RTLümmel erstmals ihre Sendelizenz bekamen, war man der Meinung, dass die Niedersachsen mal dran seien. Vielleicht gar nicht so schlecht, wenn geographisch da weniger gekölschklüngelt werden kann …