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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


10. Mai 2011

Sieg für den Boulevard, aber …

Über den unverschämten Versuch des unglücklichen Herrn Mosley, via Straßburg die Presse zu einer Quasi-Selbstanzeige vor dem Abdruck fragwürdiger Inhalte zu nötigen, hatte ich bereits berichtet. Die Presse freut sich heute einen Ast, dass der Mann, der „deutsche Assistentinnen“ zu schätzen weiß, mit seinem Zensur-Ansinnen gescheitert ist und eine Gelegenheit bietet, die skurrile Story noch einmal aufzutragen. Nicht zu Unrecht weist jedoch Lawblogger Udo Vetter darauf hin, dass pressefeindliche Gerichte aus der Entscheidung durchaus Honig saugen können.

In anderer Sache wird ein Mandant von mir Mosley wohl nach Straßburg folgen – allerdings nicht als Verbieter, sondern als unbequemer Journalist. Derzeit zeichnet sich nämlich in Hamburg eine wirklich skandalträchtige Fehlentscheidung ab, die es Journalisten bald sehr schwer machen dürfte, über ernsthafte Missstände zu berichten. So soll die Berichterstattung über eine einstweilen untersagte Äußerung über ein streitiges Ereignis praktisch deshalb als beweisbedürftiger „Eindruck“ verboten werden, weil der Berichterstatter auf die Existenz von Zeugen hinwies, welche die Äußerung bestätigen. Damit entstehe ein „zwingender Eindruck“, der zu beweisen sei. Leider haben die Hamburger Gerichte keinen Beweis erhoben …

7. Mai 2011

Claudia Pechstein verliert einen Eindruck

In Sachen Doping sind Sportler sehr empfindlich, empfinden häufig Eindrücke als bedrückend. Auch Frau Claudia Pechstein schätzt es nicht, wenn man eindrückt und frönt der Rechtspflege.

Besonders Wissenschaftler, die einen anderen Eindruck als betuchte Kläger gewinnen, verstehen häufig nicht so recht, warum ihre Leistungen in Deutschland der Zensur unterfallen sollen, denn in Artikel 5 Abs. 3 GG steht je eigentlich etwas von Wissenschaftfreiheit. So werden denn auch häufig Doping-Experten in den rechtsfreien Raum 335 B des Landgerichts Hamburg gebeten. Diesmal im Theater: Prof. Dr. Fritz Sörgel, selbst Richter, allerdings im nicht in der Justiz, sondern am Internationalen Sportgerichtshof. Der gestandene Mann ließ sich Pechsteins Schertz jedoch nicht bieten und zeigte Pechstein die Kufe. Selbst der uns so ans Herz gewachsene Vorsitzende zeigte sich beindruckt.

Das Deutschland-Radio (genauer: die von Frau Pechstein ebenfalls angegangene Journalistin Grit Hartmann) schreibt:

Zunächst untersagte die Pressekammer des Hamburger Landgerichts Sörgel diese Äußerung per Einstweiliger Verfügung. Mehr noch: Die Richter verboten sogar, „den Eindruck zu erwecken“, Pechstein habe Dopingmittel genommen oder verbotene Methoden zur Leistungssteigerung angewandt. Das hieß: Man durfte öffentlich nicht sagen, was Sportgerichte festgestellt und auch Schweizer Bundesrichter nicht korrigiert haben. Pechstein triumphierte auf ihrer Homepage: „Die vom Sport selbst geschaffene Gerichtsbarkeit“ möge ja „wegen angeblichen Dopings“ gegen sie entscheiden. Im deutschen Zivilrecht sei dies nicht möglich. Das war mindestens voreilig.

Frau Pechstein hat in Pressekammern gewisse Erfahrungen im Verlieren. Sie war sich neulich nicht einmal zu schade dafür, per Verwaltungsgericht das Bundeskriminalamt zu verklagen (läuft noch), was deshalb interessant ist, weil Eisläuferin Pechstein Polizeihauptmeisterin der Bundespolizei war oder ist. Selbst für Sportblogger fanden ihre Anwälte Zeit und Muße.

3. Mai 2011

Herr Schälike geht in den Knast

Wenn jeden Freitag am Landgericht Hamburg die Pressekammer tagt, findet sich seit ein paar Jahren ein freundlicher, manchem etwas wunderlich anmutender Herr in Saal 335 B ein, und äußert bisweilen bizarre Rechtsauffassungen. Wenn um 9.55 Uhr die Verkündungen der Entscheidungen beginnen, ist der Zuschauerraum praktisch leer. Damit sich dieser Herr nicht so einsam fühlen muss, leistet ihm Herr Schälike jedoch meistens Gesellschaft und hört ihm geduldig zu.

Die Überwachung der Hamburger Pressekammer wird jedoch Freitag kommender Woche unterbrochen werden, da Herr Schälike dann nämlich gegen Mittag eine Ordnungshaft antreten wird.

Der inzwischen strafrechtlich verurteilte Börsenguru Herr Markus Frick hatte ohne vorangegangener Abmahnung am Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung gegen Herrn Schälike erwirkt, die nicht hätte ergehen dürfen, wie das Landgericht das später schriftlich feststellte. Herr Schälike gab trotzdem eine Unterlassungsverpflichtungserklärung. Diesbezüglich konnte Fricks Anwalt wegen angeblichem Verstoß ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,- Euro durchsetzen.

Herr Schälike zahlt natürlich nicht, sondern macht stattdessen fünf Tage Erlebnis-Urlaub in der unweit vom Sievekingplatz befindlichen Haftanstalt Holstenglacis. Diese genießt unter Kennern keinen guten Ruf, doch als Herr Schälike vor über fünf Jahren schon einmal da war, fand er es im Vergleich zum Stasi-Knast dort gar nicht so übel. Er saß übrigens schon damals freiwillig statt Geldzahlung, weil er eine Unterlassungsverfügung des anfangs erwähnten freundlichen Mannes angeblich nicht ausreichend genug beachtet hatte.

Und während die Berliner Promi-Anwälte die Sektkorken für fünf Tage knallen lassen und stolz auf sich sein dürfen, hat Herr Schälike nunmehr Zeit, seine überwiegend gegen diese Anwälte gewonnenen ca. 100 Entscheidungen zu lesen. In die Haft darf er übrigens 240 Zigaretten oder 75 Zigarren oder 125 Zigarillos mitnehmen. Man darf gespannt sein, ob er gute Tauschgeschäfte machen wird.

Ach ja: Herr Frick bekam lediglich eine Bewährungsstrafe. Neulich ließ er verlauten, seine Taten täten ihm leid. Wir wollen es ihm glauben.

Tag der Pressefreiheit

Heute wird international der Tag der Pressefreiheit begangen. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger hat diesbezüglich sehenswerte Ergebnisse eines Plakatwettbewerbs vorgestellt. Den 1. Preis bekam für ihr obiges Motiv Eva Hasel.

Deutschland scheint man derzeit nicht als Patient für die Pressefreiheit zu betrachten. Mit Blick auf Hamburg habe ich da so meine eigene Auffassung.

2. Mai 2011

Mörder sollen nicht auf den Hund kommen

Wie der Kollege Dr. Bahr berichtet, können es die Hamburger Pressegerichte einfach nicht lassen: Die Namen verurteilter Mörder sollen entgegen dem Votum des BGH nun doch in Online-Archiven gelöscht werden – und zwar dann, wenn die ursprüngliche Nennung unzulässig gewesen sein soll. Die Meldung von 2006 soll deshalb unzulässig gewesen sein, weil die Haftentlassung auf Bewährung damals kurz bevorgestanden habe und damals die Resozialisierung gefährdet gewesen sei.

Liebe Mörder, liebe Hamburger Richter!

JEDER weiß oder kann binnen kürzester Zeit recherchieren, wie die Herrschaften heißen. Das kommt davon, wenn man der Boulevardpresse im Knast Interviews gibt. In den älteren Online-Nachrichten darf der Name laut BGH ganz legal verbreitet werden. Man darf die älteren Artikel mit den Namen wohl auch verlinken. Es ist komplett witzlos, was ihr da macht.

Wenn ich wegen des Mordes an Walter Sedlmayr verurteilt und wieder draußen wäre, ich würde mir erst einmal einen neuen Namen zu legen, da der alte nun einmal Schaden genommen hat. Da habt ihr ein Recht drauf. Falls mir keiner der Namen einfallen würde, könnte ich mich ja an denen der Richter orientieren …

20. April 2011

„Medien“-Recht

RTL II hat jetzt einen Uri Geller für Arme, nämlich das Medium Martin Zoller, der wie sein Vorbild Ölfelder findet, Verschollene aufspürt und mit diversen Energien hantiert. Als ich das Original mal zu solchen Themen interviewte, meinte der Altmeister, die Kids sollten das Paranormale vergessen und lieber Sport oder Schule machen … ;-)

Bei mir in der Kanzlei wird es zumindest zwischen den Aktendeckeln in letzter Zeit ebenfalls recht esoterisch. So habe ich im Moment auf der Gegenseite eine Art Voodoo-Priester, der seine Anweisungen direkt von Gott bezieht und daher der irdischen Rechtspflege wenig zugetan ist. Auch die Germanischen Mediziner geben noch immer nicht den abergläubischen Versuch auf, den Versand ihrer E-Mail-Liste mit Persönlichkeitsrecht zu schützen. Und ein anthroposophischer Wunderdoktor mit Honorarprofessorentitel ausgerechnet einer evangelischen(!) Hochschule hat ein dreiviertel Jahr genervt, weil ein Mandant seinen Humbug dem Humbug eines Mitbewerbers zugeordnet hat. Das war selbst der Hamburger Pressekammer zu … ähm, naja. Besagter Wunderdoktor bietet übrigens auch Humbug im Bereich von Energiefeldern des Körpers an. Zu ähnlichem Energiefeld-Humbug hat gerade das Amtsgericht Mannheim geurteilt.

Keiner überirdischen Kräfte bedient sich mein eifriger Blogleser Dr. Nikolaus Klehr, sondern eines Hamburger Anwalts mit bemerkenswerter Kenntnis der nur von sehr wenigen Eingeweihten dechiffrierbaren Spruchpraxis der ZK 24 des Landgerichts Hamburg. Dort geht es jedoch eher unterirdisch zu.

17. April 2011

Dr. Nikolaus Klehr – Klagen, bis der Arzt kommt (5)

Der sympathische Krebsbehandler Dr. Nikolaus Klehr ist offenbar nicht über seinen Eintrag in der deutschsprachigen Wikipedia erfreut. Zweifellos fuchst den erfahrenen Kläger, dass selbst teure Hamburger Anwälte feinster Adresse wenig gegen die in den USA gehostete Wikipedia ausrichten können.

In seinem Schmerz hat der gepeinigte Herr Dr. Nikolaus Klehr daher eine Website namens http://wikipedia-warnung.de/ ins Netz gstellt, die ich aus diversen Gründen nicht verlinken möchte. Dort weist der klagefreudige Herr Dr. Nikolaus Klehr freundlich darauf hin, dass man für das Übernehmen von Wikipedia-Zitaten gesetzlich belangt werden könne. Herrn Dr. Nikolaus Klehrs lustige Website sieht genauso aus wie die sicherlich vielen Anwälten vertrauten Schreiben querulatorischer Mandanten: Viel Fettschrift, viele Unterstreichungen, jedoch gegenwärtig (17.04.2011) ohne inflationären Gebrauch von Ausrufezeichen, was sein Werk wohltuend von ähnlichen geistigen Ergüssen abhebt. Auf seiner Website jammert Herr Dr. Nikolaus Klehr, wie sein Wikipedia-Eintrag ursprünglich http://wikipedia-warnung.de/Ursprungsversion.html ausgesehen habe, und welche reduzierte Version man dort vorhielt: http://wikipedia-warnung.de/Willkuerlich_reduzierte_Version.html

Der arme Herr Dr. Nikolaus Klehr! Warum wird dem Manne soviel Unrecht getan? Wo er doch nur die Menschheit vor dem Krebs retten will! Undank ist der Welten Lohn …

Es gibt jedoch übrigens ein Wiki, das sich der Person des Dr. Nikolaus Klehr angenommen hat …

13. April 2011

Pressefreiheit für Links

Ich wollte eigentlich noch etwas Erbauliches zu den nunmehr veröffentlichten Urteilsgründen in Sachen Musikindustrie ./. Heise-Verlag schreiben. Der 1. Senat des BGH hatte ein pressefeindliches Verbot aufgehoben, in einem Beitrag auf einen Website zu verlinken, die der Content-Industrie nicht gefiel.

Aber alles, was zur Pressefreiheit zu kommentieren ist, hat der Kollege Stadler bereits 2005 in JurPC ab Absatz 18 ff. geschrieben.

Zu ergänzen wäre allenfalls die Hintergrund-Info, dass die Musikleute ursprünglich sogar ein Totalverbot des Heise-Artikels verlangt haben. Verständlich, weil sich dann jeder den Link hätte ergooglen können. Aber unverständlich, weil das nun einmal Zensur wäre. Und aus diesem Grund spiele ich oben mit speziellem Gruß an die Musikindustrie das „Lied gegen Zensur“!

Ich selber bin ja bekanntlich neulich von einem freundlichen Kollegen wegen einer Einbindung eines Youtube-Videos abgemahnt worden, dessen Inhalte seinem Mandaten nicht gefielen. Technisch gesehen ist diese Einbindung eigentlich nichts anderes als ein Link. Und wenn man ein fremdes Presseerzeugnis zur Diskussion stellt, macht man sich nicht dessen Inhalte zu Eigen. In Hamburg muss man allerdings mit so etwas vorsichtig sein … ;-)

10. April 2011

Digitale Gesellschaft kommt

Internetaktivist Markus Beckedahl von netzpolitik.org hat für Mittwoch die Vorstellung eines Vereins „Digitale Gesellschaft“ angekündigt. Man darf gespannt sein.

Bislang wurde die Stimme der Internetnutzer vornehmlich vom zur Bürgerrechtsbewegung gereiften Chaos Computer Club wahrgenommen, der sich zu gesellschaftlichen Themen der digitalen Welt äußert. Allerdings erlegt sich der Club gelegentlich Neutralität auf, um etwa seine Autorität als Sachverständiger zu wahren.

Keine Ahnung, was genau Markus Beckedahl vorhat, aber es hat mit Sicherheit Taug. Aus meiner Sicht als Medienprivatrechtler bräuchten wir dringend eine Organisation, die Bloggern etc. die unsäglichen Prozesse finanziert, die ihnen am Landgericht Hamburg zugemutet werden, bis sie in Karlsruhe zu ihrem Recht kommen. Ohne eine Bloggersolidarität kann man sich als Privatmann Meinungsfreiheit kaum leisten, solange der fliegende Gerichtsstand dazu führt, dass man vor das Landgericht Hamburg geschleppt wird, dem vor einem Jahr das Bundesverfassungsgericht ein „Grundlegendes Fehlverständnis des Gewährleistungsgehaltes der Meinungs- und Pressefreiheit“ vorwarf.

In Einzelfällen wie bei „Regensburg Digital“ oder bei Jens Weinreich hatte sich die Internetgemeinde solidarisch gezeigt und für Verfahrenskosten gespendet. Ein Fonds „Landgericht Hamburg-Hilfe“ oder so wäre hilfreich.

1. April 2011

Michael Ballack bekommt aufs Maul!

Der Persönlichkeitsrechtsträger Herr Michael Ballack war letztes Jahr in Hamburg beim unqualifizierten Versuch dumm aufgefallen, einer Zeitschrift Spekulationen über sein Karriereende zu verbieten. Die Posse wurde bei mir zur Glosse. Wie von mir dort vorhergesagt, hatte das Verbot nicht lange Bestand.

Nun hat Herr Ballack selbst eine Maulschelle bekommen, weil sein Gesang speziell in Köln nicht durchgehend Freunde fand. Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bunds verurteilte Michael Ballack „wegen unsportlichen Verhaltens“ zu einer Geldstrafe von 8000,- Euro. Das ist ungefähr genauso viel, wie ihn sein Zensurversuch in Hamburg gekostet hat.