10. Oktober 2014
Der am Dienstag vorhergesagte Pfeil aus Oggersheim ist nach Köln geflogen, verfehlte aber sein Ziel. Da die Kohl-Anwälte bei ihrem am Dienstag gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung das Schwan-Buch – wenn überhaupt – erst frisch auf dem Tisch hatten, wird der Antrag mit heißer Nadel gestrickt gewesen sein. Auf dem Weg von der Luxemburger Straße zum Reichensperger Platz hatten die Kohl-Anwälte Gelegenheit zum Nachbessern. Ob das Oberlandesgericht Köln dem Schwarzen Riesen recht geben und den Schwan schwarz machen wird?
Zu den Rechtsfragen bei indiskretem Journalismus habe ich heute in der Legal Tribune Online publiziert:
Heribert Schwans Ko(h)lportage
Der Ghostwriter, den er rief
Update: Kohl hat nach richterlichem Hinweis des OLG Kön zurückgezogen.

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7. Oktober 2014
Anders als die meisten heutigen Politiker rannte der ewige Kanzler Helmut Kohl den Medien nicht hinterher. Insbesondere am TV war der Kanzler desinteressiert. Dem SPIEGEL verweigerte er ab einem bestimmten Zeitpunkt jeglichen Kontakt. Als Grund für dem Liebesentzug sehen gut informierte Kenner eine flapsige Zeile des SPIEGELs, in dem die Journalisten einen Seitensprung andeuteten. In der Bonner Republik galt das Privatleben von Politikern als absolutes Tabu.
Kohl, der eine Generation an Stimmimitatoren ein sicheres Auskommen bescherte, kam auch nicht auf die Idee, seine Gegner durch Klagen aufzuwerten. Ins Gericht ging der Kanzler allerdings dann, wenn es gegen seine Frau ging. Hannelore Kohl veranstaltete sogar einmal eine Ausstellung mit Kohl-Karikaturen und gab ein Kochbuch mit dem Titel „Was Journalisten anrichten“ heraus.
Derzeit richtet sich das Auge der Medienrechtler auf das im Heyne-Verlag erscheinende Buch des geschassten Kohl-Biographen Heribert Schwan. So hatte Schwan an drei Bändern der Kohl-Memoiren mitgewirkt, hierfür jedoch keine Verschwiegenheitserklärung oder einen sonstigen Vertrag unterzeichnet. Einen Vertrag hatte Kohl ausschließlich mit dem Verlag:
„Der Verlag sichert zu, dass [der Beklagte] persönlich die schriftliche Abfassung des Werkes bis zu seiner Fertigstellung nach den Vorgaben und Angaben des Autors übernimmt. Der Autor wird im Gegenzug [dem Beklagten] entsprechenden Einblick in relevante Unterlagen geben und ihm in ausreichendem Maße für entsprechende Gespräche zur Verfügung stehen (mindestens 200 Stunden). Die Einzelheiten der Zusammenarbeit zwischen [dem Beklagten] und [dem Kläger] werden diese direkt besprechen.“
Im schließlich vom OLG Köln, Az 6 U 20/14, entschiedenen Fall hatte Kohl die Herausgabe der Tonbänder als solche herausgeklagt. Das Gericht gestand Kohl das sachenrechtliche Eigentum (§ 985 BGB) an den Tonbändern zu, weil es Kohl als Hersteller der Tonbandaufzeichnungen nach § 950 BGB bewertete. Der eigentliche Wert der Tonbänder bestehe nicht in ihrem Materialwert, sondern – unabhängig von der Frage urheberrechtlicher Schutzfähigkeit – im immateriellen Gehalt der auf ihnen dokumentierten Äußerungen des Klägers. Der Fall liegt nun beim BGH.
Urheberrechtlich und persönlichkeitsrechtlich war die Entscheidung offenbar witzlos. Zwar hat Kohl die 200 Bänder jetzt in Oggersheim gebunkert, doch Schwan, der kleine Pirat, hat sich natürlich Kopien gezogen … Und daraus nun sein Buch gezimmert, das er – Kohl zum Hohn – ausgerechnet mit PR-Partner SPIEGEL vermarktet. Diesen Dienstag wurde das Werk vorgestellt. Als treueste Kohl-Verteidigerin erwies sich mal wieder die BILD-Zeitung, deren Abgesandter sich um Kohls „geistiges Eigentum“ sorgte.
Soweit bekannt, hat sich der Heyne-Verlag noch keine einstweilige Verfügung eingefangen. Allerdings dürfte das Buch hinsichtlich Persönlichkeitsrecht mehr als spannend werden. Das vom Focus kolportierte Ziel, die Veröffentlichung zu stoppen, hat der Alt-Kanzler nicht erreicht. Aller Wahrscheinlichkeit nach sitzen nun die Kohl-Anwälte in dieser Nacht bei Kaffee und Pizza, um schnellstmöglich ein Fax in Richtung Hamburg, Berlin oder Köln zu schicken. Wir werden in Kürze erfahren, welche Kammer das Rennen gemacht hat.

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6. Oktober 2014
Die meisten der einstweilig verbotenen Äußerungen hat heute das Landgericht Hamburg fürs erste wieder erlaubt. Distanzieren muss ich mich (einstweilen) von dem im oben genannten Video erweckten Eindruck,
Dr. Jochen Bittner sei Mitglied, Beirat oder Vorstand von drei Organisationen, die auf einer Schautafel in der Sendung „Die Anstalt“ im ZDF genannt wurden.
-> Josef Joffe und Jochen Bittner scheitern gegen Die Anstalt (ZDF)

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19:24 •
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1. Oktober 2014
Ein Hamburger Arzt hat gegen den NDR (vermutlich am Landgericht Hamburg) eine einstweilige Verfügung wegen eines Berichts erwirkt, der mit versteckter Kamera gedreht wurde. Der christliche Medizinmann hatte seine Künste als „Schwulenheiler“ angeboten, die ein schwuler Journalisten in Anspruch nahm, obwohl er vermutlich nicht wirklich „geheilt“ werden wollte.
Aufnahmen mit versteckter Kamera sind im Presserecht ein Klassiker, da es sich beim Verhältnis zwischen Arzt und Patient um einen vom Gesetzgeber besonders geschützten Bereich handelt. Arzt und Patient sollten vertrauensvoll und offen reden können. Das ist dann nicht unbefangen möglich, wenn man mit verdeckten Aufnahmen rechnen muss. Daher ist es relativ einfach, in der ersten Instanz eine Unterlassungsverfügung zu erwirken.
Allerdings ist eine Rechtsverteidigung durchaus möglich. RTL etwa wehrte sich erfolgreich gegen eine Unterlassungsverfügung, weil der dort betreffende Azrt anonymisiert war.
Dieses Jahr hob das Oberlandesgericht Hamburg eine Unterlassungsverfügung von Krebs-Behandler und Dauerkläger Dr. Nikolaus Klehr gegen das ZDF auf. Die Aufnahmen hatten nur den Eingangsbereich seiner Praxis sowie ein verpixeltes Beratungsgespräch ohne Originalton gezeigt. Entgegen dem Landgericht Hamburg vermochte das OLG darin keine rechtswidrige Persönlichkeitsrechtsverletzung zu erkennen.

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14:42 •
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30. September 2014
Der BGH hat sich erneut mit der pressemäßigen Nutzung von fremden E-Mails beschäftigt. Vor ein paar Jahren hatte ich den BGH davon überzeugt, die Revision gegen ein Urteil des OLG Stuttgart nicht zur Entscheidung anzunehmen, das die Nutzung von E-Mails aus einer vermeintlich privaten Mailingliste erlaubte.
Nunmehr ging es um E-Mails eines Politikers, die auf einem ihm abhanden gekommenen Rechner gefunden wurden. (Passiert häufig: Allein in London werden jährlich an die 1.000 Notebooks allein in Taxen vergessen …) Der Unglücksvogel war außerehelicher Vater eines Kindes geworden, für das offenbar Sozialleistungen beantragt waren. Für einen Finanzminister war das halt schon ein bisschen peinlich.
Während die Vorinstanzen eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erkannten, ließ heute nun der BGH die Äußerungen zu (via Beckmann & Norda):
Zwar greift eine Berichterstattung, die sich auf den Inhalt der zwischen dem Kläger und seiner Geliebten gewechselten E-Mails stützt, in die Vertraulichkeitssphäre des Klägers und sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Beide genannten Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts schützen das Interesse des Kommunikationsteilnehmers daran, dass der Inhalt privater E-Mails nicht an die Öffentlichkeit gelangt. Der Eingriff ist aber nicht rechtswidrig. Das von den Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungsfreiheit überwiegen das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die veröffentlichten Informationen von einem Dritten in rechtswidriger Weise beschafft worden sind. Nach den getroffenen Feststellungen haben sich die Beklagten die E-Mails nicht durch vorsätzlichen Rechtsbruch verschafft, um sie zu publizieren. Sie haben sich an dem Einbruch in die Vertraulichkeitssphäre des Klägers auch nicht beteiligt, sondern aus dem Bruch der Vertraulichkeit lediglich Nutzen gezogen.
Und:
Die Informationen, deren Wahrheit der Kläger nicht in Frage stellt, haben einen hohen „Öffentlichkeitswert“. Sie offenbaren einen Missstand von erheblichem Gewicht, an dessen Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse besteht. Als Minister und als Landtagsabgeordneter gehörte der Kläger zu den Personen des politischen Lebens, an deren Verhalten unter dem Gesichtspunkt demokratischer Transparenz und Kontrolle ein gesteigertes Informationsinteresse besteht. Die der Beklagten zu 1 zugespielten E-Mails belegen, dass sich der Kläger über viele Jahre der wirtschaftlichen Verantwortung für seine Tochter E. entzogen und diese auf den Steuerzahler abgewälzt hat. Er hat es im eigenen persönlichen, wirtschaftlichen und politischen Interesse hingenommen, dass seine ehemalige Geliebte für die gemeinsame Tochter Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz bezog, obwohl die Voraussetzungen für einen Leistungsbezug nicht gegeben waren. Denn die Kindesmutter hatte der zuständigen Behörde den Kläger pflichtwidrig nicht als Vater von E. benannt.

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17:50 •
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27. September 2014
Gestern habe ich live auf Twitter und dann bei Telepolis über den selbstentlarvenden Rechtsstreit zwischen den ZEIT-Autoren Josef Joffe und Jochen Bittner gegen das ZDF wegen angeblicher Unwahrheiten in einem zugespitzen satirischen Beitrag der „Anstalt“ berichtet. Kampfschauplatz war mal wieder Saal 335B des Landgerichts Hamburg.
Die gleichen Journalisten, die einseitig und ungenau über den Ukraine-Konflikt berichten, werden auf einmal denkbar sensibel, wenn es um Tatsachenbehauptungen über sich selber geht und legen an Satiriker absurde Maßstäbe an. Wie weggetreten kann man eigentlich sein? Ob man vielleicht mal Putin verraten sollte, dass man missliebige Meinungen am Landgericht Hamburg genauso effizient verbieten lassen kann wie in seinem eigenen straff geführten Reich, das so schrecklich sein soll? Wäre es nicht die politische Aufgabe freier westlicher Journalisten gewesen, dem Osten ein Vorbild in Sachen Pressefreiheit zu geben und wenigstens die Freiheit der Satire zu achten?
Der letzte namhafte Journalist, der den eigenen Kollegen in der Hamburger Zivilkammer 24 Sand in die Druckmaschinen streute, war 2008 Helmuth Markwort, weil er der Saarbrücker Zeitung einen Irrtum von Roger Willemsen zurechnen wollte, der diesem in einem Interview unterlief (Titel: „Heute wird offen gelogen“… ;) ). Nachdem die Hamburger Landrichter sich dankbar Sand in die Augen streuen ließen, hob der Bundesgerichtshof diese hanseatische Dösbattelei wieder auf. Sehr peinlich …
Die eigentlichen Probleme meiner gestrigen „Frontberichterstattung“ lagen da, wo man sie nicht vermuten würde. So musste ich kurzfristig einen dringenden Zahnarztermin verlegen und kämpfte im Gerichtssaal gegen einen schwachen Akku. Während in anderen Gerichten bei Nutzung von Steckdosen eine Jahresgebühr erhoben wird, ist man in Hamburg glücklicherweise liberal. Als tückisch erwies sich die Autokorrektur, die meine Arbeit leider stehts verdoppelte. So „vermenschlichte“ die Maschine den Namen des Kollegen Dr. Mensching, dem die ehrenvolle Aufgabe zufiel, das ZDF zu vertreten.
Das wohl ungewöhnlichste Hindernis beim gestrigen Twitter-Marathon war der Versuch von Uri Geller, mich auf meinem Smartphone anzurufen, weil er sich nochmals für unser auf english geführtes Nonsens-Interview wegen den verbogenen iPhone 6 bedanken wollte. Das war zwar bei Telepolis kein Hit gewesen, wurde aber von internationalen Medien wie dem Wallstreet Journal und dann anderen aufgegriffen und geht gerade um die ganze Welt. Wenn ich mich mit umstrittenen Löffelbiegern besser verstehe als mit die Wahrheit verbiegenden Journalisten, sagt das wohl irgendwas aus … ;)
Noch bizarrer allerdings war gestern eine E-Mail von Bittner, in der er mich auf seinen larmoyanten Kommentar im Heise-Forum aufmerksam machte. Das wäre gar nicht nötig gewesen, denn die Heise-Leser waren so aufmerksam, sämtliche von Bittners Kommentaren rot zu markieren …

admin •

12:40 •
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6. August 2014
Wie gestern das OLG Köln entschied, darf der Verlag Voland & Quist für das aktuelle Werk von Julius Fischer weiterhin den Titel „Die schönsten Wanderwege der Wanderhure“ benutzen. Der Verlag der mittelalterlichen Mitbewerberin „Wanderhure“ hatte das Nachsehen, da der Titel selbst Kunst sei und vorliegend die Kunstfreiheit vor Markenfreiheit gehe („Wanderhuren müssen sich Revier teilen“).
Die vom Verlag eingesammelten Spendengelder gehen wie geplant an das Kurt-Tucholsky-Museum in Rheinsberg.
Az.: OLG Düsseldorf, I-20 U 63/14
16. Juli 2014
Dr. Nikolaus Klehr und sein tapferer Hamburger Rechtsanwalt Dr. Sven Krüger haben am Hanseatischen Oberlandesgericht gegen das ZDF verloren. Klehr hatte 18.01.2011 am Landgericht Hamburg gegen das ZDF eine einstweilige Unterlassungsverfügung wegen eines angeblich rechtswidrigen Beitrags in WISO über die fragwürdige Praxis des selbsternannten Krebsbehandlers erwirkt. So wehrte sich Klehr gegen angeblich aufgestellte Behauptungen und die (gesichtsverpixelte) Aufnahmen aus seiner Praxis.
Das ZDF ließ sich nicht lumpen und wehrte sich zunächst erfolglos am Landgericht Hamburg. Weil es den Beitrag auch auf YouTube zu sehen gab, nahm Klehr auch Google (YouTube) und einen Blogger in Anspruch, der das Video über einen Link embedded hatte.
Nach über drei Jahren ertrotzter Unterlassungsverfügung hob im Mai 2014 das Oberlandesgericht Hamburg das Verbot gegen das ZDF auf. In der Zwischenzeit nämlich war der Bundesgerichtshof Ende 2012 mal wieder mit den Hamburgern hart ins Gericht gegangen und hatte den Hanseaten in einem anderen Fall, bei dem ebenfalls Klehr-Anwalt Dr. Krüger die Presse gegängelt hatte, mit sehr deutlichen Worten den ><((((*>
gezeigt:
„Die von ihm vorgenommene Deutung der in den Akten des MfS verwendeten Begriffe ist weit hergeholt und mit dem natürlichen Sprachempfinden kaum in Einklang zu bringen. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die richterliche Überzeugung überspannt. Das Berufungsgericht hat auch zu Unrecht die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung verneint.“
BGH, Urteil vom 11. Dezember 2012 – VI ZR 314/10.
Das hat offensichtlich gesessen. Der Hamburger Pressesenat, dem inzwischen der mir so ans Herz gewachsene Richter Buske vorsitzt, bezog sich ausdrücklich auf dieses BGH-Urteil. Die Karlsruher Kritik an den Hanseaten hat eine lange Tradition.
Das OLG Hamburg befand nun, dass das ZDF inzwischen für seine Behauptung über eine in Deutschland rechtswidrige Arbeitsweise Klehrs genug Glaubhaftmachung aufgeboten hat. So hatte Klehr zunächst das ZDF der Lüge geziehen und mit eidesstattlichen Versicherungen seiner „Klehriker“ in Beweisnöte gebracht. Da aber die Version des ZDF von so vielen unabhängigen Zeugen plausibel gestützt wird, sieht auch der Senat „keine durchgreifenden Zweifel“ mehr:
„Unter Zugrundelegung der vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze für die Überzeugungsbildung, nach denen eine von allen Zweifeln freie Überzeugung nicht gefordert werden darf, sondern sich das Gericht mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen muss (BGH, Urt. v. 11. 12. 2012, NJW 2013, S. 790 ff., 791), sind die von der Antragsgegnerin vorgelegten Glaubhaftmachungsmittel daher auch unter Berücksichtigung der von dem Antragsteller vorgelegten Glaubhaftmachungs- und Beweismittel ausreichend, um ihren Vortrag als glaubhaft gemacht anzusehen.“
OLG Hamburg, Az.: 7 U 47/12, Urteil vom 06.05.2014, Rechtskraft nicht bekannt.
War das jetzt wirklich so schwer?
Auch die mit versteckter Kamera hergestellten Aufnahmen in der Azrtpraxis waren zulässig, weil diese in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der nunmehr als wohl doch nicht so falschen Behauptung stehen und der gute Herr Dr. Klehr durch deren Verbreitung demgegenüber nicht schwerwiegend in seinen Rechten verletzt wird, da die Praxisräume ohnehin einem größeren Personenkreis einsehbar sind und er nur in seiner Berufssphäre betroffen ist. Auch dazu hatte der BGH schon 2006 etwas gesagt, was längst herrschende Meinung ist – außerhalb des Landgerichts Hamburg, das immer wieder eine Nachhilfe aus Karlsruhe benötigt.
Damit darf das ZDF den Beitrag wieder zeigen. Gewonnen hat aber vor allem das Team Dr. Klehr/Dr. Krüger, denn über drei Jahre lang konnte das ZDF Krebspatienten im Endstadium nicht vor Klehrs möglicherweise doch nicht so hilfreicher, dafür aber schweineteuren Behandlung warnen. Auch die Hamburger Pressekammer darf stolz auf sich sein. Die Prozesskosten bezahlt Klehr, der von todkranken Krebspatienten für seine Künste exorbitante Honorare nimmt, aus der Portokasse.
Vermutlich wird auch YouTube/Google in gleicher Sache obsiegen. Und vielleicht darf irgendwann dann auch der Blogger wieder das Klehr-Video verlinken. Hätte der finanziell nicht so gut wie das ZDF und Google aufgestellte Blogger aus Kostengründen die Notbremse gezogen und auf die Berufung verzichtet, so wäre das Verbot längst rechtskräftig. Seit über zwei Jahren wartet der Blogger auf den Termin zur Berufungsverhandlung. Der Prozess mit einer schlussendlich drohenden Kostenlast von 20.000,- € wurde durch die „Klehranlage“ finanziert. Weit über 1.000 Menschen haben den Hamburger Landrichtern gezeigt, was sie von dem weltfremdem Umgang mit dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit halten.
Ach so: Der Blogger bin ich. Danke an euch Klehranleger! Venceremos! :)

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7. März 2014
Die Kollegin Frau Rechtsanwältin Werth hatte am Landgericht Münster eine einstweilige Verfügung gegen einen Reiterverein beantragt, der sich angeblich fehlerhaft geäußert hätte. Den Antrag wies das Landgericht Münster nunmehr jedoch zurück:
Das Gericht sah es nach der mündlichen Verhandlung nicht mehr als glaubhaft an, dass die Äußerung falsch verstanden werden könnte. Lauterbach hatte in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass er die Äußerung nur in Verbindung mit der Klarstellung wiederholen werde, dass die Gutachten sich auftragsgemäß lediglich mit den technischen Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten einer Kontaminierung des Pferdes über das Tränksystems des Stalls der Reiterin befasst haben, nicht jedoch mit den anderen Möglichkeiten der Kontamination des Pferdes über die Gitterstäbe zur Nachbarbox oder durch eine gezielte Medikation.
Sieht nach einem Kunstfehler im Unterlassungsantrag aus. (Das werde ich nur um Zusammenhang mit diesem Blogpost wiederholen …)

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6. Februar 2014
Die Kollegin Frau Rechtsanwältin Isabell Werth erwirkte am Landgericht Münster eine einstweilige Verfügung gegen Herrn Diplomjurist Sönke Lauterbach aus der Pferdestadt Warendorf.
Die Kollegin Werth reitet gern, wurde aber 2009 zeitweise gesperrt, weil ihr Pferd verbotene Substanzen beinhaltete. 2012 gab es wieder Stress, weil ein Pferd namens El Santo nach internationalen Regeln verbotenes Zeugs beinhaltete, angeblich weil es das Medikament eines anderen Pferds mit dem schönen Namen „Warum nicht“ gesüffelt hatte. Erstinstanzlich unterlag die Kollegin und ist erst einmal turniermäßig gesperrt. Und zwar von der Disziplinarkommission der FN, weil sie davon ausging, dass der Fund der Substanz auf „eine fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung im Stall der Reiterin zurückzuführen sei.“
Herr Lauterbach ist der Generalsekretär der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN). Die erzählen etwas vom Pferd, und zwar „aktuelles“. Am 30.01.2014 sagte er in einer Presseerklärung:
„Die Gutachten beschrieben lediglich die technischen Möglichkeiten, sie trafen aber keine Aussagen zur Wahrscheinlichkeit.“
Herr Lauterbach bezog sich auf von Frau Werth beigebrachte Gutachten, die beweisen sollten, dass eine ausgefallene Pumpe schuld daran gewesen sei, dass das Pferd gedopt hatte. (Wir erinnern uns an Dieter Baumann, der seinen positiven Dopingtest mit ihm durch Zahnpasta untergeschobenen Substanzen erklärte. Das wiederum erinnert an die Pläne der CIA, Patrice Lumumba auf diese Weise zu vergiften …) In einem der Gutachten soll ein Experte die Zusammenhänge als „unvermeidbar“ bezeichnet haben. Das wäre dann ja wohl eine Wahrscheinlichkeit von 100%.
Was so ein richtiger Springreiter wie Lauterbach ist, der ist natürlich cool und ignorierte erst einmal die zugestellte einstweilige Verfügung. Warum auch nicht? Naja, Ordungsstrafen halt … Da Herr Lauterbach nur das erste juristische Staatsexamen hat, beherrscht er das Prozessrecht vermutlich nicht so gut wie die Kollegin Werth.
Der berühmteste presserechtliche Reiterfall, der sogenannte „Herrenreiter-Fall“, war ungleich lustiger. In den 1950er Jahren hatte die Herstellerin eines angeblichen Potenzmittelchen ihr Produkt mit dem Foto eines Bierbrauers beworben, der bei einem Springreiterturnier geknipst worden war. Mit dem Mittelchen käme man über jede Hürde …

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