11. Juli 2014
Die „Berichterstattung“ über die Reaktion der Bundesregierung auf den jüngsten Spionageskandal zeigt einmal mehr, wie unbrauchbar unsere eingetaktete politische Journaille arbeitet. Von mir aus könnte man die meisten Hauptstadtjournalisten gleich mitausweisen.
Da wird gejubelt, dass endlich mal – erstmals seit 70 Jahren Kolonialismus – ein CIA-Resident faktisch des Landes verwiesen wird. Angeblich sei man in Washington peinlich berührt. Es wird kritiklos berichtet, dass Deutschland die Zusammenarbeit mit der NSA erst einmal auf Eis lege.
B*******!
- Ob der örtliche CIA-Aufseher bleibt oder ausgetauscht wird, spielt nicht die geringste Rolle. Das ist nichts weiter als psychologisches Symboltheater.
- Solange im Dagger Complex über 1.000 SIGINT-Spione weiterhin ihre Arbeit verrichten und in Wiesbaden mit deutschen Steuergeldern(!) ein neues NSA-Abhörzentrum errichtet wird, ändert sich an der Überwachungspraxis genau gar nichts.
- Angesichts der „Abhängigkeit“ deutscher Behörden vom Schatz der NSA und der im NATO-Statut verbrieften „Sicherheitsinteressen“ der in Deutschland stationierten US-Truppen ist eine Abkehr von einer Zusammenarbeit mit US-Diensten faktisch ausgeschlossen.
- Die Behauptung eines Geheimdienstes, er würde dies und jenes nicht machen, ist ohne Überprüfbarkeit nichts wert.
- Gestern wurden wieder von einer Drohne aus sechs Menschen getötet, vermutlich vom Operationszentrum in Ramstein Airbase aus. Das ist nach wie vor eine (nicht rechtlich, aber der Rechtspraxis nach faktisch) „exterritoriale“ Kolonie der USA. Die sechs Toten haben es allerdings nicht prominent in die Nachrichten geschafft.
- In den USA interessiert sich für die deutschen Befindlichkeiten kein Mensch. Das US-TV berichtet über das Ausland nur, wenn dort irgendein Krieg ist.
Hinter den Kulissen geht die Arbeit weiter wie eh und je. Der CIA-Ami wird in seiner Community als Held empfangen werden, der patriotisch den Kopf hingehalten hat. Vielleicht bekommt er einen „Oliver North Orden“ oder so.
admin •
10:25 •
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26. Juni 2014
Das Durchsetzen einer Gegendarstellung gehört zu den anspruchsvollsten Aufgabenstellungen im Presserecht. In der Praxis geht es meistens schief, weil es viele Tücken und Unwägbarkeiten gibt. Manche Juristen scheitern allerdings schon an der simplen Lektüre des Gesetzes. So etwa der Justiziar der Piratenpartei Deutschland, der sich an der Sonderausgabe des KOMPASS zum außerordentlichen Bundesparteitag am kommenden Wochenende störte. Damit es das nächste Mal etwas besser klappt, hier die Manöverkritik zur
Aufforderung zum Abdruck einer Gegendarstellung (pdf).
Anders als Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche usw. ist der Anspruch auf Gegendarstellung ein Anspruch eigener Art. Da Medien über große Wirkmacht verfügen, wird bei aufgestellten Behauptungen über Tatsachen den Betroffenen mit dem Gegendarstellungsanspruch eine Waffe in die Hand gegeben, um sich in gleicher Reichweite Gehör zu verschaffen. So müssen Medien eine vom Betroffenen formulierte Gegendarstellung abdrucken.
Für Druckwerke, die in NRW erscheinen, gilt das dortige Landespressegesetz NRW. Insoweit noch zutreffend, stützte sich der forsche Piraten-Justiziar auf § 11 Landespressegesetz NRW. Alles weitere allerdings mochte dem Justiziar jedoch nicht gelingen.
1. Unterzeichung durch Berechtigten
Wie in § 11 Abs. 2 Satz 4 nachzulesen ist, muss die Gegendarstellung von dem Betroffenen oder seinem gesetzlichen Vertreter unterzeichnet sein. Unterzeichnet hat sie jedoch Justiziar Bokor. Der ist aber gar nicht betroffen. Ebensowenig werden Parteien oder kommissarische Vertretungen gesetzlich von einem Justiziar vertreten. Damit ist das Gegendarstellungsverlangen bereits gegenstandslos.
2. Zugang in Schriftform
Eine Gegendarstellung kann frühestens ab Zugang der Urschrift verlangt werden. Der Brief des Justiziars vom 24.06.14 wurde aber erst am 25.06.14 abgestempelt und ging natürlich erst am 26.06.14 zu. Daher war die gesetzte Frist zum 25.06.14, 15.00 Uhr, untauglich. Eine Vorabübersendung per E-Mail ist gegenstandslos.
3. aufgestellte Tatsachenbehauptung
Das Gegendarstellungsrecht gilt nach § 11 Abs. 1 Satz 1 nur im Bezug auf aufgestellte Tatsachenbehauptungen. Der Justiziar hat leider nicht so genau mitgeteilt, welche Tatsachenbehauptungen er genau beanstandet.
So unterstellt er dem KOMPASS offenbar, dieser hätte behauptet, die Entlastung des Vorstands sei eine „reine Formsache“. Zwar lautete die Überschrift „Formalia“ und und da steht etwas von „formellem Akt“, aber die genannte Behauptung ist eine subjektive Interpretation des Justiziars. Der schreibt übrigens selbst etwas von „förmlichem Verzicht“. (Hat da jemand die Förmchen geklaut …?)
Zudem stört sich der Justiziar daran, dass der KOMPASS die Bestellung der Frau Laura Sophie Dornheim als „überraschend“ bezeichnet. Die Einordnung eines Ereignisses als „überraschend“ ist keine reine Tatsachenbehauptung. Da die Auswahl von Frau Dornheim im dargestellten Kontext durchaus nicht zu erwarten war, darf man diese getrost als überraschend bewerten. Werturteile sind aber keine gegendarstellungsfähigen Tatsachen.
Damit war das Mittel der Gegendarstellung gänzlich untauglich.
4. berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung
§ 11 Abs. 2 Satz 1 a) sieht als Ausschlusskriterium das Fehlen eines berechtigten Interesse an der Veröffentlichung vor. Da keine gegendarstellungsfähigen Tatsachen aufgestellt wurden, erübrigt sich dieser Punkt.
5. angemessener Umfang der Gegendarstellung
§ 11 Abs. 2 Satz 1 b) soll geschwätzige Gegendarstellungen vermeiden. Eine positive Fiktion findet sich in Satz 2:
Überschreitet die Gegendarstellung nicht den Umfang des beanstandeten Textes, so gilt sie als angemessen.
Bei gleichem Satz beanspruchte der erste Punkt das zehnfache, der zweite Punkt das fünffache. Damit befindet sich das Begehren im Risikobereich und müsste gut begründet sein. Die eingereichte Besinnungsaufsatz genügt dieser Anforderung nicht, auch der zweite Text verfehlt das Thema.
6. Beschränkung auf tatsächliche Angaben
§ 11 Abs. 2 Satz 3 schreibt vor, dass sich die Gegendarstellung auf tatsächliche Angaben beschränken muss. Das ist dem Justiziar offensichtlich nicht gelungen. Schon gar nicht mit dem Gendersternchen.
7. Abdruck in nächster Ausgabe
§ 11 Abs. 3 sagt:
Die Gegendarstellung muß in der nach Empfang der Einsendung nächstfolgenden, für den Druck nicht abgeschlossenen Nummer (…) abgedruckt werden.
Für das Verlangen des Justiziars, der bereits gedruckten Ausgabe eine Gegendarstellung beizufügen, bietet § 11 Landespressegesetz keine Grundlage.
Wie gesagt, diese Fehler wären bei simpler Lektüre des Gesetzes selbst für einen Nichtjuristen ohne weiteres vermeidbar gewesen. Die weiteren Unzulänglichkeiten, etwa die behauptete Vertretungsmacht für einen „Vorstand“, den es seit dem 16.03.2014 gar nicht mehr gibt, möchte ich nicht vertiefen. Ebenso wenig die Mitwirkung des Herrn Alexander Zinser auf der Vollmachtsurkunde, denn Herr Zinser war zu keinem Zeitpunkt Mitglied des Vorstands. Auf welcher Rechtsgrundlage Herr Zinser nachträglich zum Mitglied der kommissarischen Vertretung bestellt wurde, erschließt sich mir auch nicht so recht.
Der KOMPASS hat übrigens die Gegendarstellung online eingearbeitet, und zwar zu dem Zweck, damit sich jeder ein Urteil über die Mentalität der Beteiligten und die Kompetenz des Justiziars bilden kann. Selbstverständlich wurden die gewünschten Erklärungen nicht abgegeben und auf Nachfrage ausdrücklich ausgeschlossen.
Dem Justiziar ist bei der Anwendung anderer Gesetze mehr Glück zu wünschen.
Heute titelt die BILD-Zeitung mit Jürgen Klinsmann, einem langjährigen Prozessgegner des Axel Springer Verlags. Und diesmal ist man in der komfortablen Lage, auf einen gemeinsamen „Gegner“ zu verweisen, denn Klinsmann trainiert bekanntlich die US-Mannschaft im heutigen Spiel gegen die deutsche Elf.
Die BILD-Zeitung maßt sich seit Jahrzehnten an, mitzubestimmen, wer Kanzler oder Bundestrainer wird usw.. Wer was werden will, der muss mit BILD tanzen. Wollte Klinsmann aber nie. Von Anfang an schirmte er sein Privatleben ab, so wie es jedem zusteht. Im Gegensatz zu Lothar Mathäus, der BILD zuverlässig mit Boulevard-Käse versorgte. 1996 musste Mathäus gehen, offenbar auch auf Betreiben von Klinsmann.
Während der EM 1996 in England griff die BILD-Zeitung einen Besuch der Nationalelf in einer Hotelsauna auf, wo die Deutschen im Adamskostüm aufliefen – auf der Insel hält man nämlich in der Sauna Bekleidung für zweckmäßig. Durch ein Foto entstand der Eindruck, als wäre Klinsmann entsprechend freizügig durch das Hotel marschiert. Klinsmann erstritt für diesen Jux von BILD 25.000,- €, die er spendete.
Als Gerüchte über Klinsmanns Privatleben auftauchten, griff diese während der WM 1998 etwa Harald Schmidt auf, der aus vermeintlicher Sicht von Mathäus das „geheime WM-Tagebuch“ servierte und ihm satirisch „Zitate“ wie „Warmduscher“ und „Schwabenschwuchtel“ in den Mund legte. Das fand der DFB nicht witzig und erstritt von Schmidt eine Unterlassungserklärung.
Anders als seine Vorgänger lieferte Klinsmann auch keine Mannschaftsaufstellung im Voraus an BILD, alle Journalisten bekamen die Infos gleichzeitig. „Grinsi-Klinsi“ blieb auch in den Folgejahren unfreiwilliger Dauergast bei BILD, wie das BILDblog dokumentiert. Selbst Auswandern in die USA nutze nichts.
2009 fand Klinsmann einen neuen Gegner: die TAZ, die ihn satirisch an Kreuz schlug. Das Landgericht München meinte allerdings, dass auch einem gläubigen Christen so etwas zuzumuten sei, ebenso das Oberlandesgericht.
Egal. Wichtig is auf`m Platz!
admin •
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7. Juni 2014
Die Schauspielerin Corinna Drews brachte es 1986 zu einer gewissen Bekanntheit in „Kir Royal“, wo sie ausgerechnet ein Starlet spielte, das von einem Klatschreporter berühmt gemacht werden wollte. Dreimal posierte sie auf dem Titel des Anatomie-Fachmagazins „Playboy“, wo sie ihr Gesicht und andere Körperteile in die Kamera schwenkte (bei Interesse bitte selber googeln …). Erstmals hatte sie 1981 für das Fachblatt blank gezogen und darüber informiert, ihr Sport seien Männer.
33 Jahre später war dem gereiften Nackedei die Aktion irgendwie peinlich, was deshalb verwunderlich ist, weil sie das peinlichste machte, was man tun kann: In eine RTL-Containercampwasweißichprollshow zu gehen. Sauer wurde Frau Drews, als eine für BILDberichterstattung bekannte Boulevardzeitung dieses Ereignis mit einem historischen Playboyfoto von 1981 illustrierte. Sie zog vor das Landgericht München, wo sie anders als aus der Show nicht bei der ersten Gelegenheit rausflog, und begehrte Unterlassung. Und Geld hätte sie dafür natürlich auch gerne.
Grundsätzlich ist eine nach § 22 KunstUrhG erforderliche Einwilligungserklärung in das Verbreiten und Zur-Schau-Stellen eines Portraitfotos unwiderruflich. Ob man beim Foto bekleidet war oder nicht, spielt normalerweise keine Rolle. Anders als etwa im Urheberrecht gibt es kein „Rückrufsrecht wegen gewandelter Überzeugung“. Andernfalls wäre jedes Foto, auf dem jemand erkennbar ist, mit unkalkulierbaren Rechtsunsicherheiten belastet. Der Playboy hatte damit grundsätzlich das zeitlich unbegrenzte Recht zur Auswertung erworben, soweit nichts anderes vereinbart war. Möglicherweise war der Verlag sogar zur Weiterlizenzierung berechtigt.
Gerichte legen den Umfang von Einwilligungserklärungen nach § 22 KunstUrhG allerdings einschränkend aus. Wer etwa gefilmt wird, muss eine ungefähre Vorstellung haben, wofür die Aufnahmen verwendet werden. Zur klassischen Frage, welche Rechte einem Nacktmodell zustehen, das inzwischen zur Tugend gefunden hat und nur noch züchtig bekleidet durch den Blätterwald rauschen will, gibt es nur wenig bekannte Entscheidungen, weil in solchen Fällen meist Vergleiche geschlossen werden.
Das Landgericht München nun entschied der Süddeutschen Zeitung zufolge, die zu Beginn der 1980er Jahre erklärte Einwilligung Einwilligung zur Veröffentlichung der Fotostrecke Anfang der Achtzigerjahre gelte nicht auch für eine Bildveröffentlichung 2014. Zumal keinerlei Zusammenhang zwischen der seinerzeitigen Veröffentlichung und dem umstrittenen Bericht bestehe. Die bloße Assoziation, Dschungelcamper entblößten sich regelmäßig im wörtlichen oder übertragenen Sinne, ließen sie nicht gelten. Ebenso wenig käme es darauf an, dass die Zeitung eine Lizenz beim Playboy erworben hätte.
Unverkennbar schwingt bei dieser Sicht die Caroline-Entscheidung mit, die bei unfreiwilliger Bildberichterstattung stets einen konkreten Anlassbezug fordert. Die Münchner Richter gingen offenbar so weit, dass man es nach 33 Jahren nicht mehr hinnehmen müsse, mit einer Jugendsünde konfrontiert zu werden. Dem zufolge hätte die Zeitung selbst dann keine lizenzierten Bilder verwenden dürfen, wenn sie inhaltlich über das Fotoshooting von 1981 berichtet hätte. Konsequenterweise dürfte nun nicht einmal der Playboy die Aufnahmen von Frau Drews aus dem Archiv wieder ins Blatt holen. Wenn das Urteil Schule macht, wird die Zweitverwertung älterer Nacktaufnahmen ein medienrechtliches Risiko.
Nun möchte Frau Drews in einer weiteren Klage auch noch Geld für die Reaktualisierung sehen. Das halte ich für optimistisch, aber nicht für ausgeschlossen.
Der Zeitungsverlag könnte allerdings versuchen, im Gegenteil sogar selbst von Frau Drews Geld zu verlangen, nämlich Schadensersatz. Denn etwa auch ein launischer Künstler, der sein Rückrufsrecht wegen gewandelter Überzeugung geltend macht, muss für seine Eigenwilligkeit den Inhaber eines Nutzungsrechts „angemessen entschädigen“, § 42 Abs. 3 UrhG . Allerdings hat das Landgericht München offenbar die Einwilligung als von vorneherein beschränkte ausgelegt. Bei dieser Konstruktion aber wäre nicht einmal ein Widerruf nötig, wobei unter uns Pfarrerstöchtern wohl eher anzunehmen ist, dass Frau Drews der Gedanke nachträglich kam.
Ich wäre nicht überrascht, wenn der Verlag diese Sache durch die Instanzen treibt. Möglicherweise handelt es sich bei dem Fotoshooting durchaus um ein zeitgeschichtliches Ereignis, denn die B.Z. spricht immerhin vom „schönsten Busen der 80er“. Den mir bekannten Fotos nach zu urteilen könnte das hinkommen. Ich hoffe jedenfalls auf weitere aussagekräftige Abbildungen in den juristischen Fachzeitschriften. ;)
Eines allerdings ist sicher: Ab Montag wird jeder professionelle Aktfotograf seinen Models eine deutlich ausführlichere Einwilligungserklärung abfordern.
Ironie am Rande: Frau Drews ist inzwischen Textilunternehmerin. Da senden Nacktfotos eher die falsche Botschaft … ;)
Via Strafakte.
admin •
20:43 •
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29. Mai 2014
Vor ein paar Jahren wurde mir zugetragen, was Geheimdienste so alles mit Handys anstellen könnten. Das klang damals alles ein bisschen nach Verschwörungstheorie. Experten bestätigten mir aber, dass sie keine Zweifel daran hätten, dass damals etliche Markenhandys serienmäßig mit einer heimlich eingebauten Backdoor ausgestattet waren. Es soll sogar möglich sein, dass man mit Eingabe einer bestimmten Telefonnummer innerhalb einer Funkzelle von jedem Handy aus entsprechende Handys abhören könnte, ebenso über das Mikrofon in der Umgebung geführte Gespräche. Da ich das nicht nachprüfen konnte, habe ich nicht darüber geschrieben.
NBC-Journalist Brian Williams befragte nun Edward Snowden, inwiefern etwa der russische Geheimdienst in sein iPhone eindringen könnte, etwa während des Besuchs der Winter-Olympiade in Sotschi. Snowden bestätigte, dass der Zugang zum angreifenden Telefonnetz ausreiche, um im selben Moment das Gerät zu „ownen“, also zu hacken und zu kontrollieren. Gut aufgestellte Geheimdienste wie die von Russland, China oder eben der USA könnten die Geräte sogar selbst anschalten. Ist ein Gerät erst einmal unter Kontrolle, kann der Angreifer selbstverständlich besuchte Websites nachvollziehen, Passwörter auslesen, Terminkalender ansehen …
Während früher die Geheimdienste das Problem hatten, ihre Wanzen über längere Zeiträume mit Strom zu versorgen, sind wir so hilfsbereit und laden unsere Smartphones regelmäßig auf. Und wir bezahlen auch noch selber für unsere mobile Überwachungswanze, die uns bis in die Schlafzimmer überwacht.
Ich kenne etliche Internetaktivisten, die aus Prinzip keine Handys benutzen. Das Minimum aber ist ein Aufklerber über der neuigierigen Kamera. In etlichen Ministerien müssen Handys am Eingang abgegeben werden. Selbst das Entfernen von Akkus wird nicht als ausreichend betrachtet.
Apropos: Liebe NSA, der aktuelle Akku meines Samsung macht es nicht mehr lange. Es wäre doch nur fair von euch, wenn ihr euch an den Kosten für einen neuen beteiligt. ;)
28. Mai 2014
Das ZDF zeigte gestern den ersten Teil einer eingängigen Doku über den NSA-Skandal. Nachdem Generalbundesanwalt Runge – taktisch geschickt nach der EU-Wahl -nun bekannt gegeben hat, dass er nicht einmal Ermittlungen anstellen werde, fällt es selbst gestandenen Juristen schwer, die Contenance zu bewahren. Der Kollege Udo Vetter, den sonst wirklich nichts, aus der Ruhe bringt, benutzt sogar Kraftausdrücke. Ich selbst habe mich auf Telepolis in die Satire geflüchtet und sarkastisch eine Legalisierung des Rechtsbruchs angekündigt, die leider näher an der Realität ist, als einem lieb sein kann.
Letztes Jahr hatten Udo Vetter und ich in Berlin über die mögliche Kontrolle von Geheimdiensten in einem parlamentarischen Untersuchungsausausschuss gesprochen, den es nun inzwischen gibt. Gerne hätte wir dabei kompromisslos mitgewirkt. Der Kollege Prof. Härting greift heute am Bundesverwaltungsgericht die Mitteilungsfreudigkeit des BND an – ein spannender Test, ob die politischen Blockaden durch rechtsstaatliche Verfahren gebrochen werden können.
Inzwischen hat das ZDF berichtet, dass die enge Kooperation des BND mit der NSA seit 1974 besteht und beruft sich hierzu auf Informationen aus dem Nachlass von Ex-BND-Vizepräsident Dieter Blötz. Als das Material von Blötz vor Jahren aufgetaucht war, hatten die angefragten Journalisten abgewinkt. So diente es schließlich dem BND-Forscher Erich Schmidt-Eenboom als Fundgrube für seine Bücher, die ihm seinerseits die Überwachung durch den neugierigen Dienst einbrachte. Heute sendet das ZDF um 22.45 Uhr die Fortsetzung.
admin •
17:12 •
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22. Mai 2014
Manchmal frage ich mich schon, was einige Leute so für Vorstellungen vom Medienrecht haben. So machte anscheinend ein Kollege einer Klägerin Hoffnung, sie könne von einer Boulevardzeitung eine Geldentschädigung verlangen, weil sie im Bikini auf ein Foto gerutscht war.
Während ein Unterlassungsanspruch mangels legitimen Berichtsinteresse der Öffentlichkeit am Dekolleté der Klägerin aussichtsreich war, hätte man sich die Klage auf Geldentschädigung und erst recht die Berufung sparen können. Den Geldentschädigungsanspruch (vulgo „Schmerzensgeld“) gibt es nur dann, wenn eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegt, die anders nicht kompensiert werden kann. „Schwere“ Persönlichkeitsrechtsverletung? Bikini-Foto am öffentlichen Strand? Hallo?
Von „schwerer“ Persönlichkeitsrechtsverletung spricht man bei Bezug zu Sexualität, Indiskretionen und krassen Lügen usw.. Geld gibt es nur ganz ausnahmsweise. Sicher aber nicht bei situationsadäquater Bekleidung am Ballermann.
Nächster Versuch: Weil in dem Beitrag über einen ausgeraubten Fußballer berichtet wurde, der in „pikanter Frauenbegleitung“ gewesen sei, argumentierte die „bloßgestellte“ Klägerin, Teile der Leserschaft könnten die Veröffentlichung auch zum Anlass für Spekulationen darüber nehmen, ob es sich bei der Klägerin um eben diese handele. Hm … Sogenannte „Andeutungen“ kann man zwar nicht nur mit Text, sondern auch mit Bildern machen, die unzutreffende Schlussfolgerungen suggerieren. Eine solche scheint vorliegend so zwingend aber nicht gewesen zu sein. Da sich die Klägerin nicht auf den realistischen Unterlassungsanspruch beschränkte, hat sie sich nun unnötige Prozesskosten produziert.
Noch rätselhafter als den untauglichen Geldanspruch finde ich allerdings, dass in dem Urteil die Farbe des Bikinis genannt wurde. Eine Relevanz dieses Details wäre mir bislang nicht aufgefallen. Mich hätten in dem Zusammenhang andere Dinge mehr interessiert … ;)
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 14.05.2014 – 6 U 55/13
UPDATE (24.04.2015): Der BGH hat die Entscheidung bestätigt.
21. Mai 2014
Heute habe ich auf TELEPOLIS zwei medienrechtlich interessante Fälle kommentiert.
Zum einen verweigert das ZDF auch die Ausstrahlung einer zensierten Fassung des PARTEI-Werbespots.
Zum andern hat das OLG Koblenz einen Löschungsanspruch für erotische und intime Fotos des Ex-Partners ausgeurteilt, den es so bislang noch nicht gab.
admin •
18:40 •
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Wer sich ein realistisches Bild zur Mentalität der US-Geheimdienste machen möchte, sollte unbedingt dieses aktuelle Interview mit William Binney in der taz lesen.
Money Quote:
„Ich würde keiner einzigen Botschaft trauen.“
„Sie würden wahrscheinlich versuchen, ihn zu entführen. Das haben sie immer wieder gemacht – egal in welchem Land.“
„Ich bin mir nicht sicher, ob sie das stört. Unsere Arroganz ist derzeit so unglaublich groß. Wir töten wahllos Menschen mit Drohnen.“
„Wie soll man einem notorischen Lügner vertrauen?“
„Ihnen gehört das Netz.“
„Mit unserem [von Binney Anfang der 1990er Jahre vorgeschlagenen] System wäre Snowden sofort aufgeflogen. Im Moment, in dem er die erste Datei heruntergeladen hat.“
Binney war technischer Direktor der NSA, gilt als einer der besten Codeknacker der Welt und wurde Whistleblower aus Empörung darüber, dass der Geheimdienst die gegen die Sowjetunion entwickelten Instrumente gegen die eigenen Leute einsetzte. Hier ein aktuelles Portrait des ZDF.
Meine morgentliche Maximal-Dosis an US-amerikanischem Kulturkreis wurde heute durch die Nachricht erreicht, dass Facebook einen Acoount wegen diesem Foto hier suspendiert hat.
Ob das mit TTIP wohl wirklich eine so gute Idee ist …?
admin •
09:14 •
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16. Mai 2014
Pöbel-Musikant Jan Phillip Eißfeldt, Kampfname „Jan Delay“, zahlt an seinen Kollegen Heinz Georg Kramm, bekannt als „Heino“, eine Geldentschädigung („Schmerzensgeld“) iHv 20.000,- € nebst Anwaltskosten, meldet BILD. Herr Eißfeld hatte sich die Meinungsfreiheit genommen, Herrn Kramm mal eben als „Nazi“ zu bezeichnen. Derartiges ist jedoch von der Meinungsfreiheit nur dann gedeckt, wenn es stichhaltige Anhaltspunkte für eine entsprechende Gesinnung etc. gibt.
Wer leichtfertig seine Mitmenschen mit dieser für einen Deutschen wohl härtesten Beleidigung stigmatisiert, liefert in erster Linie Aufschluss über sein eigenes primitives Gemüt und seine Unfähigkeit zu sachlicher geistiger Auseinandersetzung. Nach gegenwärtigem Forschungsstand wurde bislang noch nicht einmal irgendein einziger intelligenter Nazivergleich bekannt.
Derartige Beleidigungen wertet die Rechtsprechung als besonders schwere Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, die nicht lediglich durch eine künftige Unterlassung aus der Welt geschafft werden. Daher wird in besonderen Fällen der Verletzer zur Kompensation des Schadens in Form einer Geldentschädigung an den Verletzten verurteilt, die einen erzieherischen Wert hat. Herr Kramm hat angekündigt, den Betrag an Behinderte zu spenden.
Herr Delay profitiert übrigens finanziell von Herrn Kramm, weil dieser mit GEMA-Lizenzierung dessen „Liebeslied“ intoniert, was offenbar nicht auf Gegenliebe stieß.