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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


2. Juni 2014

„Thank you, Mr. Snowden“

Bereits zu Angela Merkels Wahlkampfrede in Hamburg hatten die „Rechtsanwälte gegen Totalüberwachung“ ein vom Boden aus unzensierbares Spruchband über den Hamburger Hafen fliegen lassen, um die Bundeskanzlerin daran zu erinnern, wem sie ihre diesntliche Loyalität schuldet.

Am 6. Juni, dem Jahrestag der Snowden-Enthüllungen, wollen die Kollegen diesmal in Berlin einen Flieger kreisen lassen. Die Dauer des Bannerflugs ist natürlich eine finanzielle Angelegenheit. Wer den Flug um jeweils eine Minute sponsern/verlängern will, ist mit 6,- € dabei.

28. Mai 2014

Breites Entsetzen über Desinteresse der Behörden am NSA-Skandal

Das ZDF zeigte gestern den ersten Teil einer eingängigen Doku über den NSA-Skandal. Nachdem Generalbundesanwalt Runge – taktisch geschickt nach der EU-Wahl -nun bekannt gegeben hat, dass er nicht einmal Ermittlungen anstellen werde, fällt es selbst gestandenen Juristen schwer, die Contenance zu bewahren. Der Kollege Udo Vetter, den sonst wirklich nichts, aus der Ruhe bringt, benutzt sogar Kraftausdrücke. Ich selbst habe mich auf Telepolis in die Satire geflüchtet und sarkastisch eine Legalisierung des Rechtsbruchs angekündigt, die leider näher an der Realität ist, als einem lieb sein kann.

Letztes Jahr hatten Udo Vetter und ich in Berlin über die mögliche Kontrolle von Geheimdiensten in einem parlamentarischen Untersuchungsausausschuss gesprochen, den es nun inzwischen gibt. Gerne hätte wir dabei kompromisslos mitgewirkt. Der Kollege Prof. Härting greift heute am Bundesverwaltungsgericht die Mitteilungsfreudigkeit des BND an – ein spannender Test, ob die politischen Blockaden durch rechtsstaatliche Verfahren gebrochen werden können.

Inzwischen hat das ZDF berichtet, dass die enge Kooperation des BND mit der NSA seit 1974 besteht und beruft sich hierzu auf Informationen aus dem Nachlass von Ex-BND-Vizepräsident Dieter Blötz. Als das Material von Blötz vor Jahren aufgetaucht war, hatten die angefragten Journalisten abgewinkt. So diente es schließlich dem BND-Forscher Erich Schmidt-Eenboom als Fundgrube für seine Bücher, die ihm seinerseits die Überwachung durch den neugierigen Dienst einbrachte. Heute sendet das ZDF um 22.45 Uhr die Fortsetzung.

21. Mai 2014

Kommentare zum verbotenen Wahlspot von Mainz und zu den verbotenen Bildern von Koblenz

Heute habe ich auf TELEPOLIS zwei medienrechtlich interessante Fälle kommentiert.

 

 

Zum einen verweigert das ZDF auch die Ausstrahlung einer zensierten Fassung des PARTEI-Werbespots.

Zum andern hat das OLG Koblenz einen Löschungsanspruch für erotische und intime Fotos des Ex-Partners ausgeurteilt, den es so bislang noch nicht gab.

Ehemaliger technischer NSA-Direktor zur Situation von Snowden

Wer sich ein realistisches Bild zur Mentalität der US-Geheimdienste machen möchte, sollte unbedingt dieses aktuelle Interview mit William Binney in der taz lesen.

Money Quote:

„Ich würde keiner einzigen Botschaft trauen.“

„Sie würden wahrscheinlich versuchen, ihn zu entführen. Das haben sie immer wieder gemacht – egal in welchem Land.“

„Ich bin mir nicht sicher, ob sie das stört. Unsere Arroganz ist derzeit so unglaublich groß. Wir töten wahllos Menschen mit Drohnen.“

„Wie soll man einem notorischen Lügner vertrauen?“

„Ihnen gehört das Netz.“

„Mit unserem [von Binney Anfang der 1990er Jahre vorgeschlagenen] System wäre Snowden sofort aufgeflogen. Im Moment, in dem er die erste Datei heruntergeladen hat.“

Binney war technischer Direktor der NSA, gilt als einer der besten Codeknacker der Welt und wurde Whistleblower aus Empörung darüber, dass der Geheimdienst die gegen die Sowjetunion entwickelten Instrumente gegen die eigenen Leute einsetzte. Hier ein aktuelles Portrait des ZDF.

Meine morgentliche Maximal-Dosis an US-amerikanischem Kulturkreis wurde heute durch die Nachricht erreicht, dass Facebook einen Acoount wegen diesem Foto hier suspendiert hat.

Ob das mit TTIP wohl wirklich eine so gute Idee ist …?

18. Mai 2014

TTIP und Überwachung haben in Hamburg offenbar wenig Freunde

 

Einen ihrer wohl peinlichsten Wahlkampfauftritte hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag in Hamburg. 3/4 des überschaubar großen Publikums waren offensichtlich keine Merkel-Fans, sondern forderten den Stop von TTIP. Toten Fisch ließ man sich vor der Hamburger Fischauktionshalle nicht andrehen.

Auch die Hamburger Anwälte waren als Initiative „Rechtsanwälte gegen Totalüberwachung“ präsent und hatten außerdem einen Flieger gechartert, der per Spruchband zu einem Stopp der Totalüberwachung aufrief und unübersehbar über Merkel seine Runden drehte (Minute 7 im Video). (Drohnen darf man ja bei Merkel nicht mehr fliegen lassen. ;)) Bei Hamburger Juristen fliegen also nicht nur Gerichtsstände …

Die Kollegen demonstrierten übrigens in Robe, einem von mir ungeliebten Kleidungsstück. Letzten Freitag wurde in Schleswig-Holstein der Robenzwang abgeschafft.

Anschließend gab es in Hamburg eine Freiheit-statt-Angst-Demo. Die Veranstaltung gegen Überwachung wurde sogar mit Hubschraubereinsatz überwacht …

16. Mai 2014

Kramm ./. Eißfeldt: 5.000,- € pro Buchstabe

 

Pöbel-Musikant Jan Phillip Eißfeldt, Kampfname „Jan Delay“, zahlt an seinen Kollegen Heinz Georg Kramm, bekannt als „Heino“, eine Geldentschädigung („Schmerzensgeld“) iHv 20.000,- € nebst Anwaltskosten, meldet BILD. Herr Eißfeld hatte sich die Meinungsfreiheit genommen, Herrn Kramm mal eben als „Nazi“ zu bezeichnen. Derartiges ist jedoch von der Meinungsfreiheit nur dann gedeckt, wenn es stichhaltige Anhaltspunkte für eine entsprechende Gesinnung etc. gibt.

Wer leichtfertig seine Mitmenschen mit dieser für einen Deutschen wohl härtesten Beleidigung stigmatisiert, liefert in erster Linie Aufschluss über sein eigenes primitives Gemüt und seine Unfähigkeit zu sachlicher geistiger Auseinandersetzung. Nach gegenwärtigem Forschungsstand wurde bislang noch nicht einmal irgendein einziger intelligenter Nazivergleich bekannt.

Derartige Beleidigungen wertet die Rechtsprechung als besonders schwere Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, die nicht lediglich durch eine künftige Unterlassung aus der Welt geschafft werden. Daher wird in besonderen Fällen der Verletzer zur Kompensation des Schadens in Form einer Geldentschädigung an den Verletzten verurteilt, die einen erzieherischen Wert hat. Herr Kramm hat angekündigt, den Betrag an Behinderte zu spenden.

Herr Delay profitiert übrigens finanziell von Herrn Kramm, weil dieser mit GEMA-Lizenzierung dessen „Liebeslied“ intoniert, was offenbar nicht auf Gegenliebe stieß.

13. Mai 2014

Der Mann, der die beendete Pfändung seines Grundstücks aus dem Jahre 1998 vergessen machen wollte

 

Ein stolzer Spanier hat nun am EuGH erfolgreich bewirkt, dass jedermann im Urteil nachlesen kann, dass sein Grundstück 1998 mit einer Pfändung belastet war und versteigert werden sollte.

Google allerdings darf nunmehr keine Suchergebnisse von Seiten auswerfen, die legal von der Pfändung von 1998 berichten, etwa Zeitungsarchive. Denn das ist dem Manne peinlich. Nunmehr muss Google gegenüber Europäern auf Anfrage prüfen, ob Ergebnisse konform mit der EU-Datenschutzrichtlinie sind.

Damit hat die 16 Jahre währende „Anarchie“ des Google-Algorithmus nun weitere Einschnitte erfahren. Die Betreiber der Suchmaschine müssen letztlich zurückhaltender mit Informationen umgehen, als andere Informationsanbieter und ein „Recht auf Vergessen“ berücksichtigen. Während mir aus meiner Praxis etliche Fälle bekannt ist, in denen Personen ein sehr berechtigtes Interesse an der Löschung von Suchergebnissen auf denkbar sensible Daten haben, tendiert die vorliegende Sache eher gegen Querulanz und ermutigt wohl etliche Kläger. Das Landgericht Hamburg wird vermutlich bald einen Anbau bekommen …

Foto: Anwesen von Barbra Streisand, das sich gegen das Google-Auto wehrte, oder so ähnlich.

Copyright (C) 2002 Kenneth & Gabrielle Adelman, California Coastal Records Project, www.californiacoastline.org

7. Mai 2014

Hobby-Lobby für das Internet ist nicht so toll

 

Sascha Lobo beklagt in seinem traditionellen re:publica-Rant die geringe Präsenz und Unterstützung für Netzaktivismus. Während hierzulande etliche Naturschützer finanziell und personell beeindruckend ausgestattet seien, arbeiteten für das Internet praktisch nur zwei Lobbyisten hauptberuflich.

Angesichts der Alltagsbedeutung des Interntes ist das schon eine sehr krasse Bilanz. Netzpolitik e.V., Digiges e.V. und Digital Courage e.V. bekommen nur in sehr geringem Umfang Spenden. Am ehesten wäre wohl der Chaos Computer Club schlagkräftig, wobei aber auch dieser auf Ehrenamt aufgebaut ist und auch andere Aufgaben hat.

Falls mal jemand auf die Schnapsidee kommen sollte, eine Internetpartei zu gründen, täte er meiner Meinung nach gut daran, statt auf Selbstausbeutung besser auf professionelle Strukturen zu setzen. Dass das möglich ist, zeigt der Wikipedia-Fanverein Wikimedia, der sich vor Spenden kaum retten kann.

Verspiegelte SPIEGEL-Affäre

 

Der Regisseur Roland Suso Richter ist dafür bekannt, Stoffe deutscher Gerichte dramaturgisch gekonnt, historisch aber mitunter sehr frei und bisweilen ärgerlich falsch zu verfilmen. Die gerade in der ARD gelaufene SPIEGEL-Affäre (hier ins Netz befreit) ist leider keine Ausnahme. Franziska Augstein hat dazu bereits das Wesentliche richtiggestellt.

Sehr schade ist, dass der Film nicht aus der Perspektive und Welt der 50er/60er Jahre erzählt wird. Denn in Wirklichkeit war die SPIEGEL-Affäre eine Art Flügelkampf im konservativen Lager. Die FDP, der Rudolf Augstein angehörte, war damals eher ein Sammelbecken für sehr national Gesinnte. Auch Augstein selbst war keineswegs die im Film dargestellt Lichtgestalt, wie man bei Otto Köhler nachlesen kann. Wie im Film kurz erwähnt wird, arbeiteten im SPIEGEL sogar höchst fragwürdige SS-Leute.

Im Film wird kurz ein vorgeblich punktueller Kontakt der SPIEGEL-Redaktion zum BND dargestellt, der wohl irgendwo in Pullach hause. Tatsächlich war der geschäftsführende Redakteur Hans Detlev Becker mit dem stellvertretenden BND-Chef, der in Hamburg residierte, eng befreundet und wurde sogar als dessen Nachfolger vorgeschlagen. Die damalige BND-Nähe des SPIEGEL dürfte auch einer der Gründe gewesen sein, dass Strauß eine Intrige von dessen Dienstherrn Adenauer witterte, um den ungeliebten Kronprinz aus Bayern als unfähigen Verteidigungsminister zu domestizieren.

Irreführend ist die im Film suggerierte Annahme, Strauß wär atomkriegsfreudiger als Adenauer gewesen. Von den meisten Historikern wird tapfer ausgeblendet, dass gerade Adenauer zur Atombombe ein äußerst naives Verhältnis pflegte und mit seinen Wünschen für deren Einsatz gegen die Sowjetunion Präsident John F. Kennedy mehrfach in Verlegenheit brachte.

Wie weggetreten die Mächtigen damals waren, sieht man am im Film erwähnten Prof. von der Heidte, der seinerzeit die Strafanzeige erstattet hatte. Von der Heidte hatte damals vorgeschlagen, die Bundeswehr in katholische und evangelische Divisionen aufzuteilen. Vermutlich ließ er sich hierzu vom Hohen Kommissar John McCloy inspirieren, der für das US-Militär die Rassentrennung forderte.

Beschähmend am Heldengemälde für Augstein ist schließlich, dass es der Drehbuchautor nicht für nötig befand, den eigentlichen Ghostwriter des berühmten „Bedingt abwehrbereit“-Artikels auch nur zu erwähnen. Jener Autor Heinz Höhne war es denn auch, der ein Jahrzehnt später eine Enthüllungsserie „Pullach intern“ über den BND brachte, welche die enge Zusammenarbeit zwischen Nachrichtendienst und Nachrichtenmagazin beendete. Als Höhne, einer der profundesten Geheimdienstkenner, vor ein paar Jahren zu Grabe getragen wurde, ließ sich vom SPIEGEL dort niemand sehen.

5. Mai 2014

Edward Snowden ist Ehrenmitglied des Chaos Computer Clubs

 

Am Wochenende trafen sich die Aktiven der Chaos Computer Clubs zur zweijährlichen Hauptversammlung in Mannheim. Dort überbrachte Andy Müller-Maguhn einen Gruß von Edward Snowden, nämlich den ihm verliehenen SAM-Award. Diesen Whistleblower-Preis hatten ehemalige Geheimdienstler,  welche selbst die Courage gegen Staatskriminalität bewiesen hatten, Snowden im Oktober in Moskau überreicht. Die Hacker ernannten Snowden nunmehr zum Ehrenmitglied.