20. März 2018
Gestern lief in der ARD die bemerkenswerte Doku Als die Atombomben Deutschland veränderten über die deutsche Friedensbewegung, die den Wahnsinn der vorprogrammierten Selbstvernichtung durchschaute.
Die Doku ist auch publizistisch interessant, denn die damalige Friedensbewegung musste sich gegen die mediale Lufthoheit durch die Springerpresse wehren, die den aus historischer Perspektive mehr als berechtigten Protest als „links“, „terroristisch“ und „antiamerikanistisch“ diskreditierten. Die damalige Friedensberwegung ließ sich nicht einschüchtern, man druckte eben eigene Zeitungen und glaubte den etablierten Medien nicht mehr alles unbesehen. Auch die Künstler wirkten an einer Gegenöffentlichkeit mit.
Gestern hat die ARD mit dieser Doku ordentlich Boden gut gemacht. So wurde auch das Able Archer-Drama von 1983 historisch korrekt dargestellt und auch der 2015 freigegebene PFIAB-Bericht erwähnt, der keine beschönigende Interpretation mehr zulässt (Um Haaresbreite).
Demgegenüber mutet uns das transatlantisch zuverlässige ZDF nach wie vor in diversen Dokus die historisch unhaltbare Propaganda-Soße zu, ausgerechnet Brandstifter Reagan hätte aufgrund von Geheimdienstinformationen den Druck aus der Situation genommen. Dass ich seit Jahren auf die gegenteilige Quellenlage hinweise, ignorieren die Gatekeeper auf dem Lerchenberg lässig – und ehren damit dem Aotmkriegsfan Adenauer, der den Vorläufer des ZDF als Propagandasender konzipierte.
Spannend finde ich, wie die heutige Friedensbewegung, die sich gegen Ramstein Airbase und den Drohnenkrieg richtet, mit genau den gleichen Methoden in eine politisch verbrämte Ecke gestellt und als antiamerikanistisch diskreditiert wird. Für die gegenwärtige Künstlergeneration ist Friedenspolitik offenbar uninteressant.
(Nicht ganz korrekt ist Erhard Epplers Darstellung, der „sowjetische Oberst“ hätte seinen Befehlen zuwidergehandelt, als er damals einen Fehlalarm nicht weitergab, denn Stanislaw Petrow handelte innerhalb seiner Kompetenzen. Wie mir Petrow aus erster Hand erzählte, gab es für diese Situation keine Befehle; er selbst hatte das Handbuch für den Computer geschrieben, der die Signale falsch interpretierte.)
15. März 2018
Jeder politische Journalist, der sich aus Social Media füttern lässt, muss mit Fakes und Propaganda rechnen. So ist etwa die Trollfabrik in St. Petersburg wohlbekannt (aktuell interessante Doku auf arte), die mit falschen Accounts Facebook und Foren unterwandert, um Stimmung zu lancieren. Seit den Snowden-Dokumenten wissen wir aus erster Hand von der Joint Threat Research Intelligence Group (JTRIG), mit welcher der britische Nachrichtendienst ganz genau das gleiche tut. Die NSA als Geburtshelfer des Internet mischt sowieso überall mit.
Professionelle Journalisten wissen das. Bei stern online stellt man sich naiv und hält sogar heute noch an der doch recht durchsichtigen Geschichte vom Twittermädchen aus dem Syrienkieg fest.
Während das Landgericht die temperamentvollen Äußerungen des Blauen Boten, der einen stern online-Autor als „Fake News-Produzent“ bezeichnete und des Verbreitens einer „offenkundigen Lügengeschichte“ beschuldigte, als zulässige Meinungsäußerung ansah, bewertete dies das Oberlandesgericht Hamburg als beweisbedürftige Tatsachenbehauptungen. Solche wären zutreffend, wenn stern online bzw. deren ebenfalls klagender Autor die Unwahrheit der berichteten Information zumindest für möglich gehalten hätten.
Nun ja …. Das aber war der Fall. So schrieb stern online selber am 04.10.2016 – mithin zwei Monate vor dem Missgriff:
„Doch es gibt nicht nur positive Kommentare. Manche glauben, dass es sich bei dem Profil um einen Fake handelt, da es in dem Stadtteil, in dem die Familie lebt, gar kein Strom mehr gebe. Andere gehen von Propaganda aus.“
Und bei solchem Recherchestand soll ein Redakteur des gleichen Magazins allen Ernstes damit überfordert sein, mit einem Fake zu rechnen? Seit den Hitler-Tagebüchern hat man beim Politmagazin stern offenbar wenig dazu gelernt.
Diesen Freitag wird die Hauptsache vor dem Landgericht Hamburg verhandelt. Dort hatte auch Erdogan seine Persönlichkeitsrechte eingeklagt – der gleiche Erdogan, auf dessen Schoß das gefeierte Twitter-Mädchen Platz nahm.
Bleibt es bei der aktuellen Haltung der Hamburger Pressegerichte, so muss ein privater Familienvater den Wahrheitsgehalt der Bezeichnung „offenkundige Lügengeschichte“ beweisen, während professionelle Journalisten eines politischen Magazins den größten Blödsinn ungeprüft durchreichen dürfen.
Was bisher geschah:
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14. März 2018
https://youtu.be/v-yHkFUent8
Der erste Mandant, der in meiner vor zwei Jahren nach Köln verlegten Kanzlei Platz nahm, hatte vorher sehr lange woanders gesessen. Nach einer Karriere als Einbrecher, der vorzugsweise Banktresore erleichterte, kam er nach Verbüßung seiner Haft in Sicherheitsverwahrung, obwohl er mit Gewaltdelikten nichts am Hut hatte. Wieder in Freiheit versuchte er, sich eine rechtskonforme Existenz aufzubauen.
Dem Mandanten widerfuhr 2012 etwas, das man nicht einmal seinem ärgsten Feind wünscht. Wenn man bei Google seinen Namen eingab, warf die „allwissenden Müllhalde“ als erstes Ergebnis aus (anonymisierte Fassung):
„Nicht-Therapierbarer Sextäter greift Mädchen an – Politically …
www.Q-news.net/…/nicht-therapierbarer-sextaeter-greift-maedchen-an/
30.11.2010 – Der Beschwerdeführer, H, ist deutscher Staatsbürger, 1945 geboren, und derzeit in B in Sicherungsverwahrung“
In Wirklichkeit hatte der Mandant nichts mit dem Vergewaltiger oder Sexualdelikten zu tun, über die ein Blogbeitrag auf einer anonymen im Ausland gehosteten Website berichtete. Der Name meines Mandanten und dessen verbüßte Haft fielen im 56. Leserkommentar in anderem Zusammenhang, wurde jedoch von Google aufgespießt und prominent mit der reißerischen Schlagzeile über den Sextäter kombiniert. Das von Google zusammengepuzzlte Suchergebnis erweckte mindestens den fatalen Verdacht, mein Mandant sei der Kinderschänder.
Niemand will etwas mit Kinderschändern zu tun haben. Die Suchergebnisanzeige dürfte ausgereicht haben, um meinen Mandanten sozial zu ächten und geschäftlich zu erledigen, ohne dass sich Leser die Mühe gemacht hätten, die Echtheit dieses Eindrucks zu überprüfen. Viele Leute tendieren auch dazu, Nachrichten für echt zu halten, weil der Betroffene ja gar nicht dagegen vorgegangen sei. Die Versuche meines Mandanten, im definitiv legalen Kunsthandel Fuß zu fassen, scheiterten wegen des weltweiten Rufmords kläglich.
Als der Mandant Google um Entfernung bat, reagierte man dort ungerührt. Jeder wisse doch, dass Google keine Redaktion habe, sondern die Suchergebnisse von einem Algorythmus erzeugt würden. Pech gehabt! Der Mandant zog vor Gericht, wo sich die Suchmaschine mit aller Kraft wehrte. Wenn man den mächtigsten Konzern der Welt vor Gericht herausfordert, fliegt dieser die besten IT-Anwälte der Republik ein.
Bei Google dachte man nicht daran, das grauenhafte Ergebnis wenigstens aus Kulanz oder Menschlichkeit zu entfernen, sondern wollte den Mandanten für den Rest seines Lebens als vermeintlichen Kinderschänder gebrandmarkt sehen. Die Klage wurde in der ersten Instanz abgewiesen, schon weil der Fall zu keiner der für Persönlichkeitsrechtsverletzungen anerkannten Fallgruppen passte und man Zweifel am erweckten Eindruck hatte.
Doch als das Oberlandesgericht Köln zur Verhandlung bat, hatte sich der Wind um 180 Grad gedreht. Wenn die Suchmaschine Kenntnis von so einem widerlichen Ergebnis erhalte, das einen Menschen in derart fatalen Misskredit bringe, sei eine Fortsetzung dieses Zustands nahezu sittenwidrig. Bei Google zog man nun alle Register und pochte auf eine Wiedereröffnung. Doch in dem 31 Seiten langen Urteil schloss sich der Senat unserer Rechtsauffassung an und gab der Klage vollumfänglich statt.
Der Konzern wurde nicht nur zur Unterlassung für Suchergebnisse unter Google.de verurteilt, sondern auch für solche, die über einen Redirect über Google.com kamen. Nach Meinung des Google-Anwalts soll der nun anfallende Programmieraufwand allein dafür in die Millionen gehen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Google ist inzwischen am BGH in Revision gegangen. (Update: rechtskräftig.)
Oberlandesgericht Köln, 15 U 56/17
9. März 2018
Hunderte Menschen sind im Internet meinem Aufruf gefolgt und haben ihren Rundfunkbeitrag an mich abgeführt. Inzwischen habe ich mit über 7.000,- € über die Hälfte der zu erwartenden (von der LMK und Herrn Dr. Eumann durch Anwälte künstlich verteuerten) Prozesskosten beisammen.
Vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz wird mich der Experte für öffentliches Medienrecht Herr Prof. Dr. Dr. Boehme-Neßler (Universität Oldenburg) gegen die LMK und den beigeladenen Herrn Dr. Marc Jan Eumann vertreten. Die LMK wird von einer der nobelsten Kanzleien der Branche vertreten (Klientel: Industrie, Präsident, Kanzler, Papst). Herr Dr. Eumann konnte für die Verteidigung seiner „demokratischen Wahl“ den renommierten Kollegen Herrn Dr. Martin Pagenkopf gewinnen. Sollte die LMK-Versammlung wirklich ein rechtsfreier Raum sein, wie die erste Instanz meint, dann kriegen wir also wenigstens ein Begräbnis erster Klasse!
Weil einige Leute auch meine restlichen Prozesskosten (ca. 7.000,- €) auf viele Schultern stellen möchten, lasse ich die Crowdfunding-Kasse noch bis Mittwoch offen.
leetchi.com/c/rundfunkbeitrag
Ich danke allen Beitragszahlen herzlich und verspreche, dass wir der LMK und Herrn Dr. Eumann ein gutes Match liefern werden. Möge der Schlechtere gratulieren! ;)
Der Fall Marc Jan Eumann
7. März 2018
In dem Eilantragsverfahren gegen die Besetzung der Direktorenstelle der LMK mit Herrn Dr. Marc Jan Eumann wird der nicht zur Wahl zugelassene Rechtsanwalt Markus Kompa Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt/Weinstraße vom 28.02.2018 einlegen. Auch für LMK gilt das vom Grundgesetz für die Besetzung öffentlicher Ämter vorgesehene Prinzip der Bestenauslese, das ohne Ausschreibung und nur einem zugelassenen Kandidaten evident nicht beachtet wurde.
Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Einordnung der LMK-Versammlung als Parlament, das in seiner Selbstorganisation mangels speziellen Gesetzn und Satzungen Narrenfreiheit genieße, ist nicht nachvollziehbar. Die LMK-Versammlung ist nämlich kein Organ der Legislative, sondern eine Verwaltungseinheit und damit über Art. 20 Abs. 2 GG und Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GG als Bestandteil der Exekutive zur Verfassungstreue verpflichtet.
Zur Finanzierung der fünfstelligen Prozesskosten startete Rechtsanwalt Markus Kompa heute die Crowdfundingaktion „Rundfunkbeitrag“:
„Wer den Filz in Rheinland-Pfalz satt hat, überweist einen Betrag an die Crowdfunding-Plattform https://www.leetchi.com/c/rundfunkbeitrag in Höhe einer Haushaltsabgabe, nämlich 17,50 €. Wenn das bis kommenden Mittwoch 285 Leute tun, habe ich eine Kriegskasse von rund 5.000,- € und kann mir dann die Beschwerde locker leisten.“
Obwohl der Aufruf bislang kaum bekannt gemacht wurde, gingen bis zum Mittag über 4.000,- € ein, so dass das Ziel voraussichtlich erreicht wird. Wer sich auch an den bereits aufgelaufenen Prozesskosten von bislang rund 6.000,- € beteiligen möchte, kann seinen „Rundfunkbeitrag“ noch weiterhin leisten. Kompa verspricht, dass man nie wieder an der Zahlung eines Rundfunkbeitrags so viel Spaß haben werde, wie an diesem. Seinem Kontrahenten Herrn Dr. Eumann rät Kompa, auch dieser solle solidarisch seine 17,50 € einzahlen, damit er seine Autorität in einer vernünftigen Wahl wieder herstellen könne.
UPDATE: Das Ziel wurde am Mittwoch bereits erreicht, die Beschwerde ist bereits in Arbeit. Wer auch die bisher aufgelaufenen Kosten auf viele Schultern stützen möchte, kann natürlich auch dafür den Rundfunkfunkbeitrag leisten. :)
Im Beschwerdeverfahren am Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz würde Kompa von Prof. Dr. Dr. Volker Boehme-Neßler vertreten werden. Auch andere bekannte Experten wie der Rundfunkrechtsspezialist Prof. Dr. Hubertus Gersdorf vermögen nicht zu erkennen, weshalb die pluralistische Zusammensetzung einen Dispens von dem Prinzip der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG erforderlich machen sollte. Ein größeres Bewerberfeld lasse die autonome Entscheidung des Gremiums unberührt und diene eher dem Pluralismus. Wieso eine Nichtausschreibung der Demokratie dienen soll, bleibe ein Rätsel, weil die Transparenz, die durch das Verfahren der Bestenauslese sichergestellt wird, gerade ein Strukturelement des demokratischen Rechtsstaats sei.
Der Fall Marc Jan Eumann
Das eingebettete Video ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz; http://creativecommons.org/licenses/b….
28. Februar 2018
Das Verwaltungsgericht Neustadt/Weinstraße hat mit heutigem Beschluss nach zwei Monaten meinen Eilantrag abgelehnt. Herr Dr. Eumann darf sich daher vorläufig wieder gratulieren lassen.
Nach Rechtsauffassung des VG Neustadt soll Art. 33 Abs. 2 GG nicht einschlägig sein, weil die Wahl in der alleinigen Verantwortung des pluralistischen Gremiums, der LMK-Versammlung liege. Die Stärkung des demokratischen Elements lasse die Bedeutung des Art. 33 Abs. 2 GG zurücktreten.
Wirklich überzeugt hat mich der Beschluss nicht. Es ist zwar richtig, dass das rundfunkrechtliche Gebot der Staatsferne und die pluralistische Zusammensetzung der LMK-Versammlung geeignet sind, der Versammlung einen weiten Spielraum bei der Kandidatenauswahl zuzugestehen. Der entscheidende Makel des Verfahrens besteht aber darin, dass mangels Ausschreibung der Bewerberkreis von vornherein verengt worden ist: Das ist gerade aufgrund des Gebots der Staatsferne bedenklich, denn dadurch wird der böse Schein der Ämterpatronage erweckt.
Auch die erstaunlichen Unregelmäßigkeiten sollen hieran nichts ändern. So stört es nicht, dass über die angebliche „Unzulässigkeit“ meiner angeblich zu späten Bewerbung die (nach Geschäftsordnung nicht für eigene Entscheidungen befugte) „Findungskommission“ entschieden hatte, weil die Versammlung die Verkündung nicht beanstandet hätte. Das soll als Konsens ausreichen. Auch soll es unerheblich sein, dass die Findungskommission ihre Legitimation aus der siebten Amtsperiode bezog, obwohl die Wahl in die achte Amtsperiode fiel.
In Wirklichkeit allerdings war der Versammlung nicht einmal ein „Beschluss“ der Findungskommission mitgeteilt worden (der auch nicht einstimmig war), sondern man hat en passent mitgeteilt, dass die Bewerbungen „verspätet“ seien – obwohl es keine Fristen gab, die hätten beachtet werde können. Die Findungskommission widerum war durch eine als „vertraulich“ gekennzeichnete Beschlussvorlage vom Stellvertretenden LMK-Direktor Herrn Zehe mit hanebüchenen Rechtsauffassungen manipuliert worden. Dass dieser damit auf die Wahl seines künftigen Chefs und im Ergebnis auch auf seine Wiederwahl Einfluss nahm, geht offenbar auch durch.
In dem Beschluss sagt das Gericht also sinngemäß, dass die Beteiligten Narrenfreiheit hatten. Davon macht man offenbar auch reichlich Gebrauch. Lustig liest sich etwa die gerichtliche Bewertung einer Äußerung des geschätzten Herrn Dr. Braun, deren Sinn sich schwer erschließen lasse.
Der kostspielige Antrag war mir die Sache aber wert, denn auf anderem Weg wäre ich nie in den Besitz der höchst unerhaltsamen Akte über dieses mehr als fadenscheinige Verfahren gekommen. Die Akte ist ein Offenbarungseid an Unprofessionalität und Mauschelei. Während mir für meine Bewerbung künstliche Formalitäten in den Weg gelegt wurden, hatte Herr Dr. Eumann nicht einmal eine Bewerbung geschickt. In der Akte gibt es von ihm keinerlei Papiere, nicht einmal ein polizeiliches Führungszeugnis.
Ich habe nun zwei Wochen Zeit, um ggf. eine Instanz weiter zu gehen.
Verwaltungsgericht Neustadt, Beschluss vom 28.02.2018 – 5 L 1378/17.NW
Dr. Bernhard Braun von den Grünen Rheinland-Pfalz ist nicht nur Fraktionsvorsitzender und vormaliger Stellvertretender Landtagspräsident, sondern auch Stellvertretender Vorsitzender der Versammlung der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK). Diese zu 1/3 aus Landtagsabgeordneten und zu 2/3 aus angeblich nicht parteipolitisch gesteuerten Vertretern der Gesellschaft zusammengesetzte Versammlung wacht über den privaten Rundfunk und ist für die Wahl des Direktors der LMK verantwortlich. Federführend ist der Hauptausschuss, dem neun Versammlungsmitglieder angehören, darunter auch mein geheimer Verbündeter Dr. Bernhard Braun.
In der Landtagsdebatte vom 13.12.2017 wurde bestritten, dass die 2/3 Vertreter von Kirchen, Gewerkschaften, Verbänden usw. in Wirklichkeit doch parteipolitisch eingenordet sind („Freundeskreise“). So hielt sich der FDP-Mann Steven Wink an das Narrativ, sprach von „Verschwörungstherioen“ und referierte artig:
Ich möchte noch einmal einen Überblick geben, weil hier Vorwürfe kamen: SPD-gesteuert, der rote Filz. Die Versammlung der LMK besteht aus 42 Mitgliedern. Sieben davon sind Mitglieder des Landtags Rheinland-Pfalz. Wir haben hier – die Mitglieder der Versammlung kennen die Zusammensetzung, aber uns ist es wichtig, sie für die Öffentlichkeit zu benennen, um das Bild zu vervollständigen –Vertreter aus den kommunalen Spitzenverbänden, Kirchen, Gewerkschaften, LVU, Kammern, Bauernverbände, Einzelhandelsverband, Verleger, Journalistenvertreter, Mitglieder der freien Berufe, Landeselternbeirat, Landesfrauenbeirat, Familienverbände, Landessportbund, Beirat für Weiterbildung, Verbraucherzentrale, BUND, Kinderschutzbund, Stiftung Lesen, die LIGA, Landesfachbeirat für Seniorenpolitik, Verband Deutscher Sinti, Mitglieder der Kunst- und Kulturbereiche,
(Zwischenruf Abg. Julia Klöckner, CDU: Auch so gehen die fünf Minuten rum!)
Verbände aus dem Bereich der behinderten Menschen. Hier zu sagen, dass überall politischer Filz darüber liegt, und somit der gesamten Versammlung diesen Vorwurf zu machen, ist nicht in Ordnung. Es ist hier wichtig, noch einmal die gesamte Zusammensetzung zu nennen, damit nicht der Eindruck entsteht – so, wie es heute versucht wird –, es wurde sich ein paar Mal im Hinterzimmer zum Bier getroffen, und man hat dort alles besprochen und gesagt, der Mann wird’s jetzt, los geht’s; denn in der Versammlung werden die Belange der meisten Gesellschaftsgruppen durch 35 Mitglieder, die nicht aus der Politik kommen, vertreten.
Außerdem hatte man sich darauf verständigt, dass die Zusammensetzung jener Findungskommission, die einen neuen Direktor ausklüngeln sollte, als Staatsgeheimnis behandelt würde. Whistleblower Dr. Bernhard Braun aber enthüllte direkt nach seinem Koalitionspartner die geheimen Gepflogenheiten und verriet sogar Hintergründe zur hochgeheimen Findungskommission:
Sie [Herr Dötsch] sind aber Mitglied eines Freundeskreises, in dem das diskutiert wird. Die Findungskommission besteht zur Hälfte – ich nenne es einmal so – aus dem kirchlichen und gewerkschaftlichen Freundeskreis und wird zur Hälfte von der CDU mitbestimmt. Diese Findungskommission hat empfohlen, einen Kandidaten einzuladen und anzuhören, der sich dann zur Wahl stellt.
In der Landtagsdebatte am 24.01.2018 legte Whistleblower Dr. Bernhard Braun noch einmal. So zitierte er – wie wir heute wissen – aus einer als „vertraulich“(!) gekennzeichneten Beschlussempfehlung des Stellvertretenden LMK-Direktors Herrn Zehe, welche (grottenfalschen) Rechtsbehauptungen dieser Jurist der Findungskommission auftischte:
Ich wäre auch sehr offen für eine Anhörung aller, die sich beworben haben, gewesen. Uns wurde gesagt – und Sie waren dabei, Herr Dötsch, oder zumindest Menschen aus Ihrer Partei –, nachdem die LMK, die Versammlung, beschlossen habe, diese eine Bewerbung zu nehmen und dann auch den Vorschlag zu übernehmen, dass sich nur einer vorstellt, könne man es nun hinterher nicht mehr ändern, weil es sonst rechtliche Schwierigkeiten geben würde. So wurde uns das dargestellt.
In dieser vertraulichen Beschlussvorlage wurde die Entscheidung, weitere Bewerber auszuschließen, allen Ernstes mit dem „Gleichheitsgrundsatz“ begründet. Obwohl keinerlei Fristen beschlossen oder kommuniziert waren, sollte der Kandidat Herr Dr. Eumann Vertrauensschutz dafür genießen, einziger Kandidat in einer demokratischen Wahl zu sein – wegen dem Gleichheitsgrundsatz …
In meinem Rechtsstreit am Verwaltungsgericht Neustadt hat die LMK eifrig versucht, mir die Akteneinsicht zu sabotieren. Doch als das Oberverwaltungsgericht Koblenz die Rechtswegfrage geklärt hatte, erhielt ich vorletzte Woche Akteneinsicht. Mir liegen alle Protokolle vor, auch die aus dem jeweils nicht öffentlichen Teil, die der hochgeheimen Findungskommission und sogar auch die „vertrauliche“ Beschlussvorlage.
Zur Tarnung unserer geheimen Freundschaft hat Herr Dr. Braun mich übrigens im Landtag verspottet. Also ich finde, die jährlich knapp 6.000,- € plus Fahrtkosten, die der MdL Herr Dr. Braun für diese Nebentätigkeit (neben neun weiteren) bekommt, sind gut angelegt! ;)
Diese Woche wird das Verwaltungsgericht über meinen Eilantrag entscheiden.
UPDATE: FAZ: Medienpostenklüngel : Jetzt wird es amtlich
27. Februar 2018
Heute hat der BGH ein wichtiges Urteil zur Störerhaftung verkündet. Den Betreiber einer Suchmaschine treffen erst dann spezifische Verhaltenspflichten, wenn er durch einen konkreten Hinweis Kenntnis von einer offensichtlichen und auf den ersten Blick klar erkennbaren Rechtsverletzung erlangt hat.
-> Pressemitteilung zu BGH, Urteil vom 27. Februar 2018 – VI ZR 489/16
Im vom BGH entschiedenen Fall bestand kein Haftungsfall, da die Voraussetzungen nicht vorlagen. Einen solchen Unterlassunganspruch habe ich jedoch neulich am OLG Köln durchgesetzt, wo die Suchmaschine über Jahre hinweg über meinen Mandanten ein wirklich furchtbares Suchergebnis zynisch weiter verbreitete, das ihn sozial und wirtschaftlich erledigte. Google hat selbst während des Prozesses keinen Anlass gesehen, das widerwärtige Ergebnis zu löschen.
Das OLG Köln hat nicht nur das unter Google.de ausgeworfene Suchergebnis untersagt, sondern auch einen entsprechenden Redirect von Google.com. Der Fall wird vorraussichtich ebenfalls vor dem BGH landen, auch deshalb, weil das OLG Köln eine neue Fallgruppe eröffnet hat:
Im Fall meines Mandanten war nämlich nicht die verlinkte Seite rechtswidrig, sondern der von Google aus Suchergebnis-Zeile und Snippet zusammengepuzzlete Eindruck. So wurde mein Mandant mit einer Straftat in Verbindung gebracht, nur weil dessen Name in anderem Zusammenhang im 56. Leserkommentar eines Blogbeitrags auftauchte.
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23. Februar 2018
Die letzten Wochen zog der Beck-Verlag mir wieder nur so das Geld aus der Tasche. Für vertiefte Rezensionen fehlt mir leider die Zeit, hier aber einige Stichproben aus den Neuzugängen im medienrechtlichen Bücherschrank:
- Spindler/Schmitz: Telemediengesetz mit Netzwerkdurchsetzungsgesetz, 2. Aufl. 2018, 99,- €
Mit dem NetzDG gibt es zwar noch keine Erfahrung oder gar Urteile hierzu, um so wichtiger ist natürlich die Einschätzung der Lehre. Prof. Liesching fiel die Aufgabe zu, mit dem NetzDG ein Gesetz zu kommentieren, dessen Verfassungsmäßigkeit und Europarechtskonformität er (wie die meisten anderen Fachleute auch) herzlich bezweifelt.
Stichprobe: Zur praktisch bedeutsamen Frage, wie sich die jüngsten Änderungen des TMG zur Störerhaftung für Privatleute mit WLAN auswirken, gibt Spindler einen knappen, aber prägnanten Überblick.
- Koreng/Lachenmann: Formularhandbuch Datenschutzrecht, 2. Aufl. 2018, 129- €
Wenn im Mai die Datenschutzgrundverordnung endgültig scharf geschaltet wird und selbst bei Experten große Rechtsunsicherheit besteht, haben Abmahnanwälte Konjunktur. Soweit mir bekannt, handelt es sich um die erste Formularsammlung zur DSGVO. Der geschätzte Kollege Koreng wird wohl jetzt steinreich werden …
Stichprobe: Die knappen, aber prägnanten Ausführungen Thema Datenschutzerklärung sollte man gelesen haben.
- Binder/Vesting: Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 4. Aufl. 2018, 239,- €
Pflichtlektüre für alle, die Landesmediendirektor werden wollen … ;)
Stichprobe: Bei der für Zivilrechtler relevanten Frage, ob ein Blog Gegendarstellungspflichten nach §§ 56, 54 RfStV auslösen kann, war dem Bearbeiter offenbar nicht die Sicht der Landgerichte Hamburg und Berlin bzw. Kammergericht bekannt, die § 56 RfStV für anwendbar halten.
- Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann: ZPO, 76. Auffl. 2018
Medienrecht ist zur Hälfte Zivilprozessrecht, so dass auch dieser Standardjahreskommentar nicht fehlen darf. Das große Verkaufsargument der Neuauflage, auch die neuen Regeln zum beA zu kommentieren, hat sich allerdings vorerst erledigt … ;)
- Mes: Münchener Prozessformularbuch Gewerblicher Rechtsschutz, Urheber- und Presserecht, 5. Auflage 2018, 179,- €.
Handwerkszeug.
- Köhler/Bornkamm/Feddersen: Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb, 36. Aufl. 2018, 179,- €.
Standard-Jahreskommentar zum UWG.
- Seitz: Der Gegendarstellungsanspruch, 5. Aufl. 2017
Wer beim anspruchsvollsten aller Anträge nicht jede Erfahrung selber machen möchte, wird um Seitz kaum herumkommen.
Stichprobe: Leider auch unergiebig für die Frage, ob ein Blog Gegendarstellungspflichten nach §§ 56, 54 RfStV auslösen kann.
- Limper: Entertainmentrecht – Das Recht der Unterhaltungsindustrie unter Berücksichtigung der Medienkonvergenz, 1. Aufl. 2017, 59,-€
Fächerübergreifende Darstellung der Rechtsbeziehungen von Künstlern und Verwertern etc..
Stichprobe: Obwohl es überwiegend um Vertragsrecht geht, enthält das Buch nur einen Mustervertrag (Sportlervertrag).
- Limper/Musiol: Handbuch des Fachanwalts Urheber- und Medienrecht, 2. Aufl. 2017, 178,- €.
Stichprobe: Jedenfalls beim Presserecht eher Ausbildungsliteratur als Fundgrube.
Angekündigt:
- Sparen werde ich mir die angekündigte zweite Auflage von Götting/Schertz/Seitz: Handbuch Persönlichkeitsrecht, 2018, 188,- €, denn die Erstauflage erwies sich als eher akademisch denn als ein „Handbuch“. Stattdessen empfehle ich Praktikern Korte: Die Praxis des Presserechts, 1. Aufl. 2014, 49,- €, sowie den Abschnitt zum Persönlichkeitsrecht im jeweils aktuellen Palandt.
- Cepl/Voß: Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz – ZPO mit spezieller Berücksichtigung des Marken-, Patent-, Design-, Urheber- und Lauterkeitsrechts sowie des UKlaG, 2. Aufl 2018, 199,- €.
Ein praktisches Werk, das es schon viel früher hätte geben sollen. Leider hat sich der Erscheinungstermin für die Zweitauflage um zwei Monate verzögert.
- Nach drei Jahren ist die 6. Auflage des Dreier/Schulze: Urheberrecht angekündigt. Auf den Zuwachs zur bereits jetzt ausgiebigen Kommentierung zu § 97a UrhG bin ich schon gespannt, nachdem Schricker letztes Jahr nicht allzuviel hierzu bot. Mal sehen, ob wir etwas über die Rechtsprechung zu Creative Commons lesen werden.
6. Februar 2018
Seit etwa sieben Jahren versenden diverse Fotografen Forderungsschreiben, in denen sie horrende Beträge fordern, weil ihre unter kostenlose Creative Commons-Lizenzen gestellte Lichtbilder von Nutzern nicht oder nicht hinreichend benannt werden. Angeblich wäre ihnen dadurch ein ersatzfähiger Schaden entstanden.
Bereits 2014 hatte ich am Berliner Kammergericht durchgesetzt, dass man dieses Geschäftsmodell „Abzocken“ nennen darf. Wenn solche Fälle allerdings tatsächlich mal vor Gericht landen, lassen sich die Abmahnopfer meistens zu einem Vergleich breitschlagen.
In den letzten zwei Jahren haben allerdings ca. 30 Abmahnopfer sog. „negative Feststellungsklagen“ gegen solche Forderungen erhoben. Seither habe ich diverse Gerichtsstände durchgetestet und etwa Herrn Wolf bzw. seine Anwälte nach Köln, Mannheim, Frankfurt, München, Hannover, Koblenz und Berlin gebeten. Inzwischen ist die Saat aufgegangen: Manche Gerichte erkennen zwar einen Bruchteil dieser Forderungen an, inzwischen aber folgen mir die meisten Richter und weisen die vermeintlichen Ansprüche vollends zurück.
Der persönlich sehr sympathische, geschäftlich aber nicht ganz so freundliche Herr Thomas Wolf – TW Photomedia – behauptet zwar in seinen Anschreiben, das Amtsgericht Köln hätte ihm leztes Jahr 367,- € für ein Bild zugstanden. Letzten Sommer hat dieser Richter seine Ansicht in gleichgelagerten Fällen jedoch geändert und will wie seine Kollegen gerade einmal einen Hunni anerkennen. Derzeit ist am OLG Köln eine Revision anhängig, in der wir Herrn Wolf auch noch die lezten 100,- € streitig machen. 2016 hatte der Senat in einem viel zitierten PKH-Beschluss in dieser Sache anklingen lassen, dass 0 x 0,- € = 0,- € sei.
Auch an Herrn Wolfs eigenem Gerichtsstand, dem Amtsgericht Würzburg, hat sich nunmehr in einer Serie an Urteilen meine Rechtsauffassung durchgesetzt, dass solche Forderungen zur Gänze unbegründet sind. Während 0,- €-Urteile der Amtsgerichte Hannover und Düsseldorf inzwischen rechtskräftig sind, wird sich mit den Würzburger Judikaten noch das Landgericht Nürnberg-Fürth befassen.
Auch ein 0,- €-Urteil des Amtsgerichts Koblenz muss in die Verlängerung, und zwar zum Landgericht Frankenthal, das bislang in der Wikipedia noch kein Foto bekommen hat. Gebäudefotografie ist allerdings genau die Spezialität von Herrn Wolf. Vielleicht nimmt er ja mal die Kamera zum nächsten Gerichtstermin mit … ;)
admin •
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