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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


29. April 2014

Team Wallraff!

 

Letztes Jahr wollte Günter Wallraff nach einem wie immer unterhaltsamen Gerichtstermin noch irgendwo einkehren. Als wir bei einem Fast Food-Anbieter vorbeikamen, meinte ich sarkastisch, da solle er doch mal eine Undercover-Recherche machen. Darauf antwortete Wallraff lässig: „Hab ich schon.“ Er schenkte mir sein Buch „Aus der schöne neuen Welt“ und machte mich auf ein Kapitel über den Arbeitsrechtsanwalt Naujoks aufmerksam. Aus Gründen von Standesrecht werde ich mir Kommentare zu diesem Kollegen verkneifen.

Am Montag nun lief bei RTL die von Wallraff betreute Recherche bei einem anderen Fast Food-Anbieter, die es mal wieder in sich hat. Und auch dort ist der Kollege Naujoks zu sehen. Damit Wallraff den ihm persönlich bekannten Anwalt undercover begegnen konnte, griff er diesmal besonders tief in die Trickkiste der Maskerade. Ich kenne nur wenige Journalisten, die auch nur annähernd so krass drauf sind wie Günter Wallraff.

Ich bin gespannt, ob RTL erfolgreich wegen der versteckten Kamera angegangen wird. Die Rechtsabteilung der RTLis ist nicht dafür bekannt, kampflos klein bei zugeben.

Wenn jetzt wieder die Spiegelleute versuchen, Wallraff am Zeug zu flicken, wirkt das schon irgendwie sehr bemüht. Eine Recherche beim Burgerbrater hätte auch das führende Magazin für investigativen Journalismus längst machen können. Haben sie aber nicht. Da fehlen vermutlich die Cochones.

2. April 2014

Fefes Blog ./. re Fefes Blog

 

Der Psychologe Linus Neumann, Doyen der deutschen Trollforschung, stellte für eine Studie vor Jahren eine Trollfalle auf. Als Honeypot für die Krakeler richtete er einen Feed der Inhalte von Fefes Blog ein. Fefe betreibt als Ästhet sein Blog als kommentarfreie Verkündungsplattform, sodass Linus den hierdurch aufgestauten Mitteilungsdruck auf sein Studienblog re Fefes Blog ausleiten konnte, wo das Material eifrig beforscht wurde. Nachdem die Trollkommentar-Datenbank bemerkenswerte Ausmaße annahm und damit repräsentative Auswertung erlaubte, war es an der Zeit, das re Fefe-Blog würdig zu beenden.

Ein bloßes Abschalten hätten jedoch die Trolle nicht verstanden und als Zensur bewertet. Zudem konnte niemand voraussagen, wie die Trolle auf einen kalten Entzug reagieren würden. Um sich aus der Schusslinie zu nehmen, bat mich Linus um einen anwaltlichen False Flag-Angriff in Form einer 1.April-Abmahnung, die gegenüber den Trollen das Abschalten „erklärte“. Fefe war natürlich eingeweiht und einverstanden.

Die Empörungswelle begann in den frühen Morgenstunden und beinhaltete definitiv abmahnfähige Äußerungen … ;) Einige durchschauten den Aprilscherz, andere solidarisierten sich mit Linus. Der lässigste Kommentar lautete

Chuck Norris kommentiert bei Fefe.

Hier ein paar Reaktionen ;) :

29. März 2014

Brender zum Fall Brender

 

Als Wulf vor einiger Zeit mal Herrn Dieckmann auf die Mailbox sprach und der das leakte, war das für die Medien eine Riesensensation. Tatsächlich schätzen gut informierte Journalisten, dass es in Berlin täglich 20 Versuche gibt, auf die Berichterstattung Einfluss zu nehmen. Auch Nikolaus Brender berichtet über die mäßig subtilen Wünsche nach Hofberichterstattungen im ZDF.

27. März 2014

Medienrechtler happy über EuGH-Urteil

 

Heute ist ein großer Tag für die Zunft der Medienrechtler: Was Uschi von der Leyen nicht schaffte, dürfen künftig Richter Buske & Co.: Netzsperren verfügen.

18. März 2014

Anstalten machen!

https://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=jJ2Fh_xGrKU

 

Es gilt ja vielen immer wieder als schick, auf das gebührenfinanzierte öffentlich-rechtliche Fernsehen zu kloppen. Niemand, und vor allem ich nicht, wird behaupten, dass die Sender ihren Auftrag so ideal wahrnehmen, wie es wünschenswert wäre. Aber bei all der selektiven Darstellung und sonstigen Manipulation, die wir ertragen müssen, sind zwei Dinge festzuhalten, die unsere TV-Landschaft auszeichnen:

  1. Seit Gerhard Löwenthal und Eduard Schnitzler in Rente geschickt wurden, haben wir in der deutschen Flimmerkiste keine etwa rechtspopulistischen Hetztalker mehr, wie sie im US-TV, aber auch im russischen Fernsehen zum Inventar gehören und die Gehirne mit „Patriotismus“ vergiften.
  2. Wir haben politische Satire-Sendungen wie „Die Anstalt“, die in ihrer neuen Besetzung erstaunlicherweise noch besser geworen ist und die Freiräume der Meinungsfreiheit gekonnt ausschöpft.

Dafür zahle ich sogar gerne die verhasste Gebühr und akzeptiere, dass ein Großteil davon für Schrott ausgegeben wird. Denn alles andere, insbesondere auch ein ideologisch zensiertes Fernsehen, wäre deutlich schlechter.

13. März 2014

Berichterstattung über Verurteilung des Herrn H.

 

Herr H. ist heute vom Landgericht M. zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Bei Berichten wäre anzuraten, auf die bislang noch fehlende Rechtskraft hinzuweisen. So kann Herr H. immer noch Revision einlegen. Solange dies noch möglich ist, beurteilten Gerichte die Berichterstattung ohne eine solche Angabe als Persönlichkeitsrechtsverletzung.

Der Hintergrund ist der, dass ein Mensch aufgrund der Unschuldsvermutung so lange als unschuldig zu gelten hat, bis ein rechtskräftiges Urteil gesprochen ist. Ohne Angabe zur Rechtskraft wird – mitunter zwingend – der Eindruck erweckt, als sei die Verurteilung endgültig. Und wer lässt sich schon gerne nachsagen, er sei ein Straftäter?

Update: Herr H. hat auch konkret Spaß an Presserecht und schätzt es nicht, wenn man seine Steuerschulden höher schätzt, als er sie einräumt.

7. März 2014

Springreiterin scheitert an Antragshürde

Die Kollegin Frau Rechtsanwältin Werth hatte am Landgericht Münster eine einstweilige Verfügung gegen einen Reiterverein beantragt, der sich angeblich fehlerhaft geäußert hätte. Den Antrag wies das Landgericht Münster nunmehr jedoch zurück:

Das Gericht sah es nach der mündlichen Verhandlung nicht mehr als glaubhaft an, dass die Äußerung falsch verstanden werden könnte. Lauterbach hatte in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass er die Äußerung nur in Verbindung mit der Klarstellung wiederholen werde, dass die Gutachten sich auftragsgemäß lediglich mit den technischen Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten einer Kontaminierung des Pferdes über das Tränksystems des Stalls der Reiterin befasst haben, nicht jedoch mit den anderen Möglichkeiten der Kontamination des Pferdes über die Gitterstäbe zur Nachbarbox oder durch eine gezielte Medikation.

Sieht nach einem Kunstfehler im Unterlassungsantrag aus. (Das werde ich nur um Zusammenhang mit diesem Blogpost wiederholen …)

11. Februar 2014

„Die Harke“ macht sich ein falsches Bild …

Die Zeitung DIE HARKE „rechtfertigt“ ihr Foto, das ihr Reporter von einer Balustrade aus durch das geschlossene Fenster von Edathys Wohnung gemacht hatte. Laut SPIEGEL ONLINE/Reuters will die Zeitung dennoch an Inhalt und Bebilderung des Artikels festhalten:

 „Ja, wir bleiben bei unserer Darstellung“, sagte Autor Reckleben der Nachrichtenagentur Reuters – obwohl der frühere Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses mittlerweile juristische Schritte angekündigt hat. „Die Strafanzeige sehe ich gelassen, da hat er keine Chance“, sagte Reckleben weiter. Edathy sei „kein kleiner Bürgermeister“, sondern „eine veritable Person der Zeitgeschichte“.

Reckleben wird seine Rechtsmeinung wohl etwas relativieren müssen. Auch „Personen der Zeitgeschichte“ sind kein Freiwild, ebenso wenig deren private Räumlichkeiten.

Ein Berichtsinteresse der Öffentlichkeit wird sich für das fragliche Foto kaum begründen lassen, denn dort ist weder Edathy noch irgendetwas zu sehen, was mit den Vorwürfen zu tun haben könnte. Das Zimmer ist von der Privatsphäre geschützt, da es nicht ohne Hindernisse eingesehen werden konnte. Damit liegt mit einiger Sicherheit ein rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Herrn Edathy vor.

Auch der Pressekodex dürfte verletzt sein:

Ziffer 8 – Schutz der Persönlichkeit

Die Presse achtet das Privatleben des Menschen und seine informationelle Selbstbestimmung. Ist aber sein Verhalten von öffentlichem Interesse, so kann es in der Presse erörtert werden.

Zutreffend ist allerdings die Einschätzung, was den strafrechtlichen Vorwurf betrifft. So wäre eine Fotografie von Edathys Wohnung nur dann nach § 201a StGB strafbar, wenn dort Personen abgelichtet werden, die zum Schutzkreis der Vorschrift gehören. Abgebildet wurden aber nur Staatsanwälte und deren Hilfspersonen, die gerade nicht die häusliche Abgeschiedenheit einer Wohnung wahrnehmen.

Auf den Aufnahmen sind allerdings künstlerische Bilder an der Wand zu sehen. Sofern der Künstler diese noch nicht offiziell veröffentlicht hat, wozu eine privates Aufhängen in der Wohnung nicht notwendig zählt, dann könnte ein Eingriff in § 12 Abs. 1 UrhG vorliegen.

6. Februar 2014

Warum nicht? Aktuelles vom Pferd!

 

Die Kollegin Frau Rechtsanwältin Isabell Werth erwirkte am Landgericht Münster eine einstweilige Verfügung gegen Herrn Diplomjurist Sönke Lauterbach aus der Pferdestadt Warendorf.

Die Kollegin Werth reitet gern, wurde aber 2009 zeitweise gesperrt, weil ihr Pferd verbotene Substanzen beinhaltete. 2012 gab es wieder Stress, weil ein Pferd namens El Santo nach internationalen Regeln verbotenes Zeugs beinhaltete, angeblich weil es das Medikament eines anderen Pferds mit dem schönen Namen „Warum nicht“ gesüffelt hatte. Erstinstanzlich unterlag die Kollegin und ist erst einmal turniermäßig gesperrt. Und zwar von der Disziplinarkommission der FN, weil sie davon ausging, dass der Fund der Substanz auf „eine fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung im Stall der Reiterin zurückzuführen sei.“

Herr Lauterbach ist der Generalsekretär der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN). Die erzählen etwas vom Pferd, und zwar „aktuelles“. Am 30.01.2014 sagte er in einer Presseerklärung:

„Die Gutachten beschrieben lediglich die technischen Möglichkeiten, sie trafen aber keine Aussagen zur Wahrscheinlichkeit.“

Herr Lauterbach bezog sich auf von Frau Werth beigebrachte Gutachten, die beweisen sollten, dass eine ausgefallene Pumpe schuld daran gewesen sei, dass das Pferd gedopt hatte. (Wir erinnern uns an Dieter Baumann, der seinen positiven Dopingtest mit ihm durch Zahnpasta untergeschobenen Substanzen erklärte. Das wiederum erinnert an die Pläne der CIA, Patrice Lumumba auf diese Weise zu vergiften …) In einem der Gutachten soll ein Experte die Zusammenhänge als „unvermeidbar“ bezeichnet haben. Das wäre dann ja wohl eine Wahrscheinlichkeit von 100%.

Was so ein richtiger Springreiter wie Lauterbach ist, der ist natürlich cool und ignorierte erst einmal die zugestellte einstweilige Verfügung. Warum auch nicht? Naja, Ordungsstrafen halt … Da Herr Lauterbach nur das erste juristische Staatsexamen hat, beherrscht er das Prozessrecht vermutlich nicht so gut wie die Kollegin Werth.

Der berühmteste presserechtliche Reiterfall, der sogenannte „Herrenreiter-Fall“, war ungleich lustiger. In den 1950er Jahren hatte die Herstellerin eines angeblichen Potenzmittelchen ihr Produkt mit dem Foto eines Bierbrauers beworben, der bei einem Springreiterturnier geknipst worden war. Mit dem Mittelchen käme man über jede Hürde …

4. Februar 2014

Landgericht Köln überspannt Anforderungen zur Urheberbenennung (Pixelio)

 

Letztes Jahr war eine Zunahme an Mandaten zu verzeichen, bei denen eitle Fotografen, die ihre Werke auf den ersten Blick „lizenzfrei“ auf entsprechenden Plattformen wie Wikipedia, Flickr usa. hochgeladen haben, wegen angeblich lizenzwidriger Nutzung Geld abmelken wollen. Warum etwa die Wikipedia-Community solche notorischen Urheberrechtstrollen nicht schon längst den Laufpass gegeben hat, auf ein wirklich freies Lizenzsystem umstellt oder endlich die Urheber auch in den Artikeln benennt, ist mir unverständlich.

Diese Leute, die das Internet mit ihren scheinbar kostenlosen Bildern fluten und Rechtsirrtümer inkauf nehmend bzw. selbst provozieren, verhalten sich meines Erachtens rechtsmißbräuchlich und damit rechtswidrig, und ich warte noch immer, bis sich endlich einmal einer dieser Trolle auch tatsächlich vor Gericht wagt, damit wir das mal im Urteil lesen können. Doch wie bei den p2p-Abmahnungen profitieren auch die Foto-Trolle von entsprechenden Graubereichen und der damit verbundenen Rechtsunsicherheit.

Am 30.01.2014 nun produzierte die in Sachen Urheberrecht noch nicht durch allzu große Sachkenntnis aufgefallene 14. Kammer des Landgerichts Köln (RedTube) ein erstaunliches Urteil, das aus der Pixelio-Vereinbarung auf eine angebliche Pflicht zur Urheberbenennung auf Dateiebene folgert. Anscheinend soll man entsprechende Informationen im Bild selbst durch Software einfügen. Da stellen sich zwei Fragen: Wäre das denn wohl zulässig, wenn der Urheber keine Veränderungen an seinem Werk gestatet hat? Und wäre ein solches nicht eher die Aufgabe des eitlen Urhebers gewesen, der seine Werke von Anfang an im Bild signiert, wie dies Künstler seit Jahrhunderten tun?

Ich habe diesen weltfremde Arbeitsprobe des Landgerichts Köln diese Nacht mal ad hoc bei Telepolis kommentiert. Den Fall selbst referiert ausführlicher Thorsten Kleinz, ebenfalls bei Heise. Der Anwalt des Beklagten schildert seine Sicht ebenfalls. Siehe hierzu auch das Posting des Kollegen Stadler.