25. September 2013
Kommendes Jahr wird das Europaparlament neu gewählt – der für Netzpolitik wichtigste Schauplatz. Während der deutsche Gesetzgeber nur in sehr engen Grenzen am Urheberrecht etc. rumschrauben darf, nämlich innerhalb der EU-Richtlinien, werden ebendiese in Straßburg verhandelt. Es ist daher von großer Wichtigkeit, dass neben den ganzen Lobbyisten auch Netzthemen in Straßburg angemessen vertreten werden.
Dazu benötigen wir eine Partei, welche die Priorität auf die Netzpolitik legt und der die Autorität zugebilligt wird, für möglichst die ganze Netzgemeinde (TM) zu sprechen. Die tatsächlichen deutschen Netzbewohner dürften ein ähnliches Spektrum aufweisen wie das, welches uns die jüngste Bundestagswahl aufgezeigt hat. Auch in den anderen europäischen Staaten werden sich die dortigen Netzbewohner nicht auf eine bestimmte Strömung reduzieren lassen. Es macht daher wenig Sinn, nur einen bestimmten Ausschnitt der politischen Farbenlehre anzusprechen und damit umgekehrt 90% der möglichen Wähler auszuschließen.
Die Piraten werden sich Gedanken machen müssen, ob sie diese dringend benötigte Netzpartei sein wollen, oder ob sie weiterhin bereits vorhandene Parteien kopieren und diesen damit sogar das Wasser abgraben wollen.
22. September 2013
Die Piratenpartei hat sich im Vergleich zur Bundestagswahl 2009 um 0,2 % gesteigert, wobei aufgrund der höheren Wahlbeteiligung der Stimmenzuwachs noch höher liegt. Insgesamt haben uns eine Million Menschen ihr wertvollstes demokratisches Recht anvertraut. (UPDATE: 958.507.)
Am heutigen Wahlabend ärgern sich vermutlich alle anderen Parteien, dass ihnen genau die 2,2 % der Stimmen fehlen. FDP und dieses alberne Gebilde hätten gerne 0,2 % davon abgehabt. Die Grünen und die Linkspartei liegen nunmehr gleichauf – beide wären jeweils mit unseren Stimmen zweistellig, was insbesondere bei der Linkspartei die v0n der SPD versagte Autorität hätte erhöhen können. Zwischen den Blöcken CDU/CSU und rot-rot-schwarz fehlen diese von uns gekaperten 2,2 % schmerzlich, die übrigens beinahe ein Zehntel der Volkspartei SPD ausmachen.
Wie schon 2009 fragen sich die Wahlstrategen, wie sie ihre Prozente von uns wieder zurück kriegen. Und wie schon beim Zensursula-Gesetz und bei ACTA werden die sich Gedanken machen müssen, wie man uns die Themen wieder entzieht. Nicht ganz zufällig etwa beeilte man sich letzten Freitag, dass Anti-Abzock-Gesetz endlich durch den Bundesrat zu bringen, welches das Kostenrisiko von uns so verhassten Filesharing-Abmahnungen deutlich reduziert. Wir waren insoweit mächtiger als die Lobbyisten der Musikindustrie, denen die rot-schwarze Koalition gefällig gewesen war.
Ob wir im Bundestag sitzen, oder ob wir sie von außen da kneifen, wo es sie am meisten weh tut, nämlich bei ihrem Machtanspruch, ist zweitrangig: Wir werden den Lebensraum Internet auch weiterhin verteidigen. Die 2,2 % Stimmen waren es wert.
Zu begrüßen ist ferner, dass es weder der FDP, noch den Deutschtümlern gelungen ist, mit massiven finanziellen Mitteln die 5%-Hürde zu knacken. Insbesondere bei der FDP haben die Leute sich von der dreistesten Kampagne nicht beeindrucken lassen, die ich je in einem Wahlkampf gesehen habe.
Der Partei Die PARTEI gratuliere ich zu 0,2 % der Wählerstimmen, was ebenfalls eine Steigerung um 0,2 % ausmacht. Auch die hätte die FDP gut brauchen können … ;)
21. September 2013
(Juli 2013, Demo gegen Prism in Frankfurt/Main)
Piraten!
Wenn morgen die Stimmen der Piraten ausgezählt werden, sind diese in erster Linie euer Verdienst. Die Leute wählen, weil ihr sie mit großem Enthusiasmus in den Fußgängerzonen überzeugt habt. Man wird uns nicht aus dumpfem Protest, nicht aus Taktik, nicht als Resultat einer teuer orchestrierten PR-Kampagne, nicht aus religiöser Verbundenheit und auch nicht wegen einer Präsenz in den Medien wählen. Anders als 2012 fanden wir in der Öffentlichkeit in diesem Wahlkampf praktisch gar nicht statt. Über die Gründe wird zu reden sein.
Wir waren schon einmal eine Partei ohne Lobby. Wir haben 2009 als nahezu unbekannte Partei auf der Straße gestanden, um für das einzutreten, was wir bedroht sahen: Die Freiheit des sozialen Raums Internet, dessen Potential die etablierten Parteien erst verschlafen hatten und dann das „Neuland“ kollektiv weltfremd bekämpften. CDU, SPD und die unzuverlässigen Grünen hatten sich unwählbar gemacht, die FDP war es aus anderen Gründen schon immer, und auch die Linkspartei liegt nun einmal nicht jedem.
Wir hatten die Politiker da gekniffen, wo es sie am meisten weh tat, nämlich bei den Wählerstimmen. Durch unseren außerparlamentarischen Protest haben wir die Netzsperren und sogar ACTA(!) gekippt. Das sind die Gründe, warum ich dieser Partei auch in schwierigen Zeiten die Treue halte, denn eine solche Kraft wird im politischen Spektrum nach wie vor gebraucht. Mit Datenschutz, Privatsphäre und Urheberrecht sind die anderen Parteien überfordert.
Ob wir uns einen Gefallen damit getan haben, unsere Kernthemen zu verlassen und uns ein Vollprogramm zu geben, wird unterschiedlich beurteilt. So gut unser Programm auch sein mag, so habe ich nicht verstanden, warum wir derzeit vor allem mit Themen werben, die auch andere, wesentlich stärker organisierte Parteien anbieten, und warum wir das Korruptionsthema nicht deutlicher kommunizierten. Mir waren vor allem unsere Kernthemen wichtig, und für diese hatte ich die Ehre, als Kandidat in diesem Wahlkampf einzutreten. Urheberrecht spielte in diesem Wahlkampf allerdings keine Rolle. Erstaunlicherweise wollte selbst während der NSA-Affäre über Geheimdienste niemand etwas von mir in meiner Eigenschaft als Pirat hören, obwohl ich mich mit diesen Organisationen seit einem Jahrzehnt ausgiebig befasse und in Experten- und Hackerkreisen gut vernetzt bin. Ohne die Partnerschaft mit den Medien war es für eine finanziell schwache Partei nicht möglich, den Leuten in der Breite zu kommunizieren, dass Überwachung und Datenschutz wichtige Themen sind. Wenig überraschend waren den Medien Köpfe wichtiger als Themen.
Ich danke jedem Wahlkämpfer, der sich nicht entmutigen ließ. Ich danke vor allem Katharina Nocun, dass sie gerade in schwierigen Zeiten nach vorne gegangen ist und mit beeindruckendem Enthusiasmus für die Sache eintrat. Ich danke insbesondere der NRW-Kandidatin Melanie Kalkowski, die leider in diesem Wahlkampf viel zu wenig in den Medien war, obwohl sie ihre Sache fantastisch gemacht hat. Ich danke speziell auch besonders meinem Kollegen Udo Vetter, der die Piraten exzellent vertreten hat. Ebenfalls danke ich Anke Domscheit-Berg, die trotz ihres aussichtslosen Listenplatzes im Flächenland Brandenburg einen beispiellosen Wahlkampf geboten und in den Medien das Kernthema Open Government kommuniziert hat. Ich danke auch Bruno Kramm, der Urheberrecht in den Medien besser darstellen konnte, als es uns Anwälten möglich gewesen wäre, und stets ein verlässlicher Partner war.
Ich danke für die nachhaltige Unterstützung auch den Piraten in Münster, die sich in den letzten Wochen keine Pause gegönnt haben. Sebastian Kroos und unsere Direktkandidatin Sasa Raber haben mich schwer beeindruckt.
Besonders danken möchte ich der Münsteraner Piratin Marina Weisband, welche für die positive Wahrnehmung der Piraten vermutlich mehr bewirkt hat, als alle anderen Piraten zusammen.
19. September 2013
Die taz hat erfolgreich die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung abgemahnt. Dort hatte man berichtet, die taz-Chefin habe einen Text über die pädophile Vergangenheit der Grünen nicht gedruckt, weil er dieser zu steil gewesen sei. Daher habe die FASZ den Beitrag verbreitet.
Die taz machte jedoch geltend, der Text habe zum damaligen Zeitpunkt handwerkliche Mängel aufgewiesen; in der von der FASZ gedruckten Form hätte man ihn auch gebracht, was sie inzwischen auch getan hat. Der FAZ-Verlag hat sich der Abmahnung unterworfen. Die taz ist mit juristischen Aktionen eher zurückhaltend, allerdings hat ihr der offenbar ungerechtfertigte Vorwurf der vermeintlichen „Zensur“ geschadet.
Weil es im Wahlkampf natürlich schmutzig zugehen muss, wurden neulich noch mal schnell Vorwürfe gegen eine FDP-Politikerin und nunmehr auch gegen einen SPD-Politiker erhoben, die seinerzeit entsprechende Toleranz für Pädophilie bekundet hatten. Die Betreffenden haben diese Äußerungen heute sofort als Fehler eingestanden. Die FDP-Politikerin trat von ihrer Kandidatur zurück. Der heutige SPD-Politiker, der 1980 als „Jungdemokrat“ in der damaligen Jugendorganisation der FDP einen Beschluss für „freiwillige und einvernehmliche Sexualität“ mitgetragen hatte, bedauerte seinen „Unsinn“. Er hatte auf eine 1982 erfolgte Korrektur gedrängt und war schließlich ausgetreten.
In den 70er und 80er Jahren, als man vieles in der Gesellschaft enttabuisierte und bei Verweigerung als Spießer galt, wurden etwa in der Psychologie etliche Schnapsideen vertreten, die den Fakultäten heute peinlich sind. Demgegenüber war Kindesmissbrauch ein Tabu-Thema, dessen Ausmaß lange unterschätzt wurde. Allerdings war die Problematik durchaus nicht unbekannt, und das, was etwa (der aktuell nicht zur Wahl stehende) Daniel Cohn-Bendit zu Papier brachte, war auch nach damaligen Maßstäben ein Fall für den Staatsanwalt. Es wäre sinnvoll gewesen, dieses gesamte Kapitel lange vor dem Wahlkampf schonungslos aufzuarbeiten.
Wenn nun aber politische Parteien versuchen, aus diesen alten Verwirrungen Kapital zu schlagen, ist das mindestens unappetitlich. Was die Christdemokraten betrifft, so waren sie beim Missbrauchsskandal der Katholischen Kirche viel zu zurückhaltend, um moralische Glaubwürdigkeit beanspruchen zu dürfen. Die Tatsache, dass das Gehalt von Bischöfen, die über ihre Nächstenliebe nicht Rechenschaft ablegen, noch immer aus der (von der Kirchensteuer unabhängigen) Staatskasse finanziert wird, wäre allerdings schon ein politisches Thema.
10. September 2013
Als Mitglied des Bundesschiedsgerichts der Piratenpartei schaue ich ja ab und an mal zu den Kollegen bei den Mitbewerbern. Viel Spaß hatte offenbar das Schiedsgericht der SPD:
- Der frühere SPD-Sprecher und Hamburger SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Bülent Ciftlik hatte nach einer erstinstanzlichen, jedoch nicht rechtskräftigen Verurteilung wegen Vermittlung einer Scheinehe die SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft verlassen. Die Sozen hatten ihn daraufhin rausgeworfen. Dem Spezialdemokraten werden derzeit vor dem Landgericht Hamburg neun Straftaten vorgeworfen, darunter Anstiftung zur Urkundenfälschung und zur Falschaussage. Gegen seinen Parteiausschluss ging der Hamburger vor dem Berliner Kammergericht erfolgreich vor.
- Raus aus der Genossenschaft ist jetzt der Bremer Abgeordnete Martin Korol. Der begnadete Troll wusste über Sinti und Roma zu berichten, dass diese „sozial und intellektuell“ noch „im Mittelalter“ lebten. Die Männer hätten „keine Hemmungen, die Kinder zum Anschaffen statt zur Schule zu schicken und ihren Frauen die Zähne auszuschlagen.“ Korol versteht seinen Parteiausschluss nicht und verweist auf den ebenso peinlichen, politisch aber besser vernetzten Theo Sarrazin. Auch Beobachter registrieren ungleiche Maßstäbe.
- Im dritten Anlauf hatte es der Münsterländische Sozialdemokrat Frank Hemelt endlich geschafft, von den NRW-Sozen ausgeschlossen zu werden. Die Gründe sollen bald genannt werden. Als guter Troll hat Hemelt standesgemäß angekündigt, gegen das Urteil vorzugehen.
- Angezählt ist der Frankfurter Bundestagskandidat Michael Paris, der eigenmächtig im östlichen Bundestagswahlkreis antrat und sich mit diesem Schachzug unbeliebt machte.
Doch all diese Fälle bergen nicht annähernd die Fallhöhe eines Siegfried Kauder, den die CDU gerade mit Segen des Bruders sowie des Schäubles loswerden will. Die vormalige CSU-Dame Gabriele Pauli („fesche Landrätin“) will das Drama ihres Rausschmisses in einem Buch verarbeiten. Offenbar keinen Grund zurm Ausschluss sieht man bei Erika Steinbach – sie wäre ein guter Grund zum Austritt.
Den originellsten Grund für halbwegs unfreiwilliges Verlassen einer Partei lieferte der Neuburger Ex-Freidemokrat Bernd Sandner. Der gute Mann hatte für die Mitbewerberin DIE PARTEI kollegial Unterschriften gesammelt, was man bei der FDP nicht witzig fand. Sandner, ursprünglich ein Grüner, kam einem Ausschluss zuvor und erklärte seinen Austritt auf Briefpapier der PARTEI.
Auch die Newcomerin AfD sammelt gerade Erfahrung mit Parteiausschlussverfahren. So möchte man sich von Peter von Wolffersdorff trennen, der auf Listenplatz 3 antritt. Der Politiker hatte bei seiner Nominierung nicht nur frühere Parteimitgliedschaften verschwiegen, sondern offenbar auch eine Vorstrafe wegen Betrugs. Aufgrund einer Adoption hatte er den wohlklingenden Namen Peter von Wolffersdorff angenommen und war beim Bundesschiedsgericht der Piratenpartei einer unserer liebsten Dauerkunden geworden, bis er ein Einsehen hatte und die Piraten freiwillig in die „Bad Party“ verließ. (Korrektur: Herr von Wolffersdorf ist nicht mit Herrn Georg Metz identisch, der auf Listenplatz 2 antritt.)
Wenig los beim Parteiverlassen scheint gerade bei den Grünen zu sein. Vor zwei Jahren konnte es in NRW gefährlich werden, wenn man eigenwillige Vorstellungen von Körperhygiene hatte. Allerdings ist Politik nun einmal ein schmutziges Geschäft.
9. September 2013
Letzten Samstag trafen sich rund 10.000 Menschen in Berlin, um gegen den Überwachungswahn zu protestieren. Während Grüne und Die Linke (und lästigerweise auch eine verlorene Abordnung der JuLis) Flagge gegen die Massenbespitzelung zeigten, fehlten CDU und SPD unentschuldigt. Man will sich ja später in der großen Koalition nicht unglaubwürdig machen.
Auf der „Freiheit statt Angst“-Demo waren die überwiegenden Beiträge thematisch und kreativ. Allerdings sah sich insbesondere die Piratenpartei gefordert, ihre Präsenz zu kommunizieren, denn andernfalls hätten die Zeitungen ebendiese vermisst. Tatsächlich etwa schrieb die ZEIT von „einigen Piratenfahnen“, obwohl die meisten Beobachter wohl eher viele solche wahrgenommen hatten. An dem Fahnenmeer störten sich etliche Nicht-Piraten, denen der Protest nicht intellektuell genug sein konnte. Allen wird man es wohl nie recht machen können. Auf jede Piratenfahne kam allerdings mindestens eine kreative Aktion.
Befremdlich finde ich allerdings die Nachlese, die heute in einigen Blogs zu lesen war. So sei die Veranstaltung bisweilen „antiamerikanistisch“ gewesen. Nun habe ich nicht alle Redebeiträge gehört und nicht jedes Plakat abgenommen, aber mir scheint da eher ein kommunikatives Defizit auf Empfängerseite vorzuliegen:
Wenn ein Redner forderte, Deutschland solle nicht länger ein „Vasallenstaat“ der USA sein, so bezog er sich auf ein Zitat des US-Beraters Zbigniew Brzeziński, der in seinem Buch „Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft“ die Verbündeten der USA gönnerhaft als „Vasallenstaaten“ bezeichnet und das ernst meint. Das Vorwort steuerte sein Kumpel, der vormalige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher bei, der offenbar gerne Vasallenstaatler war.
Andere Redner betonten, dass wir nicht der 51. Bundeststaat der USA seien und dass man einander auf Augenhöhe begegnen solle – was nun einmal im geheimdienstlichen und militärischen Bereich nicht der Fall ist. Wie man in diesem Befund „Antiamerikanismus“ hineindeuten könnte, übersteigt ein bisschen meine Fantasie. Wenn allerdings die NSA hierzulande die Gastfreundschaft in unfassbarem Maße verletzt, die CIA in Pakistan Zivilisten mit Drohnen abschießt, die US-Streitkräfte fremde Länder nach Gusto bombardieren und Soldaten ungestraft davonkommen, wenn sie Passanten mit dem Maschinengewehr aus dem Helikopter abschießen, und sich dann für eine Anerkenntnis des internationalen Gerichtshofs in den Haag zu schade sind, dann darf man ab und an schon mal ein kritisches Wort verlieren. Sogar der Kanzlerin scheint die US-Kriegerei langsam auf den Geist zu gehen.
Wenn die Szene derer, die sich für digitale Bürger- und Menschenrechte einsetzen, sich leichtfertig über subjektive Befindlichkeiten auseinander dividieren lässt und man die gemeinsame Veranstaltung mal eben leichtfertig als „antiamerikanisch“ labelt und anderen Vorschriften machen will, wie sie teilnehmen sollen, dann finde ich das irgendwie schade.
6. September 2013
https://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=o7XrAZFCrao
Für heute hatte ich eigentlich wenigstens von der ZEIT erwartet, dass sie auf den 50. Jahrestag eines ihrer wichtigsten – und erstaunlich aktuellen – Artikels hinweist. Damals hatte die ZEIT mit ihren Enthüllungen die Abhöraffäre in Gang und den Innenminister Hermann Höcherl in Bedrängnis gebracht. Der wiegelte ab wie Pofalla:
„Die Beamten können nicht den ganzen Tag mit dem Grundgesetz unter dem Arm herumlaufen.“
Einen Tag vor der „Freiheit statt Angst“-Demo hätte ein Hinweis auf diesen Enthüllungsartikel gut gepasst.
Alles muss man selber machen.
2009 warben die Veranstalter der Demonstration „Freiheit statt Angst“ mit diesem Trailer. Ein unfassbarer Polizeivorfall auf dieser Demo war damals für mich Anlass, bei den Piraten einzutreten.
Anders als 2009 sind heute die Internetsperren nicht das Thema, sondern das Ausspähen durch die NSA, das die Lebensqualität unseres Lebensraums Internet entscheidend beeinträchtigt. Nachdem der ehrwürdige Chaos Computer Club lange Bedenken hatte, weil er sich parteipolitisch nicht vereinnahmen lassen will, ruft auch diese Institution zur Teilnahme auf.
Wir sehen uns morgen. Berlin, Alexanderplatz. 13 Uhr.
Wer es nicht schafft, kann wenigstens zugucken.
Jedes Jahr treffen sich in Pamplona etliche Vollidioten, um andere Vollidioten zu beeindrucken.
Dieses Bullenrennen war möglicherweise Namensgeber für das NSA-Programm Bullrun, dessen Gefährlichkeit nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Indem wir unsere IT-Infrastruktur mit Produkten aufgebaut haben, die Schadcode der NSA enthalten, haben wir uns wie die Vollidioten in Pamplona selbst in Gefahr gebracht.
Es wird nun langsam Zeit, dem Silicon Valley Lebewohl zu sagen und alternative IT-Umgebungen aufzubauen. Der europäische Stier ist mir lieber als der Bullrun. Dass unsere Politiker weder die Brisanz des Themas noch die Chance für den IT-Standort Europa erkennen, sondern vor angeblichem Antimarikanismus warnen, ist mir unbegreiflich. Was muss eigentlich noch passieren?
UPDATE: Namensgeber dürfte eher die Schlacht am Bull Run im US-Bürgerkrieg gewesen. Der Krieg gegen die eigenen Bürger hat in den USA ja Tradition …
5. September 2013
Am Dienstag waren Udo Vetter, Daniel-Domscheit-Berg und ich zu Gast im Berliner taz-Café, um mit den eigens eingeladenen Hauptstadt-Journalisten und sonstigen Gästen über den BND/NSA-Skandal und die Chancen eines Untersuchungsausschusses zu diskutieren. Mit dem in der Durchsetzung von Bürgerrechten erfahrenen Strafverteidiger Udo Vetter, dem weltbekannten Hacktivisten und IT-Sicherheitsexperten Daniel Domscheit-Berg und meiner Wenigkeit als interessierter, aber belesener Laie in Geheimdienstgeschichte, hatten wir die wesentlichen Felder abgedeckt, die man für so einen Talk braucht.
Das taz-Café war bis auf den letzten Platz besetzt. Wir hatten ein sehr aufmerksames Publikum, das kluge Fragen stellte. Der Talk hat allen Beteiligten großen Spaß gemacht und war uns die Anreise aus NRW jede Sekunde wert. Wir könnten uns gut vorstellen, einen BND/NSA-Untersuchungsausschuss zu leiten. Ähnlich wie beim BER-Ausschuss wären die Piraten praktisch die einzigen, die das ohne Interessenkonflikte könnten.
Während die Gäste sehr interessiert waren und sich durchweg positiv äußerten, hatten die politischen Journalisten in Berlin offenbar Besseres zu tun. Im Axel Springer-Haus auf der gegenüberliegenden Seite war man im Gegenteil in dieser Nacht mit einer Boulevardstory befasst, um die Piraten in den Dreck ziehen. Lediglich das Norwegische Radio interessierte sich für uns. Meine Lieblingsfrage von Journalisten ist übrigens die, warum man denn von den Piraten so wenig zur NSA hört.