Wie berichtet, hatte man einem Filmemacher wegen Eingriffs in das Recht am eigenen Bild einen Ausschnitt seines Werks verboten. Der Mann zeigte seine damals drei Jahre Tochter, die heute acht Jahre später möglicherweise gar nicht mehr zu erkennen ist.
Da „Bildnis“ im Sinne des § 22 KunstUrhG „Erkennbarkeit“ voraussetzt, könnte man – also normale Menschen – auf die Idee kommen, das Vorliegen eben dieses Tatbestandsmerkmals infrage zu stellen, da die Klägerin heute wohl nicht mehr erkannt werden kann. Uns bösen Juristen ist das aber schnurz, denn das Bild hat die Klägerin ja irgendwann einmal zutreffend abgebildet, das damalige Persönlichkeitsrecht wird nicht durch nachträgliche Änderungen beeinflusst. Außerdem wird sie durch den Film des namentlich genannten Vaters auch erkennbar gemacht, was insoweit ausreichend ist.
In dem oben verlinkten STERN-TV-Video ist problematisch, dass der Filmemacher den privaten Brief seiner minderjährigen Tochter veröffentlicht hat. So schlimm das für den Mann ja sein mag, aber glaubt er wirklich, durch das in die Öffentlichkeit Tragen solch denkbar privater Angelegenheiten die Liebe seiner Tochter zu gewinnen?
Nun versucht der Filmemacher erneut sein Glück vor dem OLG Düsseldorf, wo am Dienstag verhandelt werden wird. Wenn er nur im luftleeren Raum mit „Kunstfreiheit“ und „Filmfreiheit“ argumentiert, wird die Berufung mit einiger Sicherheit in die Wicken gehen.
Heute erschien auf Telepolis mein Beitrag über die Wikipedia-Profiler, also Leute, die bei der Wikipedia vorgetäuschte Benutzer aufspüren, im Internet-Volksmund „Sockenpuppen“ genannt.
Leser meines Blogs wissen ja, dass ich mit den Wikingern so meine Probleme habe … ;-) Meine Kritik hatte ich insbesondere in diese Glosse gefasst, welche das fragwürdige Wissensmonopol und die durch Wikipedia beeinflusste Wahrnehmung der Realität auf die Schippe nahm, was mich da wohl einige Freunde gekostet hat.
Eine Bloggerin vertritt zur grundgesetzlich Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz garantierten Kunstfreiheit eine extremere Auffassung. Daher möchte ich kurz nachlegen.
Grundsätzlich besteht bereits das philosophische Problem, was man als Kunst bewertet, vor allem die verfassungsrechtlich hochproblematische Frage, einem Werk den Status Kunst sogar abzusprechen. Aber darum geht es gar nicht, schon gar nicht um Bilderverbrennung oder ähnliches.
Der Komponist Stockhausen hat in seinen letzten Jahren alles Mögliche als Musik interpretiert. So hat er sogar die Anschläge vom 11. September zu einem Kunstwerk erklärt. Nun sind wir uns hoffentlich einig, dass die Kunstfreiheit nicht soweit gehen kann, dass sie das Töten oder auch nur die Verletzung von Menschen rechtfertigt. Auch Kunstfreiheit kann also nicht schrankenlos gewährleistet sein, sondern findet ihre Grenzen dann, wenn erhebliche Rechte anderer betroffen sind.
Bilder etc. werden nur ganz, ganz selten verboten, praktisch nur dann, wenn das Persönlichkeitsrecht am eigenen Bild in einer erheblichen Weise betroffen ist. Etwa die kopulierenden Schweine mit dem Gesicht von Franz-Joseph Strauß (dem man diese Kritik m.E. durchaus hätte zumuten können). Einem Künstler, der Claudia Schiffer in lasziven Posen Pin Up-mäßig malte, um damit gut zu verdienen, wurde das auch untersagt. Soweit ich die Rechtsprechung überblicke, werden künstlerische Bilder nur im absoluten Ausnahmefall wegen des Verstoßes gegen Persönlichkeitsrechte verboten. Vorsichtiger wäre ich da schon bei markenrechtlich oder urheberrechtlich geschützten Inhalten, wenn diese kommerziell verwertet werden. Siehe etwa auch den Beitrag „50 Jahre Asterix. Eine kleine Rechtsgeschichte“.
Man kann sich über Entscheidungen wie „Der blaue Engel“ trefflich streiten, aber im Grundsatz würde man den deutschen Gerichten Unrecht tun, wenn man ihnen nachsagte, sie gängen mit der Kunstfreiheit leichtfertig um. In entsprechenden Prozessen werden ggf. auch Kunstsachverständige gehört.
Die bloße Idee alleine, eine Person nackt darzustellen, ist trivial. Die Qualität der technisch-graphischen Umsetzung, den ggf. bewusst reduzierten Malstil usw. vermag ich nicht zu beurteilen, wobei nicht jeder Kunsthandwerker auch als Künstler gilt, denn Kunst kommt von Können und Künden. Eine künstlerische Aussage darf und soll sogar der Beobachter interpretieren und bewerten. Dafür benötigt man auch nur im Ausnahmefall Kunstsachverstand.
Die bloße Idee, eine ansonsten nackte Politikerin in Strapsen lächerlich zu machen ist eine künstlerische Aussage auf sehr rudimentärem Niveau. Jeder solch sich mal fragen, ob er oder sie es wirklich witzig fände, wenn die eigene Mutter im vorgerückten Alter öffentlich so bloßgestellt würde. Es gibt gewisse Tabu-Bereiche, über die sich eine Kultur definiert. So gibt es etwa sehr nachvollziehbare Gründe, heranwachsende Kinder nicht nackt abzubilden und Pornographie in der Öffentlichkeit zu regulieren. Jeder Erwachsene darf selber entscheiden, ob er sich öffentlich nackt darstellen will oder eben nicht.
Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht wird zwar von so manchen Anwälten und Gerichten zur politischen oder geschäftlichen Waffe pervertiert und führt tatsächlich oftmals zu Zuständen, die faktisch nichts anderes als Zensur darstellen. Doch grundsätzlich ist das aus der Menschenwürde hergeleitete Persönlichkeitsrecht ein kultureller wie ethischer Fortschritt, der auf gleicher Stufe wie die Kunstfreiheit steht.
Es mag sein, dass bei gewissen Politikern die Nacktheit ein künstlerisch veranlasstes Stilmittel wäre. Aber eine Politikerin, die mit Fragen wie dem Bau einer umstrittenen Brücke befasst ist, zu entblößen, ist ein unverhältnismäßiger Eingriff in den grundsätzlichen Anspruch auf ein Minimum an Respekt. Und der beginnt spätestens an der Gürtellinie. Da muss die Politikerin sich schon ein bisschen mehr zu Schulden kommen lassen, als dass man so weit gehen dürfte, ihr und ihren Familienangehörigen eine solche Obszönität zuzumuten. Auch Politiker sind kein Freiwild.
Da die Rechtsprechung bei sexistischer Nacktheit ohne inhaltlich wirklich kritischen Bezug insoweit einheitlich ist, bewerte ich die gerichtliche Gegenwehr der Künstlerin lediglich als Publicity-Gag. Davon, dass ausgerechnet in einer kunstsinnigen Stadt wie Dresden die Kunstfreiheit nicht gewährleistet sei, sind wir weit entfernt. Wohl jedes deutsche Gericht hätte den Fall ganz genauso entschieden. Das Bild wurde auch nicht als solches verboten, sondern darf lediglich vorerst nicht mehr öffentlich gezeigt werden. Nicht einmal der Verkauf war untersagt oder gar eine Vernichtung beantragt worden.
Und schließlich: Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob sich eine Privatperson gegen die Ausbeutung ihrer Persönlichkeit wehrt, oder ob der Staat Bilder verbrennt.
Frau Lust, die sich übrigens den gleichen Namen wie eine schwedische Erotik-Darstellerin zugelegt hat, versteht sich als politische Künstlerin und äußert sich wie folgt:
„Mein Kunstwerk „Frau Orosz wirbt für das Welterbe“ ist ein künstlerischer Kommentar zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis, nämlich der in der Geschichte Europas einmaligen Aberkennung des Welterbetitels für das Dresdner Elbtal. Die mit Amtskette dargestellte Oberbürgermeisterin wird auf dem Bild in den Kontext des Themas gestellt. Die von mir implizierte Aussage, dass sie praktisch mit „nichts in der Hand“ , also ohne konkrete eigene Taten für das Welterbe wirbt, ist ein Statement, dass in der Kunst sehr häufig durch Nacktheit dargestellt wird. Somit ist die dargestellte Nacktheit als künstlerisches Mittel zum Ausdrücken ihrer Tatenlosigkeit zu verstehen und somit voll und ganz durch die grundgesetzlich verbriefte Meinungs- und Kunstfreiheit abgedeckt.
Meine Absicht ist es, Diskussionen auszulösen.
Darf man so gesellschaftskritisch arbeiten?
Darf man sich so was trauen?
Darf man keinen Respekt vor der Macht haben?
Warum regen die Bilder so auf?
Warum hat der Mensch so viel Ehrfurcht von der Mächtigen?
Ich finde es spannend.“
Also, ich finde es absolut unspannend, sondern eher billig.
Zunächst einmal sind Starfakes – ob mit Photoshop oder mit Pinsel – keineswegs „voll und ganz durch die grundgesetzlich verbriefte Meinungs- und Kunstfreiheit abgedeckt“. Die Meinungs- und Pressefreiheit ist kein Freibrief, wie die Künstlerin meint, sondern wird mit dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht (vorliegend mit der gesetzlichen Ausgestaltung in § 22 KunstUrhG) abgewogen. Persönlichkeitsrechte und die Rechte auf Meinungs- und Kunstfreiheit sind grundsätzlich gleichwertig, so dass man den Einzelfall auf das Für und Wider hin untersucht.
Da Nacktheit etwas sehr Privates ist, bei entsprechender Konnotation die Intimsphäre berührt, ist Derartiges nur bei einem überragenden künstlerischen Interesse gerechtfertigt. Und jetzt mal im Ernst, eine Politikerin in Strapse oder alternativ sogar als Domina darzustellen, ohne, dass ein irgendwie witziger Bezug zu erkennen wäre, ist pennälerhaft primitiv. Das könnte jeder 13jährige auch. So gewichtig ist die Kunst der Frau Lust wohl nicht.
Die Springer-Presse hatte das – natürlich – als Skandal aufzubauen versucht. Da auch die BILD-Zeitung mit der Rechtsprechung zu § 22 KunstUrhG vertraut ist, wussten die natürlich, dass das Bild verboten werden würde.
Lustig ist allerdings die Koinzidenz, dass BILD-Chef Kai Diekmann exakt am gleichen Tag, dem 16.11.2009, als er an Persönlichkeitsrechten der Politikerin mitverdiente, ebenfalls mit der künstlerischen Verwertung seiner Nacktheit konfrontierte. Peter Lenks Plastik hat im Gegensatz zum lahmen Politikerin-Bild einen inhaltlich-politisch veranlassten, pointierten Bezug, der eine entsprechend exponierte Nacktheit Diekmanns höchstwahrscheinlich sogar rechtfertigt. Da allerdings Diekmann selbst Fotos und Videos des Werkes in Internet stellte, als selbst Verbreiter des Eingriffs in sein Persönlichkeitsrecht gewesen war, würde ihm das sogenannte Rechtsschutzinteresse für einen entsprechenden Prozess fehlen.
Eine im Dresdner Fall spannende Frage ist, inwieweit der Politikerin ein Anspruch auf Geldentschädigung zusteht – der Diekmann vor sieben Jahren versagt worden war. Da es zumindest in Pressesachen schnell mal zu 20.000,- und 30.000,- Euro kommen kann, wird Frau Lust langfristig selbige am Malen vergehen, denn so uninspiriert, wie sie malt, wird sie kaum etwas absetzen können.
Auch morgen wird sich in BILD mit aller Wahrscheinlichkeit ein Artikel über das „Skandal-Bild“ finden. Wie aufregend …
Das Bild wirkt unbeholfen, fast amateurhaft – noch unbeholfener allerdings ist die Reaktion der Porträtierten. Denn dargestellt wird auf dem Bild mit dem Titel „Frau Orosz wirbt für das Welterbe“ keine andere als die Dresdener Oberbürgermeisterin.
und veröffentlicht das „Werk“ ebenfalls. „Unbeholfen“ hat die Politikerin also agiert? Da würde mich doch mal interessieren, wie der Journalist reagiert hätte, wenn jemand seine Mutter so gemalt hätte.
Mein Blogleser Kai Diekmann ist nicht der einzige, der von Künstlern in der Öffentlichkeit entblößt wird. Nachdem Peter Lenk ja schon seit Jahren die nackten Tatsachen offenbart, hatte nun die Künstlerin Erika Lust die Dresdner Oberbürgermeisterin Helga Orosz nur in Strapsen bekleidet gemalt, wobei ein politischer Bezug durch den Titel „Frau Orusz wirbt für das Weltkulturerbe“ hergestellt worden war.
Nach der erfolgreichen Unterlassungsklage darf die aus Kasachstan stammende Künstlerin ihr Bild künftig weder im Original noch als Replikat öffentlich machen oder sie riskiert ein Ordnungsgeld von 250 000 Euro. Nach dem Gerichtsentscheid kündigte die Künstlerin Berufung an.
In ihrem Urteil verwiesen die Richter darauf, dass in diesem Fall die Persönlichkeitsrechte von Orosz das Recht auf Kunstfreiheit einschränkten. Vor allem die explizite Darstellung der Geschlechtsteile sei ein unzulässiger Eingriff in die Intimsphäre. Zudem werde die Oberbürgermeisterin mit ihrer Amtskette gezeigt – damit „in Würden, aber nicht in Würde“, wie der Vorsitzende Richter Stephan Schmitt sagte.
Da dachte unsereins schon, das real-satirische Potential des presserechtlichen Phallus Diekmann sei inzwischen erschlafft, da hagelt es eine neue einstweilige Verfügung des mit dem Diekmannschen Organ seit Jahren befassten Landgerichts Berlin.
Christian Bommarius, leitender Redakteur der Berliner Zeitung, war von Nachwuchs-Satiriker Diekmann scherzhaft als möglicher Protagonist der monumentalen Plastik von Peter Lenk „verdächtigt“ worden, denn Diekmann hatte anfangs bestritten, der Dargestellte zu sein. So entglitt dem gegelten BILD-Chefredakteur folgender pennälerhafte Unflat:
„Wer ist Phall? …bleiben nach meinem Dafürhalten nur noch …Christian Bommarius, Sexexperte der Berliner Zeitung, der sich so gerne in einschlägigen Kleinanzeigen (,naturgeile Nymphen’, ,megaheiße Citymäuse’) vertieft“.
Dem war auch ein Bildnis des Geschmähten beigefügt.
Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, soll die Spitze gegen den Amtskollegen von der B.Z. eine Vergeltung für einen bereits Jahre zurückliegenden kritischen Beitrag über die Arbeitsmethoden der BILD sein.
Die Unterstellung des inzwischen Satire-affinen, Bommarius vertiefe sich in schlüpfrige Anzeigen – die sich übrigens in ähnlicher Form bei BILD bisweilen auf der Titelseite finden lassen – fand Bommarius dann offenbar nicht ganz so witzig. Prompt wurde Diekmanns Blog wieder um etliche Zentimeter kastriert. Diekmann wird insoweit eine Vorrat von 16 Metern nachgesagt … ;-)
Während man manchen Beiträgen aus seinem Blog ja einen gewissen Witz nicht absprechen kann, ist fiktionale Satire bisher nicht die Stärke Diekmanns gewesen. Man erinnere sich an die Plattheit, diverse Leute als Aliens zu klassifizieren. Hier nochmal als Anregung die weitaus gelungenere Umsetzung des gleichen Themas durch Kabarettist Günther Butzko:
UPDATE:
Der in Sachen BILD belesenere Blog-Kollege Niggemeier weist auf den Originalbeitrag von Bommarius hin, auf den Diekmann mit seinen Formulierungen offenbar angespielt hatte.
Inzwischen dokumentiert ein Hausblog der TAZ zur Frage des seltsamen BILDs nun weitere Ausschnitte der eindrucksvollen Plastik zur Pressefreiheit, welche mit nackten Tatsachen provoziert. Auch ein gewisser Herr Diekmann, der sich bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt professionell die Lufthoheit über die Diskussion sicherte, legte nach. Er bleibt bei seiner „Darstellung“, es handele sich bei dem abgebildeten Protagonisten um einen bekannten Berliner Anwalt – der ironischerweise nicht einmal im angezogenen Zustand abgebildet werden möchte. Die Branche wartet nun gespannt, ob, wie und wie elegant der Kollege auf diesen Affront reagieren wird.
Aus fachlicher Sicht sei noch nachgetragen, dass die in der Totalansicht zu erkennende Skulptur kopulierender Tiere juristisch nicht ganz ohne ist. So hatte es einmal entsprechende Schweinchen mit dem Gesicht von Franz-Joseph Strauß gegeben, die als Verstoß gegen die Menschenwürde verboten wurden.
Und weil es so schön passt: Auch ein anderer Berliner Anwalt, der sowohl zur BILD-Zeitung als auch zum oben genannten Anwalt ein sehr angespanntes Verhältnis pflegt, hatte kürzlich für einen Kollegen gegen einen bekannten Justiz-Blogger verloren. So waren bei der Gerichts-Berichterstattung des Hobby-Juristen über den vertretenen Rechtsanwalt aus unerklärlichen Gründen (bekleidete) Schweinchen auf der Homepage aufgetaucht, die offenbar als störend empfunden wurden. Eine gewisse optische Ähnlichkeit des als zweiten genannten Berliner Kollegen mit Herrn Diekmann (Frisur, Brille, Alter) kann man auch nicht ganz abstreiten. Ob der sich gegen die Plastik der TAZ wehren wird, falls er sich in dem Bildnis wiedererkennt? Hiermit distanziere ich mich vorsichtshalber von allen verlinkten Websites, Eindrücken und Assoziationen!
„Die Antragsgegnerin treibt ihre Scherze auf Kosten des Antragstellers, indem sie ihn ohne überwiegendes öffentliches Informationsinteresse als Opfer ihres Spotts ausgewählt hat.“
Zur Zeit macht in der Blogosphäre die den Ruhrbaronen zugestellte Abmahnung die Runde, die ein PR-Foto der Politikerin verbreiteten (ist nicht das, welches hier zu sehen ist, sondern wohl das hier).
Gelegentlich liest man, es sei mit einem Schadensersatz von 20.000,- Euro zu rechnen. Nein, es gibt eine Art „Tarif“ für Bildnutzung im Internet, nämlich die Empfehlung der „Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing“, an der sich viele orientieren, und da kostet die Nutzung etwa einen dreistelligen Betrag. Der verdoppelt sich aber um den „Strafzuschlag“, wenn ein Foto genutzt wurde, ohne, dass man vorher gefragt hat. Bei der Zahl „20.000,- Euro“ dürfte es sich um den sogenannten „Streitwert“ handeln, der als Faktor für die durchsetzbaren Kosten des Anwalts dient. Bei Bildnissen in Massenmedien fangen die Streitwerte bei 10.000,- Euro an, der Anwalt bekommt davon jedoch nur einen Bruchteil. Also: Kein Grund zur Panik.
Die Ruhrbarone scheinen sich auf den Standpunkt „Einmal ist keinmal“ zu stellen und glauben, mit dem Löschen des Bildes hätte sich die Sache. Ich fürchte, dass die Rechtsprechung das böse Wörtchen „Wiederholungsgefahr“ anders definiert …
Vielerorts liest man, es habe sich doch bloß um PR-Fotos gehandelt. Nun ja, JEDES Foto, das nicht explizit zur Nutzung frei gegeben wurde (bzw. dessen Urheber 70 Jahr verblichen ist usw.), ist urheberrechtlich geschützt. Beweispflichtig für ein Nutzungsrecht ist der Nutzer. Frau Wagenknecht hat ihr Antlitz nicht vergesellschaftet, ihr Fotograf hält insoweit auch wenig von der kommunistischen Idee.
Eine andere Frage ist, ob es für die Nutzung als Bildzitat eine Rechtfertigung geben könnte (dann aber mit Urheberbenennung usw.). Dann müsste sich der fragliche Beitrag konkret mit dem Foto (nicht nur mit Frau Wagenknecht) auseinander gesetzt haben, worüber mir nichts bekannt ist.
Ob es charakterlich eine so tolle Idee ist, zu Werbezwecken Bilder ins Internet zu streuen und dann hinterher die Anwälte von der Kette zu lassen, darf ein jeder selbst beantworten. Mit einem politischen Blog sollte man geschickter kommunizieren. Aber wie man bei dem halbherzigen Abstimmverhalten der Linkspartei bzgl. der Internetsperren gesehen hat, ist da aus diesem Lager eher wenig Kompetenz zu erwarten. Wenn es der guten Frau lieber ist, in der Öffentlichkeit mit Amateurfotos wie dem oben eingelinkten dargestellt zu werden, dann nur weiter so! (Inwieweit der Politikerin das Verhalten ihres Fotografen recht ist, ist unbekannt.)
UPDATE: Der Urheber der obigen Abbildung nennt sich „S1“, was ich irrtümlich für eine weitere technische Bezeichnung gehalten hatte. Man kann ihn durch Klick auf „dieses Bild“ sofort ermitteln.
UPDATE (15.01.2009): Die Ruhrbarone konnten mit der Argumentation überzeugen, Die Urheberin habe ihr Rechtsschutzbedürfnis verwirkt, weil sie sie 11 Jahre untätig geblieben sei, obwohl sie vom Download wusste.
In seinem SciFi-Krimi „Die 1000 Augen des Dr. Mabuse“ schilderte Fritz Lang 1960 eine Verbrecherorganisation, die sich in der Nachkriegszeit ein von den Nazis verwanztes und mit versteckten Kameras sowie Schusswaffen versehene Hotel zunutze macht. Ähnliche Objekte hatten die Herrschaften der DDR-Staatssicherheit realisiert, etwa um westliche Geschäftsleute zu kompromittieren. (Diese Methode der so genannten „Honigfalle“ wurde jedoch von ausnahmslos allen Diensten angewendet, das Geheimdienstgeschäft ist nun einmal schmutzig.) In einigen Hotels bezog die StaSi seinerzeit ganze Etagen, was man von außen an den dort fehlenden Fenstern noch schön erkennen kann.
Nun ist ein freundlicher Kölner Hotelier beim Spiel mit der versteckten Kamera dumm aufgefallen. Angesichts der „Drehorte“ sieht es derzeit so aus, als seien die Motive eher privater Natur. Medienrechtlich birgt der Fall jedenfalls historisches Potential: Bislang ist mir nämlich noch kein einziger Anwendungsfall des § 221a StGB bekannt geworden. Zwar hatte ich mal – zufällig bei der StA Köln – gegen die Verantwortlichen eines großen Kölner Privatsenders für einen Mandanten einen entsprechenden Strafantrag gestellt, der ein Hotelzimmer mit Kameras verwanzt hatte und meinen Mandanten u.a. beim sich Umziehen filmte – und sendete!!! Doch die StA Köln inklusive Generalstaatsanwaltschaft folgte der ersten Instanz der Pressekammer des LG Köln, die eine allgemeine Drehgenehmigung zur Mitwirkung an einer TV-Show als Rechtfertigung ausreichen ließ. Dieser Unsinn wurde vom OLG Köln zwar korrigiert, doch strafrechtlich waren insoweit alle Fristen vorbei gewesen.
Da fällt mir jetzt ein, dass ich letztes Jahr ein paar Mal in Kölner Hotels genächtigt hatte … :-(