2009 hatte ich mal den Vorschlag gemacht, die Wikipedianer von der Administration zu entlasten, in dem man das Beilegen digital ausgetragener Gefechte nicht den – typischerweise befangenen – Mitgliedern der Community überlässt, sondern professionelle Mediatoren etc. anheuert:
Man könnte den strukturellen Interessenkonflikt der häufig befangenen Admins vermeiden, in dem man die Administration bei spannungsgeladenen Konfliktfeldern wie Personalangelegenheiten an von der Wikipedia-Community unabhängige Personen abgibt, die professionell als Mediatoren, Pädagogen oder Juristen in der sachlichen Beurteilung und Behandlungen von Konflikten trainiert sind. Wäre ein solcher Vorschlag sinnvoll und realistisch?
Christian Pentzold:
Sinnvoll vielleicht, realistisch nein, schon weil fraglich ist, wie ein bislang im Großen und Ganzen non-kommerzielles Projekt diese Dienstleitungen finanzieren sollte. Zwar verfügen der Wikimedia Verein Deutschland und sein US-amerikanische Pendant, die Wikimedia Foundation, über finanzielle Mittel und haben eine wachsende Zahl von bezahlten Mitarbeitern, doch bin ich skeptisch, ob diese Mittel für den hier zu erwartenden Aufwand ausreichend wären.
Die beiden niederländischen Journalisten, die einen SS-Veteranen mit versteckter Kamera gefilmt und seine Worte mitgeschnitten haben, wurden heute von einem deutschen Gericht freigesprochen.
Der EGMR hat heute die Verurteilung eines national eingestellten Schweden bestätigt, der Schüler mit seinen homophoben Ansichten genervt hat.
Diese Woche hatte der EGMR einen einst koksenden Schauspieler in Sachen Persönlichkeitsrecht auf Entzug gesetzt. Der hatte 2005 die BILD-Zeitung verklagt – natürlich in Hamburg. Die Urteile wurden kassiert, der deutsche Staat darf jetzt 50.000 Flocken an Axel Springer zahlen. (upgedatet)
Apropos Koks: Benjamin von Stuckrad-Barre fällt gerade wegen seiner alten Angewohnheit auf, anderen den Mund verbieten zu wollen. Der Mann ist ja selbst alles andere als schüchtern. Seinen Film werde ich mir jedenfalls dann doch nicht ansehen.
Auch ein gewisser Herr Bismarck hat Schande über seine bekannte Familie gebracht, weil er sich gerade von einem Herrn Schädel mit einem schönen Prozesstrick hat hereinlegen lassen. Ein andermal mehr dazu.
Bereits länger schwirrten in Journalistenkreisen Gerüchte über Pkw-Geschäfte des Hauses Wulff. Die erste dieser Meldungen hat nun die Frankfurter Rundschau gedruckt. Dagegen hat sich nun die First Lady juristisch gewehrt. Schade, eine TV-Befragung nun auch der Präsidentengattin wäre sicherlich unterhaltsam geworden.
Wenn die Wulffs nun vermehrt das Presserecht bemühen, hat die aktuelle Ausgabe der TITANIC gute Chancen, ein Klassiker zu werden. ;)
Dieter Bohlens Anwälte starteten vor einem Jahr eine unfassbare Abmahnwelle gegen etliche Publikationen, die eine Agenturmeldung über die Schwangerschaft seiner langjährigen Lebensgefährtin verbreiteten. Das Persönlichkeitsrecht des Barden sei hierdurch verletzt worden. Da etliche Medien nicht einsehen wollten, warum der Mann, der seinen Penis-Bruch zu Sachbuch-Literatur verarbeitet und die Persönlichkeitsrechte seiner Partnerinnen und Freunde mehr als jeder deutsche Promi vor ihm verwertet hatte, nun plötzlich Theater macht, weil über den Landeanflug seines fünften Kindes berichtet wurde, flutete Bohlen das Landgericht Hamburg mit Anträgen auf einstweilige Verfügungen.
Nun wäre es ja verständlich, wenn eine Frau in den ersten Monaten einer Schwangerschaft ihr Glück nicht mit der Welt teilen will, weil noch allerhand passieren kann. Auch könnte sich ein Mann von hoher Moral verbitten, zum Vater eines möglicherweise unehelich gezeugten Kindes ausrufen zu lassen, zumal man bei Schwangerschaften ja ohnehin nicht so genau weiß, wer den Anstoß hierzu gegeben hat. Da zumindest die Initialphase einer Schwangerschaft die Sexualsphäre betrifft, dürfte über diese grundsätzlich mal gar nicht berichtet werden.
Doch im Falle Bohlen lagen die Dinge anders: Der gute Mann hatte jahrelang und bereits während der Beziehung zu Kindsmutter seinen Kinderwunsch in Talkshows usw. öffentlich gemacht. Während eines Urlaubs posierte er gemeinsam mit seiner Partnerin für die Presse sogar fröhlich im Hotelbett. Da die neue Frau Bohlen im März ihr Kind bekommen hatte, darf man vermuten, dass die Schwangerschaft im vorangehenden Januar bei einer Bohlen-Partnerin, die sich standesgemäß figurbetont zu kleiden hat, nur schwer zu verbergen gewesen war. Und warum das Persönlichkeitsrecht des Herrn Bohlen tangiert worden sein soll, der nun einmal auch in Unterleibsangelegenheiten keine allzu große Öffentlichkeitsscheu bewies, das verstand so recht niemand, denn eine Schwangerschaft ist insbesondere für einen Mann reiferen Alters doch eher ein Kompliment.
Als wäre der Fall nicht schon skurril genug, erreichten die Antragsflut die Hamburger Pressekammer in einer Phase, in der sie arbeitsüberlastet war. Die zumindest im von mir in der Abwehr betreuten Fall beantragte Unterlassungsverfügung konnte nicht mehr rechtzeitig erlassen werden, weil inzwischen das Bohlen-Baby geschlüpft war und sich der stolze Vater zu seinem Werk bekannt hatte. Damit implodierte das Rechtsschutzbedürfnis für etliche Bohlen-Anträge auf Unterlassungsverfügungen. Die Rechnung zahlt Herr Bohlen.
Mir ist gerade aufgefallen, dass ich noch nicht auf den Verfassungsschutz geschimpft habe. Und dass man im Internet wenig historisches zu dieser erstaunlichen Einrichtung findet. Alles muss man selber machen …
Die Familie von Bismarck ist es offenbar nicht gewohnt, Prozesse zu verlieren. Angeblich sei dies noch nie der Fall gewesen, zitieren die Lübecker Nachrichten einen bekannten Gerichtsblogger. Doch nun scheint ein Sproß der Sippe beim Versuch, einem Herrn Schädel das Wort zu verbieten, sich selbst ein Bein gestellt zu haben, weil er nach Erlass einer einstweiligen Verfügung die Sache auf sich beruhen ließ und in die Verjährungsfalle gegangen ist.
Ende letzter Woche waren die Urteile gegen einen Arbeitskollegen von Günter Wallraff und den SWR erwartet, die ein mittelständischer Backunternehmer beantragt hatte. Das Gericht hatte deutlich signalisiert, dass es sich für diese Unverschämtheiten nicht hergeben würde, so dass es nicht überraschte, dass kurz vor Verkündung der Urteile die Anträge zurück genommen wurden.
Inzwischen hat mir Günter Wallraff freundlicherweise die Akten überlassen, so dass ich die Geschichte nun auf TELEPOLIS dokumentieren konnte.